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Des Knaben Wunderhorn I


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Chapter 1
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Sr. Excellenz des Herrn Geheimerath von Göthe. »Auf dem Reichstage zu Augsburg geschah ein guter Schwank von Grünenwald, Singer an des Herzogs Wilhelmen von München Hof. Er war ein guter Musikus und Zechbruder, nahm nicht für gut was ihm an seines gnädigen Fürsten und Herren Tisch aufgetragen ward, sunder sucht sich anderswo gute Gesellschaft, so seines Gefallens und Kopfs wäre, mit ihm tapfer dämpften und zechten, kam so weit hinein, daß alle Geschenke in der Schenken für nasse Waar und gute Bislein dahin gingen; nach mußt die Maus bas getauft werden, er macht dem Wirth bey acht Gulden an die Wand. Als der Wirth erfuhr, daß der Herzog von München sammt andern Fürsten und Herren aufbrechen wollte, so kam er zu dem guten Grünenwald, fodret seine angeschriebene Schuld. Lieber Wirth, sagt Grünenwald, ich bitt euch von wegen guter und freundlicher Gesellschaft, so wir nun lang zusammen gehabt, lassend die Sach also auf diesmal beruhen, bis ich gen München komm, denn ich bin jetzt zumal nicht verfaßt, wir haben doch nicht so gar weit zusammen, ich kanns euch alle Tag schicken, denn ich hab noch Kleinod und Geld zu München, das mir die Schuld für bezahlen möcht. Das gunn dir Gott, sagt der Wirth, mir ist aber damit nicht geholfen, so wölln sich meine Gläubiger nicht bezahlen lassen mit Worten, nemlich die, von denen ich Brod, Wein, Fleisch, Salz, Schmalz, und andere Speisen kaufe; komm ich auf den Fischmarkt, sehen die Fischer bald, ob ich um baar Geld oder auf Borg kaufen wöll; nimm ichs auf Borg, muß ichs doppelt bezahlen. Ihr Gesellen aber setzt euch zum Tisch, der Wirth kann euch nicht genug auftragen, wenn ihr gleichwohl nicht ein Pfenning in der Taschen habt. Drum merk mich eben, was ich auf diesmal gesinnet bin. Willt du mich zahlen, mit Heil, wo nicht, will ich mich dem nächsten zu meins gnädigen Fürsten und Herrn von München Secretarien verfügen, derselbig wird mir wohl Weg und Steg anzeigen, damit ich zahlt werd. Dem guten Grünenwald war der Spieß an Bauch gesetzt, wußt nicht wo aus oder wo an, dann der Wirth so auch mit dem Teufel zur Schulen gangen, war ihm zu scharf. Er fing an die allersüßesten und glattesten Wort zu geben, so er sein Tag je studieren und erdenken mocht, aber alles umsonst war. Der Wirth wollt aber keineswegs schweigen, und sagt: ich mach nicht viel Umständ, glattgeschliffen ist bald gewetzt, du hast Tag und Nacht wollen voll sein, den besten Wein, so ich in meinem Keller gehabt, hab ich dir müssen auftragen, drum such nur nicht viel Mäus, hast du nicht Geld, so gib mir deinen Mantel, dann so will ich dir wohl eine Zeitlang borgen. Wo du aber in bestimmter Zeit nicht kommst, werd ich deinen Mantel auf der Gant verkaufen lassen, dieß ist der Bescheid mit einander. Wohlan sagte Grünenwald, ich will der Sache bald Rath finden. Er saß nieder, nahm sein Schreibzeug, Papier, Feder und Dinten, und dichtet nachfolgende Liedlein:

Reichstage Augsburg Schwank München Maus Wirth Gulden Wirth Herzog München sammt Wirth München München Wirth Gläubiger Wein Salz Schmalz baar Wirth Pfenning München Steg Spieß Wirth Teufel Wirth Wein gib Gant Rath

»Ich stund auf an eim Morgen, Und wollt gen München gehn, Und war in großen Sorgen, Ach Gott wär ich davon, Meim Wirth, dem war ich schuldig viel, Ich wollt ihn gern bezahlen, Doch auf ein ander Ziel. Herr Gast ich hab vernommen, Du wöllest von hinnen schier, Ich laß dich nicht weg kommen, Die Zehrung zahl vor mir, Oder setz mir den Mantel ein, Demnach will ich gern warten, Auf die Bezahlung dein. Die Red ging mir zu Herzen, Betrübt ward mir mein Muth, Ich dacht, da hilft kein Scherzen, Sollt ich mein Mantel gut Zu Augsburg lassen auf der Gant Und blos von hinnen ziehen, Ist allen Singern ein Schand. Ach Wirth nun hab Gedulte Mit mir ein kleine Zeit, Es ist nicht gros die Schulde, Vielleicht sich bald begeit, Daß ich dich zahl mit baarem Geld, Drum lasse mich von hinnen, Ich zieh nicht aus der Welt. O Gast! das geschieht mit nichten, Daß ich dir borg dießmal, Dich hilft kein Ausred-Dichten, Tag Nacht wollst du seyn voll, Ich trug dir auf den besten Wein, Drum mach dich nur nicht müßig, Ich will bezahlet seyn. Der Wirth, der sah ganz krumme, Was ich sang oder sagt, So gab er nichts darumme, Erst macht er mich verzagt, Kein Geld wußt ich in solcher Noth, Wo nicht der fromm Herr Fuker Mir hilft mit seinem Rath. Herr Fuker laßt Euch erbarmen Mein Klag und große Pein Und kommt zu Hülf mir Armen, Es will bezahlet seyn Mein Wirth von mir auf diesen Tag, Mein Mantel thut ihm gefallen, Mich hilft kein Bitt noch Klag. Den Wirth thät bald bezahlen Der edel Fuker gut, Mein Schuld ganz über alle, Das macht mir leichten Muth, Ich schwang mich zu dem Thor hinaus, Adie du kreidiger Wirthe, Ich komm dir nimmer ins Haus.«

München Wirth Augsburg Gant Singern Wirth borg Wein Wirth Rath Wirth Wirth Thor

Dies Liedlein faßt Grünenwald bald in seinen Kopf, ging an des Fukers Hof, ließ sich dem Herrn ansagen; als er nun für ihn kam, thät er seine gebührliche Reverenz, demnach sagt er: Gnädiger Herr, ich hab vernommen, daß mein gnädiger Fürst und Herr allhie aufbrechen und auf München zu ziehen will. Nun hab ich je nicht von hinnen können scheiden, ich hab mich dann mit Euer Gnaden abgeletzet. Habe Deren zu lieb ein neues Liedlein gedicht, so Euer Gnad das begehrt zu hören, wollt ichs Deren zu letze singen. Der gute Herr, so dann von Art ein demüthiger Herr war, sagt: Mein Grünenwald ich wills gern hören, wo sind deine Mitsinger, so dir behilflich seyn werden, laß sie kommen. Mein Gnädiger Herr, sagt er, ich muß allein singen, dann mir kann hierin weder Baß noch Diskant helfen. So sing her, sagt der Fuker. Der gute Grünenwald hub an und sang sein Lied mit ganz fröhlicher Stimm heraus. Der gut Herr verstund sein Krankheit bald, meinet aber nit, daß der Sach so gar wär, wie er in seinem Singen zu verstehn geben hat, darum schickt er eilend nach dem Wirth; als er nun die Wahrheit erfuhr, bezahlt er dem Wirth die Schuld, errettet dem Grünenwald seinen Mantel, und schenkt ihm eine gute Zehrung dazu. Die nahm er mit Dank an, zoge demnach seine Straße, da erhob sich ein Wind, der selbigen Mantel recht lustig vor dem Hause des armseligen Wirthes aufblies, war aber dem Wirthe entgegen, warf ihm auch die Fenster zusammen: darum Kunst nimmer zu verachten ist. – »(Aus dem Rollwagenbüchlein.)«   Wir sprechen aus der Seele des armen Grünenwald, das öffentliche Urtheil ist wohl ein kümmerlicher Wirth, dem unsre Namen als Mantel dieser übelangeschriebenen Lieder die Schuld nicht decken möchten. Das Glück des armen Singers, der Wille des reichen Fuker geben uns Hoffnung, in Eurer Exzellenz Beifall ausgelöst zu werden. L. A. von Arnim. C. Brentano.

Reverenz Fürst München Diskant Wirth Wirth Rollwagenbüchlein Seele Wirth Exzellenz

Chapter 2
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Das Wunderhorn.

Das Wunderhorn

Ein Knab auf schnellem Roß Sprengt auf der Kaisrin Schloß, Das Roß zur Erd sich neigt, Der Knab sich zierlich beugt. Wie lieblich, artig, schön Die Frauen sich ansehn, Ein Horn trug seine Hand, Daran vier goldne Band. Gar mancher schöne Stein Gelegt ins Gold hinein, Viel Perlen und Rubin Die Augen auf sich ziehn. Das Horn vom Elephant, So gros man keinen fand, So schön man keinen fing Und oben dran ein Ring, Wie Silber blinken kann Und hundert Glocken dran Vom feinsten Gold gemacht, Aus tiefem Meer gebracht. Von einer Meerfey Hand Der Kaiserin gesandt, Zu ihrer Reinheit Preis, Dieweil sie schön und weis'. Der schöne Knab sagt auch: »Dies ist des Horns Gebrauch: Ein Druck von Eurem Finger, Ein Druck von Eurem Finger Und diese Glocken all, Sie geben süßen Schall, Wie nie ein Harfenklang Und keiner Frauen Sang, Kein Vogel obenher, Die Jungfraun nicht im Meer Nie so was geben an!« Fort sprengt der Knab bergan, Ließ in der Kaisrin Hand Das Horn, so weltbekannt; Ein Druck von ihrem Finger, O süßes hell Geklinge!

Gold Rubin Gold Schall Fort

Chapter 3
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Des Sultans Töchterlein und der Meister der Blumen. Altes fliegendes Blatt aus Kölln.

Der Sultan hatt' ein Töchterlein, Die war früh aufgestanden, Wohl um zu pflücken die Blümelein In ihres Vaters Garten. Da sie die schönen Blümelein So glänzen sah im Thaue, Wer mag der Blümlein Meister seyn, Gedachte die Jungfraue. Er muß ein großer Meister seyn, Ein Herr von großen Werthen, Der da die schönen Blümelein Läßt wachsen aus der Erden. Ich hab' ihn tief im Herzen lieb, O dürft ich ihn anschauen! Gern ließ ich meines Vaters Reich Und wollt sein Gärtlein bauen. Da kam zu ihr um Mitternacht Ein heller Mann gegangen, »Thu auf, thu auf, viel schöne Magd, Mit Lieb bin ich umfangen.« Und schnell die Magd ihr Bettlein ließ, Zum Fenster thät sie gehen, Sah Jesum ihr viel schönes Lieb So herrlich vor sich stehen. Sie öffnet ihm voll Freudigkeit, Sie neigt sich tief zur Erden, Und bot ihm freundlich gute Zeit, Mit sittsamen Geberden. »Woher, woher, o Jüngling schön? In meines Vaters Reichen Mag keiner dir zu Seite gehn, Sich keiner dir vergleichen.« »Viel schöne Magd, du dachtest mein, Um dich bin ich gekommen Aus meines Vaters Königreich, Ich bin der Meister der Blumen.« »O Herr, o Herr, wie weit, wie weit Ists zu des Vaters Garten? Dort mögt ich wohl in Ewigkeit Der schönen Blumen warten.« »Mein Garten liegt in Ewigkeit Und noch viel tausend Meilen, Da will ich dir zum Brautgeschmeid Ein Kränzlein roth ertheilen.« Da nahm er von dem Finger sein Ein Ring von Sonnengolde Und fragt, ob Sultans Töchterlein Sein Bräutlein werden wollte. Und da sie ihm die Liebe bot, Sein Wunden sich ergossen. »O Lieb, wie ist dein Herz so roth, Dein Hände tragen Rosen.« »Mein Herz, das ist um dich so roth, Für dich trag ich die Rosen, Ich brach sie dir im Liebestod, Als ich mein Blut vergossen. Mein Vater ruft, nun schürz dich Braut, ich hab dich längst erfochten.« Sie hat auf Jesus Lieb vertraut, Ihr Kränzlein war geflochten.

Sultan Mein Garten roth roth Mein Herz roth Liebestod Jesus

Chapter 4
Text Entities

Tell und sein Kind. Abgeschrieben vom Giebel eines Hauses in Arth in der Schweiz, durch Arnim, s. Französische Miszellen III. B. S. 82. Tell.                     Zu Ury bey den Linden Der Vogt steckt auf den Huth, Und sprach: Ich will den finden, Der dem kein Ehr anthut. Ich that nicht Ehr dem Huthe, Ich sah ihn kühnlich an, Er sagt: Du traust dem Muthe, Will sehn, ob du ein Mann! Er faßt den Anschlag eitel, Daß ich nun schieß geschwind Den Apfel von dem Scheitel Meinem allerliebsten Kind. Kind.

Tell Giebel Arth Schweiz Tell Ury Vogt

Ach Vater, was hab' ich gethan, Daß du mich also bindest an? Tell.

Tell

Mein Kind schweig still, mein Herz schonst groß, Ich hoff, es soll mein Pfeilgeschoß Kein Schaden dir bereiten, Du trägst kein Schuld und ich kein Sünd, Ruf nur zu Gott mit mir mein Kind, Gott wird den Pfeil schon leiten. Halt auf dein Haupt, richt dich nur auf, In Gottes Namen schieß ich drauf, Der gerechte Gott soll leben! Kind.

Ach Vater mein, Gott mit uns hält, Der Apfel von dem Scheitel fällt, Gott hat den Segen geben.


Chapter 5
Text Entities

Großmutter Schlangenköchin. Aus mündlicher Ueberlieferung in Maria's Godwi. Bremen 1802. II. B. S. 113. abgedruckt.

Godwi Bremen II

Maria, wo bist du zur Stube gewesen? Maria, mein einziges Kind! Ich bin bey meiner Großmutter gewesen, Ach weh! Frau Mutter, wie weh! Was hat sie dir dann zu essen gegeben? Maria, mein einziges Kind! Sie hat mir gebackne Fischlein gegeben, Ach weh! Frau Mutter, wie weh! Wo hat sie dir dann das Fischlein gefangen? Maria, mein einziges Kind! Sie hat es in ihrem Krautgärtlein gefangen, Ach weh! Frau Mutter, wie weh! Womit hat sie dann das Fischlein gefangen? Maria, mein einziges Kind. Sie hat es mit Stecken und Ruthen gefangen. Ach weh! Frau Mutter, wie weh! Wo ist dann das Uebrige vom Fischlein hinkommen? Maria, mein einziges Kind! Sie hats ihrem schwarzbraunen Hündlein gegeben, Ach weh! Frau Mutter, wie weh! Wo ist dann das schwarzbraune Hündlein hinkommen? Maria, mein einziges Kind! Es ist in tausend Stücke zersprungen. Ach weh! Frau Mutter, wie weh! Maria, wo soll ich dein Bettlein hin machen? Maria, mein einziges Kind! Du sollst mir's auf den Kirchhof machen. Ach weh! Frau Mutter, wie weh!

Maria Maria Maria Maria Maria Maria Maria Maria Maria

Chapter 6
Text Entities

Jesaias Gesicht Von Martin Luther. Aus dem J! neueröffneten Schatze der Kinder Gottes. Zittau 1710. S. 393.     Jesaia dem Propheten dies geschah, Daß er im Geist den Herren sitzen sah Auf einem hohen Thron und hellen Glanz, Seines Kleides Saum den Chor füllet ganz, Es stunden zween Seraph bey ihm dran, Sechs Flügel sah er einen jeden han, Mit zween verbargen sie ihr Antlitz klar, Mit zween bedeckten sie ihre Füße gar, Und mit den andern zween sie flogen frey, Gegenander ruften sie mit großem Schrey: Heilig ist Gott der Herr Zebaoth, Sein Ehr die ganze Welt erfüllet hat. Von dem Geschrey zittert Schwell und Balken gar, Das Haus auch ganz voll Rauchs und Nebels war.

Jesaias Martin Luther Zittau Seraph han

Chapter 7
Text Entities

Das Feuerbesprechen. Mündlich.

Zigeuner sieben von Reitern gebracht, Gerichtet verurtheilt in einer Nacht, Sie klagen um ihre Unschuld laut, Ein Jud hätt ihnen den Kelch vertraut. Die Rathsherrn sprechen das Leben leicht ab Sie brachen dem sechsten schon den Stab, Der siebent ihr König sprach da mit Ruh: »Ich hör' wohl in Lüften den Vögeln zu! Ihr sollt mir nicht sengen ein Härlein vom Kleid, Bald krähet der rothe Hahn so weit!« Da bricht die Flamme wohl über wohl aus, Aus allen vier Ecken der Stadt so kraus. Der rothe Hahn auf die Spitze gesteckt, Er krähet, wie jener, der Petrum erweckt, Die Herren erwachen aus Sünden schlaf, Gedenken der Unschuld, der harten Straf. Die Herren sie sprechen zum Manne mit Flehn, Er möge besprechen das feurige Wehn, Er möge halten den feurigen Wind, Sein Leben sie wollten ihm schenken geschwind. Den Todesstab da entreist er gleich, Den Herren damit giebt Backenstreich, Er ruft: »Was gießet ihr schuldlos Blut? Wie wollet ihr löschen die höllische Glut? Das Kindlein vom Stahle die Funken gern zieht, Der Fromme im Steine das Feuer wohl sieht, Was spielt ihr mit Dingen, die schneidig und spitz, Der rothe Hahn wohl unter euch sitzt.« Jezt spricht er: »Willkommen du feuriger Gast, Nichts greife weiter, als was du hast, Das sag ich dir Feuer zu deiner Buß, Im Namen Christi, des Blut hier auch floß. Ich sage dir Feuer bey Gottes Kraft, Die alles thut und alles schafft, Du wollest also stille stehn, Wie Christus wollt im Jordan stehn. Ich sag dir Feuer, behalt dein Flamm, Wie einst Maria die heilge Dam Hielt Jungfrauschaft so keusch so rein, So stelle Flamm deine Reinigung ein.« Da flog der rothe Hahn hinweg, Da nahm der Wind den andern Weg, Das Feuer sank in sich zusamm, Der Wundermann ging fort durch die Flamm.

Zigeuner Kelch König Hahn Hahn Stahle Hahn Jordan Maria Hahn Der Wundermann

Chapter 8
Text Entities

Der arme Schwartenhals. Frische Liedlein. Nürnberg 1563. Quer 8. mit Musik.

Nürnberg

Ich kam vor einer Frau Wirthin Haus, Man fragt mich, wer ich wäre, Ich bin ein armer Schwartenhals, Ich eß und trink so gerne. Man führt mich in die Stuben ein, Da bot man mir zu trinken, Die Augen ließ ich umher gehn, Den Becher ließ ich sinken. Man setzt mich oben an den Tisch, Als ich ein Kaufherr wäre, Und da es an ein Zahlen ging, Mein Säckel stand mir leere. Da ich des Nachts wollt schlafen gahn, Man wieß mich in die Scheuer, Da ward mir armen Schwartenhals, Mein Lachen viel zu theuer. Und da ich in die Scheuer kam, Da hub ich an zu nisteln, Da stachen mich die Hagendorn, Dazu die rauhen Disteln. Da ich zu Morgens früh aufstand, Der Reif lag auf dem Dache, Da mußt ich armer Schwartenhals Meins Unglücks selber lachen. Ich nahm mein Schwerd wohl in die Hand, Und gürt es an die Seiten, Ich armer mußt zu Fuße gehn, Weil ich nicht hatt' zu reiten. Ich hob mich auf und ging davon Und macht mich auf die Straßen, Mir kam ein reicher Kaufmanns-Sohn, Sein Tasch mußt er mir lassen.

Disteln

Chapter 9
Text Entities

Der Tod und das Mädchen im Blumengarten. Fliegendes Blat aus Cölln.

Cölln

Es ging ein Mägdlein zarte Früh in der Morgenstund In einen Blumengarten, Frisch, fröhlich und gesund, Der Blümlein es viel brechen wollt, Daraus ein Kranz zu machen, Von Silber und von Gold. Da kam herzu geschlichen Ein gar erschrecklich Mann, Die Farb war ihm verblichen, Kein' Kleider hatt' er an, Er hatt' kein Fleisch, kein Blut, kein Haar, Es war an ihm verdorret Sein Haut, und Flechsen gar. Gar häßlich thät er sehen, Scheußlich war sein Gesicht, Er weiset seine Zähne Und that noch einen Schritt, Wohl zu dem Mägdlein zart, Das schier für großen Aengsten, Des grimmen Todes ward. »Nun schick dich Mägdlein, schick dich, Du must mit mir an Tanz! Ich will dir bald aufsetzen, Ein wunderschönen Kranz, Der wird dir nicht gebunden sein Von wohlriechenden Kräutern, Und zarten Blümelein. Der Kranz, den ich aufsetze, Der heißt die Sterblichkeit; Du wirst nicht seyn die letzte, Die ihn trägt auf dem Haupt; Wie viel allhie gebohren seyn, Die müssen mit mir tanzen Wohl um das Kränzelein. Der Würmer in der Erde Ist eine große Zahl, Die werden dir verzehren Dein Schönheit allzumahl, Sie werden deine Blümlein seyn, Das Gold, und auch die Perlen, Silber und Edelstein. Willst du mich gerne kennen Und wissen, wer ich sey? So hör mein Nahmen nennen, Will dir ihn sagen frey: Der grimme Tod werd ich genannt, Und bin in allen Landen, Gar weit und breit bekannt. Die Sense ist mein Wappen, Das ich mit Rechte führ, Damit thu ich anklopfen Jedem an seine Thür, Und wenn sein Zeit ist kommen schon, Spät, früh, und in der Mitten, 'S hilft nichts, er muß davon!« Das Mägdlein voller Schmerzen, Voll bittrer Angst und Noth, Bekümmert tief im Herzen, Bat: »Ach du lieber Todt, Wollst eilen nicht so sehr mit mir, Mich armes Mägdlein zarte Laß länger leben hier! Ich will dich reich begaben, Mein Vater hat viel Gold, Und was du nur willst haben Das all du nehmen sollt! Nur lasse du das Leben mir, Mein allerbeste Schätze, Die will ich geben dir!« »Kein Schatz sollt du mir geben, Kein Gold noch Edelstein! Ich nehm dir nur das Leben, Du zartes Mägdelein, Du must mit mir an meinen Tanz, Daran noch kommt manch Tausend, Bis daß der Reihn wird ganz.« »O Tod, laß mich beim Leben, Nimm all mein Hausgesind! Mein Vater wird dirs geben, Wenn er mich lebend findt, Ich bin sein einzigs Töchterlein, Er würde mich nicht geben Um tausend Gulden fein.« »Dein Vater will ich holen Und will ihn finden wohl, Mit seinem Hausgesinde, Weiß, wenn ich kommen soll, Jetzund nehm ich nur dich allein: O zartes Mägdlein junge, Du must an meinen Reihen.« »Erbarm dich meiner Jugend,« Sprach sie mit großer Klag, »Will mich in aller Tugend, Ueben mein Lebetag. Nimm mich nicht gleich dahin jetzund, Spar mich noch eine Weile, Schon mich noch etlich' Stund!« Drauf sprach der Tod: »Mit nichten, Ich kehr mich nicht daran, Es hilft allhier kein Bitten, Ich nehme Frau und Mann! Die Kinderlein zieh ich herfür, Ein jedes muß mir folgen, Wenn ich klopf an die Thür.« Er nahm sie in der Mitten, Da sie am schwächsten was, Es half bey ihm kein Bitten, Er warf sie in das Graß, Und rührte an ihr junges Herz Da liegt das Mägdlein zarte, Voll bittrer Angst und Schmerz. Ihr Farb that sie verwandlen, Ihr Aeuglein sie verkehrt Von einer Seit zur andern Warf sie sich auf der Erd, All Wollust ihr vergangen war, Kein Blümlein mehr wollt holen Wohl aus dem grünen Graß.

Gold Flechsen grimmen Würmer Gold Sense länger leben Gold Gold Gulden Hausgesinde Tugend Wollust

Chapter 10
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Nachtmusikanten. Narren-Nest von Abraham a St. Clara. Wien 1751. III. T. S. 89.

Abraham Wien

Hier sind wir arme Narrn Auf Plätzen und auf Gassen, Und thun die ganze Nacht Mit unsrer Musick passen. Es giebt uns keine Ruhe Die starke Liebes-Macht, Wir stehen mit dem Bogen Erfroren auf der Wacht; Sobald der helle Tag Sich nur beginnt zu neigen, Gleich stimmen wir die Laut, Die Harfen und die Geigen. Mit diesen laufen wir Zu mancher Schönen Hauß, Und legen unsern Kram, Papier und Noten aus. Der erste gibt den Tackt, Der andre bläßt die Flöten, Der dritte schlägt die Pauck', Der viert stößt die Trompeten. Ein andrer aber spielt Theorb und Galischan Mit gar besonderen Fleiß, So gut er immer kann. Wir pflegen auch so lang An einem Eck zu hocken, Bis wir ein schön Gespenst Hin an das Fenster locken; Da fängt man alsbald an Vor der Geliebten Thür Verliebte Arien Mit Pausen und Suspir. Und sollten vor der Wacht Wir endlich weichen müssen, So macht man statt der Händ', Die Läufe mit den Füßen. Und also treiben wirs Oft durch die lange Nacht, Daß selbst die ganze Welt Ob unsrer Narrheit lacht. Ach schönste Phillis hör Doch unser Musiciren, Und laß uns eine Nacht In deinem Schoos pausiren.

thun Gespenst

Chapter 11
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Die widerspenstige Braut. Bei Elwert. S. 17.     Ich eß' nicht gerne Gerste, Steh auch nicht gern früh auf, Eine Nonne soll ich werden, Hab keine Lust dazu; Ei so wünsch ich dem Des Unglücks noch so viel, Der mich armes Mädel Ins Kloster bringen will. Die Kutt ist angemessen, Sie ist mir viel zu lang, Das Haar ist abgeschnitten, Das macht mir angst und bang; Ei so wünsch ich dem Des Unglücks noch so viel, Der mich armes Mädel Ins Kloster bringen will. Wenn andre gehen schlafen, So muß ich stehen auf, Muß in die Kirche gehen, Das Glöcklein leiten thun; Ei so wünsch ich dem Des Unglücks noch so viel, Der mich armes Mädel Ins Kloster bringen will.

Elwert Gerste Nonne Kloster Kloster thun Kloster

Chapter 12
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Klosterscheu. Limpurger Cronik. »In selbiger Zeit (1359.) sang und pfif man dieses Lied.«     Gott geb ihm ein verdorben Jahr, Der mich macht zu einer Nonnen, Und mir den schwarzen Mantel gab, Den weißen Rock darunter, Soll ich ein Nönnchen werden Dann wider meinen Willen, So will ich auch einem Knaben jung Seinen Kummer stillen, Und stillt er mir den meinen nicht, So sollt es mich verdrießen.

Rock

Chapter 13
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Der vorlaute Ritter. Mündlich.

Es waren drey Gesellen, Die thäten, was sie wellen, Sie hielten alle drey Viel heimlichen Rath, Wer wohl in dieser Nacht Das beste Mädel hätt. Der jüngste der darunter, Der sprach da auch sehr munter, Wie ihm noch gestern spät Ein Mädel zugeredt. Er stiege diese Nacht, Wohl in ihr Federbett. Das Mädel kam geschlichen Und wäre fast verblichen, Sie hörte an der Wand, Nur ihre eigne Schand, Sie weinte heimlich aus, Sie lief zurück nach Haus. Die Nacht war bis zur Mitten, Der Ritter kam geritten, Er klopfet freundlich an, Mit seinem goldnen Ring: »Ey schläf'st du oder wachst, Mein auserwähltes Kind.« »Was wäre, wenn ich schliefe, Und dich heut nicht einließe? Du hast mir gestern spät Ein falsche Red gethan. Ich schlafe heute Nacht, Wenn du vorm Fenster wachst.« »Wo soll ich denn hinreiten? Es regnet und es schneiet, Es geht ein kühler Wind, Nun schlafen alle Leut Und alle Bürgers Kind, Mach auf du süßes Kind!« »Reit du nach jener Straße, Reit du nach jener Heyde, Wo du gekommen bist, Da liegt ein breiter Stein, Den Kopf darauf nur leg, Trägst keine Federn weg.«

Rath Mach

Chapter 14
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Die schwarzbraune Hexe. Fliegendes Blat.

Hexe

Es blies ein Jäger wohl in sein Horn, Wohl in sein Horn, Und alles was er blies das war verlorn. Hop sa sa sa, Dra ra ra ra, Und alles was er blies das war verlorn. Soll denn mein Blasen verloren seyn? Verloren seyn? Ich wollte lieber kein Jäger seyn. Hop sa sa sa, u. s. w. Er zog sein Netz wohl über den Strauch, Wohl über den Strauch, Sprang ein schwarzbraunes Mädel heraus. Hop sa sa sa, u. s. w. »Schwarzbraunes Mädel entspringe mir nicht, Entspringe mir nicht, Hab' große Hunde die holen dich.« Hop sa sa sa, u. s. w. »Deine großen Hunde die holen mich nicht, Die holen mich nicht, Sie wissen meine hohe weite Sprünge noch nicht.« Hop sa sa sa, u. s. w. »Deine hohe Sprünge die wissen sie wohl, Die wissen sie wohl, Sie wissen, daß du heute noch sterben sollst.« Hop sa sa sa, u. s. w. »Sterbe ich nun, so bin ich todt, So bin ich todt, Begräbt man mich unter die Röslein roth.« Hop sa sa sa, u. s. w. »Wohl unter die Röslein, wohl unter den Klee, Wohl unter den Klee, Darunter verderb ich nimmermehr.« Hop sa sa sa, u. s. w. Es wuchsen drey Lilien auf ihrem Grab, Auf ihrem Grab, Die wollte ein Reuter wohl brechen ab. Hop sa sa sa, u. s. w. Ach Reuter, laß die drey Lilien stahn, Die Lilien stahn, Es soll sie ein junger frischer Jäger han. Hop sa sa sa, u. s. w.

blies Horn Horn blies blies Strauch Strauch roth verderb han

Chapter 15
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Der Dollinger. Kurzgefaßte Nachrichten von denen in den Ringmauern der Stadt Regensburg gelegenen Stiftern. Reg. 1723. S. 172. u. 173.

Regensburg

Es ritt ein Türk aus Türkenland, Er ritt gen Regensburg in die Stadt, Da Stechen ward, vom Stechen ward er wohl bekandt. Da ritt er vor des Kaysers Thür, »Ist jemand hier, der komm herfür, Der stechen will um Leib und Seel, um Gut und Ehr Und daß dem Teufel die Seele wär.« Da waren die Stecher all verschwiegen, Keiner wollt dem Türken nicht obliegen, Dem leidigen Mann Der so treflich stechen kann. Da sprach der Kayser zorniglich: »Wie steht mein Hof so lästerlich, Hab ich kein Mann, Der stechen kann Um Leib und Seel, um Gut und Ehr, Und daß unserm Herrn die Seele wär?« Da sprang der Dollinger hervor, »Wohl um, wohl um, ich muß hervor, An den leidigen Mann, Der so treflich stechen kann.« Die führten gegen einander Zwey scharfe Speer, Das Eine ging hin, das Andere her. Da stach der Türk den Dollinger ab, Daß er an dem Rücken lag. »O Jesu Christ steh mir jetzt bey, Steck mir ein Zweig, sind ihrer drey. Bin ich allein, und führ mein Seel ins Himmelreich. Da ritt der Kayser zum Dollinger so behend, Er führt ein Kreutz in seiner Händ, Er strichs dem Dollinger übern Mund Der Dollinger sprang auf, war frisch und gesund. Da stach der Dollinger den Türken ab, Daß er auf dem Rücken lag. »Du berühmter Teufel nun steh ihm bey. Sind ihrer drey, bin ich allein Und führ sein Seel in die bittere Pein.«

Regensburg Teufel Seele Stecher Türken Seele Speer Türken Teufel

Chapter 16
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Liebe ohne Stand. Feiner Almanach II. Band S. 100.

Almanach II

Es ritt ein Ritter wohl durch das Ried, Er hob wohl an ein neues Lied, Gar schöne thät er singen, Daß Berg und Thal erklingen. Das hört des Königs sein Töchterlein In ihres Vaters Lustkämmerlein, Sie flochte ihr Härlein in Seiden, Mit dem Ritter wollte sie reiten. Er nahm sie bey ihrem seidenen Schopf Und schwung sie hinter sich auf sein Roß. Sie ritten in einer kleinen Weile Wohl vier und zwanzig Meilen. Und da sie zu dem Wald 'naus kamen, Das Rößlein das will Futter han. »Feins Liebchen, hier wollen wir ruhen, Das Rößlein, das will Futter.« Er spreit sein Mantel ins grüne Gras, Er bat sie, daß sie zu ihm saß, »Feins Liebchen, ihr müsset mich lausen, Mein gelbkrauß Härlein durchzausen.« Des härmt sich des Königs sein Töchterlein, Viel heiße Thränen sie fallen ließ, Er schaut ihr wohl unter die Augen, »Warum weinet ihr, schöne Jungfraue?« »Warum sollt ich nicht weinen und traurig seyn, Ich bin ja des Königs sein Töchterlein; Hätt ich meinem Vater gefolget, Frau Kayserin wär ich geworden.« Kaum hätt sie das Wörtlein ausgesagt, Ihr Häuptlein auf der Erden lag, »Jungfräulein hättst du geschwiegen, Dein Häuptlein wär dir geblieben.« Er kriegt sie bey ihrem seidenen Schopf, Und schlenkert sie hinter den Hollerstock: »Da liege feins Liebchen und faule, Mein junges Herze muß trauren.« Er nahm sein Rößlein bei dem Zaum, Und band es an einen Wasserstrom. »Hier steh mein Rößlein und trinke, Mein jung frisch Herze muß sinken.«

Ried Berg Thal ritten kamen han

Chapter 17
Text Entities

Gastlichkeit des Winters. Mündlich.

Der Winter ist ein scharfer Gast, Das merkt ich an dem Dache; Mein Lieb gab mir ein Kränzelein Von Perlen fein, Das hab ich von ihr tragen An meinem Bart und Kragen. Der Sommer ist ein sanfter Gast, Es tröpfelt von dem Dache; Mein Lieb gab mir ein Kränzelein Im Sonnenschein, Da ist es aufgethauet, Von Eis war es erbauet. Ja traue nur dem Schleicher nicht, Viel lieber scharfe Worte; Der Sommer giebt wohl Kränzelein Von Blumen fein, Zu ihr kann ich nicht gehen, Vom langen Tag gesehen. Zu Ostern, als die Fasten aus, Da längerten die Tage; Mein Lieb gab mir ein Unterpfand, Zween Aermlein blank, Darin sollt ich mich rüsten, Zu unsres Winters Lüsten. Was acht ich der Waldvöglein Sang, Und aller Kläffer Zungen; Lieg ich in meinen Aermlein blank, Ich weiß ihr Dank, Ich kann von ihr dann träumen; Wie lange wird sie säumen?

Zween rüsten Waldvöglein

Chapter 18
Text Entities

Die hohe Magd. Hallorenlied in Halle, wahrscheinlich noch aus ihren frühern Wohnplätzen. Herr Buchhändler Hendel soll mehrere derselben haben.

Ein Magd ist weiß und schone, Gott führt den höchsten Preiß, Und die ihm dient, zum Lohne An Künsten wird sie reich, Geht jungfräulich bei Frauen Dort auf den grünen Auen, Glück zu mein edler Zweig! Ihr Leib war angebildet Mit Keuschheit übergroß, Schwang sich in ihren Willen, Schwang sich in ihren Schooß, Er war so stark von Kräften, Von meisterlichen Geschäften – Gott schuf wohl Himmel und Erd. Ein Kind nach Adams Weise An ihren Brüsten lag, Es war ein alter Greise, Erschuf den ersten Tag, Es ward ein starker Ritter, Sein Leiden ward ihm bitter, Erlitt groß Ungemach. Sein Seit ward ihm zerschnitten Mit einem scharfen Speer, Damit hat er zersplitten Die Hölle samt der Erd. Gott tröstet den Gefangnen, Drey Wünsche waren ihm ergangen Gegen diese heilige Zeit. Gott stieg aus seinem Grabe, Ein Fürst war wohlgemuth, Mit seinem Kreuz und Stabe, Drey Fähnlein schwenkt er roth, That sich gen Himmel kehren, Nach tugendlichen Ehren Stand Ihm Herz, Muth und Sinn. O Stern, o Glanz! o Krone, O Himmel aufgethan! Was gab ihr Gott zum Lohne, Drey Chorengel Lobgesang, Bekleidet ihn mit Sonne, Maria war voll Wonne, Wie hell scheint uns der Mond!

Lohne Keuschheit schuf Leiden Speer Hölle Fürst Fähnlein roth Stern Lohne Sonne Maria Mond

Chapter 19
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Liebe spinnt keine Seide. Bragur VI. B. II. Ab. S. 77.                     Es fuhr ein Mägdlein übern See, Wolt brechen den Feiel und grünen Klee, Mit ihrn schneweissen Händen, Der Sommer hat schier ein Ende. Ein Ritter kam dort her geritten, Er grüßte sie nach Schwäbschen Sitten, Er grüßt sie da alleine: »Ich führ euch mit mir heime.« »Ach Ritter, ihr seyd hochgeborn, So fürcht ich meines Vaters Zorn, Ich fürcht ihn alzusehre, Verliere vielleicht mein Ehre. Ach Vater lieber Vater mein, So weck mich bei dem Mondeschein, Ich weiß gut Lämmer-Weide, So fern auf jener Haide.« Vater.

Seide Sitten weck

»Die Lämmerweid die du wohl weist, Macht mir mein Lämmer und Schaf nicht feist, Du must hier heime bleiben, Must spinnen die braune Seiden.« Mädchen.

»Die Seide, die ich spinnen muß, Bringt meinem Herzen schwere Buß, Der Ritter muß mir werden, Sein gleich lebt nicht auf Erden.«

Seide

Der dieß Lied neu gesungen hat, Durch Lieb kam er in große Noth, Er ist gar kaum entronnen Die Magd hat er gewonnen.


Chapter 20
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Husarenglaube. Fliegendes Blat aus dem letzten Kriege mit Frankreich.

Frankreich

Es ist nichts lustger auf der Welt, Und auch nichts so geschwind, Als wir Husaren in dem Feld, Wenn wir beym Schlachten sind. Wenns blitzt und kracht dem Donner gleich Wir schießen rosenroth, Wenns Blut uns in die Augen läuft, Sind wir sternhagelvoll. Da heists: Husaren insgemein Schlagt die Pistolen an, Greift durch, den Säbel in der Hand Haut durch den nächsten Mann. Wenn ihr das Fransche nicht versteht, So macht es euch bequem, Das Reden ihm sogleich vergeht, Wie ihr den Kopf abmäht. Wenn gleich mein treuer Kammerad, Muß bleiben in dem Streit, Husaren fragen nichts darnach, Sind auch dazu bereit; Der Leib verweset in der Gruft, Der Rock bleibt in der Welt, Die Seele schwingt sich durch die Luft Ins blaue Himmelszelt.

Husaren Donner Husaren Säbel Husaren Rock Seele Ins blaue

Chapter 21
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Der Rattenfänger von Hameln. Mündlich.

Hameln

»Wer ist der bunte Mann im Bilde, Er führet Böses wohl im Schilde, Er pfeift so wild und so bedacht; Ich hätt mein Kind ihm nicht gebracht!« In Hameln fochten Mäus und Ratzen Bey hellem Tage mit den Katzen, Es war viel Noth, der Rath bedacht, Wie andre Kunst zuweg gebracht. Da fand sich ein der Wundermann, Mit bunten Kleidern angethan, Pfif Ratz und Mäus zusamm ohn Zahl, Ersäuft sie in der Weser all. Der Rath will ihm dafür nicht geben, Was ihm ward zugesagt so eben, Sie meinten, das ging gar zu leicht Und wär wohl gar ein Teufelsstreich. Wie hart er auch den Rath besprochen, Sie dräuten seinem bösen Pochen, Er konnt zuletzt vor der Gemein Nur auf dem Dorfe sicher seyn. Die Stadt von solcher Noth befreyet, Im großen Dankfest sich erfreuet, Im Betstuhl saßen alle Leut, Es läuten alle Glocken weit. Die Kinder spielten in den Gassen, Der Wundermann durchzog die Strassen, Er kam und pfif zusamm geschwind Wohl auf ein hundert schöne Kind. Der Hirt sie sah zur Weser gehen, Und keiner hat sie je gesehen Verloren sind sie an dem Tag Zu ihrer Aeltern Weh und Klag. Im Strome schweben Irrlicht nieder, Die Kindlein frischen drin die Glieder, Dann pfeifet er sie wieder ein, Für seine Kunst bezahlt zu seyn. »Ihr Leute, wenn ihr Gift wollt legen, So hütet doch die Kinder gegen, Das Gift ist selbst der Teufel wohl, Der uns die lieben Kinder stohl.«

Hameln Bey hellem Katzen Rath Weser Rath Rath Betstuhl Der Wundermann Weser Irrlicht Teufel

Chapter 22
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Schürz dich Gretlein. Frische Liedlein.

»Nun schürz dich Gretlein schürz dich, Wohl auf mit mir davon, Das Korn ist abgeschnitten, Der Wein ist eingethan.« »Ach Hänßlein, liebes Hänßlein, So laß mich bey dir sein, Die Wochen auf dem Felde, Den Feiertag beim Wein.« Da nahm ers bey den Händen, Bey ihrer schneeweissen Hand Er führt sie an ein Ende, Da er ein Wirthshaus fand. »Nun Wirthin, liebe Wirthin, Schaut um nach kühlem Wein, Die Kleider dieses Gretlein Müssen verschlemmet sein.« Die Gret hub an zu weinen, Ihr Unmuth der war groß, Daß Ihr die lichten Zähren Ueber ihr Wenglein floß. »Ach Hänßlein, liebes Hänßlein, Du redtest nicht also, Als du mich heim ausführest Aus meines Vaters Hof.« Er nahm sie bey den Händen, Bey ihrer schneeweissen Hand, Er führt sie an ein Ende, Da er ein Gärtlein fand. »Ach Gretlein, liebes Gretlein, Warum weinst du so sehr, Reuet dich dein freier Muth, Oder reut dich dein Ehr?« »Es reut mich nicht mein freier Muth, Darzu auch nicht mein Ehr; Es reuen mich mein Kleider, Die werden mir nimmermehr.«

Korn Wein Wein ers Bey Wirthshaus Wein Bey reut reut

Chapter 23
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Das Lied vom Ringe. Elwert. S. 19.

Elwert

Es waren drey Soldaten, Dabey ein junges Blut, Sie hatten sich vergangen, Der Graf nahm sie gefangen, Setzt sie bis auf den Tod. Es war ein wackres Mädelein Dazu aus fremdem Land, Sie lief in aller Eilen Des Tags wohl zehen Meilen Bis zu dem Grafen hin. »Gott grüß Euch, edler Herre mein, Ich wünsch Euch guten Tag, Ach! wolt Ihr mein gedenken Den Gefangnen mir zu schenken Ja schenken zu der Eh.« »Ach nein, mein liebes Mädelein, Das kann und mag nicht sein, Der Gefangne der muß sterben, Gott's Gnad muß er ererben Wie er verdienet hat.« Das Mädel drehet sich herum Und weinet bitterlich, Sie lief in aller Eilen Des Tags wohl zwanzig Meilen, Bis zu dem tiefen Thurm. »Gott grüß Euch ihr Gefangnen mein, Ich wünsch Euch guten Tag! Ich hab für Euch gebeten, Ich kann Euch nicht erretten, Es hilft nicht Gut noch Geld.« Was hat sie unter ihrem Schürzelein? Ein Hemdlein war schneeweiß, »Das nimm du Allerliebster mein, Es soll von mir dein Brauthemd sein, Darin lieg du im Tod.« Was zog er von dem Finger sein? Ein Ringlein, war von Gold, »Das nimm du Hübsche, du Feine, Du Allerliebste meine, Das soll dein Trauring sein.« »Was soll ich mit dem Ringlein thun, Wenn ichs nicht tragen kann?« »Leg es in Kisten und Kasten, Und laß es ruhen und rasten Bis an den jüngsten Tag.« »Und wenn ich über Kisten und Kasten komm, Und sehe das Ringlein an, Da darf ichs nicht anstecken, Das Herz möcht mir zerbrechen, Weil ichs nicht ändern kann.«

Graf Gold Trauring thun

Chapter 24
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Der Ritter und die Magd. Fliegendes Blat.

Es spielt ein Ritter mit seiner Magd, Bis an den hellen Morgen. Bis daß das Mädchen schwanger war, Da fing es an zu weinen; »Wein' nicht, wein' nicht, braun's Mädelein, Dein Ehr will ich dir zahlen, Ich will dir geben den Reitknecht mein, Dazu fünfhundert Thaler.« »Den Reitknecht und den mag ich nicht, Will lieber den Herrn selber; Wann ich den Herrn nicht selber krieg, So geh ich zu meiner Mutter, In Freuden bin ich von ihr gangen, In Trauer wieder zu ihr.« Und da sie vor die Stadt Augsburg kam, Wohl in die enge Gasse, Da sah sie ihre Mutter stehn, An einem kühlen Wasser. »Bist du willkommen liebs Töchterlein, Wie ist es dir ergangen, Daß dir dein Rock von vorne so klein, Und hinten viel zu lange?« »Und wie es mir ergangen ist, Das darf ich Euch wohl sagen: Ich hab mit einem Edelherrn gespielt, Ein Kindlein muß ich tragen.« »Hast du mit einem Edelherrn gespielt, Das sollst du niemand sagen. Wenn du dein Kindlein zur Welt gebierst, Ins Wasser wollen wirs tragen.« »Ach nein, ach nein, liebe Mutter mein, Das wollen wir lassen bleiben. Wann ich das Kind zur Welt gebähr, Dem Vater will ich zuschreiben. Ach Mutter, liebe Mutter mein, Machet mir das Bettlein nicht zu klein, Darin will ich leiden Schmerz und Pein, Dazu den bittern Tod.« Und da es war um Mitternacht, Dem Edelherrn träumt es schwer: Als wenn sein herzallerliebster Schatz im Kindbett gestorben wär. »Steh auf, steh auf, lieb Reitknecht mein, Sattle mir und dir zwey Pferd, Wir wollen reiten bey Tag und Nacht, Bis wir den Traum erfahren.« Und als sie über die Heid 'naus kamen, Hörten sie ein Glöcklein läuten. »Ach großer Gott vom Himmel herab, Was mag doch dieß bedeuten.« Als sie vor die Stadt Augsburg kamen, Wohl vor die hohe Thore, Hier sahen sie vier Träger schwarz, Mit einer Todenbahre. »Stellt ab, stellt ab, ihr Träger mein, Laßt mir den Todten schauen, Es möcht meine Herzallerliebste sein Mit Ihren schwarzbraunen Augen. Du bist fürwahr mein Schatz geweßt, Und hast es nicht geglaubet. Hätt dir der liebe Gott das Leben geschenkt, Fürwahr ich hätt dich behalten. Hast du gelitten den bittern Tod, Jezt leid ich große Schmerzen.« Er zog das blanke Schwerdt heraus Und stach es sich ins Herze. »O nein! o nein! o Edelherr, nein, Das sollt ihr lassen bleiben, Es hat schon manches liebe Paar, Von einander müssen scheiden.« »Macht uns, macht uns ein tiefes Grab, Wohl zwischen zwey hohe Felsen. Da will ich bey meinem herzliebsten Schatz, In seinem Arm erstehen.« Sie begruben sie auf den Kirchhof hin, Ihn aber unter den Galgen. Es stunde an kein Vierteljahr, Eine Lilie wächst auf seinem Grabe. Es stund geschrieben auf den Blättern da, Beyd wären beisammen im Himmel.

Wein Augsburg Rock kamen Augsburg kamen Galgen

Chapter 25
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Heinriche Konrade der Schreiber im Korb. Aus Bragur IV. B. 2. Ab. S. 93.

Es ging ein Schreiber spatzieren aus Wohl an dem Markt da steht ein Haus, Heinriche Konrade der Schreiber im Korb. Er sprach: »Gott grüß euch Jungfrau fein, Nun wollt ihr heut mein Schlafbuhl sein?« Heinriche Konrade der Schreiber im Korb. Sie sprach: »Kommt schier her wiedere, Wann sich mein Herr legt niedere.« Heinriche Konrade der Schreiber im Korb. Wohlhin, wohlhin gen Mitternacht, Der Schreiber kam gegangen dar. Heinriche Konrade der Schreiber im Korb. Sie sprach: »Mein Schlafbuhl sollst nicht sein, Du setz'st dich dann ins Körbelein.« Heinriche Konrade der Schreiber im Korb. Dem Schreiber gefiel der Korb nicht wohl, Er durft ihm nicht getrauen wohl. Heinriche Konrade der Schreiber im Korb. Der Schreiber wollt gen Himmel fahren, Da hatt' er weder Roß noch Wagen. Heinriche Konrade der Schreiber im Korb. Sie zog ihn auf bis an das Dach, Ins Teufels Nahm fiel er wieder herab. Heinriche Konrade der Schreiber im Korb. Er fiel so hart auf seine Lend', Er sprach: »Daß dich der Teufel schänd'!« Heinriche Konrade der Schreiber im Korb. »Pfui dich, pfui dich, du böse Haut! Ich hätt dir das nicht zugetraut.« Heinriche Konrade der Schreiber im Korb. Der Schreiber gäb ein Gulden drum, Daß man das Liedlein nimmer sung. Heinriche Konrade der Schreiber im Korb.

Jungfrau Lend Teufel Gulden

Chapter 26
Text Entities

Erndtelied. Katholisches Kirchenlied.

Kirchenlied

Es ist ein Schnitter, der heißt Tod, Hat Gewalt vom höchsten Gott, Heut wezt er das Messer, Es schneidt schon viel besser, Bald wird er drein schneiden, Wir müssens nur leiden. Hüte dich schöns Blümelein! Was heut noch grün und frisch da steht, Wird morgen schon hinweggemäht: Die edlen Narcissen, Die Zierden der Wiesen, Die schön' Hiazinten, Die türkischen Binden. Hüte dich schöns Blümelein! Viel hundert tausend ungezählt, Was nur unter die Sichel fällt, Ihr Rosen, ihr Liljen, Euch wird er austilgen, Auch die Kaiser-Kronen, Wird er nicht verschonen. Hüte dich schöns Blümelein! Das himmelfarbe Ehrenpreiß, Die Tulipanen gelb und weiß, Die silbernen Glocken, Die goldenen Flocken, Senkt alles zur Erden, Was wird daraus werden? Hüte dich schöns Blümelein! Ihr hübsch Lavendel, Roßmarein, Ihr vielfärbige Röselein. Ihr stolze Schwerdliljen, Ihr krause Basiljen, Ihr zarte Violen, Man wird euch bald holen. Hüte dich schöns Blümelein! Trotz! Tod, komm her, ich fürcht dich nicht, Trotz, eil daher in einem Schnitt. Werd ich nur verletzet, So werd ich versetzet In den himmlischen Garten, Auf den alle wir warten. Freu' dich du schöns Blümelein.

Schnitter morgen schon Lavendel Violen eil

Chapter 27
Text Entities

Ueberdruß der Gelahrtheit. Opitz.

Opitz

Ich empfinde fast ein Grauen, Daß ich, Plato, für und für Bin gesessen über dir; Es ist Zeit hinaus zu schauen, Und sich bey den frischen Quellen In dem Grünen zu ergehn, Wo die schönen Blumen stehn, Und die Fischer Netze stellen. Wozu dienet das Studieren? Als zu lauter Ungemach? Unterdessen läuft der Bach Unsers Lebens, uns zu führen, Ehe wir es inne werden, Auf sein leztes Ende hin, Dann kömmt ohne Geist und Sinn Dieses alles in die Erden. Hola, Junge geh und frage, Wo der beßte Trunk mag seyn, Nimm den Krug, und fülle Wein. Alles Trauren, Leid und Klage Wie wir Menschen täglich haben, Eh' der Strom uns fortgerafft, Will ich in den süßen Saft Den die Traube gibt, vergraben. Kaufe gleichfalls auch Melonen, Und vergiß des Zuckers nicht; Schaue nur daß nichts gebricht. Jener mag der Heller schonen, Der bey seinem Gold und Schätzen Tolle sich zu kränken pflegt, Und nicht satt zu Bette legt: Ich will, weil ich kann, mich letzen. Bitte meine guten Brüder Auf Musik und auf ein Glas: Kein Ding schickt sich, dünkt mich, baß, Als ein Trunk und gute Lieder. Laß' ich schon nicht viel zu erben, Ey so hab ich edlen Wein, Will mit andern lustig seyn, Wann ich gleich allein muß sterben.

Plato Wein Traube schonen Gold Glas Wein

Chapter 28
Text Entities

Schlacht bey Murten. Von Veit Weber, aus Diebold Schillings Beschreibung der Burgundischen Kriege. Abgedruckt von Koch in der neuen Litteratur und Volkskunde I. B. S. 93. Von Bodmer in den altenglischen und altschwäbischen Balladen. II. B. S. 241.

Murten Veit Weber Diebold Schillings Koch Volkskunde Bodmer II

Die Zeitung flog von Land zu Land, Vor Murten liegt Burgund! Und jeder eilt fürs Vaterland, Zu streiten mit Burgund. Im Feld vor einem grünen Wald, Rief Knecht und Reutersmann, Laut rief von Lothringen Renald: »Wir wollen vorne dran. Die Führer hielten kurzen Rath, Doch dünkt er uns zu lang; Wann endigt sich der lange Rath, Ist ihnen etwa bang? Schon steht die Sonn am Himmel hoch, Nicht träg im blauen Zelt, Und wir verziehen immer noch, Zu hauen in dem Feld!« »Zwar furchtbar knallte Karls Geschütz, Man gab darum nicht viel; Man achtete nicht in der Hitz, Ob der und jener fiel. Im weiten Kreise blizt das Schwerdt, Auslangt der lange Spieß; Blut dürstete das breite Schwerdt, Blut trank der lange Spieß. Der Welsche kämpfte kurze Zeit Der Knecht und Ritter lief; Das weite Feld ward überstreut Mit Speeren Kniees tief. Der floh zum Strauch – der floh zum Hayn Vorm hellen Sonnen-Licht, Viel sprangen in die See hinein, Und dürsteten doch nicht. Sie schwammen wie der Enten Schaar Im Wasser hin und her, Als wär es wilder Enten Schaar Schoß man sie im Geröhr. Auf Schiffen fuhr man in den See, Schlug sie mit Rudern todt. Das Waidwort war nur Ach und Weh, Die grüne See ward roth. Viel klommen auf die Bäume hoch, Die schoß man wie die Krähn; Die Fittich fehlten ihnen noch, Sie mocht der Wind nicht wehn. Zwo Meilen lang bedeckte sich, Das Land mit Tod und Blut Das Land, der Strauch, die Rose glich Dem schwarzen Menschenblut. Den Bergen war die Sonne nah, Die uns den Sieg gebracht; Die Welschen, die man leben sah, Die dankten es der Nacht. Ein Lager einem Marktplatz gleich Kam in der Schweizer Hand. Karl machte schnell den Bettler reich, Im armen Schweizerland. Schachzabel ist ein Königsspiel, Jezt spielts der Eidgenoß, Er nahm ihm seiner Fenden viel, Die Seite stand ihm bloß. Die Rochen halfen ihm nicht viel, Die Rosse litten Noth; Er wende sich, wohin er will, Schachmatt ist ihm gedroht.« Der hatte selbst die Hand am Schwerdt, Der diesen Reim gemacht; Bis Abends mäht' er mit dem Schwerdt, Des Nachts sang er die Schlacht. Er schwang die Saiten und das Schwerdt, Ein Fiedler und Soldat, Den Herren und den Mädchen werth, Dem Tänzer und Prälat. Die mich gebahr, das gute Weib, Sie küßte mich, und Veit, Heiß Veit, so sprach das gute Weib! Veit heiß ich immerseit.

Murten Burgund Burgund Lothringen Rath Rath Geschütz Spieß Spieß Strauch Hayn Enten Enten Rudern roth Strauch Sonne Schachzabel Rochen Schachmatt Prälat Veit Veit Veit

Chapter 29
Text Entities

Liebesprobe. Fliegendes Blat.

Es sah eine Linde ins tiefe Thal, War unten breit und oben schmal, Worunter zwey Verliebte saßen, Vor Lieb' ihr Leid vergaßen. »Feins Liebchen wir müssen von einander, Ich muß noch sieben Jahre wandern;« »Mußt du noch sieben Jahr wandern, So heurath ich mir keinen andern.« Und als nun die sieben Jahr um waren, Sie meinte ihr Liebchen käme bald, Sie ging wohl in den Garten, Ihr feines Liebchen zu erwarten. Sie ging wohl in das grüne Holz, Da kam ein Reuter geritten stolz; »Gott grüße dich Mägdlein feine, Was machst du hier alleine. Ist dir dein Vater oder Mutter gram, Oder hast du heimlich einen Mann?« »Mein Vater und Mutter sind mir nicht gram, Ich hab' auch heimlich keinen Mann. Gestern wars drey Wochen über sieben Jahr, Da mein feines Liebchen ausgewandert war.« »Gestern bin ich geritten durch eine Stadt, Da dein feins Liebchen hat Hochzeit gehabt. Was thust du Ihm denn wünschen, Daß er nicht gehalten seine Treu?« »Ich wünsch ihm so viel gute Zeit, So viel wie Sand am Meere breit.« Was zog er von seinem Finger? Ein'n Ring von reinem Gold gar fein. Er warf den Ring in ihren Schooß, Sie weinte, daß der Ring gar floß. Was zog er aus seiner Taschen? Ein Tuch sehr weiß gewaschen. »Trockne ab, trockne ab dein Aeugelein, Du sollst hinfort mein eigen seyn. Ich thu dich nur versuchen, Ob du würd'st schwören oder fluchen; Hätt'st du einen Fluch oder Schwur gethan, So wär ich gleich geritten davon.«

Thal Sand Gold

Chapter 30
Text Entities

Der Falke. Mündlich.

Wär ich ein wilder Falke, Ich wollt mich schwingen auf, Und wollt mich niederlassen Vor meines Grafen Haus. Und wollt mit starken Flügel, Da schlagen an Liebchens Thür, Daß springen sollt der Riegel, Mein Liebchen trät herfür. »Hörst du die Schlüssel klingen, Dein Mutter ist nicht weit, So zieh mit mir von hinnen Wohl über die Heide breit.« Und wollt in ihrem Nacken Die goldnen Flechten schön Mit wilden Schnabel packen, Sie tragen zu dieser Höhn. Ja wohl zu dieser Höhen, Hier wär ein schönes Nest, Wie ist mir doch geschehen, Daß ich gesetzet fest. Ja trüg ich sie im Fluge, Mich schoß der Graf nicht todt, Sein Töchterlein zum Fluche, Das fiele sich ja todt. So aber sind die Schwingen Mir allesamt gelähmt, Wie hell ich ihr auch singe, Mein Liebchen sich doch schämt.

Heide Graf

Chapter 31
Text Entities

Die Eile der Zeit in Gott. Fliegendes Blat.

Der Commandant zu Groswardeyn, Der hätt' ein einzig Töchterlein, Theresia ihr Nahmen war, Gott'sfürchtig, züchtig, keusch und klar. Sie war von ihrer Jugend an Der Andacht also zugethan, Mit Beten, Singen allezeit Lobt sie die heilig' Dreifaltigkeit. Wenn sie nur Jesum nennen hört, So wurd ihr Lieb und Freud vermehrt, Auf Jesum war ihr Thun gericht, Zu seiner Braut sie sich verpflichte Ein edler Herr thät um sie freyn, Der Vater gab den Willen drein Die Mutter zu der Tochter spricht: »Mein Kind, nur diesen lasse nicht.« Die Tochter sprach: »Ach Mutter mein! Das kann und mag ja nicht so seyn, Mein Bräutigam ist schon bestellt, Derselb' ist nicht auf dieser Welt.« Die Mutter sprach: »Ach Tochter mein! Ach thu uns nicht zuwider seyn! Wir sind nunmehr zwey alte Leut, Mit Geld hat uns Gott auch erfreut.« Die Tochter fing zu weinen an: »Ich hab schon einen Bräutigam, Dem ich mich hab versprochen ganz, Zu tragen meinen Jungfernkranz.« Der Vater sprach: »Es kann nicht seyn, Mein Kind, das bilde dir nicht ein, Wo willt du bleiben mit der Zeit, Sehr alt sind wir schon alle beyd.« Der edle Herr bald wieder kam, Da stellte man die Hochzeit an, Denn alles war voraus bereit, Die Braut war voller Traurigkeit. Sie ging in ihren Garten früh, Da fiel sie nieder auf die Knie, Sie rief von ganzem Herzen an Jesum, ihren liebsten Bräutigam. Sie lag auf ihrem Angesicht, Viel Seufzer sie zu Jesu schickt. Der liebste Jesus ihr erschien, Und sprach: »Schau, meine Braut, vernimm: Du sollt jezt und in kurzer Zeit, Bey mir seyn in der wahren Freud, Und mit den lieben Engelein In voller Freud und Wonne seyn.« Er grüßt die Jungfrau wunderschön, Die Jungfrau thät vor ihme stehn, Schamhaftig, schlägt die Augen nieder, Empfing gar schöne Jesum wieder. Der Jüngling an zu reden fing, Verehrt ihr einen goldnen Ring; »Schau da, mein' Braut zum Liebespfand, Tragt diesen Ring an Eurer Hand.« Die Jungfrau da schön' Rosen brach, »Mein Bräutigam,« zu Jesu sprach: »Hiermit sey du von mir beehrt, Ewig mein Herz sonst keinen begehrt.« Da gingen die verliebte Zwey, Brachen der Blumen mancherlei Jesus da sprach zu seiner Braut: »Kommt! meinen Garten auch beschaut.« Er nahm die Jungfrau bey der Hand, Führt sie aus ihrem Vaterland, In seines Vaters Garten schön, Darinnen viele Blumen stehn. Die Jungfrau da mit Freud und Lust Köstliche Früchte hat versucht, Kein Mensch sich nicht einbilden kann, Was da für edle Früchte stehn. Sie hört da Musik und Gesang, Die Zeit und Weil wird ihr nicht lang, Die silberweiße Bächelein, Die fließen da ganz klar und rein. Der Jüngling sprach zu seiner Braut: »Meinen Garten habt ihr nun beschaut, Ich will Euch geben das Geleit In Euer Land, es ist nun Zeit.« Die Jungfrau schied mit Traurigkeit, Kam vor die Stadt in kurzer Zeit, Die Wächter hielten sie bald an, Sie sprach: »Laßt mich zum Vater gehn.« Wer ist ihr Vater, man sie fragt? »Der Commandant« sie frei aussagt, Der Eine Wächter aber spricht: »Der Commandant kein Kind hat nicht.« An ihrer Kleidung man erkannt, Daß sie auch sey von hohem Stand, Ein Wächter sie geführet hat Bis vor die Herren in der Stadt. Die Jungfrau sagt und blieb dabey, Der Commandant ihr Vater sey, Und sey sie nur erst vor zwey Stund Hinausgegangen da jetzund. Den Herren nahm es Wunder sehr, Man fragt, wo sie gewesen wär, Ihr's Vaters Nahm, Stamm und Geschlecht, Das mußte sie erklären recht. Man suchte auf die alte Schrift, Unter andern man auch dies antrift, Daß sich ein Braut verloren hat Zu Groß-Wardein in dieser Stadt. Der Jahre Zahl man bald nachschlägt, Hundert und zwanzig Jahr austrägt, Die Jungfrau war so schön und klar, Als wenn sie wäre fünfzehn Jahr. Dabey die Herren wohl erkannt, Daß dies ein Werk von Gottes Hand, Man trug der Jungfrau vor viel Speis, Im Augenblick ward sie schneeweis. »Nichts leibliches ich mehr begehr,« Sie bat, »bringt mir den Priester her, Daß ich empfang vor meinem End Den wahren Leib im Sacrament.« Sobald nun dieses ist geschehn, Viel Christen-Menschen es gesehn, Ward ihr ohn alles Weh und Schmerz Gebrochen ab ihr reines Herz.

Commandant Theresia Dreifaltigkeit Freud Thun gericht Jesus Bey Freud Engelein Freud Jungfrau Jungfrau ihme Empfing Der Jüngling Jungfrau Jesus Jungfrau Jungfrau Freud Die Zeit Der Jüngling Jungfrau Die Wächter Commandant Commandant Jungfrau Commandant antrift Jungfrau Jungfrau Priester

Chapter 32
Text Entities

Das Rautensträuchelein. Mündlich.         Gar hoch auf jenem Berg allein Da steht ein Rautensträuchelein, Gewunden aus der Erden Mit sonderbar Geberden. Mir träumt ein wunderlicher Traum, Da unter diesem Rautenbaum, Ich kann ihn nicht vergessen, So hoch ich mich vermessen. Es wollt ein Mädchen Wasser holen, Ein weisses Hemdlein hatt sie an, Dadurch schien ihr die Sonnen, Da überm kühlen Bronnen. Wär ich die Sonn, wär ich der Mond, Ich bliebe auch, wo Liebe wohnt; ich wär mit leisen Tritten, Wohl um Feinslieb geschritten.

Berg Mond

Chapter 33
Text Entities

Die Nonne. Mündlich.

Nonne

Stund ich auf hohen Bergen Und sah wohl über den Rhein, Ein Schifflein sah ich fahren, Der Ritter waren drey, Der jüngste, der darunter war, Das war ein Grafensohn, Hätt' mir die Eh versprochen, So jung als er noch war. Er that von seinem Finger herab, Ein Ringlein von Golde so roth: »Nimm hin, du Hübsche, du Feine, Trag ihn nach meinem Tod!« »Was soll ich mit dem Ringlein thun, Wenn ichs nicht tragen darf?« »Ey sag, du hasts gefunden, Draussen im grünen Gras!« »Ey das wäre ja gelogen, Stünd mir gar übel an, Viel lieber will ich sagen: Der jung Graf wär mein Mann.« »Ey, Jungfer, wärt ihr ein wenig reich, Wärt ihr ein edler Zweig, Fürwahr ich wollt euch nehmen, Wir wären einander gleich!« »Und ob ich schon nicht reiche bin, Aller Ehren bin ich voll. Meine Ehr will ich behalten, Bis daß meins Gleichen kommt.« »Kommt aber deines Gleichen nicht, Was fängst du darnach an?« »Darnach geh ich in das Kloster, Zu werden eine Nonn'.« Es stund wohl an ein Vierteljahr, Dem Grafen träumts gar schwer, Als ob sein herzallerliebster Schatz Ins Kloster zogen wär. »Steh auf, steh auf, lieb Reitknecht mein! Sattel mir und dir ein Pferd, Wir wollen reiten über Berg und Thal, Das Mädel ist alles werth.« Und als sie vor das Kloster kamen, Sie klopften ans hohe Haus: »Komm' raus, du Hübsche, du Feine, Komm nur ein wenig raus.« »Was soll ich aber draussen thun? Hab ich ein kurzes Haar! Mein Haar ist abgeschnitten, Es ist vergangen ein Jahr.« Der Graf entsezt sich in der Still, Saß da auf einem Stein', Er weint die hellen Thränen, Konnt sich nicht wieder freun. Mit ihren schneeweissen Händelein Gräbt sie dem Grafen ein Grab, Aus ihren schwarzbraunen Aeugelein Sie ihm das Weihwasser gab. So muß es allen Junggesellen gehn, Die trachten nach großem Gut! Sie hätten als gern schöne Weiber, Sind aber nicht reich genug.

Rhein roth thun Graf Kloster Nonn Kloster Berg Thal Kloster kamen thun Graf Weihwasser

Chapter 34
Text Entities

Rewelge. Mündlich.

»Des Morgens zwischen dreyn und vieren Da müssen wir Soldaten marschieren Das Gäßlein auf und ab; Tralali, Tralaley, Tralala, Mein Schätzel sieht herab. Ach Bruder jetzt bin ich geschossen, Die Kugel hat mich schwer getroffen, Trag mich in mein Quartier, Tralali, Tralaley, Tralala, Es ist nicht weit von hier. Ach Bruder ich kann dich nicht tragen, Die Feinde haben uns geschlagen, Helf dir der liebe Gott; Tralali, Tralaley, Tralala, Ich muß marschieren in Tod. Ach Brüder! ihr geht ja vorüber, Als wär es mit mir schon vorüber, Ihr Lumpenfeind seyd da; Tralali, Tralaley, Tralala, Ihr tretet mir zu nah. Ich muß wohl meine Trommel rühren, Sonst werde ich mich ganz verlieren; Die Brüder dick gesäet, Tralali, Tralaley, Tralala, Sie liegen wie gemäht.« Er schlägt die Trommel auf und nieder, Er wecket seine stillen Brüder, Sie schlagen ihren Feind, Tralali, Tralaley, Tralala, Ein Schrecken schlägt den Feind. Er schlägt die Trommel auf und nieder, Sie sind vorm Nachtquartier schon wieder, Ins Gäßlein hell hinaus, Tralali, Tralaley, Tralala, Sie ziehn vor Schätzels Haus. Da stehen Morgens die Gebeine In Reih und Glied wie Leichensteine, Die Trommel steht voran, Tralali, Tralaley, Tralala, Daß Sie Ihn sehen kann.

Schätzel Trommel Trommel Trommel Trommel

Chapter 35
Text Entities

Fastnacht. Feiner Almanach.

Fastnacht Almanach

Die Fastnacht bringt uns Freuden zwar Vielmehr denn sonst ein ganzes halbes Jahr, Ich macht mich auf und thät spazieren gehen, An einen Tanz, Mir ward ein Kranz Von Blümlein Glanz, Des erfreut ich mich gar sehr. Ich bot der Jungfrau meinen Gruß, Ganz freundlich trat sie mir auf meinen Fuß, Sie sprach: »Gut Gesell, wenn ich dir sagen sollt, Wenn du nur wollst, Ich wär dir hold. Kein Silber und Gold Ist meiner Lieb ein Sold. Hinter meins Vaters Hof steht ein Thür, Da ist weder Schloß noch Riegel dafür, Da geh hinein, daß man dich nicht seh noch spür, Sie ist geschmiert, Daß sie nicht klirrt, Kein Mensch dich irrt, Tritt fröhlich hinein zu mir.« Des Nachts hob sich ein Wetter groß, Das über Berg und tiefe Thal herfloß, Desselben Wegs mich nie keinmahl verdroß; Ich stahl mich aus, Still wie ein Maus, Und kam ins Haus, Und lebt im Saus, Mit der Lieben die ganze Nacht.

Fastnacht Jungfrau Gold Berg Thal Maus

Chapter 36
Text Entities

Die Diebsstellung. Mündlich.

Maria in den Garten trat, Begegnen ihr drey Jüngling zart. Der erste war Sankt Daniel, Dann Raphael, dann Michael. Sankt Daniel zu ihr da lacht, Die Jungfrau spricht: »Was hast gelacht?« Sankt Daniel spricht: »Ich wacht zu Nacht, Zwey Dieb die hatten sich erdacht: Vermassen sich wohl zu geschwind, Zu stehln dein allerliebstes Kind.« Sie spricht: »Das wird nun werden gut, Dann wer mein Kindlein stehlen thut, Den müst ihr binden an die Schwell, Daß er nicht kann von seiner Stell.« »Sankt Raphael, Sankt Michael, ihr bindet ihn da an die Stell.« Sankt Daniel sprach: »Ey seht nur an, Da stehen sie noch Mann für Mann. Der Schweiß der läuft von ihnen sehr, Die wagen umzusehn nicht mehr, Gebunden sind in eiserm Band, An Gottes Erd, von Gottes Hand, Sie stehen da wie Stock und Stein, Bis sie die Stern gezählet ein, Bis sie den Sand am Meer gezählt, Die ungebornen Kind der Welt.« Maria sie aus Banden nahm, Wer Rechtes thut hat keine Scham.

Maria Raphael Jungfrau Sankt Raphael Stern Sand Maria

Chapter 37
Text Entities

Wassersnoth. Mündlich.         Zu Koblenz auf der Brücken Da lag ein tiefer Schnee, Der Schnee der ist verschmolzen, Das Wasser fließt in See. Es fließt in Liebchens Garten, Da wohnet niemand drein, Ich kann da lange warten, Es wehn zwey Bäumelein. Die sehen mit den Kronen Noch aus dem Wasser grün, Mein Liebchen muß drin wohnen, Ich kann nicht zu ihr hin. Wenn Gott mich freundlich grüßet Aus blauer Luft und Thal, Aus diesem Flusse grüßet, Mein Liebchen mich zumal. Sie geht nicht auf der Brücken, Da gehn viel schöne Fraun, Sie thun mich viel anblicken, Ich mag die nicht anschaun.

Koblenz Thal thun

Chapter 38
Text Entities

Tambursgesell. Fliegendes Blat.

Ich armer Tambursgesell, Man führt mich aus dem Gewölb, Ja aus dem Gewölb, Wär ich ein Tambur blieben, Dürft ich nicht gefangen liegen, Nicht gefangen liegen. O Galgen, du hohes Haus, Du siehst so furchtbar aus, So furchtbar aus, Ich schau dich nicht mehr an, Weil i weiß i gehör daran, Daß i gehör daran. Wenn Soldaten vorbey marschieren, Bey mir nit einquartieren, Nit einquartieren, Wann sie fragen wer i g'wesen bin: Tambur von der Leib-Kompanie, Von der Leib-Kompanie. Gute Nacht ihr Marmelstein, Ihr Berg und Hügelein, Und Hügelein, Gute Nacht ihr Offizier, Korporal und Musketier, Und Musketier. Gute Nacht ihr Offizier, Korporal und Grenadier, Und Grenadier. Ich schrei mit heller Stimm, Von Euch ich Urlaub nimm, Ja Urlaub nimm.

Tambur Galgen hohes Haus Bey Tambur Berg Offizier Korporal Offizier Korporal Grenadier Grenadier

Chapter 39
Text Entities

David. Fliegendes Blat von Kloster Einsiedeln.

Kloster Einsiedeln

Ich war der Kleinste meiner Brüder, Und meines Vaters jüngster Sohn; Ich stellte kühn mich dem zuwider, Vor dem ein Schäflein läuft davon: Ich mußte meinem Vater seyn Ein Hüter seiner Lämmerlein. Hierbey hab ich mir eingerichtet Ein Harfenspiel mit meiner Hand, Und meinem Gott ein Buch gedichtet; Wer aber macht es ihm bekannt? Wer saget meinem Herrn es an, Daß ich die Psalter harfen kann? Du selber, Herr! hast mich gehöret, Was meiner Saiten Spiel vermag, Und was mich deine Furcht gelehret, Da ich bey deinen Schafen lag: Um dieses hast du mich gebracht, Und mich zum König dann gemacht. Ob ich von meinen Brüdern allen Der Kleinste gleich gewesen bin, So hat doch keiner dir gefallen, Als ich nur, David war dir fein, Ich mußte von den Schafen gehen, Und unter einer Krone stehen. Ich der Geringste mußt es wagen Mit dem geharnischten Goliath, Und ihm das böse Haupt abschlagen, Das dich und mich gehöhnet hat: Er schwur bey seinem Götzen mir Den Tod, und selbst starb er dafür. Sein Schwerdt hab ich ihm ausgezogen, Und ihm vom Leib den Hals entzweyt, Daß ihm der Geist ist ausgeflogen, Mit ungestümer Grausamkeit Hiemit hat meine Siegeshand Die Schmach von Israel gewandt.

Psalter König Israel

Chapter 40
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Sollen und Müssen. Mündlich.

Ich soll und muß ein Buhlen haben, Trabe dich Thierlein, trabe, Und sollt ich ihn aus der Erde graben, Trabe dich Thierlein, trabe. Das Murmelthierlein hilft mir nicht, Es hat ein mürrisch Angesicht, Und will fast immer schlafen. Ich soll und muß ein Buhlen erringen, Schwinge dich Falke, schwing dich, Du sollst mir ihn aus den Lüften bringen, Schwinge dich Falke, schwing dich. Das Turteltäublein hilft mir nicht, Schnurren und girren kann ich nicht, Sein Leben muß es lassen. Ich soll und muß ein Buhlen finden, Laufe mein Hündlein, laufe, Und sollt ich ihn fangen mit meinen Winden, Laufe mein Hündlein, laufe. Der edle Hirsch er hilft mir nicht, Sein Horn ist mir zu hoch gericht, Er möchte mich erstechen. Ich soll und muß ein Buhlen haben, Schalle mein Hörnlein, Schalle, Und wen du rufst, der muß mich laben, Schalle mein Hörnlein, schalle. Drey schöne Thierlein stellen sich, Die holt kein Hund, kein Falke nicht, Die muß ich selber fangen. Ich soll und muß ein Rößlein haben, Nimm mich Jägerlein, nimm mich, Ich möcht gern durch die Wälder traben, Nimm mich, Jägerlein nimm mich. Trabst du gern, so nimm mein Roß, So wär ich dann das Elßlein los, Ade, Ade, mein Rößlein! Ich soll und muß ein Falken kriegen, Nimm mich, Jägerlein nimm mich, Der muß mit mir zum Himmel fliegen, Nimm mich, Jägerlein, nimm mich. Nimm hin, nimm hin mein Federspiel, Lieb Bärbelein du warst zu viel, Ade, Ade, mein Falke. Ich soll und muß ein Küßlein haben, Küß mich, Jägerlein küß mich, Du sollst und mußt einen Jäger haben, Küß mich, Jungfräulein küß mich. Die dritt, die dritt, die nenn ich nicht, Sie hat ein klares Angesicht, Und soll mir nicht erröthen.

Buhlen Buhlen Schwinge Schwinge Buhlen Horn hoch gericht Buhlen

Chapter 41
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Liebesdienst. Mündlich durch die gütige Bemühung des Herrn A. L. Grimm aus Schluchtern bei Heilbronn, eines Studierenden in Heidelberg, dem wir noch einige andere verdanken.

Schluchtern Heilbronn Heidelberg

Es war ein Markgraf über dem Rhein, Der hatte drey schöne Töchterlein; Zwey Töchterlein früh heirathen weg, Die dritt hat ihn ins Grab gelegt. Dann ging sie singen vor Schwesters Thür: »Ach braucht ihr keine Dienstmagd hier?« »Ei Mädchen, du bist mir viel zu fein, Du gehst gern mit den Herrelein.« »Ach nein! ach nein! das thu ich nicht, Daß ich so mit den Herrlein geh!« Sie dingt das Mägdlein ein halbes Jahr, Das Mägdlein dient ihr sieben Jahr. Und als die sieben Jahr um warn, Da wurd das Mägdlein täglich krank; »Sag Mägdlein, wenn du krank willst seyn, So sag mir, wer sind die Aeltern dein?« »Mein Vater war Markgraf über dem Rhein, Und ich bin sein jüngstes Töchterlein.« »Ach nein! ach nein, das glaub ich nicht, Daß du meine jüngste Schwester bist!« »Und wenn du mir's nicht glauben willst, So geh nur an meine Kiste hin, Daran wird es geschrieben stehn.« Und als sie an die Kiste kam, Da rannen ihr die Backen ab: »Ach bringt mir Weck, ach bringt mir Wein, Das ist mein jüngstes Schwesterlein!« »Ich will auch kein Weck, ich will auch kein Wein, Will nur ein kleines Lädelein, Darin ich will begraben seyn.«

Rhein Rhein Wein Wein

Chapter 42
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Geht dir's wohl, so denk an mich. Mündlich. Er.                 Wenn ich geh vor mir auf Weg und Straßen, Sehen mich schon alle Leute an, Meine Augen gießen helles Wasser, Weil ich gar nichts anders sprechen kann. Ach wie oft sind wir beysamm gesessen Manche liebe halbe stille Nacht, Und den Schlaf den hatten wir vergessen, Nur mit Liebe ward sie zugebracht. Spielet auf ihr kleinen Musikanten, Spielet auf ein neues neues Lied, Und ihr Töne, liebliche Gesandten, Sagt Ade, weil ich auf lange scheid. Musikanten.

Ach in Trauren muß ich schlafen gehn, Ach in Trauren muß ich früh aufstehn, In Trauren muß ich leben meine Zeit, Dieweil ich nicht kann haben, die mein Herz erfreut. Sie.

Ach ihr Berg und tiefe, tiefe Thal, Seh ich meinen Schaz zum lezten Mahl? Die Sonne, der Mond, das ganze Firmament, Die sollen mit mir traurig seyn bis an mein End. Musikanten.

Berg Sonne Mond Firmament

Ach in Trauren muß ich schlafen gehn, Ach in Trauren muß ich früh aufstehn, In Trauren muß ich leben meine Zeit, Dieweil ich nicht kann haben, die mein Herz erfreut. Sie.

Geht dirs wohl, so denke du an mich, Gehts dir übel, so kränkt es mich, Wie froh wollt ich schon seyn, wenns wohl dir geht, Wenn schon mein jung frisch Leben in Trauren steht. Er.

Ach ihr Berge und tiefe tiefe Thal, Ach ihr seht mein Lieb noch tausendmal, Ach tausendmal ihr tiefe tiefe Thal, Ihr steht doch ewig ferne, ich nur bin ihr nah.

Thal Thal

Chapter 43
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Der Tannhäuser. Venus-Berg von Kornmann, dann in Prätorii Bloksberg-Verrichtung. Leipzig, 1668. S. 19-25.

Der Tannhäuser Leipzig

Nun will ich aber heben an, Vom Tannhäuser wollen wir singen, Und was er wunders hat gethan, Mit Frau Venussinnen. Der Tannhäuser war ein Ritter gut, Er wollt groß Wunder schauen, Da zog er in Frau Venus Berg, Zu andern schönen Frauen. »Herr Tannhäuser, Ihr seyd mir lieb, Daran sollt Ihr gedenken, Ihr habt mir einen Eid geschworen, Ihr wollt nicht von mir wanken.« »Frau Venus, ich hab' es nicht gethan, Ich will dem widersprechen, Denn niemand spricht das mehr, als Ihr, Gott helf mir zu den Rechten.« »Herr Tannhäuser, wie saget ihr mir! Ihr sollet bey uns bleiben, Ich geb Euch meiner Gespielen ein, Zu einem eh'lichen Weibe.« »Nehme ich dann ein ander Weib, Als ich hab in meinem Sinne, So muß ich in der Höllen-Gluth, Da ewiglich verbrennen.« »Du sagst mir viel von der Höllengluth, Du hast es doch nicht befunden, Gedenk an meinen rothen Mund, Der lacht zu allen Stunden.« »Was hilft mich Euer rother Mund, Er ist mir gar unmehre, Nun gib mir Urlaub Frau Venus zart, Durch aller Frauen Ehre.« »Herr Tannhäuser, wollt Ihr Urlaub han, Ich will Euch keinen geben, Nun bleibet edler Tannhäuser zart, Und frischet Euer Leben.« »Mein Leben ist schon worden krank, Ich kann nicht länger bleiben, Gebt mir Urlaub Fraue zart, Von Eurem stolzen Leibe.« »Herr Tannhäuser nicht sprecht also, Ihr seyd nicht wohl bey Sinnen, Nun laßt uns in die Kammer gehn, Und spielen der heimlichen Minnen.« »Eure Minne ist mir worden leid, Ich hab in meinem Sinne, O Venus, edle Jungfrau zart, Ihr seyd ein Teufelinne.« »Tannhäuser ach, wie sprecht Ihr so, Bestehet Ihr mich zu schelten? Sollt ihr noch länger bei uns seyn, Des Worts müßt Ihr entgelten. Tannhäuser wollt Ihr Urlaub han, Nehmt Urlaub von den Greisen, Und wo Ihr in dem Land umbfahrt, Mein Lob das sollt Ihr preisen.« Der Tannhäuser zog wieder aus dem Berg, In Jammer und in Reuen: »Ich will gen Rom in die fromme Stadt, All auf den Pabst vertrauen. Nun fahr ich fröhlich auf die Bahn, Gott muß es immer walten, Zu einem Pabst, der heißt Urban, Ob er mich wolle behalten. Herr Pabst Ihr geistlicher Vater mein, Ich klag Euch meine Sünde, Die ich mein Tag begangen hab, Als ich Euch will verkünden. Ich bin gewesen ein ganzes Jahr, Bey Venus einer Frauen, Nun will ich Beicht und Buß empfahn, Ob ich möcht Gott anschauen.« Der Pabst hat einen Stecken weiß, Der war vom dürren Zweige: »Wann dieser Stecken Blätter trägt, Sind dir deine Sünden verziehen.« »Sollt ich leben nicht mehr denn ein Jahr, Ein Jahr auf dieser Erden, So wollt ich Reu und Buß empfahn, Und Gottes Gnad erwerben.« Da zog er wieder aus der Stadt, In Jammer und in Leiden: »Maria Mutter, reine Magd, Muß ich mich von dir scheiden, So zieh ich wieder in den Berg, Ewiglich und ohn Ende, Zu Venus meiner Frauen zart, Wohin mich Gott will senden.« »Seyd willkommen Tannhäuser gut, Ich hab Euch lang entbehret, Willkommen seyd mein liebster Herr, Du Held, mir treu bekehret.« Darnach wohl auf den dritten Tag, Der Stecken hub an zu grünen, Da sandt man Boten in alle Land, Wohin der Tannhäuser kommen. Da war er wieder in den Berg, Darinnen sollt er nun bleiben, So lang bis an den jüngsten Tag, Wo ihn Gott will hinweisen. Das soll nimmer kein Priester thun, Dem Menschen Mistrost geben, Will er denn Buß und Reu empfahn, Die Sünde sey ihm vergeben.

Tannhäuser Der Tannhäuser Frau Venus Berg Tannhäuser Frau Venus Tannhäuser gib Frau Venus Tannhäuser han Tannhäuser Tannhäuser Minne Venus Jungfrau Tannhäuser schelten Tannhäuser han Greisen Der Tannhäuser Berg Rom Urban Sünde Bey Venus Leiden Berg Venus Tannhäuser Held Tannhäuser Berg Priester thun Die Sünde

Chapter 44
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Misheirath. Mündlich.

»Die Wasserrüben und der Kohl, Die haben mich vertrieben wohl, Hätt' meine Mutter Fleisch gekocht, Ich wär geblieben immer noch. Wenn ich nur einmal Jäger wär, Drey schöne Flinten kauft ich mir, Drey schöne Flinten, einen Hund, Ein schönes Mädchen kugelrund.« Die schöne Jägrin fand er bald, Auf seinem Weg im dichten Wald, Die Jungfer war wohl kugelrund, Sie nahm ihn ohne Flint und Hund. Er geht mit ihr vor Mutters Haus, Die Mutter guckt zum Schornstein raus: »Ach Sohn! ach lieber Sohne mein, Was bringst mir für ein Stachelschwein?« »Es ist fürwahr kein Stachelschwein, Es ist die Herzallerliebste mein!« »Ist es die Herzallerliebste dein, Bring sie zu mir in Saal herein. Ich will auftragen Rüb und Kohl.« »Frau Mutter, das der Henker hohl, Ich bin Mosje, den Kohl veracht, Den Schlüssel gebt, das Huhn ich schlacht.« Die Alte hält den Jungen auf, Springt zu und hält zehn Finger drauf: »Du Bub, das Hühnlein leget frey Mir alle Tag vier golden Ey. Der Bub will alle Tage mehr, Nun schleppt er gar ein Mädchen her.« »Nun dann Frau Mutter gebet her, Ein ander Fleisch, das ich verehr.« Die Alte winkt ihm freundlich zu, Der Sohn sich setzt in guter Ruh, Sie schlachtet einen Kater ab, Und bratet ihn am Zauberstab. Die Jägrin sprach: »Herr Bräutigam, Solch Wildprett ist mir gar zu zahm, Es widersteht mir dies Geschlecht, Ich bleib Mamsell und eß was recht.« »Was Wildpret!« schreit der Bräutigam, »Der Kater war von edlem Stamm, Dies ist und bleibt das Wildpret mein!« Die Jägrin läuft in'n Wald hinein. »Was doch der Braut mocht kommen ein, Das Weggehn war nun gar nicht fein!« Sie setzen sich zum Braten hin, Uneins und doch in einem Sinn. Die Alte lehrt den Sohn beim Mahl: »Die Welt wird vornehm auf einmal, Dir war die magre Wildkatz recht, Ihr schien der fette Kater schlecht.«

Flint Mutters Stachelschwein Stachelschwein gebet Mamsell Braten Die Welt

Chapter 45
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Wiegenlied. Ottmars Volkssagen. Bremen 1800. S. 43 und 44.         Buko von Halberstadt, Bring doch meinem Kinde was, Was soll ich ihm bringen? Rothe Schuh mit Ringen, Schöne Schuh mit Gold beschlagen, Die soll unser Kindchen tragen. Hurraso, Burra fort, Wagen und schön Schuh sind fort, Stecken tief im Sumpfe, Pferde sind ertrunken, Hurra, schrei nicht Reitersknecht, Warum fährst du auch so schlecht!

Wiegenlied Bremen Buko Halberstadt Schuh Ringen Schuh Gold Burra Schuh

Chapter 46
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Frau Nachtigal. Fliegendes Blat.             Nachtigal ich hör dich singen, Das Herz möcht mir im Leib zerspringen, Komme doch und sag mir bald, Wie ich mich verhalten soll. Nachtigal ich seh dich laufen, An dem Bächlein thust du saufen, Du tunkst dein klein Schnäblein ein, Meinst es wär der beste Wein. Nachtigal wo ist gut wohnen, Auf den Linden, in den Kronen, Bei der schön Frau Nachtigal, Grüß mein Schätzchen tausendmal.

Nachtigal Nachtigal Nachtigal Wein Nachtigal Nachtigal

Chapter 47
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Die Juden in Passau. Aus einem geschriebenen geistlichen Liederbuche in der Sammlung von Clemens Brentano.

Juden Passau Clemens

Mit Gott der allen Dingen, Ein Anfang geben hat, So heben wir an zu singen, Ein wunderliche That. Der Christoph Eißenhammer Durch sein groß Missethat Fing an ein großen Jammer Zu Passau in der Stadt. Zun Juden thät er laufen, Und fragen sie behend: »Ob sie nit wollten kaufen, Das heilig Sakrament?« Alsbald sie Antwort gaben: »Er solls ihnen bringen nun, Sie wollten ihm mit Gaben, Ein völlig Gnüge thun.« In stürmischer Nacht, im Finstern, Brach er die Thüre auf, Von unser Frauen Münster, Nahm acht Partikel raus. Um einen Gulden merk eben, Er sie alle acht verkauft, Daß einer, wie zu sehen, Auf dreyßig Pfennig lauft. Die Juden ließens zum Tempel, Bald tragen auf den Altar, Ein Messer sie auszogen, Und stachen grimmig drein. Bald sahen sie herausfließen, Das Blut ganz mild und reich, Gestalt sich sehen ließe, Eim jungen Kindlein gleich. Das brachte großen Schrecken, Sie gingen bald zu Rath: Zwo Hostien zu schicken, Gen Salzburg in die Stadt. In die Neustadt auch zwo senden, Zwo schickten sie gen Prag, Zwo hielten sie bei Händen, Hätten darüber Frag. Sie meinten und verhofften, Christum auszutilgen gar, Drum heizten sie ein Ofen, Worin die Hostien warn. Doch seht vor ihren Augen Flogen zwey Engel raus, Dazu zwo schöne Tauben, Das machte Furcht und Grauß. Christoph, der Uebelthäter, In Sünden hart verblendt Wie Judas der Verräther, Stiehlt weiter was er findt. Als er zu Germansbergen Angriff den Kirchenstock, Ergriffen ihn die Schergen, Sie schlugen ihn in Stock. Da er nun lag gefangen, Zu Passau im Oberhaus, Was er je hätt begangen, Bekennt er frey heraus. Da wurden die Unthaten Der Juden auch vermehrt, Wie sie gerathen hatten, Das Sakrament entehrt. Dem Bischof ging zu Herzen Solch lästerliche That, Darauf ohne alles Scherzen, Er nach ihnen greifen läßt. Da haben sie bekennet, Daß sie das Sakrament, Gestochen und gebrennet, Und in drey Städt gesendt. Zwar vier aus den Gefangnen, Haben sich weisen lahn, Die Seeligkeit zu erlangen, Den Glauben genommen an. Die andern sind verbrennet: Die vier, so sich bekehrt, Die Christen sich genennet, Die gab man zu dem Schwerdt. Christoph ders angefangen, Das Sakrament verkauft, Wurd auch mit heissen Zangen, Nach etlich Wochen gestraft.

Passau Juden Sakrament thun Münster Gulden Pfennig Juden Rath Salzburg Neustadt Prag Engel Judas Passau Juden Sakrament entehrt Bischof Sakrament lahn Sakrament

Chapter 48
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Kriegslied gegen Karl V. Vergleiche Hortleder S. 425. S. 423. eine merkwürdige Stelle über den Trommelschlag der deutschen Landsknechte: Die übrigen Trommelschläge, damit ein jeder etwas Neues auf die Bahn bringt, sind ungeschickt und lächerlich, der alte, welchen ich allein für löblich halte, ist wenn man nach jeden fünf gleichen Schlägen etwas inne hält: Top, top, top, top, top: top, top, top, top, top. Durch solchen Trommelschlag werden beides die Gemüther zur Freud und Tapferkeit erweckt, hilft auch den Leibeskräften nicht wenig. Der gemeine Haufen pflegt bei solchen fünf Schlägen etliche Worte zu brauchen, als:

Karl V. Freud

Hüt dich Baur ich komm, Mach dich bald davon; Hauptmann gieb uns Geld, Während wir im Feld, Mädel komm heran, Füg dich zu der Kann.

Mach

A.

Es geht ein Butzemann im Reich herum, Didum, Didum, Bidi, Bidi, Bum! Der Kaiser schlägt die Trumm Mit Händen und mit Füßen, Mit Säbeln und mit Spießen! Didum, Didum, Didum.     Ach Karle großmächtiger Mann,     Wie hast ein Spiel gefangen an,     Ohn Noth in Teutschen Landen?     Wollt Gott, du hättst es baß bedacht,     Dich solchs nicht unterstanden. Es geht ein Butzemann u. s. w.     Ach Karle sieh dich besser vor,     Bedenk den Feind vor deinem Thor,     Wenn du zu Pabst Gefallen     Solch greulich Mord willst richten an,     Wovon die Land erschallen. Es geht ein Butzemann u. s. w.     Ach denke an Pabst Hildebrandt,     Er regte Krieg im Teutschen Land,     Den Kaiser zu vertreiben,     Und hetzte an viel Fürsten stark,     Im Bann mußt er stets bleiben. Es geht ein Butzemann u. s. w.     Der Pabst zum Kaiser wählen ließ,     Ein Fürsten Rudolph Kaiser hieß,     Ein Kron thät er ihm senden,     Gebot den Fürsten allzugleich,     Von Heinrich sich zu wenden. Es geht ein Butzemann u. s. w.     Da ward vergossen großes Blut,     Als sich beschützt der Kaiser gut,     Und Rudolph hat verloren     Die Schlacht und seine rechte Hand,     Mit der er falsch geschworen. Es geht ein Butzemann u. s. w.     Ach Hildebrand der feyert nicht,     Des Kaisers Sohn er auch anricht,     Den Vater zu verjagen,     Das Reich darob zerrissen ward,     Viel edles Volk erschlagen. Es geht ein Butzemann u. s. w.     Der Kaiser muß vorm Papste stehn,     Im Sünderhemd ganz nackt im Schnee,     Der Papst der ließ ihn stehen,     Er lag in seiner Buhlen Schooß,     So wird es dir noch gehen. Es geht ein Butzemann u. s. w.     Ach denk der ganze Kaiserstamm     Durch Päpste in groß Jammer kam,     Die Teutsche Macht zerrissen,     Willst du für ihre Büberey,     Noch den Pantoffel küssen? Es geht ein Butzemann u. s. w.     Wir haben auch auf unsrer Seit'     Ein starken Held, der für uns streit,     Von Macht ist nicht seins Gleichen,     Gott's ewiger Sohn mit seinem Heer,     Dem mußt du doch noch weichen. Es geht ein Butzemann u. s. w.     Dieß Liedlein ist in Eil gemacht,     Einem jungen Landsknecht wohlgeacht     Zu freundlichem Gefallen;     Von einem, der wünscht Glück und Heil     Den frommen Landsknechten allen.     Als ging der Butzemann im Reich herum,     Didum, Didum,     Bidi, Bidi, Bum!     Der Kaiser schlug die Trumm,     Mit Händen und mit Füßen,     Die Kirchen uns wollt schließen,     Didum, Didum, Didum!

Butzemann Bidi Bidi Kaiser Butzemann Thor Butzemann Kaiser Butzemann Kaiser Rudolph Kaiser Gebot Butzemann Kaiser Rudolph Butzemann Hildebrand Volk Butzemann Kaiser Papst Buhlen Butzemann Pantoffel Butzemann Held Butzemann Landsknecht Butzemann Bidi Bidi Kaiser

Chapter 49
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Der Bettelvogt. Mündlich.

Ich war noch so jung, und war doch schon arm, Kein Geld hat ich gar nicht, daß Gott sich erbarm, So nahm ich meinen Stab und meinen Bettelsack. Und pfiff das Vaterunser den lieben langen Tag. Und als ich kam vor Heidelberg hinan, Da packten mich die Bettelvögte gleich hinten und vornen an; Der eine packt mich hinten, der andre packt mich vorn; »Ey ihr verfluchte Bettelvögt, so laßt mich ungeschorn.« Und als ich kam vors Bettelvogt sein Haus, Da schaut der alte Spizbub zum Fenster heraus, Ich dreh mich gleich herum und seh nach seiner Frau: »Ey du verfluchter Bettelvogt, wie schön ist deine Frau.« Der Bettelvogt der faßt einen grimmen Zorn, Er läßt mich ja setzen im tiefen tiefen Thurm, Im tiefen tiefen Thurm bey Wasser und bey Brodt, »Ey du verfluchter Bettelvogt, krieg du die schwerste Noth!« Und wenn der Bettelvogt gestorben erst ist, Man sollt ihn nicht begraben wie 'nen andern Christ, Lebendig ihn begraben bey Wasser und bey Brodt, Wie mich der alte Bettelvogt begraben ohne Noth. Ihr Brüder seyd nun lustig, der Bettelvogt ist todt, Er hängt schon im Galgen ganz schwer und voller Noth, In der verwichenen Woch am Dienstag um halber neun, Da haben sie 'n gehangen in Galgen fest hinein. Er hätt die schöne Frau beynahe umgebracht, Weil sie mich armen Lumpen freundlich angelacht. In der vergangenen Woch, da sah er noch hinaus, Und heut bin ich bei ihr in seinem Haus.

Vaterunser Heidelberg grimmen Galgen Galgen

Chapter 50
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Von den klugen Jungfrauen. Schuppis Schriften S. 277.

Wachet auf, ruft uns die Stimme Der Wächter sehr hoch auf der Zinne, Wach auf du Stadt Jerusalem, Mitternacht heißt diese Stunde, Sie rufen uns mit hellem Munde: »Wo seyd ihr klugen Jungfrauen? Wohlan der Bräutigam kömmt, Steht auf, die Lampen nehmt!     Halleluja!     Macht euch bereit     Zu der Hochzeit,     Ihr müsset ihm entgegen gehn.« Sie hörn die Wächter singen, Die Herzen all vor Freuden springen, Sie wachen und stehn eilend auf; Ihr Freund der kommt vom Himmel prächtig, Von Gnaden stark, von Wahrheit mächtig, Ihr Licht wird hell, ihr Stern geht auf. »Nun komm du werthe Kron, Herr Jesu, Gottes Sohn!     Hosiana:     Wir folgen all,     Zum Freuden-Saal,     Und halten mit das Abendmahl.«

Zinne Jerusalem hellem Halleluja hörn Stern

Chapter 51
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Müllers Abschied. Mündlich.

Da droben auf jenem Berge, Da steht ein goldnes Haus, Da schauen wohl alle Frühmorgen Drey schöne Jungfrauen heraus; Die eine, die heißet Elisabeth, Die andre Bernharda mein, Die dritte, die will ich nicht nennen, Die sollt mein eigen seyn. Da unten in jenem Thale, Da treibt das Wasser ein Rad, Das treibet nichts als Liebe, Vom Abend bis wieder an Tag; Das Rad das ist gebrochen, Die Liebe, die hat ein End, Und wenn zwey Liebende scheiden, Sie reichen einander die Händ. Ach Scheiden, ach, ach! Wer hat doch das Scheiden erdacht, Das hat mein jung frisch Herzelein So frühzeitig traurig gemacht. Dies Liedlein ach, ach! Hat wohl ein Müller erdacht; Den hat des Ritters Töchterlein Vom Lieben zum Scheiden gebracht.

Elisabeth Scheiden Scheiden Scheiden

Chapter 52
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Abt Neithards und seiner Münche Chor. Manuscript Neithards des Minnesängers, sämmtliche Streiche mit den Bauren enthaltend, in meiner Bibliothek. C. Brentano.

Abt Chor

Ich will mich aber freuen gegen diesen Mayen, Der mir gar üppiglichen Muth soll verleihen, Das sey eim Bauer und seinen Gesellen leide. Ich habe der Lieben gedient also lange, Oft und viel mit meinem neuen Gesange, Die gelben Blümelein bracht ich ihr von der Heyde. Die trug sie gar hübschlich zu dem Tanze, Alle meine Hoffnung mußt mir werden ganze, Da ich sie sah die säuberliche Magd. Ich kam zu der Lieben schon gegessen, Wohl vier und zwanzig Bauern, die hatten sich vermessen, Von ihne da ward schämlich ich verjagt. In einer weiten Stube mit Gedränge, Die weite Stube ward mir viel zu enge, Und meines Lebens hätte ich nächst versagt. Aller meiner Noth konnt ich nicht bedenken. Um und um hin lief ich an den Bänken, Bis daß ich doch die recht Thür erschreite. Meines Unfalls Rath hätt ich bald vergessen, Meine weiten Sprüng die waren ungemessen, Die ich vor den alten Gauchen hin schreite. Dahin gen Wien, da eilt ich also balde, Hätt ich einen Laden Tuchs mit Gewalte, Bey hundert Ellen, darum zahlt ich gut. Und zehn Ellen mehr, darum wollt ichs nicht lassen, Darum so wollt ich üppiglichen stossen Die vier und zwanzig Bauren hochgemuthe. Und hätt ich einen Schneider mit zweien Knechten, Die mir schnitten die Kleider also gerechte, Vier und zwanzig Kutten mußten sie tragen. Die eine kurz, die andere wohl gelänget, Als Gott ihnen ihr Gewächs nun hat verhänget, Und oben weit gefalten um den Kragen, Die fünf und zwanzigst Kutten will ich selber tragen, Daß man für den Abt mich müsse ansagen, Wann ich in dem Land mit ihnen umfahre. Und hätt ich einen Scherer also gute, Der mir die Bauern bescheret die Bauern hochgemuthe, Ich wollt ihnen scheeren die alten Bauern-Haare. Noch so muß ich haben viererley Dinge, Oben eine Platte und darum einen Ringe, Gleichwie ein Mönch auf Erden soll seyn. Noch so hab ich der Abentheuer nicht gare, Er hieß ihm bringen ein Osterwein so klare, Und ein Schlaftrinken goß er ihnen darein. Also war das Abentheuer bereitet, Und auf einem Karren schnelle geleitet, Wohl zu dem grünen Anger hin. Zum grünen Anger unter der schönen Linden, Da ließen sich die Bauren allsammt finden, Ihrer vier und zwanzig, das war ihr Ungewinn. Der erste der sprach, wollt ihr den Neithard sehen, Der ander sprach, ja müst ihm Leid geschehen, Und meld sein nicht, es muß an sein Leben gahn. Er zog die Gugel von der Platten gare, Der dritt sprach, es ist ein Mönch fürwahre, Und ist in unserm Land ein fremder Mann. Er zuckt die Gugel gar nieder auf den Rücken, Er trat zu den Bauren gar voll Tücken, Wie bald trat Engelmayer zu ihm dar. Er sprach: »Grüß euch Gott Kinder, wollt ihr trinken? Guten Osterwein will ich euch schenken.« Da bot er ihnen das Schlaftränklein dar. Sie trunken alle den Oesterwein gar vaste, Je länger, je mehr, so mehret sich ihr Laster, Sie lagen alle vor tod an einer Schaar. Die Messer und die Schwerdt begunnt er ihnen rauffen, Die dicken Stecken mit den großen Knauffen, Gürtel und Taschen nahm er von ihnen gar. Also wurden ihrer vier und zwanzig beschoren, Rock und Mantel hättens all verlohren, Vier und zwanzig Kutten stieß er ihnen an. Sie lagen bis an den vierten Tag ohne Sinnen,

Rath Wien Bey Schneider Abt Abentheuer Osterwein Abentheuer Anger Anger ließen Gugel Gugel Osterwein Rock

Allererst da wurden sie's wohl innen, Und hört, wie einer sprach der alten Knaben. Der greift da mit der Hand wohl auf das Haare: »Nun freut euch alle, ich bin ein Mönch fürwahre, Und will uns Morgen eine Frühmeß haben.« Der andere sprach: »So sing uns das Amte, Das helfen wir dir Bruder allesammte, Als wir vor und nach dem Pfluge gethan haben.« Der Neithard kam wohl zu den Bauren getreten: »Ihr liebe Kind wer hat euch her gebeten, Daß ihr so liegt in Gottes Ordnung hie.« »Nun lieber Herr, das hat uns Gott erschaffen, Wir sind all worden hie zu Pfaffen, Und sind dazu gar wenig doch gelehrt.« »Ihr lieben Kind, zum Lernen seyd ihr junge, In meinem Mund trag ich eine gelehrte Zunge, Und gute Lehre geb ich euch nun hie.« Mit guten Worten bracht er's auf die Straße, Dahin gen Wien, so sie Gott immer hasse, Wohl auf die Brücke vor des Herzogs Thor. Er stellt sie vor das Thor wohl auf die Brücken, Er kehrt ihnen die Geländer wohl an den Rücken: »Nun lieben Brüder wartet mein hiervor. So will ich gehen zu Herzog Otten grade, Daß er uns bald mit einer Zell berathe, Darin wollen wir singen grob und klar. Lieber Herzog Otto, ich bin ein Priester worden, Und habe mir gestiftet selbst einen neuen Orden, Draußen stehn meine Brüder all in einer Schaar. Nun lieber Herr verleiht ein Zell mir balde, Daß man mich für einen rechten Abten halte.« Herr Otto sprach: »Ich hab ein leeren Tempel stahn. Wohl auf drey Säulen ist er weidentlich geschicket, Ein offen Münster, daraus man weite blicket, Darauf muß Engelmayer sein Amte han.« »Ach lieber Herr, dort hats kein rechten Schalle, Den Brüdern möchte wohl die Stimme fallen, Und würd dem Abten selbst der Gugelhals zu enge.« »So weiß ich noch ein Chor für deine Knaben, Da mag ein jeder leicht sein Nothdurft haben, Und durch die Brillen schauen auf die Länge.« Nun hob sich an ein Singen gar ungleiche, Mit großen Scheitern begannen sie sich streichen, Herr Otto sprach: »Wir stehen recht sicher weit davon.« Der erste sang von Ochsen und von Rindern, Der andere sprach und sang von Menschen und von Kindern, Die machen zu Haus an seines Vaters Thor. Der dritt der sang: »Nun fahr ich aus dem Lande, Dieses Lasters hab ich immer Schande, Es werden sein die Freunde mein gewahr.« Die andern Herrn, genannt die Brüder Otte, Deren einer sang: »Hätt ich ein Topf voll Schotten Von meiner Mutter, ich fräß ihn alle gar.« Der Engelmayer sang und zerrt sein Kutten oben: »Der Neithard hat mich in ein Sack geschoben, Deß hab ich Schand und Laster immerdar.« Sie wurden Zornes voll ohn Fressen und ohn Saufen, Begunnten sich einander aus bösem Muth zu raufen, Und waren doch geschoren ohne Haar. Der Herzog sprach: »Nun fertig' sie von hinnen, All mein Hofgesind muß schier entrinnen, Es sind gar ungefüge Mönch fürwahr.« Da rief Herr Neithard vom Fenster nieder: »Verkündets aller Welt ihr frommen Brüder, Und laßt euch nicht wachsen lauter graue Haar.« Mit Murren zogen sie wie eine Wetterwolken, Ihre vierbeinicht Schwestern standen ungemolken, Ohn Urlaubnehmen ward Fluchen nicht gespart. Sie huben sich zum Thor hinaus zu traben, Die alten dummen steifen Akkerknaben, Tanzten in ihren langen Kutten Wie Winzer in den Butten, Darnach warens Bauren hinten nach wie vor.

Lernen Wien Thor Thor Herzog Herzog Priester Münster han Chor Thor Saufen Herzog huben Thor Winzer

Chapter 53
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Von zwölf Knaben. Frische Liedlein.                               Mein Mutter zeihet mich, Zwölf Knaben freyen mich. Der Erst der thät mir winken, Der ander mein gedenken, Der Dritt der tratt mir auf den Fuß, Der Viert bot mir einen freundlichen Gruß, Der Fünft bot mir das Fingerlein, Der Sechst der muß mein eigen seyn, Der Siebent bot mir das rothe Gold, Der Acht war mir von Herzen hold, Der Neunt lag mir an meinem Arm, Der Zehnt der war noch nicht erwarmt, Der Elfte war mein ehlich Mann, Der Zwölft ging in der Still davon. Die zwölf Knaben gut, Zwölf Knaben gut, Dieselbigen zwölf Knaben gut, Die führten einen guten frischen freien Muth. Was machen zwölfe hie? Ein Dutzend machen sie.

Gold Zehnt

Chapter 54
Text Entities

Kurze Weile. Frische Liedlein.

So wünsch ich ihr ein gute Nacht, Bei der ich war alleine, Kein traurig Wort sie zu mir sprach, Da wir uns sollten scheiden: »Scheid nicht mit Leid, Gott weiß die Zeit, Die Wiederkehr bringt Freuden.« Da ich am jüngsten bei ihr war, Ihr Angesicht wollt röthen, Das hat die rothe Sonn gethan, Als wir in Scheidens-Nöthen; Viel Scherz viel Schmerz, Brach ihr das Herz, Das bin ich innen worden. Das Mägdlein an der Zinnen stand, Hub kläglich an zu weinen: »Gedenk daran du junger Knab, Laß mich nicht lang allein, Kehr wieder bald, Dein lieb Gestalt, Löst mich aus schweren Träumen.« Der Knabe über die Heyde ritt, Sein Rößlein warf er rumme: »Gedenk daran mein feines Lieb, Dein Red werf du nicht umme, Beschertes Glück Nimm nie zurück, Ade ich fahr mein Straßen.« Der uns das Liedlein neu es sang, Von Neuem hats gesungen, Das hat gethan ein freier Knab, Ist ihm gar wohl gelungen, Er singt uns das, Darzu noch baß Hats Mägdlein überkommen.

röthen

Chapter 55
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Kriegslied des Glaubens. Mündlich nach Martin Luther Lieder. Zittau 1710. S. 502. und Phil. von Sittewald II. Band S. 691.

Martin Luther Zittau Phil

Ein feste Burg ist unser Gott, Ein gute Wehr und Waffen, Er hilft uns frei aus aller Noth, Die uns jetzt hat betroffen; Der alte böse Feind, Mit Ernst es jetzt meint, Groß Macht und viel List Sein grausam Rüstung ist; Auf Erd ist nicht seins Gleichen. Und wenn die Welt voll Teufel wär, Und wollten uns verschlingen, So fürchten wir uns nimmermehr, Es soll uns doch gelingen; Der Feind von dieser Welt, Wie wild er sich stellt, Thut er uns doch nichts; Er scheuet ja das Licht, Ein Wort das kann ihn fällen. Gott Ehr und Preis, der uns zu Gut, Den Feind durch uns will schlagen, Und über uns hat treue Hut Auf seinem Feuerwagen; Sein ganz himmlisch Heer Rondet um uns her, Lobsingt, lobsinget ihm, Lobsingt mit heller Stimm: Ehr sey Gott in der Höhe! Sein Wort sie sollen lassen stehn, Kein Dank dafür nicht haben, Wir haben es wohl eingesehn Mit seinem Geist und Gaben. Nehmen sie den Leib, Gut, Ehr, Kind und Weib, Laß fahren dahin, Sie haben keinen Gewinn; Das Reich muß uns doch bleiben! Lob, Ehr und Preis sey seiner Macht, Sein ist die ewge Veste, Er wacht und schillert Tag und Nacht, Daß alles geht aufs Beste; Jesus ist sein Wort, Ein heimlich offen Wort, Ihn ruft Wacht zu Wacht Zum Trost durch die Nacht, Bis alle Vögel ihm singen.

Burg Teufel Veste Jesus Vögel

Chapter 56
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Tabakslied. Mündlich.         Wach auf! Wach auf, der Steuermann kömmt, Er hat sein großes Licht schon angezündt. Hat ers angezündt, so giebts einen Schein, Damit so fahren wir ins Bergwerk ein. Der Eine gräbt Silber, der Andre gräbt Gold, Dem schwarzbraunen Mägdlein sind wir hold. Tabak! Tabak! ächtadliges Kraut! Tabak! Tabak! du stinkendes Kraut. Wer dich erfand, ist wohl lobenswerth, Wer dich erfand, ist wohl prügelnswerth.

Steuermann Bergwerk Gold Tabak Tabak Tabak Tabak

Chapter 57
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Das fahrende Fräulein. Mündlich.

O weh der Zeit, die ich verzehrt Mit meiner Buhler Orden, Nachreu ist worden mein Gefährt, Ich bin zur Thörin worden. Mich reut die Schmink und falscher Fleiß, Den ich darauf gewendet, Die Sonne schien, ich baut auf Eis, So war ich schier verblendet. Wie wird es heiß, fort zieht das Eis, Und meine goldnen Schlösser, Wie ruft es doch im Flusse leis, Da drunten wär es besser. Und wie sie in das Wasser fällt, Da hat sie fest gehalten, Der Liebste, dem sie nachgestellt, An ihres Schleyers Falten. Laß mir den Schleyer, halt mich nicht, Laß still mich 'nunter ziehen, Denn mein verstörtes Angesicht, Das würde nach dich ziehen. Der Strom ist stark, sein Arm zu schwach, Sie will den Schleyer nicht lassen, So zieht verlorne Liebe nach, Er wollte sie nicht verlassen.

reut Sonne leis

Chapter 58
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Betteley der Vögel. Storchs- und Schwalben-Winter-Quartier durch Johann Prätorium. Frankfurt 1676. S. 187.

Vögel Prätorium

Es ist kommen, es ist kommen Der gewünschte Frühlings-Both, So uns alles Leid benommen Und die kalte Winters-Noth, Welcher gute Stunden bringet, Und ein gutes Jahr bedinget. Kommen ist die liebe Schwalbe, Und das schöne Vögelein, Dessen Bauch ist weiß und falbe, Dessen Rücken schwarz und fein; Schauet wie es rummer flieget, Und sich bittend zu euch füget. Wollet ihr nicht seyn gebeten, Und mit etwas Esselwaar Kommen hie heraus getreten, Zu uns oder dieser Schaar? Gebt ihr aus des Reichen Haus, Nicht ein wenig Wein heraus? Oder einen Korb mit Käsen, Oder auch ein wenig Korn; Daß wir wiederum genesen, Und uns quicken mit dem Born? Weil die Schwalbe ohne Speisen Sich nicht lässet abeweisen. Oder sollen wir viel lieber Euch die Thür und Pforte lähmen? Oder sollen wir hinüber Steigen, und die Jungfer nehmen? Welche, weil sie klein zu nennen, Wir gar wohl wegtragen können. Oder wollt ihr euch besinnen, Dennoch uns noch was verehrn; So kann sie uns wohl entrinnen, Und sich, wenn sie größer, wehren; Laßt der Schwalb die Thür aufhalten, Wir sind Junge und nicht Alte.

Wein Korn

Chapter 59
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Die Greuelhochzeit. Fliegendes Blat.

In Frauenstadt ein harter Mann, Es war ein reicher Bürgerssohn, Der hat sich ausersehen Ein reiches Mädchen hübsch und fein, Er dacht, die sollt sein eigen seyn; Der Handschlag war geschehen. Als man bei etlich Wochen Zeit, Oeffentlich die zwey junge Leut Dreymal verkündigt hatte, Das Mädchen war betrübet sehr, Wollt ihren Bräutigam nicht mehr, Doch kam die Reu zu späte. Ein Schuhknecht that ihr gehen nach, Welchem sie auch die Eh versprach, Und liebet ihn dermassen, Hat ihm versprochen vielmal schon: Eh sie behielt den Bürgerssohn, Wollt sie das Leben lassen. Zur Hochzeit war nun alles bereit't, Da man die zwey verlobte Leut Wollte zur Kirche führen, Die Braut zu ihrem Bräutigam spricht: »Du weißt ich will dich haben nicht.« Da war groß Lamentiren. Der Bräutigam wohl zu ihr sprach: »Mein liebes Kind! bedenk die Sach, Was du mir hast versprochen. Schick dich mein Schatz, thu mit mir gehn, Läßt du mich hier in Schanden stehn, So bleibts nicht ungerochen.« Allein sie wollt nicht folgen ihm, Der Bräutigam voll Zorn und Grimm, Thät in die Kammer gehen; Alsbald er thäte ein Pistol Mit zweyen Kugeln laden wohl, Das niemand thäte sehen. Indem so ging der Kirchgang an, Es freute sich ein jedermann, Und wollte gerne sehen, Daß alles möchte werden gut, Machten der Braut ein'n guten Muth, Sie thät zur Kirche gehen. Als nun die Braut und Bräutigam, Und alles Volk zur Kirche kam, Der Priester thäte gehen, Wie sonst gebräuchlich, zum Altar, Darauf kam das verlobte Paar, Und thäten vor ihm stehen. Als er die Braut gefraget nun, Ob sie den Junggesellen schön, Zu ihrem Mann wollt haben? Darauf die Braut antwortet bald: »Eh ich zum Mann ihn haben wollt, Eh geb ich auf mein Leben.« Kaum sie das Wort geredet wohl, Der Bräutigam nahm das Pistol, Es thät ihn so verdrießen, Daß er die Braut vor dem Altar, Da alles Volk zugegen war, Thäte darnieder schießen. Drauf war der Braut ihr Bruder da, Als er die Schwester erschossen sah, Zog aus der Scheide sein Messer, Stach mit großem Schmerz Dem Bräutigam auch durch das Herz, Da lagen alle beyde. Da ward ein großes Mordgeschrey, Das Volk lief eilend alles herbey, Es waren zwey Partheyen. Die Eine hielt zum Bräutigam, Die Andere sich der Braut annahm, Da war ein kläglich Schreyen. Man schlug, man haut, man stach darein, Man schonte weder Groß noch Klein, Mit Messer, Säbel und Degen, Oft manches trug ein'n Fetz davon, Sieben Personen Weib und Mann, Todt in der Kirchen lagen. Als nun der Hader hätt' ein End, Ein jedes hebet auf die Händ, Und that nach Hause gehen. Jedermann führte große Klag, Und sprach: Ich hab mein Lebetag Kein solche Hochzeit gesehen.

jedermann Volk Priester Volk Scheide Volk Säbel Degen Jedermann

Chapter 60
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Der vortreffliche Stallbruder. Mündlich.         Wenn der Schäfer scheeren will, Stellt er sich hinter die Hecke, Scheert dem Schaaf die Wolle ab, Steckt sie in die Säcke. Fängt zu tanzen an, zu singen, Bläst auf seinem Dudeldu: »Lieber Bruder dir ichs bringe, Lieber Bruder trink dir's zu. Was ich trag auf Händen mein, Ist ein Gläßlein kühlen Wein; Flög doch ein Vöglein übern Rhein, Brächt's dem lieben Stallbruder mein. Stallbruder mein, du bist wohl werth, Daß man dich auf'm Altar verehrt, Hast ein Paar Wängelein Wie ein Rubin, Augen wie Schwarzenstein, Zähne wie Elfenbein, Bist gar ein kluger Kerl, Wie ich es bin.«

Hecke Wolle Wein Rhein Rubin Elfenbein

Chapter 61
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Unerhörte Liebe. Martin Opitz.

Martin Opitz

Ist irgend zu erfragen Ein Schäfer um den Rhein, Der sehnlich sich beklagen Muß über Liebespein, Der wird mir müssen weichen, Ich weiß sie plagt mich mehr, Niemand ist mir zu gleichen, Und liebt er noch so sehr. Es ist vorbey gegangen Fast jetzt ein ganzes Jahr, Daß Eine mich gefangen Mit Liebe ganz und gar, Daß sie mir hat genommen Gedanken, Muth und Sinn, Ein Jahr ist's, daß ich kommen In ihre Liebe bin. Seitdem bin ich verwirret Gewesen für und für, Es haben auch geirret Die Schaafe neben mir, Das Feld hab ich verlassen, Gelebt in Einsamkeit, Hab alles müssen hassen, Warum ein Mensch sich freut. Nichts hab ich können singen, Als nur ihr klares Licht, Von ihr hab ich zu klingen Die Lauten abgericht, Wie sehr ich sie muß lieben Und ihre große Zier, Das hab ich fast geschrieben An alle Bäume hier. Kein Trinken und kein Essen, Ja nichts hat mir behagt, Ich bin nur stets gesessen, Und habe mich beklagt: In diesem schweren Orden Verändert alles sich, Die Heerd' ist mager worden, Und ich bin nicht mehr ich. Sie aber hat die Sinnen Weit von mir abgekehrt, Ist gar nicht zu gewinnen, Hat mich noch nie erhört; Da doch was ich gesungen Weit in das Land erschallt, Und auch mein Ton gedrungen Bis durch den Böhmer Wald. Die Schaafe, die am Flusse Im tiefsten Grase stehn, Sie horchten meinem Gruße, Sie wollen zu mir gehn; Es sammelt sich die Menge, Es winken mir die Fraun, Doch selbst in dem Gedränge, Kann ich die Lieb nicht schaun. Was soll mein Lied erschallen? Viel lieber bin ich still, Der Liebsten zu gefallen Ich einig singen will: Weil alles sie auf Erden Allein zusammenhält, Kann ihre Gunst mir werden, So hab ich alle Welt.

Rhein Essen

Chapter 62
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Das Bäumlein. Frische Liedlein.

Ein Bäumlein zart, Geschlachter Art, Von edlem Stamm, Und gutem Nahm, Nach seiner Natur Ganz rein und pur, Kein süßer Frucht Nie Mensch versucht, Wer möcht es lahn Und nicht begehren Frucht davon. O mein! O mein! Ich gab mich ihr ins Herz hinein, In ihrem grünen Röckelein. Aus festem Grund, In schönem Rund, Dieß Bäumlein zart, Gezieret ward, Die Aestlein schlecht, Schwank und gerecht, Grün adlich fein Die Blätter sein, Der Früchte Zier Wär süßer mir, Als Zucker oder Malvasier. O mein! O mein! Ich gab mich ihr ins Herz hinein, In ihrem grünen Röckelein. So ich besinn, Was gut Gewinn, Dies Bäumlein klug, Mit Nutz und Fug, Eh es im Gart Versperret ward, Ertragen hat, Ist Freud verzehrt Des Herzens mein, Ich schrei in Pein, Gott segn dich zarts Bäumelein. O mein! O mein! Senk Zweigelein, Daß ich mich schwenk zu dir hinein!

lahn Schwank Zucker Malvasier Freud

Chapter 63
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Lindenschmidt. Aus Meißners Apollo. Juny 1794. S. 173.

Es ist nicht lange daß es geschah Daß man den Lindenschmidt reiten sah, Auf einem hohen Rosse. Er reitet den Rheinstrom auf und ab; Er hat ihn gar wohl genossen. »Frisch her ihr lieben Gesellen mein! Es muß jezt nur gewaget seyn, Wagen das thut gewinnen, Wir wollen reiten Tag und Nacht, Bis wir die Beute gewinnen!« Dem Marggrafen von Baden kam neue Mähr, Wie man ihm ins Geleit gefallen wär, Das thät ihm sehr verdrießen. Wie bald er Junkern Kasparn schrieb: Er sollt ihm ein Reißlein dienen. Junker Kaspar zog'n Bäuerlein eine Kappe an; Er schickt ihn allezeit vorn dran, Wohl auf die freie Straßen, Ob er den edlen Lindenschmidt findt, Denselben sollt er verrathen. Das Bäuerlein schiffet über den Rhein, Er kehret zu Frankenthal ins Wirthshaus ein: »Wirth, haben wir nichts zu essen? Es kommen drey Wagen, sind wohl beladen, Von Frankfurt aus der Messen.« Der Wirth der sprach dem Bäuerlein zu: »Ja, Wein und Brod hab ich genug! Im Stalle da stehen drey Rosse, Die sind des edlen Lindenschmidts, Er nährt sich auf freyer Straßen.« Das Bäuerlein gedacht in seinem Muth, Die Sache wird noch werden gut, Den Feind hab ich vernommen. Alsbald er Junkern Kaspar schrieb, Daß er sollt eilends kommen. Der Lindenschmidt hätt einen Sohn, Der sollt den Rossen das Futter thun, Den Haber thät er schwingen: »Steht auf, herzlieber Vater mein! Ich hör die Harnische klingen.« Der Lindenschmidt lag hinterm Tisch und schlief, Sein Sohn der thät so manchen Rief, Der Schlaf hat ihn bezwungen: »Steht auf, herzliebster Vater mein! Der Verräther ist schon gekommen.« Junker Kaspar zu der Stuben eintrat, Der Lindenschmidt von Herzen sehr erschrack: »Lindenschmidt gieb dich gefangen! Zu Baden, an den Galgen hoch, Daran sollst du bald hangen.« Der Lindenschmidt war ein freier Reitersmann, Wie bald er zu der Klingen sprang: »Wir wollen erst ritterlich fechten!« Es waren der Bluthund allzuviel, Sie schlugen ihn zu der Erden. »Kann und mag es dann nicht anders seyn, So bitt' ich um den liebsten Sohn mein, Auch um meinen Reutersjungen, Haben sie jemanden Leid's gethan, Dazu hab ich sie gezwungen.« Junker Kaspar, der sprach nein dazu: »Das Kalb muß entgelten der Kuh, Es soll dir nicht gelingen! Zu Baden, in der werthen Stadt, Muß ihm sein Haupt abspringen!« Sie wurden alle drey nach Baden gebracht, Sie saßen nicht länger als eine Nacht; Wohl zu derselben Stunde, Da ward der Lindenschmidt gericht, Sein Sohn und Reutersjunge.

Rhein Wirthshaus Wirth Wirth Wein thun Galgen Kalb gericht

Chapter 64
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Lied vom alten Hildebrandt. Eschenburgs alte Denkmähler S. 439.

»Ich will zu Land ausreiten,« Sprach Meister Hildebrandt, »Wer wird die Weg mir weisen Gen Bern wohl in das Land? Unkund sind sie geworden Mir manchen lieben Tag, In zwey und dreyßig Jahren Frau Utten ich nicht sah.« »Willt du zu Land ausreiten,« Sprach Herzog Amelung, »Was begegnet dir auf der Heiden? Ein stolzer Degen jung. Was begegnet dir in der Marke? Der Junge Hildebrandt, Ja rittest du selb zwölfe, Von ihm würdst angerannt.« »Und rennet er mich an, In seinem Uebermuth, Zerhau ich seinen grünen Schild, Das thut ihm nimmer gut, Zerhau ihm seine Bande, Mit einem Schriemenschlag, Daß er's ein ganzes Jahr Der Mutter klagen mag.« »Und das sollt du nicht thun!« Herr Dieterich wohl spricht, »Denn dieser junge Hildebrandt Ist mir von Herzen lieb. Zu ihm sollst freundlich sprechen, Wohl durch den Willen mein, Daß er dich lasse reiten, So lieb ich ihm mag seyn.« Da er zum Rosengarten reit, Wohl in der Berner Mark, Er kam in viel Arbeit; Von einem Helden stark, Von einem Helden jung, Ward er da angerannt. »Nun sage mir, viel Alter, Was suchst in Vaters Land? Du führst den Harnisch eben, Wie eines Königs Kind, Du machst mich jungen Helden Mit sehnden Augen blind; Du sollst daheime bleiben, Beym guten Hausgemach, Bey einer heißen Glute.« Der Alte lacht und sprach: »Sollt ich daheime bleiben Bey gutem Hausgemach? Ich bin in allen Tagen Zu reisen aufgesezt, Zu reisen und zu fechten Bis auf mein Heimefahrt; Das sag ich dir, viel Junger, Drauf grauet mir der Bart.« »Dein Bart will ich ausraufen, Das sag ich, alter Mann, Daß dir dein rosenfarbnes Blut Die Wangen überläuft; Dein Harnisch und dein grünes Schild Mußt du mir hierauf geben, Dazu auch mein Gefangner seyn, Willt du behalten Leben.« »Mein Harnisch und mein grünes Schild Mich haben oft ernährt; Ich traue Christ vom Himmel wohl, Ich will mich deiner wehren!« Sie ließen von den Worten, Und zogen scharfe Schwerdt, Was diese zwey begehrten, Des wurden sie gewährt. Ich weiß nicht, wie der Junge Dem Alten gab ein'n Schlag, Deß sich der alte Hildebrandt Von Herzen sehr erschrack, Sprang hinter sich zurücke, Wohl etlich Klafter weit: »Nun sag du mir, viel Junger, Den Streich lehrt' dich ein Weib!« »Sollt ich von Weibern lernen, Das wäre mir ja Schand', Ich hab viel Ritter, Grafen, In meines Vaters Land; Auch sind viel Ritter, Grafen, An meines Vaters Hof, Was ich nicht lernet hab, Das lern' ich heute noch.« Er nahm ihn in der Mitte, Da er am schwächsten war, Und schwang ihn dann zurücke, Wohl in das grüne Gras. »Nun sage mir, viel Junger, Dein Beichtvater will ich seyn, Bist du ein junger Wolfinger, Von mir sollt du genesen. Wer sich an alte Kessel reibt, Empfahet gerne Rahm, Also geschiehet dir Jungen Von mir altem Mann; Dein Geist mußt du aufgeben, Auf dieser Heiden grün, Das sag ich dir gar eben, Du junger Helde kühn.« »Du sagst mir viel von Wölfen, Die laufen in das Holz, Ich bin ein edler Degen Aus deutschem Lande stolz. Mein Mutter heißt Frau Utte, Die edle Herzogin, Und Hildebrandt der Alte, Der liebste Vater mein.« »Heißt deine Mutter Utte, Die edle Herzogin, So bin ich Hildebrandt der Alte, Der liebste Vater dein!« Aufschloß er seinen grünen Helm, Küßt ihm auf seinen Mund, »Nun muß es Gott gelobet seyn! Wir sind noch beid' gesund.« »Ach Vater, liebster Vater! Die Wund die ich geschlagen, Die wollt ich dreimal lieber An meinem Haupte tragen.« »Nun schweig, mein lieber Sohn! Der Wunden wird wohl Rath, Nun muß es Gott gelobet seyn, Der uns zusammen bracht!« Das währte nun von Neune Bis zu der Vesperzeit, Allda der junge Hildebrandt, Zu Bernen einher reit. Was führt er auf dem Helme? Von Gold ein Kreuzelein. Was führt er auf der Seiten? Den liebsten Vater sein. Er führt ihn zu der Mutter Haus, Ihn oben an zu Tisch, Und bot ihm Essen und Trinken, Das däucht der Mutter fremd. »Ach Sohne, liebster Sohne mein! Der Ehren ist zu viel, Du setzest den gefangnen Mann Ja oben an den Tisch.« »Nun schweiget, liebste Mutter, Und höret was ich sage: Er hätt' mich auf der Heiden, Schier gar zu tod geschlagen. Nun hört mich, liebe Mutter! Gefangen sollte seyn, Herr Hildebrandt der Alte, Der liebste Vater mein? Ach Mutter, liebste Mutter! Ihm biethet Zucht und Ehr.« Da hub sie an zu schenken, Und trugs ihm selber her. Er trank, und hatt' im Munde, Von Gold ein Ringelein, Das fiel da in den Becher Der lieben Frauen sein.

Bern Herzog Degen selb thun Rosengarten reit Mark Harnisch Bey Bey Harnisch Harnisch ließen Klafter Rahm Degen Helm Rath reit Gold Essen Gold

Chapter 65
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Friedenslied. Fliegendes Blat aus dem siebenjährigen schlesischen Kriege.

schlesischen Kriege

Angenehme Taube, Die der Väter Glaube Längst gesehen hat; Lasse dich hernieder, Hier sind Jesu Glieder, Hier ist Gottes Stadt; Halte Rast, Erwünschter Gast In den Herzen, Die verlangen, Dich jetzt zu empfangen. Setze dich auf jeden, Und laß deinen Frieden Ueberalle seyn; Wie du dich erhebest, Auf dem Wasser schwebest, So kehr bey uns ein. Zeig uns hier Das Oehlblatt für, Als ein höchst erwünschtes Zeichen, Daß die Fluthen weichen. Was du abgebrochen, Ist uns längst versprochen, Und dieß edle Blat Ist vom Lebensbaume, Der in Edens Raume Längst gegrünet hat. Träuft es doch Vom Oehle noch, Welches Jesus lassen fließen, Als er leiden müssen. O Geruch des Lebens! Der uns nicht vergebens Unser Herz erquickt; Dieses Oehlblatt kühlet, Daß man Lindrung fühlet, Wenn das Kreuze drückt. Es giebt Kraft und Lebenssaft, Wenn es wohl wird aufgebunden, Heilt es alle Wunden. Bothe von dem Himmel, Dringe durchs Getümmel, Dieser eitlen Welt; Und mach eine Stille, Daß ein Herz, ein Wille, Uns zusammen hält. Laß das Blat, Das dein Mund hat, Unser aller Lippen rühren, Deine Stimme führen. Macht die Feuerschlange, Uns gleich angst und bange, Hat sie doch nicht Macht, Unsern Leib zu tödten, Jetzt in Kriegesnöthen, Weil ja Jesus wacht. Jesus schützt, Wenns kracht und blitzt, Jesus will die Seinen decken, Wenn Kanonen schrecken. Nun du Himmelstaube, Unser aller Glaube Nimmt dich zu uns ein; Wohnest du bei keinen, Als nur bey den Reinen, Ach so mach uns rein. Taubenart Bringt Himmelfahrt, Bring uns den lieben Frieden Von dem Sternen-Hügel.

höchst Jesus Jesus Jesus Jesus

Chapter 66
Text Entities

Friedenslied. Fliegendes Blat aus dem lezten Kriege mit Frankreich.

Frankreich

Süße, liebe Friedenstaube, Die du schnell den Oehlzweig bringst, Wenn du vor des Geyers Raube, Frey den kleinen Fittig schwingst! Ist es wahr, daß du den Klüften Deines Elends dich entziehst, Und von Hoffnung aus den Lüften, Froh auf unsre Fluren siehst? Komm, verzeuch nicht, laß dich nieder, Unsre Herzen öffnen sich, Gieb uns Fried und Eintracht wieder, Und du findest sie für dich. Laß das holde Zweiglein fallen! Denn, sobald es Wurzeln schlägt, Sehn wir Heil und Wohlgefallen In den Früchten, die es trägt. Wo es blüht, tönt durch die Wälder Kein entheilgend Beil zum Fall, Und die saatenreiche Felder Thürmt kein Spat zu Schanz und Wall. Süße Frühlingsblümchen sprießen, Unzertreten, vor uns auf, Und die Bäche, die hier fließen, Färbt kein Blut in ihrem Lauf. Schmachtend seufzt nach seinem Schatten, Das von Gram versenkte Glück, Zarten Müttern, treuen Gatten, Bringt er ihren Wunsch zurück; Väter, vaterlosen Kleinen, Und den Jüngling seiner Braut; Alle, wo sie ja noch weinen, Weinen vor Entzücken laut. Nun, du holde Friedenstaube! Die du uns den Oehlzweig bringst, Wenn du vor des Geyers Raube, Frey den kleinen Fittig schwingst! Komm, verzeuch nicht! Laß dich nieder! Unsre Herzen öffnen sich, Gib der Welt den Frieden wieder, Und nimm ihn dann auch für dich.

Friedenstaube Klüften Beil Zarten Friedenstaube

Chapter 67
Text Entities

Drey Schwestern, Glaube, Liebe, Hoffnung. Gassenhauer, Reuter und Bergliedlein, christlich verändert durch Doktor Knausten. Frankfurt am Mayn 1571. S. 27.

Gassenhauer Mayn

Es wollt ein Jäger jagen, Dort wohl vor jenem Holz, Was sah er auf der Heiden? Drey Fräulein hübsch und stolz. Die erste hieß Frau Glaube, Frau Liebe hieß die zweyt, Frau Hoffnung hieß die dritte, Des Jägers wollt sie seyn. Er nahm sie in der Mitte, Sprach: »Hoffnung nicht von mir laß!« Schwanks hinter sich zurücke, Wohl auf sein hohes Roß. Er führt sie gar behende Wohl durch das grüne Gras, Behielts bis an sein Ende, Und nimmer reut ihm das. Hoffnung macht nicht zu Schanden, Im Glauben fest an Gott, Dem Nächsten geht zu Handen Die Liebe in der Noth. Hoffnung, Liebe und Glaube, Die schönen Schwestern drey, Wenn ich die Lieb anschauen Ich sag die größt sie sey.

reut

Chapter 68
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Der englische Gruß. Fliegendes Blat.

englische Gruß

Es wollt gut Jäger jagen, Wollt jagen auf Himmels Höhn, Was begegnet ihm auf der Heiden, Maria, die Jungfrau schön. Der Jäger, den ich meine, Der ist uns wohl bekannt, Er jagt mit einem Engel, Gabriel ist er genannt. Der Jäger bließ in sein Hörnlein, Es lautet also wohl: »Gegrüßet seyst du Maria, Du bist aller Gnaden voll. Gegrüßt seyst du Maria, Du edle Jungfrau fein, Dein Leib soll dir gebähren, Ein kleines Kindelein. Dein Leib soll dir gebähren, Ein Kindlein ohn einen Mann, Das Himmel und die Erde Einsmals zwingen kann.« Maria die viel reine, Fiel nieder auf ihre Knie, Dann bat sie Gott vom Himmel: »Dein Will gescheh allhie. Dein Will der soll geschehen, Ohn Pein und sonder Schmerz.« Da empfing sie Jesum Christum Unter ihr jungfräuliches Herz.

Maria Jungfrau Engel Maria Maria Jungfrau zwingen Maria empfing

Chapter 69
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Vertraue. Mündlich.

Es ist kein Jäger, er hat ein Schuß, Viel hundert Schrot auf einen Kuß: »Feins Lieb, dich ruhig stelle, Und willst du meinem Kuß nicht stehn, So küßt dich mein Geselle.« »Mein Kuß ist leicht, wiegt nur ein Loth, Du wirst nicht bleich, du wirst nicht roth, Du brauchst dich nicht zu schämen, Ich will den schwarzen Vogel dir Vom Haupt herunter nehmen.« »Feins Lieb sitz still im grünen Moos, Der Vogel fällt in deinen Schoos, Wohl von des Baumes Spitzen; In deinem Schoose stirbt sich gut, Feins Lieb bleib ruhig sitzen.« Sie wollt nicht trauen auf sein Wort, Brauns Mädelein wollt springen fort, Der Schuß schlug sie darnieder; Der schwarze Vogel von dem Baum Schwang weiter sein Gefieder. »Mein Kuß ist leicht, wiegt nur ein Loth, Du wirst nicht bleich, du wirst nicht roth, Brauchst dich nicht mehr zu schämen, In deinem Schoose stirbt sichs gut.« Er thät sichs Leben nehmen.

Schrot Geselle Loth roth Loth roth

Chapter 70
Text Entities

Das Leiden des Herren. Fliegendes Blat.

Leiden

Christus, der Herr im Garten ging, Sein bittres Leiden bald anfing, Da trauert Laub und grünes Gras, Weil Judas seiner bald vergas. Sehr fälschlich er ihn hinterging, Ein schnödes Geld dafür empfing, Verkaufte seinen Gott und Herrn, Das sahen die Juden herzlich gern. Sie gingen in den Garten hin, Mit zornigem und bösem Sinn, Mit Spieß und Stangen die lose Rott, Gefangen nahmen unsern Gott. Sie führten ihn ins Richters Haus, Mit scharfen Striemen wieder raus, Gegeiselt und mit Dorn gekrönt, Ach Jesu! wurdest du verhöhnt. Ein scharfes Urtheil sprachen sie, Indem der ganze Haufe schrie: »Nur weg, nur weg, nach Golgatha, Und schlagt ihn an das Kreuze da.« Er trägt das Kreuz, er trägt die Welt, Er ist dazu von Gott bestellt, Er trägt es mit gelaßnem Muth, Es strömet von ihm Schweis und Blut. Erschöpfet will er ruhen aus, Vor eines reichen Juden Haus, Der Jude stieß ihn spottend weg, Er blickt ihn an, geht seinen Weg. Herr Jesus schwieg, doch Gott der bannt Den Juden, daß er zieht durchs Land, Und kann nicht sterben nimmermehr, Und wandert immer hin und her. Ans Kreuz sie hingen Jesum bald, Maria ward das Herze kalt. »O weh, o weh! mein liebstes Herz, Ich sterb zugleich von gleichem Schmerz. Maria unterm Kreuze stund, Sie war betrübt von Herzens-Grund, Von Herzen war sie sehr betrübt Um Jesum, den sie herzlich liebt. »Johannes, liebster Jünger mein, Laß dir mein' Mutter befohlen seyn, Nimm sie zur Hand, führ sie von dann, Daß sie nicht schau mein Marter an.« »Ja, Herr, das will ich gerne thun, Ich will sie führen allzuschön, Ich will sie trösten wohl und gut, Wie ein Kind seiner Mutter thut.« Da kam ein Jud und Höllenbrand, Ein Speer führt er in seiner Hand, Gab damit Jesu einen Stoß, Daß Blut und Wasser daraus floß. Nun bück dich Baum, nun bück dich Ast, Jesus hat weder Ruh noch Rast; Ach traure Laub und grünes Gras, Laßt euch zu Herzen gehen das! Die hohen Berge neigten sich, Die starken Felsen rissen sich, Die Sonn verlor auch ihren Schein, Die Vöglein ließen ihr Rufen und Schreyn. Die Wolken schrien Weh und Ach! Die Felsen gaben einen Krach, Den Todten öffnete sich die Thür, Und gingen aus den Gräbern für.

Leiden Judas empfing Juden Spieß Rott Golgatha Juden Jesus Juden Ans Maria ward Maria Jünger thun Speer Jesus ließen Die Wolken

Chapter 71
Text Entities

Der Schweizer. Fliegendes Blat.

Zu Straßburg auf der Schanz, Da ging mein Trauren an, Das Alphorn hört ich drüben wohl anstimmen, Ins Vaterland mußt ich hinüber schwimmen, Das ging nicht an. Ein Stunde in der Nacht Sie haben mich gebracht: Sie führten mich gleich vor des Hauptmanns Haus, Ach Gott, sie fischten mich im Strome auf, Mit mir ists aus. Früh Morgens um zehn Uhr Stellt man mich vor das Regiment; Ich soll da bitten um Pardon, Und ich bekomm doch meinen Lohn, Das weiß ich schon. Ihr Brüder allzumahl, Heut seht ihr mich zum leztenmahl; Der Hirtenbub ist doch nur Schuld daran, Das Alphorn hat mir solches angethan, Das klag ich an. Ihr Brüder alle drey, Was ich euch bitt, erschießt mich gleich; Verschont mein junges Leben nicht, Schießt zu, daß das Blut 'raus spritzt, Das bitt ich Euch. O Himmelskönig Herr! Nimm du meine arme Seele dahin, Nimm sie zu dir in den Himmel ein, Laß sie ewig bey dir seyn, Und vergiß nicht mein.

Straßburg Alphorn Regiment Alphorn Seele

Chapter 72
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Pura. Aus einem Gesangbuche der Wiedertäufer v. J. 1583. S. 53.

Wiedertäufer

Als ich gen Antiocha kam, Ein Jungfrau, Pura war ihr Nahm, Ein Christin ward gefunden, Die ward vor den Kaiser bracht, Der sprach zur bösen Stunde: »Geht, führt sie in ein Schandhauß ein, Die Jungfrau züchtig, keusch und rein, In Spott und Schmach zu schänden.« Die Jungfrau rief in dieser Noth Zu Gott, und wandt die Hände. »Errette mich, du Sohn David! Vor Schand und Sünd, Herr mich behüt, Laß dich meins Leids erbarmen! Das bitt ich dich durch Jesum Christ, Komm bald zu Hülf mir Armen!« Die Klag erhört ein Engel fein, Als Jüngling ging er zu ihr ein, Sprach: »Jungfrau sey ohn' Sorgen, Von mir sollst bleiben unberührt, Wart mit Geduld bis Morgen, So will ich helfen dir davon, Bald leg du meine Kleider an, Und geh aus diesem Hause.« So tauschten sie denn ihr Gewand, Sie gieng, er blieb ohn Grausen. Betrunken in des Kaisers Wein, Trat bald ein Kriegsknecht zu ihm ein, Thät sündlig auf ihn dringen, Der Jüngling rang in Gotteskraft, Und thät ihn niederringen. Des ward der Kaiser sehr ergrimmt, Als er vom Knecht die Klag vernimmt, Läßt greifen sie und binden. O Wunder groß! O Wunder groß! Ein Jüngling thät er finden. »Bist du ein Christ?« der Kaiser fragt, »Ich bin getauft,« der Jüngling sagt, »Von ihr bin ich getaufet. Sie gehet frey und unberührt, Euch Heiden all zu taufen.« Der Kaiser bald das Urtheil sprach, Daß man ihn tauf, in Flammen nach, Ward bald dem Henker geben; Der führt sogleich ihn aus der Stadt, Wollt nehmen ihm sein Leben. Da nun ersieht die Pura fromm, Daß man ihn da wollt bringen um, Lief sie in diesen Nöthen, In schneller Eil auf die Richtstadt, Wollt ihren Freund erretten. »Ich schuldig bin an deinem Tod!« Sprach diese Jungfrau in der Noth, »Herzlieber Bruder meine! Darum für dich ich sterben will, Ich rett das Leben deine.« Der Jüngling züchtig Antwort gab: »Ach Pura laß zu bitten ab, Ich sterben will alleine, Und preisen heut mit meinem Blut, Gott unsern Vater reine.« Die Jungfrau züchtig zu ihm sprach: »Ich leid für dich des Todes Schmach, Zu Lob des Herren Namen, Der helf uns wieder gnädiglich In seinem Reich zusammen.« Bald das erhört der Wüterich, Daß diese Christen williglich Zum Tod ergeben wären, Ja eins für'n andern sterben wolln, Ließ er sie beyde tödten. Der Jüngling bey der Jungfrau stand, Das Feuer löset ihr Gewand, Doch von dem Scheiterhaufen Gen Himmel führt sie seine Hand, Drauf Heiden lassen sich taufen.

Jungfrau Kaiser Jungfrau Jungfrau Engel Jungfrau Wein Trat Kriegsknecht Der Jüngling Kaiser Kaiser Kaiser tauf Nöthen Jungfrau Der Jüngling Jungfrau Wüterich Der Jüngling Jungfrau Scheiterhaufen

Chapter 73
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Die kluge Schäferin. Mündlich. Schäferin.         Ich schlaf allhie, Bey meinem Vieh, Ich schlaf im Moos, Dem Glück im Schoos; Dein Schloß ich schau, Es liegt vor mir, Zu sagen schier, Wie kühler Thau. Kommt Morgenroth So lob ich Gott, Das Feldgeschrey Wird jubelnd neu Beym goldnen Lohn, Die Morgenstund Hat Gold im Mund, Baut mir den Thron. König.

Gold

Vom Schloß ich zieh, Zu dir ich flieh, Lieb Schäferin, Nach deinem Sinn Mein Scepter wird Ein Hirtenstab, Und was ich hab, Dich Schäfrin ziert. Schäferin.

Ich Schäferin, Mit leichtem Sinn, Sing ruhig fort Mein sinnig Wort: Ein jeder bleib Bey seiner Heerd, Den König ehrt Kein Schäferweib.


Chapter 74
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Ritter St. Georg. Aus einem geschriebenen geistlichen Liederbuche vom Jahre 1601. in der Sammlung von Clemens Brentano.

Clemens

In einem See sehr groß und tief, Ein böser Drach sich sehen ließ. Dem ganzen Land er Schrecken bringt, Viel Menschen und viel Vieh verschlingt, Und mit des Rachens bösem Duft Vergiftet er ringsum die Luft. Daß er nicht dringe zu der Stadt, Beschloß man in gemeinem Rath, Zwey Schaaf zu geben alle Tag, Um abzuwenden diese Plag. Und da die Schaaf schier all dahin, Erdachten sie noch andern Sinn, Zu geben einen Menschen dar, Der durch das Loos gewählet war. Das Loos ging um so lang und viel, Bis es aufs Königs-Tochter fiel. Der König sprach zu'n Burgern gleich: »Nehmt hin mein halbes Königreich! Ich gebe auch an Gut und Gold, Von Silber und Geld so viel ihr wollt, Auf daß mein Tochter, die einzig Erb, Noch lebe, nicht so böß verderben Das Volk ein groß Geschrey beginnt: »Einem andern ist auch lieb sein Kind! Hältst du mit deiner Tochter nicht Den Schluß, den du selbst aufgericht, So brennen wir dich zu der Stund Sammt deinem Pallast auf den Grund.« Da nun der König Ernst ersah, Ganz leidig er zu ihnen sprach: »So gebet mir doch nur acht Tag, Daß ich der Tochter Leid beklag.« Darnach sprach er zur Tochter sein: »Ach Tochter, liebste Tochter mein! So muß ich dich jetzt sterben sehn, Und all mein Tag in Trauren stehn.« Da nun die Zeit verschwunden war, Lauft bald das Volk zum Pallast dar, Und drohet ihm mit Schwerdt und Feuer, Sie schrien hinauf gar ungeheuer: »Willst du um deiner Tochter Leben, Dein ganzes Volk dem Drachen geben?« Da es nicht anders möcht gesein, Gab er zuletzt den Willen drein. Er kleidet sie in königlich Wat, Mit Weinen und Klagen er sie umfaht. Er sprach: »Ach weh mir armen Mann! Was soll ich jetzund fangen an? Die Hochzeit dein war ich bedacht Zu halten bald mit herrlicher Pracht, Mit Trommeln und mit Saitenspiel, Zu haben Lust und Freuden viel. So muß ich mich nun dein verwegen, Und dich dem grausen Drachen geben. Ach Gott, daß ich vor dir wär todt, Daß ich nicht seh dein Blut so roth.« Er gab ihr weinend manchen Kuß, Sein Töchterlein fiel ihm zu Fuß: »Lebt wohl, lebt wohl Herr Vater mein! Gern sterb ich um des Volkes Pein.« Der König schied mit Ach und Weh, Man führt sein Kind zum Drachensee. Als sie da saß in Trauren schwer, Da ritt der Ritter Georg daher. »O Jungfrau zart! gieb mir Bescheid, Warum stehst du in solchem Leid?« Die Jungfrau sprach: »Flieh bald von hier! Daß du nicht sterben mußt mit mir.« Er sprach: »O Jungfrau fürcht dich nicht, Vielmehr mit Kurzem mich bericht, Was deuts, daß ihr allein da weint, Ein großes Volk herum erscheint?« Die Jungfrau sprach: »ich merk ohn Scherz, Ihr habt ein mannlichs Ritter Herz; Was wollt ihr hier verderben, Und mit mir schändlich sterben.« Dann sagt sie ihm, wie hart und schwer, Wie alle Sach ergangen wär. Da sprach der edle Ritter gut: »Getröstet seyd, habt freien Muth! Ich will durch Hülf von Gottes Sohn, Euch ritterlichen Beistand thun.« Er bleibet fest, sie warnt ihn sehr, Da kam der greuliche Drach daher. »Flieht Ritter! schont das junge Leben, Ihr müßt sonst euren Leib drum geben.« Der Ritter sitzt geschwind zu Roß, Und eilet zu dem Drachen groß. Das heilge Kreuz macht er vor sich, Gar christenlich und ritterlich. Dann rannt er an mit seinem Spieß, Den er tief in den Drachen stieß, Daß gähling er zur Erden sank, Und saget Gott dem Herren Dank. Da sprach er zu der Jungfrau zart: »Der Drache läßt von seiner Art. Drum fürcht euch gar nicht dieses Falls, Legt euren Gürtel ihm um den Hals.« Als sie das thät, ging er zu Stund, Mit ihm wie ein gezähmter Hund. Er führt ihn so zur Stadt hinein, Da flohen vor ihm groß und klein. Der Ritter winket ihnen, sprach: »Bleibt hie und fürchtet kein Ungemach. Ich bin darum zu euch gesendt, Daß ihr den wahren Gott erkennt. Wann ihr euch dann wollt taufen lahn, Und Christi Glauben nehmen an, So schlag ich diesen Drachen todt, Helf euch damit aus aller Noth.« Alsbald kam da durch Gottes Kraft: Zur Tauf die ganze Heidenschaft. Da zog der Ritter aus sein Schwerdt, Und schlug den Drachen zu der Erd. Der König bot dem heilgen Mann Viel Silber und Gold zu Ehren an, Das schlug der Ritter alles aus, Man solls den Armen theilen aus. Als er nun schier wollt ziehen ab, Die Lehr er noch dem König gab: »Die Kirche Gottes des Herren dein, Laß dir allzeit befohlen seyn.« Der König baute auch mit Fleiß, Der Mutter Gottes zu Lob und Preis, Eine Kirche schön und herrlich groß, Aus der ein kleiner Brunn herfloß.

Rath König Gold Volk Sammt König gebet Volk Volk Drachen Drachen roth König Jungfrau Jungfrau Jungfrau Volk Jungfrau thun Drachen Spieß Drachen Jungfrau Drache lahn Drachen Drachen König Gold König König

Chapter 75
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Die Pantoffeln. Frische Liedlein.         Ein Mägdlein zu dem Brunnen ging, Und das war säuberlichen Das Mägdlein in Pantoffeln ging, Ganz sacht kam sie geschlichen. Begegnet ihr ein stolzer Knab, Der grüßt sie herziglichen, Sie setzt das Krüglein neben sich, Und fraget, wer ich wäre? Weil ich ihr nicht recht schwatzen kann, Sie schneidt mir bald ein Kappen, Kein Tuch daran ward nicht gespart, Kann einen höflich zwacken. Das Mägdlein von dem Brunnen geht, Laß traben die, laß traben, Die vorne in Pantoffeln gehn, Die ihnen hinten schlappen.


Chapter 76
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Xaver. Trutz Nachtigal von Spee. Seite 94.

Trutz Nachtigal

Als nach Japon weit entlegen, Xaver dachte, Gottes Mann, Alle waren ihm entgegen, Fielen ihn mit Worten an, Wind und Wetter, Meer und Wellen, Mahlten seinen Augen dar, Redten viel von Ungefällen, Von Gewitter und Gefahr. »Schweiget, schweiget von Gewitter, Ach, von Winden schweiget still: Nie, noch wahrer Held, noch Ritter Achtet solcher Kinderspiel: Lasset Wind und Wetter blasen, Flamm der Lieb, vom Blasen wächst, Lasset Meer und Wellen rasen, Wellen gehn zum Himmel nächst. Ey doch lasset ab von Scherzen, Schrecket mich mit keiner Noth, Noch Soldat, noch Krieges-Herzen, Fürchten nimmer Kraut und Loth; Spieß und Pfeil, und bloße Degen, Rohr, Pistol und Büchsen-Speiß, Macht Soldaten mehr verwegen Und sie lockt zum Ehren-Preiß. Lasset ihre Hörner wetzen, Wind, und Wetter ungestüm, Laßt die Wellen brummend schwetzen Und die Trommeln schlagen um, Nord und Süden, Ost und Westen, Kämpfen laßt auf salzgem Feld; Nie wirds dem an Ruh Gebrechen, Der nur Fried im Herzen hält. Wer wills über Meer nicht wagen, Ueber tausend Wasser wild, Dem es mit dem Pfeil und Bogen, Noch viel tausend Seelen gilt? Wem will grausen vor den Winden, Fürchten ihre Flügel naß? Der nur Seelen denkt zu finden, Seelen schön, ohn alle Maaß. Eya stark und freche Wellen, Eya stark und stolze Wind', Ihr mich nimmer sollet fällen, Euch zu stehn, ich bin gesinnt, Seelen, Seelen muß ich haben, Sattle dich nur hölzern Roß, Du must über Wellen traben, Auf ihr Segel, Anker los!«

Gewitter Gewitter Held Kinderspiel Loth Spieß Degen Hörner wetzen Segel Anker

Chapter 77
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Wachtelwacht. Fliegendes Blat.

Hört wie die Wachtel im Grünen schön schlagt, Lobet Gott, lobet Gott! Mir kommt kein Schauder, sie sagt, Fliehet von einem ins andre grün Feld, Und uns den Wachsthum der Früchte vermeldt, Rufet zu allen mit Lust und mit Freud: Danke Gott, danke Gott! Der du mir geben die Zeit. Morgens sie ruft, eh der Tag noch anbricht: Guten Tag, guten Tag! Wartet der Sonnen ihr Licht; Ist sie aufgangen, so jauchzt sie vor Freud, Schüttert die Federn, und strecket den Leib, Wendet die Augen dem Himmel hinzu, Dank sey Gott, dank sey Gott! Der du mir geben die Ruh. Blinket der kühlende Thau auf der Heid, Werd ich naß, werd ich naß! Zitternd sie balde ausschreit, Fliehet der Sonne entgegen und bitt, Daß sie ihr theile die Wärme auch mit, Laufet zum Sande und scharret sich ein, Hartes Bett, hartes Bett! Sagt sie, und legt sich darein. Kommt nun der Waldmann mit Hund und mit Bley, Fürcht mich nicht, fürcht mich nicht! Liegend ich beyde nicht scheu, Steht nur der Walzen, und grünet das Laub, Ich meinen Feinden nicht werde zum Raub, Aber die Schnitter die machen mich arm, Wehe mir, wehe mir! Daß sich der Himmel erbarm. Kommen die Schnitter, so ruft sie ganz keck: Tritt mich nicht, tritt mich nicht! Liegend zur Erde gestreckt. Flieht von geschnittenen Feldern hindann, Weil sie sich nirgend verbergen mehr kann, Klaget, ich finde kein Körnlein darin, Ist mir leid, ist mir leid! Flieht zu den Saaten dahin. Ist nun das Schneiden der Früchte vorbey, Harte Zeit! harte Zeit! Schon kommt der Winter herbey. Hebt sich zum Lande zu wandern nun fort Hin zu dem andern weit fröhlichern Ort Wünschet indessen dem Lande noch an: Hüt dich Gott, hüt dich Gott! Fliehet in Frieden bergan.

Wachtel Freud Freud Sonne Walzen Schnitter Wehe Schnitter

Chapter 78
Text Entities

Das Todaustreiben. Mündlich.         So treiben wir den Winter aus, Durch unsre Stadt zum Thor hinaus, Mit sein Betrug und Listen, Den rechten Antichristen. Wir stürzen ihn von Berg und Thal, Damit er sich zu tode fall, Und uns nicht mehr betrüge, Durch seine späten Züge. Und nun der Tod das Feld geräumt So weit und breit der Sommer träumt, Er träumet in dem Mayen, Von Blümlein mancherleyen. Die Blume sproßt aus göttlich Wort, Und deutet auf viel schönern Ort, Wer ists der das gelehret? Gott ists, der hats bescheeret.

Thor Berg Thal

Chapter 79
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Zauberlied gegen das Quartanfieber. Reichard's Geisterreich I. B. S. 145. »Steh dir bey der himmlische Degen, Jedweden halben, darin eben, Der Leib sey dir beinern, Das Herz sey dir steinern, Das Haupt sey gestahlet, Der Himmel geschildet, Die Hölle versperret, Alls Uebel sich von dir verirret!« Also sagte Tobias zum Sohn, Und sandt ihn nach Simedion. Gott sandt ihn heim mit gutem Muth, Zum Vater heim, zum eignen Gut.

Degen Hölle Uebel

Chapter 80
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Zauberformel zum Festmachen der Soldaten. Das. S. 145.     Holunke, wehre dich!     Probatum est.

Zauberformel wehre

Chapter 81
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Aufgegebne Jagd. Frische Liedlein. Erster Jäger.       Ich schwing mein Horn ins Jammerthal, Mein Freud ist mir verschwunden, Ich hab gejagt, muß abelahn, Das Wild lauft vor den Hunden, Ein edel Thier in diesem Feld Hätt ich mir auserkohren, Das schied von mir als ich es meld, Mein Jagen ist verloren. Fahr hin Gewild in Waldes-Lust, Ich will dich nimmer schrecken, Und Jagen dein schneeweisse Brust, Ein ander muß dich wecken, Mit Jagdgeschrey, und Hundebiß, Daß du kaum mögst entrinnen: Halt dich in Hut, schöns Maidlein gut, Mit Leid scheid ich von hinnen. Zweyter Jäger.

Horn Freud Wild

Kein Hochgewild ich fahen kann, Das muß ich oft entgelten; Noch halt ich stets auf Jägers-Bahn, Wiewohl mir Glück kommt selten: Mag ich nicht han ein Hochwild schön, So laß ich mich begnügen, Am Hasenfleisch, nichts mehr ich weiß, Das mag mich nicht betrügen.

Hochwild

Chapter 82
Text Entities

Wers Lieben erdacht. Mündlich. Knabe.                         Zum Sterben bin ich, Verliebet in dich, Deine schwarzbraune Aeugelein, Verführen ja mich :|: Bist hier oder bist dort, Oder sonst an eim Ort, Wollt' wünsche, könnt rede, Mit dir ein Paar Wort. :|: Wollt' wünsche es wär Nacht, Mein Bettlein wär gemacht, Ich wollt mich drein legen, Feins Liebchen darneben, Wollt s' herzen daß s' lacht. Mein Herz ist verwund't, Komme Schätzl' machs gesund, Erlaub mir zu küssen Dein'n purpurrothen Mund. :|: Dein purpurrother Mund, Macht Herzen gesund, Macht Jugend verständig, Macht Todte lebendig, Macht Kranke gesund. Mädchen.

Mein Herz

Meine Mutter hat nur Ein schwarzbraune Kuh, Wer wird sie denn melken, Wenn ich heurathen thu. :|: Sänger.

Meine Mutter

Der dies Liedchen gemacht, Hat's Lieben erdacht, Drum wünsch ich mein feins Liebchen, Viel tausend gute Nacht. :|:


Chapter 83
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Ein Rundgesang von des Herrn Weingarten. Handschrift im Besitze von Clemens Brentano.

Rundgesang Weingarten Clemens

Ich weiß mir einen schönen Weingarten, Darinnen da ist gut Wesen: Wohlauf, wir wollen drin arbeiten, Die Weinbeer wollen wir lesen. Wohlauf, mit mir zum Weingarten, Dann es ist an der Zeit, Daß wir die Weinbeer brechen, Weil fast der Tag herscheint. So sollen wir gern drin arbeiten, Die Zeit, die geht dahin, Wer sich darin versäumt hat, Sie kömmt ihm herwieder nie. Wer sich darin versäumt, Wie ihm darum geschieht, Zu ihm spricht Gott der Herre: Geh hin, ich kenn' dich nicht. Die Weinbeer, die sind süße, Der Wein ist lauter klar, Den haben die heilgen Engel Einer Jungfrau vom Himmel herbracht. Es war kein Mann so elend nicht, Und auch so tief verwundt, Geneußt der edlen Träublein er, Fürwahr er wird gesund. So wolln wir nicht weiter fragen, Und auch nicht mehr begehren, Wenn uns von den edlen Weinbeeren Ein Träublein möchte werden. Das Weinkorn, das hochheilige, Das kam vom Himmel herab, Einer Jungfrau unter ihr Herze, Die war heilig und klar. Sie trug es unverborgen Bis an den Weihnachttag, Da ward der Wein geboren, Der alle Ding vermag.

Weingarten Weingarten Die Zeit Wein Engel Jungfrau Weinbeeren Jungfrau Wein

Chapter 84
Text Entities

Cedron's Klage. Spee Trutz Nachtigal. S. 225.

Trutz Nachtigal

Da nun Abends in dem Garten, Daphnis überfallen war, Und nun keinen Grimm ersparte, Stark bewehrte Mörderschaar, Hube süßlich an zu weinen, Ein so gar berühmter Bach, Ließ die liebe Sternen scheinen, Er dem Daphnis trauret nach. Cedron hieß der Bach mit Namen, Wohnt an einem hohen Stein: Oft zu ihm Gesellen kamen, Damals war er doch allein, Saß in seinen grünen Grüften, Strählet seine Binsenhaar, Spielet gar mit sanften Lüften, Dacht an keine Kriegsgefahr. Rohr, und Gras, und Wasserblätter, Deckten seine Schulter bloß, Stark er sich bey feuchtem Wetter, Lehnt auf seinen Eimer groß, Doch weil er fast müd gelaufen, Dazumal in starkem Trab, Er ein wenig wollt verschnaufen, Goß den Eimer langsam ab. Nahm ein Röhrlein wohl geschnitten, Spielet seinen Wässerlein, Sie zum Schlafen thät er bitten, Wollt sie süßlich sausen ein: Eya, meine Wässer schlafet, Schlafet meine Wässerlein, Nicht mit Augen immer gaffet, Eya, schlafet, schlafet ein. Kaum nun waren eingeschlafen Seine matten Wässerlein, Bald erklungen Wehr und Waffen, Flamm und Fackel gaben Schein, Nur von tollen vollen Knechten, Voll war alles überall, Nur von Jauchzen, Springen, Fechten, Thal und Ufer gaben Schall. Cedron erstens gar erschrecket, War der Waffen ungewohnt, Bald er seine Wasser wecket, Wollte der Gefahr entgehn, Wie die Pfeil vom Bogen zielen, Lief er ab, auf nasser Meil, Rohr und Eimer ihm entfielen, Fiel auch selbst in blinder Eil. Doch weil nachmals er verspüret, Es nicht wider ihn gemeint, Und nur Daphnis werd geführet, Daphnis vom bekannten Feind; Ließ er ab von strengem Laufen, Fasset eine Weidenruth, Seine Wasser trieb zu Haufen Und beklagt das junge Blut. Traurig hub er an zu klagen, Bließ auf einem holen Ried, Herz und Muth ihm war zerschlagen, Sang mit Schmerzen folgend Lied: Ach, und ach, nun muß ich klagen, Daphnis, o du schönes Blut! Ach, und ach, bin gar zerschlagen, Brochen ist mir Herz und Muth. Daphnis, o du schöner Knabe, Daphnis mir so lang bekannt, Oft bey mir du schnittest abe, Ried, und Röhrlein allerhand, Viel du deren hast verschlißen, Wann du spieltest deiner Heerd, Seind im Blasen viel zersplißen, Waren mehr denn Goldes werth. Oft bey mir die Weide nahmen, Deine Schäflein silberweiß, Oft zu mir auch trinken kamen, In den Sommertagen heiß, Wann dann spieltest deinen Schaafen, Und die Röhrlein bliesest an, Gunten meine Wässer schlafen, Wankten oft von rechter Bahn. Auch die Wind sich gunten legen, Banden ihre Flügel ab, Kaum den Athem thäten regen, Wie dann oft gespüret hab, Auch die Schaaf mit Lüsten aßen, Süßer wurden Laub und Gras, Ja des Weidens oft vergaßen, Deine Stimm viel süßer was. Auch die Vöglein kamen fliegen, Kam auch manche Nachtigal, Deinem Spielen, will nicht lügen, Hörten zu mit großer Zahl, Saßen gegen deine Geige, Saßen dir auf deinem Rohr, Thäten ihnen freundlich neigen, Dann das link, dann rechtes Ohr. Schöne Sonn, du deinen Wagen, Ließest in gar lindem Lauf, Wann bey reinen Sommertagen, Dir nur Daphnis spielet auf, Schöner Mond, du deine Sternen Morgens führtest ab zu spät, Wann auch Daphnis dir von Ferne, Je zu Nachten spielen thät. Schöne Sonn magst nunmehr trauren, Daphnis dir nicht spielet mehr, Daphnis ist von bösen Laurern Hingerückt ohn Wiederkehr; Schöner Mond magst nunmehr klagen, Daphnis rastet im Verhaft, O des schweren Eisenkragen! O der kalten Kettenkraft. Mond und Daphnis, ihr allbeiden Oft enthieltet euch vom Schlaf, Kamet in Gesellschaft weiden, Du die Sterne, er die Schaf, Nicht hinführo wacht allbeyde, Schlaf, o matter Mond! entschlaf, Nie zusammen werdet weiden, Du die Sterne, er die Schaf. Ach ihr Schäflein, wer wird hüten, Wer soll euch nun treiben auf? Hirten solcher Mild und Güte Sind nicht also guten Kaufs. O des jung und schönen Knaben, Hirt und Schützen gleiche gut, Wer soll seinen Stecken haben? Taschen, Horn und Winterhut? Wer soll haben seinen Bogen? Wer den Köcher, Pfeil und Bolz? Die von ihm so weit geflogen, Nie gefehlet in dem Holz. Wer soll haben seine Geigen, Dulzian und Mandolin? Ach für Trauren muß ich schweigen, Ach ade! muß fließen hin.

Daphnis Hube Daphnis kamen Eimer Eimer Jauchzen Fechten Thal Schall Eimer Daphnis Daphnis Laufen Ried Daphnis Daphnis Daphnis Ried kamen Gunten kamen Nachtigal Geige Daphnis Mond Daphnis Daphnis Daphnis Mond Daphnis Mond Daphnis Kamet Mond Horn Dulzian

Chapter 85
Text Entities

Frühlingsbeklemmung. Spee Trutz Nachtigal, Cölln 1660. S. 34.

Trutz Nachtigal Cölln

Der trübe Winter ist vorbey, Die Kranich wiederkehren, Nun reget sich der Vogelschrey, Die Nester sich vermehren; Laub allgemach Nun schleicht an Tag, Die Blümlein sich nun melden, Wie Schlänglein krumm, Gehn lächelnd um Die Bächlein kühl in Wälden. Der Brünnlein klar, und Quellen rein, Viel hie, viel dort erscheinen, All silberweiße Töchterlein Der hohen Berg und Steinen; In großer Meng Sie mit Gedräng, Wie Pfeil von Felsen zielen, Bald rauschens her, Nicht ohn Geplerr, Und mit den Steinlein spielen. Die Jägerin, Diana stolz, Auch Wald- und Wasser-Nymphen, Nun wieder frisch im grünen Holz Gehn spielen, scherzend schimpfen; Die reine Sonn Schmückt ihre Kron, Den Köcher füllt mit Pfeilen; Ihr beste Roß Läßt laufen los Auf marmorglatten Meilen. Mit ihr die kühlen Sommerwind, All Jüngling still von Sitten, In Luft zu spielen seyn gesinnt, Auf Wolken leicht beritten; Die Bäum und Aest Auch thun das best, Bereichen sich mit Schatten, Wo sich verhalt Das Wild im Wald, Wenns will von Hitz ermatten. Die Meng der Vöglein hören laßt Ihr Schir von Tire Lire, Da sauset auch so mancher Ast, Als ob er musicire; Die Zweiglein schwank, Zum Vogelsang, Sich auf- und nieder neigen, Auch höret man Auf grünem Plan, Spazieren Laut und Geigen. Wo man nur schaut, fast alle Welt Zu Freuden sich thut rüsten, Zum Scherzen alles ist gestellt, Schwebt alles fast in Lüsten; Nur ich allein Leid süße Pein, Unendlich werd gequälet, Seit ich mit dir, Und du mit mir, O Jesu, dich vermählet.

Gehn Berg Diana Gehn Sitten thun Wild Tire Lire schwank Vogelsang rüsten

Chapter 86
Text Entities

Lobgesang auf Maria. Von Balde, nach dem deutschen Musäum.

Maria

Ach wie lang hab ich schon begehrt, Maria, dich zu loben! Nicht zwar als wie du wirst verehrt, Im hohen Himmel oben; Dieß wär umsonst! Mein' arme Kunst Würd an der Harfe hangen, Und dieses Lied, so sehr sie glüht, In tiefem Ton anfangen. Demüthig sey von mir gegrüßt! Nimm gnädig an dies Grüßen, Von dir so viel der Gnaden fließt, Als immer her kann fließen; Der dich erwählt hat, und gewollt An deinen Brüsten saugen, So schön Er ist, so schön Du bist, Er scheint dir aus den Augen. Was in der Welt so mannigfalt Ist zierliche ausgeflossen, Hat über ihre Wohlgestalt Sich ringsum reich ergossen, Des Himmels Kraft, der Erden Saft, Den Durchglanz eingeboren, Von dem empfing, den sie empfing, Vom Sohn, den sie geboren. Zwölf Stern' um ihr glorwürdig Haupt, Als Krone, ringsum schweben, Und jauchzen: Uns ist es erlaubt Allein sie zu umgeben! Sie triebe ab nicht Schwerdt, nicht Stab, So fest thun sie verharren; Sie ließen eh des Himmels Höh, Als ihre Stelle fahren. Denn ihre Freud' und Herzenslust, Ist, dieß Gesicht anschauen, Den Mund, den Gott so oft geküßt, Die Augen und Augbraunen, Die Liljenhänd' Lefzen vermengt Mit Honig und mit Rosen, Die süße Red, die von ihr geht, Ist über all Liebkosen. Dem Palmbaum ihre Länge gleicht, Die Wange Turteltauben, Und ihren süßen Brüsten weicht Der Wein aus edlen Trauben; Ganz Hiazinth, von keiner Sünd, Noch groß, noch klein beladen, Das Adams-Gift, das alle trifft, Hat ihr nicht können schaden. O Fürstentochter! o wie schön Die Tritt sind, die du zählest! Welch einen Festtag wird begehn, Dem du dich einst vermählest! Dein Bräutigam wird bei dem Lamm Andern Gesang anstimmen, Er wird in Freud und Süßigkeit Ein Fisch im Meere schwimmen. O daß noch von Siena viel Der Bernhardini wären, Die, deren einig End und Ziel Ist diese Braut zu ehren, Er schenkte ihr all sein Begier, Lust, Hoffnung, Freud und Schmerzen, Trug, wie ich sing', den liebsten Ring, Den Diamant im Herzen. Hintan mit dir du Erdgestalt, Mit Milch und Blut gewaschen, Die doch zulezt welk wird und alt, Und dann zu Staub und Aschen; Besonders die mit falscher Müh, Sich Schönheit nur erdichtet, Und uns ins Herz, in bitterm Scherz, Den süßen Giftpfeil richtet. Sag auch hiemit den Parzen ab, Die mir bisher gesponnen, Bei denen ich an meinem Grab Verloren, nicht gewonnen. Falsch und untreu sind alle drey Heimlich mit mir umgangen; An ihr Gespinnst, an ihre Kunst Sollt ich mein Leben hangen? Nein, wenn der Athem mir wird schwer, Daß ichs nicht mehr kann leiden, Soll mir den Faden nimmermehr Derselben Ein' abschneiden; Dein schöne Hand, dein milde Hand, O Jungfrau auserkohren, Schneid oder schon, straf oder lohn, Sonst ist alles verloren. Wenn mir geschwächt sind alle Sinn', Und die Umstehenden sagen: Jezt scheidet er, jezt ist er hin, Der Puls hört auf zu schlagen! Dein schöne Hand, dein milde Hand, O Mutter meines Lebens, Gleit über mich, erquicke mich, Sonst ist es Alls vergebens.

Maria umsonst! Harfe empfing empfing Stern triebe thun ließen Freud Honig Wein Lamm Freud Siena Freud Diamant Milch Parzen untreu Jungfrau Puls

Chapter 87
Text Entities

Abschied von Maria. Mündlich.

Maria

Ihrer Hochzeit hohes Fest Gräfin Elsbeth still verläßt, Geht mit reich geschmücktem Haupt Wo die Waldkapell erbaut. Bringet Blumen, preiset laut, Ach wie oft sie da erbaut, Preißt Maria Geberin, Ihres Glücks in frommem Sinn. Was sie hält an dem Altar, Ist es Angst? Sie fühlt es klar, Ihre Stunde geht vorbei, Ihr Gebet strömt immer neu. »O Maria, welches Leid, Lezte Blumen bring ich heut, Daß ich reise, schmerzet mich, Ob ich wiedersehe dich? O Maria, jezt ist Zeit, Daß ich wieder von dir scheid, Fort ich muß, auf lange fort, Ach Ade du Gnadenort! Schau Maria, Mutter mein! Laß mich dir befohlen seyn; Ach es muß geschieden seyn, Von dir und deinem Kindelein. O du gnadenreiches Bild! O Maria, Mutter mild! O wie hart scheid ich von dir, Wie so gern blieb ich allhier. Meine Zunge ist mir schwer, Meine Augen voller Zähr, Nicht mehr hell ist meine Stimm, Gute Nacht, ich Urlaub nimm. O Maria, neue Pein Spür ich in dem Herzen mein, Daß ich jetzund scheiden soll, Darum bin ich trauervoll. O du mein lieb Herzelein, Muß es so geschieden seyn? Ade nun mit der Mutter dein, Gute Nacht lieb Herzelein! O Maria, noch die Bitt, Mich im Tod verlasse nit, Sey gegrüßet tausendmal, Ach Ade viel tausendmal!« Also lange betet sie, Und schon lange sahe sie Ueber sich ein blankes Schwerdt; Ihr Gebet doch ruhig währt. Sie vergißt des Schwerdtes Tück, In der Gnade schwebt ihr Blick, Als der Räuber sie gehört, Er sie im Gebet nicht stört. Als er ihren Blick vernahm, Schwere Reu ihn überkam, Legte ab sein Schwerdt, sein Spies, Auf die Knie sich niederließ. »Hoher Worte fromme Schaar Schüzt den Schmuck in deinem Haar, Schüzt dein Leben gegen mich, Edle Frau, ach bet für mich.« »O Maria, noch die Bitt, Diesen Sünder verlasse nit, Löse ihn von Schuld und Quaal, Ach Ade viel tausendmal.« Und als sie nun von ihm ging, Schien ihm alle Welt gering, Büßt als frommer Bruder schwer, Hört, sein Glöcklein schallet her.

Maria Maria Maria Fort Maria Maria Maria Maria Spies Maria

Chapter 88
Text Entities

Ehestand der Freude. Seladons (Greflingers) weltliche Lieder. Frankfurt 1651. S. 60.

Lasset uns scherzen Blühende Herzen, Lasset uns lieben Ohne Verschieben, Lauten und Geigen Sollen nicht schweigen, Kommet zum Tanze, Pflücket vom Kranze. Drücket die Hände, Legt euch zum Ende, Gebet Euch Küsse, Tretet die Füße, Machet euch fröhlich, Machet euch ehlich, Lasset die Narren Einsam verharren. Ehlich zu werden Dienet der Erden, Ledige Leute Mangeln der Freude; Jeder muß sterben, Machet euch Erben Euerem Gute, Namen und Blute. Lasset der Grauen Murren und Schauen, Rathen und Wissen, Wenig erspriessen; Eben sie selber Waren auch Kälber, Blühende Herzen Lasset uns scherzen.

Rathen

Chapter 89
Text Entities

Amor. Mündlich.         Des Nachts da bin ich gekommen, Treibt mit mir ein Bübchen viel Scherz, Wie Amor mir ists vorgekommen, Verwundet, verbindet mein Herz. Ich dacht, was sollt ich nun machen, Wenn ich mein klein Bübchen gedenk, So hör ich die Flamme schon krachen, Schier alle Minuten ihm schenk. Ich kann es bei Tage nicht finden, Des Nachts da sucht es mich heim, Ich will ihm die Augen verbinden, Dann wird es bei Tage auch mein.

Bübchen Bübchen

Chapter 90
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Romanze vom großen Bergbau der Welt. Im Ton: Wie schön leucht uns der Morgenstern. Der durch das geistliche Schlegel andächtiger Berg-Reihen das Gedinge seines Glaubens herausschlagende Bergmann. Anno 1721. S. 56-61.

Bergbau Gedinge Bergmann

Auf! richtet Augen, Herz und Sinn Zu jenen blauen Bergen hin, Da Gott der Berg-Herr thronet! Fahrt von der Erde tiefen Bahn In grünen Hoffnungs-Kleidern an, Wo milder Segen wohnet; Betet, tretet Im Gemüthe Zu der Güte, Die bescheret, Was den Leib und Geist ernähret. Gott hat in diesem Erdenball So mancher Erze reichen Fall Mit weiser Hand verborgen. Gold, Silber, Kupfer auf sein Wort, Streicht in den edlen Gängen fort, Die Menschen zu versorgen, Mächtig, prächtig Durch die Flötzen Heißt er setzen Die Metallen, Daß sein Ruhm muß herrlich schallen. Es sieht so manches rauhe Land In Werken seiner Wunder-Hand Macht, Kraft und Weisheit spielen, Wo man kein zartes Blümchen spürt, Kein Frühlings-Gras sich grün aufführt, Muß die Natur erzielen, Lichte, dichte Berggeschicke Zum Gelücke, Die erweisen, Wie man soll den Schöpfer preisen. Es streicht in diesem Erdenhaus Im Erz zu hellen Tage aus Des großen Vaters Liebe, Die wittert vor bei Tag und Nacht, Aus jeden Stollen, Kluft und Schacht; Die weissen Quarzgeschiebe Geben eben Wie die Gänge Durch die Menge Zu erkennen, Was wir Vater-Güte nennen. Denn da sieht ihren milden Gott Die Armuth nach dem herben Spott, Und vielen Zähren-Triefen. Wenn das Vermögen ist verwüst, Und alle Mittel zugebüßt, Kommt aus der schwarzen Tiefen Letzlich, plötzlich Reiche Beute Für die Leute, Die vertrauen Gott, und gläubig auf ihn bauen. Drum rufen wir auch diesen an, Der fündige Gebirge kann Eröffnen und erhalten; Er wolle mit der Segens-Hand Auch über unser Sachsenland Forthin genädig walten; Hören, Lehren, Wenn wir schürfen Und bedürfen Hülf und Rathen, Sonst ist nichts mit unsern Thaten. O großer Grundherr aller Welt! Weil deine Vorsicht uns erhält Auch von der Erden Schätzen; Bescheere gutes Erz allhier, Und laß die Gänge, Macht und Zier In ewge Teufen setzen. Klüglich, tüglich Laß uns bauen Ohne Grauen, Mittel finden, Und den Mangel überwinden. Zähl uns in Assers Stamm mit ein, Und laß uns so gesegnet seyn, Daß Erz an Schuhen klebe, Daß sich kein edler Gang abschneid, Und uns vergnüge jederzeit, Viel reichen Vorrath gebe. Größ're, beß're, Sieh aufs Gleiche, Daß der Reiche Dem nicht schade, Der bedürftig deiner Gnade. Doch bitten wir dich, Herr! zugleich, Mach' uns zuerst am Geiste reich, Mit himmlischer Genüge; Daß unser Gang zu dir gericht, Die Stunde ja verrücke nicht, Noch tausend Mittel kriege, Handel Wandel, Sey gerichtig Und vorsichtig Laß uns bleiben, Weil wir hier das Bergwerk treiben. Schenk uns nur, allerhöchster Hort! Was Christus hat gefördert dort Aus seiner Leidens-Grube, Da er zum Lebens-Gange brach, Und hieß uns alle folgen nach, Die Beuten, die er hube, Muthig, blutig, Durch die Klüfte Seine Hüfte Hilft uns wallen, Wenn des Leibes Schacht muß fallen. Die Welt ist unser Golgatha, Wo ein Kreuzgang dem andern nah: Laß Zion uns erblicken, Und Karmel, da in stolzer Ruh, Elias ruft der Knappschaft zu, Weit von den Erdgeschicken: Glück auf! Blick auf! Komm gefahren Vor den Jahren Komm in Sprüngen Von der Sabaths-Schicht zu singen. Drum führ' uns einst, wie Simeon, Auf einer sanften Fahrt davon, Zu deinen Friedenszechen, Wo man das neugeborne Kind, Auch den Erz-Engel mächtig find, Und Freuden-Gold kann brechen: Oedes, schnödes, Müssen merken Die Gewerken Hier in Hoffen, Bis sie dort den Gang getroffen.

Gold Kupfer Blümchen Erz Stollen Schacht Rathen Grundherr Erz Teufen Erz gericht Bergwerk hube Klüfte Hilft Schacht Die Welt Golgatha Kreuzgang Zion Karmel Elias Knappschaft Gewerken

Chapter 91
Text Entities

Husarenbraut. Fliegendes Blat aus dem siebenjährigen Kriege.

siebenjährigen Kriege

Wir Preussisch Husaren, wann kriegen wir Geld? Wir müssen marschiren ins weite Feld, Wir müssen marschiren dem Feind entgegen, Damit wir ihm heute den Paß noch verlegen. Wir haben ein Glöcklein, das lautet so hell, Das ist überzogen mit gelbem Fell, Und wenn ich das Glöcklein nur läuten gehört, So heißt es: Husaren, auf euere Pferd! Wir haben ein Bräutlein uns auserwählt, Das lebet und schwebet ins weite Feld, Das Bräutlein, das wird die Standarte genannt, Das ist uns Husaren sehr wohl bekannt. Und als dann die Schlacht vorüber war, Da einer den andern wohl sterben sah! Schrie einer zum andern: Ach! Jammer, Angst und Noth, Mein lieber Kamerad ist geblieben todt. Das Glöcklein es klinget nicht eben so hell, Denn ihm ist zerschossen sein gelbliges Fell, Das silberne Bräutlein ist uns doch geblieben, Es thuet uns winken, was hilft das Betrüben. Wer sich in Preussischen Dienst will begeben, Der muß sich sein Lebtag kein Weibchen nicht nehmen: Er muß sich nicht fürchten vor Hagel und Wind, Beständig verbleiben und bleiben geschwind.

Husaren Husaren Standarte Husaren Hagel

Chapter 92
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Das Straßburger Mädchen. Fliegendes Blat.

Es trug das schwarzbraun Mädelein Viel Becher rothen Wein, Zu Straßburg auf der Straßen, Begegnet ihr allda Ein wunderschöner Knab, Er thut sie wohl anfassen. »Laß ab, laß ab, ey lasse ab, Mein wunderschöner Knab, Mein Mütterlein thut schelten, Verschütte ich den Wein, Den rothen kühlen Wein, Der Wein thut sehr viel gelten.« Bald hat das schwarzbraun Mädelein, Verloren ihr Pantöffelein, Sie kanns nicht wieder finden, Sie suchet hin, sie suchet her, Verliere nicht den andern mehr, Noch unter dieser Linde. Denn zwischen zwey Berg und tiefe Thal, Ins grüne ebne Thal, Da fließt ein schiffreich Wasser, Wer sein Feinslieb nicht will, Wen sein Feinslieb nicht will, Die müssen sich fahren lassen.

Wein Straßburg schelten Wein Wein Wein Berg Thal Thal

Chapter 93
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Zwey Röselein. Mündlich am Neckar. Knabe.     Geh ich zum Brünnelein, Trink aber nicht, Such ich mein Schätzelein, Finds aber nicht. Setz ich mich so allein Aufs grüne Gras, Fallen zwei Röselein Mir in den Schoß. Diese zwei Röselein Gelten mir nicht, Ists nicht mein Schätzelein, Die sie mir bricht? Diese zwei Röselein Sind rosenroth, Lebt noch mein Schätzelein, Oder ists todt. Wend ich mein Aeugelein Rum und um her, Seh ich mein Schätzelein Beim andern stehn. Wirft ihn mit Röselein, Treffen mich thut, Meint sie wär ganz allein, Das thut kein gut. Wärst du mein Schätzelein, Wärst du mir gut? Steck die zwei Röselein Mir auf den Hut.           Mädchen. Wirst doch nicht reisen fort, Hast ja noch Zeit. Knabe. Ja ich will reisen fort, Mein Weg ist weit. Hin, wo ihr treue Lieb Kein Mägdlein bricht. Mädchen. Schatz nimm zu Hauß vor Lieb, Hin findst du nicht. Rößlein am Strauche blühn Ewig doch nicht, Lieb ist so lang nur grün, Bis man sie bricht. Nimm die zwei Röselein Auf deinen Hut, Ewig beinander sein Thut auch kein gut. Wenn die zwei Röselein Nicht mehr sind roth, Werf sie in Fluß hinein, Denk ich wär todt.   Knabe. Bist du todt alzumahl, Thut mirs nicht leid, Untreu findt überall, Wen sie erfreut.

Neckar Rum roth Untreu

Chapter 94
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Das Mädchen und die Hasel. Herder's Volkslieder. I. B. S. 109.

Hasel

Es wollt ein Mädchen Rosen brechen gehn, Wohl in die grüne Heide, Was fand sie da am Wege stehn? Eine Hasel, die war grüne. »Guten Tag, guten Tag, liebe Hasel mein, Warum bist du so grüne?« »Hab' Dank, hab' Dank, wackres Mägdelein, Warum bist du so schöne?« »Warum daß ich so schöne bin, Das will ich dir wohl sagen: Ich eß' weiß Brod, trink kühlen Wein, Davon bin ich so schöne.« »Ißt du weiß Brod, trinkst kühlen Wein, Und bist davon so schöne: So fällt alle Morgen kühler Thau auf mich, Davon bin ich so grüne.« »So fällt alle Morgen kühler Thau auf dich, Und bist davon so grüne? Wenn aber ein Mädchen ihren Kranz verliert, Nimmer kriegt sie ihn wieder.« »Wenn aber ein Mädchen ihren Kranz will behalten, Zu Hause muß sie bleiben, Darf nicht auf alle Narrentänz' gehn; Die Narrentänz' muß sie meiden.« »Hab Dank, hab Dank, liebe Hasel mein, Daß du mir das gesaget, Hätt' mich sonst heut auf'n Narrentanz bereit, Zu Hause will ich bleiben.«

Heide Hasel Hasel Wein Wein Hasel

Chapter 95
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Die Königstochter aus Engelland. Kirchengesänge. Cölln 1625. S. 672.

Cölln

Vionetus in Engelland War König mächtig sehr, Sein Tochter, Ursula genannt, Der Jungfrauschaft ein Ehr; Weil sie mit Christi Blut erkauft, Und nach des Höchsten Will getauft, Hat sie sich ihm vermählt allein, In Keuschheit stets zu dienen rein. Sieh da, eins Heidnischen Königs Sohn, Nach Ursula stand sein Sinn, Fragt, ob sie wollte seinen Thron, Als seine Königin? Verhieß ihr Land und wilde See, Sehr große Schätze zu der Eh', Sonst wollt er streiten mit Gefahr Um ihre schöne Jugend klar. Als Vionetus dies erhört, Bekümmert er sich hart, Sein Reich wollt halten unzerstört Von Heiden böser Art, Darzu sein Tochter fromm und schön, Wollt er dem Mann nicht zugestehn, Jedoch des Fürsten Drohwort groß, Dem Herzen sein gab harten Stoß. Ursula in ihr Zimmer trat, Ausgoß vor Gott ihr Herz, Sich in des Herren Willen gab, Ohn Trauren und ohn Schmerz; In einen Schlaf fiel sie zur Hand, Alsbald ihr Gott ein Engel sandt, Derselbig bracht ihr gute Mähr, Was Gott der Herr von ihr begehr. Nachdem sie wohl war unterricht, Durch Engelische Lehr, Von Stund zu ihrem Vater spricht, Mit fröhlicher Gebärd: »Sey nicht betrübt, Gott ist mit uns, Vor ihm besteht kein Macht, noch Kunst, Kein Mensch mag je verlassen seyn, Der nur auf ihn vertraut allein. Ich will den Jüngling nehmen an, Doch unter dem Beding: Daß du sammt meinem Bräutigam Verschaffest mir geschwind, Zehn Fürstliche Jungfräulein zart, Zu den Eilftausend guter Art, Adlich, jung, schön und tugendreich, Zu Gottes Ehr, im Himmelreich. Dazu eilf Schiff gar wohl versehn Mit Rüstung allerhand, Daß wir drey Jahr von dannen ziehn, So fern in fremde Land, Und unsrer Keuschheit heilgen Preis, Erhalten rein durch diese Reiß, Dem Bräutigam im Himmels-Thron, Herrn Jesu Christ, Mariä Sohn.« Da nun der König dies verstund, Ward er von Herzen froh, Der Heiden Botschaft in der Stund Sprach unverzaget zu: »Will euer Fürst mein Tochter han, So soll er sich erst taufen lahn, Und geben Jungfraun edler Art, Und Schiffe zu der großen Fahrt.« Die edle Botschaft Urlaub nahm, Wohl zu derselben Weil, Zu ihres Königs Sohne kam Geschwind in aller Eil, Da hielt man Spiel und Freuden-Fest, Der junge Prinz erkennen läst, Er sei bereit ein Christ zu sein, Und sich gar bald zu stellen ein. Eilend die Könge gleicher Hand, Die eilf Schiff kaufen ein, Erkiesen auch durch ihre Land, Die Zahl der Jungfrauen Da schauet man viel junges Blut, An Ehr und Adel trefflich gut, Sie eilen nun in wenig Tag, Der neuen Königin schon nach. St. Ursula sie froh umfangt, Die edelen Gespielen gut, Dem lieben Gott von Herzen dankt, Für all dies keusche Blut, Zeigt ihnen ihr Vorhaben an, Gab allen auch recht zu verstehn, Was zu der Seeligkeit gehör, Damit sie nie die Sünde stör. Sie nahmen all den Glauben an, Und liebten Keuschheit sehr, Das Vaterland auch gern verlahn, Und gaben sich aufs Meer, Da schifften sie sich fröhlich hin, Zu suchen geistlichen Gewinn, Jezt kommt ein Wind von Gottes Hand, Der sezt sie an ein fremdes Land. Den Rheinstrom sie da ohne Schad Auffuhren sicherlich, Bis sie nach Cölln zur heilgen Stadt, O Cölln, des freue dich! Zu Ursula da ein Engel schon Sagt: »Reiset fort und kommt gen Rom, Verrichtet eure Andacht dort, Kehrt wieder dann zu diesem Ort.« Des andern Tags am Morgen früh, Sprach sie so gnadenreich: »Was mir verkündet in der Ruh, Das höret an zugleich, Wir ziehn gen Rom und wieder her, Nach Gottes Will und Engelslehr; Für Alles wird uns dann zu Lohn, Jungfräulichkeit und Marterkron.« Da hört man von den Jungfraun schön, Danksagung und groß Lob, Daß Gott sie wollt zu sich erhöhn, Durch Noth und Märtrer-Tod. Gen Basel schifften auf dem Fluß, Dann giengen sie zu Fuß, Bis daß sie kommen in die Stadt, Da Petrus seinen Sitz noch hat. Als sie ihr Andacht da verricht In jungfräulicher Still, Sie haben sich zurück gericht, Gen Cölln nach Gottes Will; Von Hunnen da mit Schwerdt und Pfeil Getödtet sind zu ihrem Heil, Darum sie jezt mit Engeln rein, Hell singen, jubiliren fein.

König Keuschheit Engel sammt Keuschheit König Fürst han lahn Adel Sünde stör Keuschheit Cölln Cölln Engel Rom Rom Jungfräulichkeit Basel Petrus gericht Cölln Hunnen

Chapter 96
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Schall der Nacht. Simplicissimi Lebenswandel. Nürnberg 1713. I. B. S. 28.

Schall Nürnberg

Komm Trost der Nacht, o Nachtigall! Laß deine Stimm mit Freuden-Schall Aufs lieblichste erklingen, Komm, komm, und lob den Schöpfer dein, Weil andre Vögel schlafen seyn, Und nicht mehr mögen singen; Laß dein Stimmlein Laut erschallen, denn vor allen Kannst du loben Gott im Himmel, hoch dort oben. Obschon ist hin der Sonnenschein, Und wir im Finstern müssen seyn, So können wir doch singen Von Gottes Güt und seiner Macht, Weil uns kann hindern keine Nacht, Sein Loben zu vollbringen. Drum dein Stimmlein Laß erschallen, denn vor allen Kannst du loben Gott im Himmel, hoch dort oben. Echo, der wilde Wiederhall, Will seyn bei diesem Freudenschall, Und läßet sich auch hören; Verweist uns alle Müdigkeit, Der wir ergeben allezeit, Lehrt uns den Schlaf bethören. Drum dein Stimmlein Laß erschallen, denn vor allen Kannst du loben Gott im Himmel, hoch dort oben. Die Sterne, so am Himmel stehn, Sich lassen Gott zum Lobe sehn, Und Ehre ihm beweisen; Die Eul' auch, die nicht singen kann, Zeigt doch mit ihrem Heulen an, Daß sie auch Gott thu preisen. Drum dein Stimmlein Laß erschallen, denn vor allen Kannst du loben Gott im Himmel, hoch dort oben. Nur her, mein liebstes Vögelein! Wir wollen nicht die faulsten seyn, Und schlafen liegen bleiben, Vielmehr bis daß die Morgenröth Erfreuet diese Wälder-Oed, In Gottes Lob vertreiben; Laß dein Stimmlein Laut erschallen, denn vor allen Kannst du loben Gott im Himmel, hoch dort oben.

Nachtigall Echo Die Sterne

Chapter 97
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Große Wäsche. Frische Liedlein und mündlich.

Große

Der Mai will sich mit Gunsten, Mit Gunsten beweisen, Prüf' ich an aller Vögelein Gesang, Der Sommer kömmt, vor nicht gar lang Hört ich Frau Nachtigal singen, Sie sang recht wie ein Saitenspiel. »Der Mai bald will Den lichten Sommer bringen, und zwingen Die Jungfräulein zu Springen und Singen. Jedoch so sind die Kleider Mir leider zerrissen, Ich schäme mich vor andrer Mägdlein Schaar, Mit meinen Schenklein geh ich bar, Weil ich grad waschen wollte, Der Reif und auch der kalte Schnee That mir wohl weh, Ich will als Waschgesellen bestellen, Die Jungfraun an den hellen Waldquellen. Komm, komm, lieb, lieb, Agnette, Margretha, Sophia, Elisabetha, Amaleya traut, Sibilla, Lilla, Frau Gertraut, Kommt bald ihr Mägdlein schöne, Kommt bald und wascht euch säuberlich, Und schmücket mich.« Da kamen die Jungfrauen im Thaue Sich waschen und beschauen, ja schauen. Ich dank Frau Nachtigallen, Vor Allen mein Glücke, Daß sie zum Waschen rief die holde Schaar, Mit ihren Schenklein giengens bar, Das Wasser ward nicht trübe, Der Jugendglanz, der Maienschnee That ihm nicht weh; Doch mich wirds nicht mehr kühlen im Schwülen, Im Sommer werd ichs fühlen, ja fühlen.

Nachtigal zwingen kamen

Chapter 98
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Der Palmbaum. Simon Dach.

Simon Dach

Annchen von Tharau ist, die mir gefällt, Sie ist mein Leben, mein Gut und mein Geld. Annchen von Tharau hat wieder ihr Herz Auf mich gerichtet in Lieb und in Schmerz. Annchen von Tharau, mein Reichthum, mein Gut, Du meine Seele, mein Fleisch und mein Blut! Käm' alles Wetter gleich auf uns zu schlahn, Wir sind gesinnet, bei einander zu stahn. Krankheit, Verfolgung, Betrübniß und Pein, Soll unsrer Liebe Verknotigung seyn. Recht als ein Palmenbaum über sich steigt, Je mehr ihn Hagel und Regen anficht, So wird die Lieb in uns mächtig und groß, Durch Kreuz, durch Leiden, durch allerlei Noth. Würdest du gleich einmal von mir getrennt, Lebtest da, wo man die Sonne kaum kennt; Ich will dir folgen, durch Wälder, durch Meer, Durch Eis, durch Eisen, durch feindliches Heer. Annchen von Tharau, mein Licht, meine Sonn, Mein Leben schließ ich um deines herum.

Tharau Tharau Tharau Seele Hagel Leiden Sonne Eisen Tharau

Chapter 99
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Der Fuhrmann. Fliegendes Blat.

Es thät ein Fuhrmann ausfahren, Wohl vor das hohe hohe Haus, Da guckt die Schöne dort, Ja dort, zum hohen Fenster raus. Der Fuhrmann schwenkte sein Hütel, Bot der dort einen guten, guten Tag; Schön Dank, schön Dank, Herr Fuhrmann, Spannt nur aus, bleibt heut noch da. Frau Wirthin, ist sie darinnen, Hat sie gut Bier, gut Bier und Wein, Schenk sie der Schönen dort, Ja dort, von dem allersüßten ein. Was zog er aus seiner Tasche, Drey hundert Dukaten an Gold, Gab sie der Schönen dort, ja dort, Sie sollte sich kaufen einen rothen Rock. Sie stieg auf hohe Berge, Schaut runter aufs tiefe tiefe Thal, Sie sieht den falschen Fuhrmann, ja Fuhrmann, Bey dem schwarzbraunen Mägdlein stehn. Die dort, die wandte sich umme, Ihre Aeuglein wurden, wurden naß, Fahr nur hin, du falscher Fuhrmann, ja Fuhrmann, Dieweil du mich betrogen hast.

Fuhrmann Fuhrmann Fuhrmann Bier Bier Wein Dukaten Gold Rock hohe Berge Thal Fuhrmann Fuhrmann Bey Fuhrmann Fuhrmann

Chapter 100
Text Entities

Pfauenart. Eschenburgs alte Denkmähler S. 463.     Leucht't heller denn die Sonne, Ihr beiden Aeugelein! Bei dir ist Freud und Wonne, Du zartes Jungfräulein, Du bist mein Augenschein, Wär ich bei dir allein, Kein Leid sollt mich anfechten, Wollt allzeit fröhlich seyn! Dein Gang ist aus dermaßen, Gleichwie der Pfauen Art; Wenn du gehst auf der Straßen, Gar oft ich deiner wart, Ob ich gleich oft muß stehen Im Regen und im Schnee, Kein Müh soll mich verdrießen, Wenn ich dich Herzlieb seh.

Sonne Freud Pfauen

Chapter 101
Text Entities

Der Schildwache Nachtlied. Mündlich.         »Ich kann und mag nicht fröhlich seyn, Wenn alle Leute schlafen, So muß ich wachen, Muß traurig seyn.« »Ach Knabe du sollst nicht traurig seyn, Will deiner warten, Im Rosengarten, Im grünen Klee.« »Zum grünen Klee, da komm ich nicht, Zum Waffengarten Voll Helleparten Bin ich gestellt.« »Stehst du im Feld, so helf dir Gott, An Gottes Segen Ist alles gelegen, Wers glauben thut.« »Wers glauben thut, ist weit davon, Er ist ein König, Er ist ein Kaiser, Er führt den Krieg.« Halt! Wer da? Rund! Wer sang zur Stund? Verlohrne Feldwacht Sang es um Mitternacht: Bleib mir vom Leib!

Schildwache Rosengarten König Kaiser

Chapter 102
Text Entities

Der traurige Garten. Frische Liedlein.

Ach Gott, wie weh thut Scheiden, Hat mir mein Herz verwundt, So trab ich über Helden, Und traure zu aller Stund, Der Stunden der sind alsoviel, Mein Herz trägt heimlich Leiden, Wiewohl ich oft fröhlich bin. Hät mir ein Gärtlein bauet, Von Veil und grünem Klee, Ist mir zu früh erfroren, Thut meinem Herzen weh; Ist mir erfrorn bei Sonnenschein Ein Kraut je länger je lieber, Ein Blümlein Vergiß nicht mein. Das Blümlein, das ich meine, Das ist von edler Art, Ist aller Tugend reine, Ihr Mündlein das ist zart, Ihr Aeuglein die sind hübsch und fein, Wann ich an sie gedenke, So wollt ich gern bei ihr seyn. Mich dünkt in all mein Sinnen, Und wann ich bei ihr bin, Sie sey ein Kaiserinne, Kein lieber ich nimmer gewinn, Hat mir mein junges Herz erfreut, Wann ich an sie gedenke, Verschwunden ist mir mein Leid.

Scheiden Mein Herz Leiden

Chapter 103
Text Entities

Hüt du dich. Feiner Almanach I. B. S. 113.

Almanach

Ich weiß mir'n Mädchen hübsch und fein, Hüt du dich! Es kann wohl falsch und freundlich seyn, Hüt du dich! Hüt du dich! Vertrau ihr nicht, sie narret dich. Sie hat zwei Aeuglein, die sind braun, Hüt du dich! Sie werd'n dich überzwerch anschaun, Hüt du dich! Hüt du dich! Vertrau ihr nicht, sie narret dich. Sie hat ein licht goldfarbnes Haar, Hüt du dich! Und was sie red't, das ist nicht wahr, Hüt du dich! Hüt du dich! Vertrau ihr nicht, sie narret dich. Sie hat zwei Brüstlein, die sind weiß, Hüt du dich! Sie legt s' hervor nach ihrem Fleiß, Hüt du dich! Hüt du dich! Vertrau ihr nicht, sie narret dich. Sie giebt dir 'n Kränzlein fein gemacht, Hüt du dich! Für einen Narr'n wirst du geacht, Hüt du dich! Hüt du dich! Vertrau ihr nicht, sie narret dich.


Chapter 104
Text Entities

Die mystische Wurzel. Katholische Kirchengesänge. Cölln 1625. S. 91.

Cölln

Von Jesse kommt ein Wurzel zart, Daraus ein Zweig von Wunderart, Der Zweig ein schönes Röslein bringt, Das wunderlich vom Zweig entspringt. Die Wurzel der Stamm Davids ist, Maria, du das Zweiglein bist, Dein Sohn, die Blum, die schöne Ros, Ist Gott und Mensch in deinem Schos. Der heilig' Geist von dir allein, Erschaffen hat das Kindlein fein, Gleichwie die Sonn durch ihre Kraft, Allein von Zweiglein Rosen schafft. O Wunderwerk! auf einem Stiel Stehn Röslein und auch Blätter viel, O Wunderwerk! in Gottes Sohn Sind zwei Naturen in Person. Roth ist die Ros, grün ist das Blat, Ein Zweiglein gleichwohl beide hat, Also man zwei Naturen findt, Und ein Person in diesem Kind. O Zweig! dich ziert die schöne Blum, Die Ros dir bringt Lob, Ehr und Ruhm, Die Ros das Zweiglein nicht verstellt, Dein Jungfrauschaft dein Kind erhält.

wunderlich Maria

Chapter 105
Text Entities

Räthsel. Kurzweilige Fragen S. 23.     Es ist die wunderschönste Brück, Darüber noch kein Mensch gegangen, Doch ist daran ein seltsam Stück, Daß über ihr die Wasser hangen, Und unter ihr die Leute gehn Ganz trocken, und sie froh ansehn, Die Schiffe segelnd durch sie ziehn, Die Vögel sie durchfliegen kühn; Doch stehet sie im Sturme fest, Kein Zoll noch Weggeld zahlen läßt.

Vögel

Chapter 106
Text Entities

Wie kommt es, daß du traurig bist? Mündlich. Jäger.       Wie kommts, daß du so traurig bist, Und gar nicht einmal lachst? :,: Ich seh dir's an den Augen an, Daß du geweinet hast. Schäferin.

Und wenn ich auch geweinet hab, Was geht es dich denn an? :,: Ich wein', daß du es weißt, um Freud, Die mir nicht werden kann. Jäger.

Freud

Wenn ich in Freuden leben will, Geh' ich in grünen Wald, :,: Vergeht mir all mein Traurigkeit, Und leb wie's mir gefällt. Schäferin.

Mein Schatz ein wackrer Jäger ist, Er trägt ein grünes Kleid, :,: Er hat ein zart roth Mündelein, Das mir mein Herz erfreut. Jäger.

roth

Mein Schatz ein holde Schäfrin ist, Sie trägt ein weißes Kleid, :,. Sie hat zwei zarte Brüstelein, Die mir mein Herz erfreun. Beide.

So bin ich's wohl, so bist du's wohl Feins Lieb, schöns Engelskind, So ist uns allen beiden wohl, Da wir beisammen sind.


Chapter 107
Text Entities

Unkraut. Mündlich. Unkraut. Wie kommt's, daß du so traurig bist, Und gar nicht einmahl lachst? Ich seh dir's an den Augen an, Daß du geweinet hast. Gärtner. Und wer ein'n steinigen Acker hat, Dazu 'nen stumpfen Pflug, Und dessen Schatz zum Schelmen wird, Hat der nicht Kreutz genug? Unkraut. Doch wer mit Katzen ackern will, Der spann die Mäus voraus, So geht es alles wie ein Wind, So fängt die Katz die Maus. Hab all mein Tag kein Gut gethan, Hab's auch noch nicht im Sinn; Die ganze Freundschaft weiß es ja, Daß ich ein Unkraut bin.

Unkraut Unkraut Gärtner Pflug Unkraut Katzen Maus Unkraut

Chapter 108
Text Entities

Der Wirthin Töchterlein. Mündlich.

Bey meines Buhlen Kopfen, Da steht ein güldner Schrein, Darin da liegt verschlossen, Das junge Herze mein, Wollt Gott, ich hätt den Schlüssel, Ich würf ihn in den Rhein. Wär ich bey meinem Buhlen, Wie möcht mir baß gesein. Bey meines Buhlen Füßen, Da fleußt ein Brünnlein kalt, Wer des Brünnlein thut trinken, Der jüngt und wird nicht alt; Ich hab des Brünnleins trunken, Viel manchen stolzen Trunk, Nicht lieber wollt ich wünschen Meines Buhlen rothen Mund. In meines Buhlen Garten, Da steht viel edle Blüth, Wollt Gott, sollt Ich ihr warten, Das wär meins Herzens Freud, Die edlen Rößlein brechen, Denn es ist an der Zeit. Ich trau sie wohl zu erwerben, Die mir am Herzen leit. In meines Buhlen Garten, Da stehn zwey Bäumelein, Das ein das trägt Muskaten, Das andre Nägelein; Muskaten die sind süße, Die Näglein riechen wohl, Die geb ich meinem Buhlen, Daß er mein nicht vergeß. Und der uns diesen Reihen sang, So wohl gesungen hat, Das haben gethan zween Hauer, Zu Freiberg in der Stadt; Sie haben so wohl gesungen Bey Meth und kühlem Wein, Dabey da ist gesessen, Der Wirthin Töchterlein.

Bey Buhlen güldner Schrein Rhein Buhlen Bey Buhlen Buhlen Buhlen Freud Buhlen Buhlen Hauer Freiberg Bey Wein

Chapter 109
Text Entities

Wer hat dies Liedlein erdacht. Mündlich.                       Dort oben in dem hohen Haus, Da guckt ein wacker Mädel raus, Es ist nicht dort daheime, Es ist des Wirths sein Töchterlein, Es wohnt auf grüner Heide. Und wer das Mädel haben will, Muß tausend Thaler finden, Und muß sich auch verschwören, Nie mehr zu Wein zu gehn, Des Vaters Gut verzehren. Wer hat denn das schöne Liedel erdacht? Es habens drei Gäns übers Wasser gebracht, Zwei graue und eine weisse; Und wer das Liedlein nicht singen kann, Dem wollen sie es pfeifen.

Heide Wein

Chapter 110
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Doktor Faust. Fliegendes Blat aus Cöln.

Doktor Faust

Hört ihr Christen mit Verlangen, Nun was Neues ohne Graus, Wie die eitle Welt thut prangen, Mit Johann dem Doktor Faust, Von Anhalt war er geboren, Er studirt mit allem Fleiß, In der Hoffarth auferzogen, Richtet sich nach aller Weiß. Vierzig tausend Geister, Thut er sich citiren, Mit Gewalt aus der Höllen. Unter diesen war nicht einer, Der ihm könnt recht tauglich seyn, Als der Mephistophiles geschwind, Wie der Wind, Gab er seinen Willen drein. Geld viel tausend muß er schaffen, Viel Pasteten und Confekt, Gold und Silber was er wollt, Und zu Straßburg schoß er dann, Sehr vortreflich nach der Scheiben, Daß er haben konnt sein Freud, Er thät nach dem Teufel schieben, Daß er vielmal laut aufschreit. Wann er auf der Post thät reiten, Hat er Geister recht geschoren, Hinten, vorn, auf beiden Seiten, Den Weg zu pflastern auserkohren; Kegelschieben auf der Donau, War zu Regensburg sein Freud, Fische fangen nach Verlangen, Ware sein Ergötzlichkeit. Wie er auf den heiligen Karfreitag Zu Jerusalem kam auf die Straß, Wo Christus an dem Kreuzesstamm Hänget ohne Unterlaß, Dieses zeigt ihm an der Geist, Daß er wär für uns gestorben, Und das Heil uns hat erworben, Und man ihm kein Dank erweißt. Mephistophles geschwind, wie der Wind, Mußte gleich so eilend fort, Und ihm bringen drey Ehle Leinwand, Von einem gewissen Ort. Kaum da solches ausgeredt, Waren sie schon wirklich da, Welche so eilends brachte Der geschwinde Mephistophila. Die große Stadt Portugall, Gleich soll abgemahlet sein; Dieses geschahe auch geschwind, Wie der Wind: Dann er mahlt überall, So gleichförmig, Wie die schönste Stadt Portugall. »Hör du sollst mir jetzt abmahlen, Christus an dem heiligen Kreuz, Was an ihm nur ist zu mahlen, Darf nicht fehlen, ich sag es frei, Daß du nicht fehlst an dem Titul, Und dem heiligen Namen sein.« Diesen konnt er nicht abmahlen, Darum bitt er Faustum Ganz inständig: »Schlag mir ab Nicht mein Bitt, ich will dir wiederum Geben dein zuvor gegebene Handschrift. Dann ist es mir unmöglich, Daß ich schreib: Herr Jesu Christ.« Der Teufel fing an zu fragen: »Herr, was gibst du für einen Lohn? Häts das lieber bleiben lassen, Bey Gott findst du kein Pardon.« Doktor Faust thu dich bekehren, Weil du Zeit hast noch ein Stund, Gott will dir ja jetzt mittheilen Die ewge wahre Huld, Doktor Faust thu dich bekehren, Halt du nur ja dieses aus. »Nach Gott thu ich nichts fragen, Und nach seinem himmlischen Haus!« In derselben Viertelstunde Kam ein Engel von Gott gesandt, Der thät so fröhlich singen, Mit einem englischen Lobgesang. So lang der Engel da gewesen, Wollt sich bekehren der Doktor Faust. Er thäte sich alsbald umkehren, Sehet an den Höllen Grauß; Der Teufel hatte ihn verblendet, Mahlt ihm ab ein Venus-Bild, Die bösen Geister verschwunden, Und führten ihn mit in die Höll.

Doktor Faust Gold Straßburg Freud Teufel Donau Regensburg Freud Fische Karfreitag Jerusalem Straß Der Teufel Bey Doktor Faust Doktor Faust Engel Engel Doktor Faust Der Teufel

Chapter 111
Text Entities

Müllertücke. Musikalisches Kunst-Magazin von J. F. Reichardt. I. B. S. 100.

Es ging ein Müller wohl übers Feld, Der hatt' einen Beutel und hatt' kein Geld, Er wird es wohl bekommen. Und als er in den grünen Wald kam, Drey Mörder unter dem Weidenbaum stahn, Die hatten drey große Messer. Der eine zog seinen Beutel heraus, Drey hundert Thaler zahlt er draus: »Nimm hin für Weib und Kinder.« Der Müller dacht in seinem Sinn, Es wär zu wenig für Weib und Kind: »Ich kanns euch nicht drum lassen.« Der andere zog seinen Beutel heraus, Sechs hundert Thaler zahlt er draus: »Nimm hin für Weib und Kinder.« Der Müller gedacht in seinem Sinn, Es wär genug für Weib und Kind: »Ich kanns euch wohl drum lassen.« Und als er wieder nach Hause kam, Sein Weibchen hinter der Thüre fand, Für Weh konnt sie kaum reden. »Weibchen, schick dich hin, und schick dich her, Du sollst mit mir in grünen Wald gehn, Zu deines Bruders Freunde.« Und als sie in den grünen Wald kamen, Drey Mörder unter dem Eichbaum standen, Die hatten drey bloße Messer. Sie kriegten sie bey ihrem krausgelben Haar, Sie schwungen sie hin, sie schwungen sie her: »Jung Fräulein du must sterben.« Sie hatt' einen Bruder, war Jäger stolz, Er jug das Wild wohl aus dem Holz, Er hört' seiner Schwester Stimme. Er kriegt sie bey ihrer schneeweißen Hand, Er führt sie in ihr Vaterland: »Darin sollst du mir bleiben.« Und als drey Tag herummer waren, Der Jäger den Müller zu Gaste ladet – Zu Gast war der geladen. – »Willkommen, willkommen lieb Schwägerlein, Wo bleibet denn mein Schwesterlein? Daß sie nicht mit ist kommen.« »Es ist ja heut der dritte Tag, Daß man sie auf den Kirchhof trug, Mit ihrem Kindlein kleine.« Er hatt' das Wort kaum ausgesagt, Sein Weibchen ihm entgegen trat, Mit ihrem Kindlein kleine. »Du Müller, du Mahler, du Mörder, du Dieb! Du hast mir meine Schwester zu den Mördern geführt, Gar bald sollst du mir sterben.«

Weidenbaum kamen jug Wild

Chapter 112
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Der unschuldige Tod des jungen Knaben. Fliegendes Blat.

Es liegt ein Schloß in Oesterreich, Das ist ganz wohl gebauet, Von Silber und von rothem Gold, Mit Marmorstein gemauert. Darinnen liegt ein junger Knab, Auf seinen Hals gefangen, Wohl vierzig Klafter unter der Erd, Bei Ottern und bey Schlangen. Sein Vater kam von Rosenberg, Wohl vor den Thurm gegangen: »Ach Sohne, liebster Sohne mein, Wie hart liegst du gefangen!« »Ach Vater, liebster Vater mein, So hart lieg ich gefangen, Wohl vierzig Klafter unter der Erd, Bey Ottern und bey Schlangen.« Sein Vater zu dem Herrn hinging, Sprach: »Gebt mir los den Gefangnen, Drey hundert Gulden geben wir, Wohl für des Knaben Leben.« »Drey hundert Gulden die helfen euch nicht, Der Knabe der muß sterben, Er trägt von Gold eine Kett' am Hals, Die bringt ihn um sein Leben.« »Trägt er von Gold eine Kett' am Hals, Die hat er nicht gestohlen, Hat ihm ein zart Jungfrau verehrt; Dabey sie ihn erzogen.« Man bracht den Knaben aus dem Thurm, Gab ihm die Sakramente: »Hilf reicher Christ vom Himmel hoch, Es geht mit mir am Ende.« Man bracht ihn zum Gericht hinaus, Die Leiter muß er steigen: »Ach Meister, liebster Meister mein, Laß mir eine kleine Weile!« »Eine kleine Weile laß ich dir nicht, Du möchtest mir entrinnen, Langt mir ein seiden Tüchlein her, Daß ich seine Augen verbinde.« »Ach meine Augen verbinde mir nicht, Ich muß die Welt anschauen, Ich seh sie heut und nimmermehr, Mit meinen schwarzbraunen Augen.« Sein Vater beim Gerichte stand, Sein Herz wollt ihm zerbrechen: »Ach Sohne, liebster Sohne mein, Dein'n Tod will ich schon rächen.« »Ach Vater, liebster Vater mein, Meinen Tod sollt ihr nicht rächen, Brächt meiner Seele schwere Pein, Um Unschuld will ich sterben. Es ist nicht um das Leben mein, Noch um meinen stolzen Leibe, Es ist um meine Frau Mutter daheim, Die weinet also sehre.« Es stund kaum an den dritten Tag, Ein Engel kam vom Himmel, Sprach: Nehmt ihn vom Gerichte ab, Sonst wird die Stadt versinken! Es währet kaum ein halbes Jahr, Der Tod, der ward gerochen, Es wurden auf drey hundert Mann Des Knaben wegen erstochen. Wer ists, der uns das Liedlein sang, So frey ist es gesungen? Das haben gethan drey Jungfräulein, Zu Wien im Oesterreiche.

Oesterreich Gold Klafter Schlangen Rosenberg Klafter Bey Schlangen Gulden Gulden Gold Gold Jungfrau Seele Engel Wien

Chapter 113
Text Entities

Ringlein und Fähnlein. Aus einer ungedruckten Sammlung Minnelieder in meinem Besitz. – C. B.

Fähnlein

Vor Tags ich hört, in Liebes Port, wohl diese Wort Von Wächters Mund erklingen: »Ist jemand je, verborgen hie, der achte wie Er mög' hindannen sprengen, Der Tag gar hell, will kommen schnell, Wer liebend ruht, in Frauen Hut, Laß bald das Bett erkalten.« »Das Firmament, schnell und behend, von Orient, Im weissen Schein herpranget, Fürwahr ich sag', aus grünem Hag, der Lerchen Schlag, Den jungen Tag empfanget. Drum eil' vom Ort, wer noch im Hort Der Liebe sey, eh Jammers-Schrei Den Muth ihm mög zerspalten.« Des Wächters Kund in Herzensgrund mich tief verwundt, Und all mein Freud zerstöret, Des Lichtes Neid, will daß ich scheid, hör süße Maid, Sie will vor Leid nicht hören! Sich zu mir schmückt, gar schämlich blickt, Und nicht mehr schlief, gar schnell ich rief: »Ach Gott, wir han verschlafen!« Zur Hand sich ragt, die werthe Magd, hierauf sie sagt: »Gut Wächter laß dein Schimpfen! Um alle Welt, den Tag nicht meld, eh daß das Feld In kühlem Thau thut glimmen. Die Zeit ist klein, daß ich und mein Geselle gut, hie han geruht In ehrenreicher Wonne.« Der Wächter sprach: »Frau thu zur Sach, denn Feld und Dach Hat kühler Thau umgeben, Seit du nun hast ein fremden Gast, so hab nicht Rast, Heiß' ihn von dannen streben. Ich seh manch Thier in dem Revier Von Hohl zu Hohl ja schlüpfen wohl, Das zeiget mir die Sonne.« Erst ward zur Stund, uns Jammer kund im Freudenbund, Da wir den Tag ansahen, Wohl Mund an Mund, gar süß verwundt im Kuß gesund, Und liebliches Umfahen, Ward Liebes-Scherz in Scheidens-Schmerz, Gar treu getheilt und schnell ereilt. Ach edle Frucht du weiblich Zucht, hin auf die Flucht Muß ich mich leider kehren, Gott durch sein Güt, dir wohl behüt dein rein Gemüth, Dein Heil mög er dir mehren, Fürwahr ich will, bis an mein Ziel, Dein Diener seyn, Gnad! Fraue mein, Mit Wissen will ich scheiden. Allda zur Hand, ihr Händ sie wand, mehr Leids ich fand, Ihr Aeuglein wurden fließen, Traut Buhle hör, was ich begehr, bald Wiederkehr, Der Treu laß mich genießen; Das gelobt ich ihr, sie sprach zu mir: »Ich hab dich hold, vor allem Gold, Mir kann dich niemand leiden.« (d. h. verleiden.) Ein Fingerlein, von Edelstein, aus ihrem Schrein, Gab mir die süße Fraue, Des Schloßs ein End, sie mit mir rennt, bis ich mich trennt An einer grünen Aue, Sie ließ wohl hoch, so lang sie noch Mich konnt ersehn, ihr Tüchlein wehn, Dann schrie sie laut: »O Waffen!« Seit macht mit Fleiß, jed Fähnlein weiß, im Kampfe heiß, Mich ihrer Lieb gedenken, Auf Todes-Au, in rothem Thau, seh ich mein Frau, Ihr Tüchlein traurig schwenken; Den Ring ich schau, ich stech und hau, Hindurch ich dring und zu ihr sing: »Mein Leib ist dir behalten.«

Firmament Orient Hag eil Freud han Die Zeit Geselle han Sonne mehren Gold Schrein Aue Fähnlein

Chapter 114
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Die Hand. Antiquarius des Elbstroms. Frankfurt 1741. S. 616.     Sieh, sieh du böses Kind! Was man hier merklich findt, Die Hand, die nicht verweßt, Weil der, des sie gewest, Ein ungerathnes Kind, Drum bessre dich geschwind. Den Vater schlug der Sohn, Drum hat er dies zum Lohn, Er schlug ihn mit der Hand, Nun siehe seine Schand, Die Hand wuchs aus der Erd, Ein ew'ger Vorwurf währt.


Chapter 115
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Martinsgans. Frische Liedlein.                     Nach Gras wir wollen gehn, Die Vögel singen schön, Der Gutzgauch frey, Sein Melodey, Hallt über Berg und Thal, Die Mühle klappt zumal; Der Müller auf der Obermühl, Der hat der fetten Gänse viel, Die Gans hat einen Kragen, Die wolln wir mit uns tragen. Der beste Vogel, den ich weis, Das ist die fette Gans, Sie hat zwei breite Füße, Dazu den langen Hals, Und noch ihr Stimmlein süße, Ihr Füß seyn gel, Ihr Stimm ist hell, Der Hals ist lang, Wie ihr Gesang: Gickgack, Gickgack, Gickgack, Gickgack, Wir singen am St. Martins-Tag.

Martinsgans Vögel Berg Thal Gänse Gans Gans

Chapter 116
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Die Mutter muß gar seyn allein. Von Martin Luther aus dem J! neu-eröffneten herrlichen Schatze der Kinder Gottes. Zittau bey David Richtern 1710. S. 492.

Martin Luther Zittau

Sie ist mir lieb, die werthe Magd, Und kann ihr nicht vergessen, :,: Lob, Ehr und Zucht von ihr man sagt, Sie hat mein Herz besessen, Ich bin ihr hold, Und wenn ich sollt Groß Unglück han, Da liegt nichts an, Sie will mich des ergetzen Mit ihrer Lieb und Treu an mir, Die sie zu mir will setzen, Und thun all mein Begier. Sie trägt von Gold so rein ein Kron, Drin leuchten hell zwölf Sterne, :,: Ihr Kleid ist wie die Sonne schön, Das glänzet hell und ferne, Und auf dem Mond Ihr Füße stahn; Sie ist die Braut, Dem Herrn vertraut, Und ihr ist weh und muß gebären Ein schönes Kind, den edlen Sohn, Und aller Welt den Herren, Dem ist sie unterthan. Das thut dem alten Drachen Zorn, Und will das Kind verschlingen, :,: Sein Toben ist doch ganz verlorn, Es kann ihm nicht gelingen. Das Kind ist doch Gen Himmel hoch Genommen hin, Und lässet ihn, Auf Erden fast sehr wüten: Die Mutter muß gar seyn allein, Doch will sie Gott behüten, Und rechter Vater seyn.

han thun Gold Drin Sonne Mond Drachen

Chapter 117
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Der stolze Schäfersmann. Elwert S. 43.

Elwert

Und als der Schäfer über die Brücke trieb,     Warum? Ein Edelmann ihm entgegen ritt: Hopp, hopp, hopp entgegen ritt. Der Edelmann thät sein Hütlein ab,     Warum? Er bot dem Schäfer 'n guten Tag: Hopp, hopp, hopp 'n guten Tag. Ach Edelmann laß dein Hütlein stahn,     Warum? Ich bin ein armer Schäfersmann: Hopp, hopp, hopp ein Schäfersmann. Bist du ein armer Schäfersmann,     Warum? Und hast doch Edelmanns Kleider an: Hopp, hopp, hopp Edelmanns Kleider an. Was geht dich's lumpigen Edelmann an,     Warum? Wenn sie mein Vater bezahlen kann: Hopp, hopp, hopp bezahlen kann. Der Edelmann ward voll Grimm und Zorn,     Warum? Er schmiß den Schäfer in tiefsten Thurn: Hopp, hopp, hopp in tiefsten Thurn. Als es des Schäfers sein Mutter erfuhr,     Warum? Da macht sie früh sich auf die Spur: Hopp, hopp, hopp auf die Spur. Ach Edelmann, gieb meinen Sohn heraus,     Warum? Ich will dir geben eine Tonne Golds: Hopp, hopp, hopp eine Tonne Golds. Eine Tonne Golds ist mir kein Geld,     Warum? Der Schäfer soll lenken ins weite Feld: Hopp, hopp, hopp ins weite Feld. Und als es dem Schäfer sein Vater erfuhr,     Warum? Er machte sich früh wohl auf die Spur: Hopp, hopp, hopp wohl auf die Spur. Ach Edelmann gieb meinen Sohn heraus,     Warum? Ich will dir geben zwey Tonnen Golds: Hopp, hopp, hopp zwey Tonnen Golds. Zwey Tonnen Golds ist mir kein Geld,     Warum? Der Schäfer soll lenken ins weite Feld; Hopp, hopp, hopp ins weite Feld. Und als das des Schäfers Schatz erfuhr,     Warum? Sie machte sich früh wohl auf die Spur: Hopp, hopp, hopp wohl auf die Spur. Ach Edelmann gieb meinen Schatz heraus,     Warum? Ich will dir geben ein Perlenstrauß: Hopp, hopp, hopp 'n Perlenstrauß. Ein Perlenstrauß kostet mir viel Geld,     Warum? Der Schäfer soll lenken bei dir ins Feld: Hopp, hopp, hopp bei dir ins Feld.


Chapter 118
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Wenn ich ein Vöglein wär. Herders Volkslieder I. B. S. 67.           Wenn ich ein Vöglein wär, Und auch zwei Flüglein hätt, Flög ich zu dir; Weils aber nicht kann seyn, Bleib ich allhier. Bin ich gleich weit von dir, Bin ich doch im Schlaf bei dir, Und red mit dir; Wenn ich erwachen thu, Bin ich allein. Es vergeht keine Stund in der Nacht, Da mein Herze nicht erwacht, Und an dich gedenkt, Daß du mir viel tausendmal Dein Herze geschenkt.


Chapter 119
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An einen Boten. Feiner Almanach. II. B. S. 106.         Wenn du zu meim Schätzel kommst, Sag: Ich ließ sie grüßen; Wenn sie fraget, wie mirs geht? Sag: auf beyden Füßen. Wenn sie fraget: ob ich krank? Sag: ich sey gestorben; Wenn sie an zu weinen fangt, Sag: ich käme morgen.

Almanach II Schätzel

Chapter 120
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Weine nur nicht. Elwerts alte Reste. S. 41.         Weine, weine, weine nur nicht, Ich will dich lieben, doch heute nicht, Ich will dich ehren so viel ich kann, Aber's Nehmen, 's Nehmen, Aber's Nehmen steht mir nicht an. Glaube, glaube, glaube nur fest, Daß dich mein Treu niemals verläßt, Allzeit beständig, niemals abwendig, Will ich treu seyn, Aber gebunden, das geh ich nicht ein. Hoffe, hoffe, hoffe mein Kind, Daß meine Worte aufrichtig sind, Ich ihn dir schwören, Bei meiner Ehren, Daß ich treu bin; Aber's Heirathen, 's Heirathen, Aber's Heirathen ist nie mein Sinn.


Chapter 121
Text Entities

Keuzlein. Mündlich.

Ich armes Keuzlein kleine, Wo soll ich fliegen aus, Bey Nacht so gar alleine, Bringt mir so manchen Graus: Das macht der Eulen Ungestalt, Ihr Trauern mannigfalt. Ich wills Gefieder schwingen Gen Holz in grünen Wald, Die Vöglein hören singen In mancherlei Gestalt. Vor allen lieb ich Nachtigal, Vor allen liebt mich Nachtigal. Die Kinder unten glauben, Ich deute Böses an, Sie wollen mich vertreiben, Daß ich nicht schreien kann: Wenn ich was deute, thut mir's leid, Und was ich schrei, ist keine Freud. Mein Ast ist mir entwichen, Darauf ich ruhen sollt, Sein Blättlein all verblichen, Frau Nachtigal geholt: Das schafft der Eulen falsche Tück, Die störet all mein Glück.

Bey Nachtigal Nachtigal deute deute Freud Nachtigal

Chapter 122
Text Entities

Weinschrödter-Lied. Mündlich bey Heidelberg.         Weinschrödter, schlag die Trommel, Bis der bittre Bauer kommet, Mit den Grenadieren Must du fortmarschiren, Mit dem blauen Reiter, Auf die Galgen-Leiter: Weinschrödter, du must hangen, Bist bey Nacht zu Wein gegangen; Weinschrödter, schlag die Trommel, Bis dein bittrer Tod gekommen. Wollt ihr den Dragoner sehn, Auf der leeren Treppen stehn? Morgen thun sien henken, Der wird dran gedenken; Ey so schlag der Kukuk drein, Lieber kein Dragoner seyn.

Heidelberg Trommel blauen Reiter Wein Trommel thun sien

Chapter 123
Text Entities

Maykäfer-Lied. Mündlich in Hessen. In Niedersachsen sagen sie Pommerland, s. Volkssagen von Ottmar (Nachtigal). Bremen 1800. S. 46.     Maykäfer flieg, Der Vater ist im Krieg, Die Mutter ist im Pulverland, Und Pulverland ist abgebrannt.

Hessen Niedersachsen Nachtigal Bremen abgebrannt

Chapter 124
Text Entities

Marienwürmchen. Mündlich.                 Marienwürmchen setze dich, Auf meine Hand, auf meine Hand, Ich thu dir nichts zu Leide. Es soll dir nichts zu Leid geschehn, Will nur deine bunte Flügel sehn, Bunte Flügel, meine Freude. Marienwürmchen fliege weg, Dein Häuschen brennt, die Kinder schrein So sehre, wie so sehre. Die böse Spinne spinnt sie ein, Marienwürmchen flieg hinein, Deine Kinder schreien sehre. Marienwürmchen fliege hin Zu Nachbars Kind, zu Nachbars Kind, Sie thun dir nichts zu Leide; Es soll dir da kein Leid geschehn, Sie wollen deine bunte Flügel sehn, Und grüß sie alle beyde.

schrein thun

Chapter 125
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Der verlorne Schwimmer. Mündlich.

Es wirbt ein schöner Knabe Da überm breiten See, Um eines Königs Tochter, Nach Leid geschah ihm Weh. »Ach Knabe, lieber Buhle, Wie gern wär ich bey dir, So fließen nun zwey Wasser Wohl zwischen mir und dir. Das eine sind die Thränen, Das andre ist der See, Es wird von meinen Thränen, Wohl tiefer noch der See.« Ja wie auf dem Pokale Zum Spiel ein Lichtlein schwebt, Wenn es beim hohen Mahle, Auf Königs Wohlseyn geht, So setzt sie auf das Wasser Ein Licht auf leichtes Holz, Das treibet Wind und Wasser, Zu ihrem Buhlen stolz. Als der es aufgefangen, Er rief aus voller Brust: »Mein Stern ist aufgegangen, Ich schiff ihm nach mit Lust.« Das Lichtlein auf den Händen, Er schwamm zum Liebchen her, Wo mag er hin sich wenden, Ich seh sein Licht nicht mehr? Liegt er in ihrem Schooße, Sein Lichtlein wendet ab? Liegt er im Wasserschlosse, In einem nassen Grab?

Mahle Buhlen Stern schiff

Chapter 126
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Die Prager Schlacht. Fliegendes Blat aus dem siebenjährigen Kriege.

siebenjährigen Kriege

Als die Preussen marschirten vor Prag, Vor Prag, die schöne Stadt. Sie haben ein Lager geschlagen, Mit Pulver und mit Bley ward's betragen, Kanonen wurden drauf geführt, Schwerin hat sie da kommandirt. Darauf rückte Prinz Heinrich heran, Wohl mit achtzig tausend Mann: »Meine ganze Armee wollt ich drum geben, Wenn mein Schwerin noch wär am Leben!« O, ist das nicht eine große Noth, Schwerin ist geschossen todt! Drauf schickten sie einen Trompeter hinein: Ob sie Prag wollten geben ein? Oder, ob sie's sollten einschießen? Die Bürger ließen sechs nicht verdrießen, Sie wollten die Stadt nicht geben ein, Es sollte und müßte geschossen seyn. Wer hat dies Liedlein denn erdacht? Es habens drey Husaren gemacht, Unter Seydlitz sind sie gewesen, Sind auch bey Prag selbst mitgewesen: Victoria, Victoria, Victoria, König von Preussen ist schon da!

Prag Prag Schwerin Schwerin Schwerin Prag ließen Husaren Seydlitz Prag König

Chapter 127
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Frühlingsblumen. Bragur I. B. S. 358. Geistlich verändert in den Gassenhauern von Heinrich Knausten. Frankfurt 1571. S. 32.

Geistlich Gassenhauern

Herzlich thut mich erfreuen, Die fröhliche Sommer-Zeit, All mein Geblüt erneuen, Der May in Wollust freut, Die Lerch thut sich erschwingen Mit ihrem hellen Schall, Lieblich die Vögel singen, Dazu die Nachtigall. Der Kukuk mit seinem Schreien, Macht fröhlich jedermann, Des Abends fröhlich reihen, Die Mädlein wohlgethan, Spazieren zu den Brunnen, Bekränzen sie zur Zeit, Alle Welt sich freut in Wonnen, Mit Reisen fern und weit. Es grünet in dem Walde, Die Blumen blühen frey, Die Rößlein auf dem Felde, Von Farben mancherlei, Ein Blümlein steht im Garten, Das heißt, Vergiß nit mein, Das edle Kraut zu warten, Macht guten Augenschein. Ein Kraut wächst in der Aue, Mit Namen Wohlgemuth, Liebt sehr die schönen Frauen, Dazu die Holder-Blüth, Die weiß und rothe Rosen, Hält man in großer Acht, Thut's Geld darum verlosen, Schöne Kränze daraus macht. Das Kraut, Je länger je lieber, An manchem Ende blüht, Bringt oft ein heimlich Fieber, Wer sich nicht dafür hüt, Ich hab es wohl vernommen, Was dieses Kraut vermag, Doch kann man dem vorkommen, Wem lieb ist jeder Tag. Des Morgens in dem Thaue, Die Mädlein grasen gehn, Gar lieblich sich anschauen, Bey schönen Blümlein stehn, Daraus sie Kränzlein machen Und schenkens ihrem Schatz, Thun freundlich ihn anlachen, Und geben ihm ein Schmatz. Darum lob ich den Sommer, Dazu den Mayen gut, Der wendet allen Kummer, Und bringt viel Freud und Muth, Der Zeit will ich genießen, Dieweil ich Pfenning hab, Und den es thut verdrießen, Der fall die Stiegen herab.

Wollust Schall Vögel Nachtigall jedermann Aue Wohlgemuth Fieber Bey Thun Freud Pfenning

Chapter 128
Text Entities

Kukuk. Fliegendes Blat.         Der Kukuk auf dem Birnbaum saß, Kukuk, es mag schneien oder regnen, so wird er nicht naß. Der Kukuk rief, wird naß. Der Kukuk fliegt übers Nachbar sein Haus, Kukuk, schön Schätzel, bist drinnen, komm zu mir heraus, Der Kukuk, der Kukuk ist draus. Ich steh dir nicht auf und laß dich nicht rein, Kukuk, du möchst mir der rechte Kukuk nicht seyn, Der Kukuk, der Kukuk nicht seyn. Der rechte Kukuk der bin ich ja schon, Kukuk, bin ich doch meines Vaters sein einziger Sohn, Des Kukuk, des Kukuk sein Sohn. Sein einziger Sohn der bin ich ja schon. Kukuk, zieh nur beim Schnürlein, Geh rein zum Thürlein, Geh selber herein, Der Kukuk ist mein.

Birnbaum Schätzel

Chapter 129
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Die Frau von Weissenburg. Aus Meißner's und Canzler's Quartalschrift für ältere Literatur. II. S. 102. Brotuff's Marsburger Chronik.

Weissenburg II

Was wolln wir aber singen, Was wollt ihr für ein Lied, Ein Lied von der Frauen von Weissenburg, Wie sie ihren Herrn verrieth. Sie ließ ein Briefelein schreiben, Gar fern ins Thüringer Land, Zu ihrem Ludewig Buhlen, Daß er da käm zur Hand. Er sprach zu seinem Knechte: Du, sattel mir mein Pferd, Wir wollen zur Weissenburg reiten, Es ist nun Reitens werth. »Gott grüs euch Adelheid schöne, Wünsch euch ein guten Tag: Wo ist eur edler Herre, Mit dem ich kämpfen mag?« Die Frau lenkt ihren Herren, Im Schein falsches Gemüths, Er reitet Nachts ganz späte Mit Hunden nach dem Ried. Da Ludewig unter die Linde kam, Ja unter die Linde so grün, Da kam der Herr von der Weissenburg Mit seinen Winden so kühn. »Willkommen Herr von der Weissenburg, Gott geb euch guten Muth, Ihr sollt nicht länger leben, Denn heut diesen halben Tag.« »Soll ich nicht länger leben, Denn diesen halben Tag, So klag ichs Christo vom Himmel, Der all Ding wenden mag.« Sie kamen hart zusammen, Mit Wort und Zorn so groß, Daß einer zu dem andern, Sein Armbrust abe schoß. Er sprach zu seinem Knechte: »Nun spann dein Armbrust ein, Und schieß den Herrn von der Weissenburg Zur linken Seiten ein.« »Warum soll ich ihn schießen, Und morden auf dem Plan, Hat er mir doch sein Lebelang, Noch nie kein Leid gethan.« Da nahm Ludewig den Jägerspieß Selber in seine Hand, Durchrannt' den Pfalzgraf Friederich, Unter der Linden zur Hand. Er sprach zu seinem Knechte: »Reiten wir zur Weissenburg, Da sind wir wohl gehalten, Nach unserm Herz und Muth.« Da er nun gegen die Weissenburg kam, Wohl unter das hohe Haus, Da sah die falsche Fraue, Mit Freuden zum Fenster aus. »Gott grüs euch, edle Fraue, Bescher euch Glück und Heil, Eur Will, der ist ergangen, Todt habt ihr euren Gemahl.« »Ist denn mein Will ergangen, Mein edler Herre todt, So will ichs nicht eher glauben, Ich seh denn sein Blut so roth.« Er zog aus seiner Scheiden, Ein Schwerdt von Blut so roth; »Sieh da, du edle Fraue, Ein Zeichen von seinem Tod.« Sie rang ihr weisse Hände, Rauft aus ihr gelbes Haar: »Hülfreicher Christ vom Himmel, Was hab ich nun gethan!« Sie zog von ihrem Finger, Ein Ringelein von Gold: »Nimm hin, du Ludewig Buhle, Gedenk da meiner Huld.« »Was soll mir doch das Fingerlein, Das veracht gewonnen Gold, Wenn ich daran gedenke, Mein Herz wird nimmer hold.« Des erschrack die Frau von der Weissenburg, Faßt einen traurigen Muth: »Verlaß mich holder Fürste nicht, Mein edler Herr ist todt.«

Weissenburg Ludewig Buhlen Weissenburg Ried Ludewig Weissenburg Weissenburg länger leben länger leben Christo kamen Armbrust Armbrust Weissenburg Ludewig Pfalzgraf Weissenburg Weissenburg roth Scheiden roth Gold Ludewig Gold Mein Herz Weissenburg

Chapter 130
Text Entities

Frommer Soldaten seligster Tod. Morhof von der deutschen Poesie. Leipzig 1718. S. 313.

Leipzig

Viel Krieg hat sich in dieser Welt Mancher Ursach erhoben; Demselben hat Gott zugesellt, Die Musik, ihn zu loben. Ihr erst Erfinder war Jubal, Des Lamechs Sohn mit Namen, Erfand Drometen- und Pfeifenschall, Konnt sie stimmen zusammen. Die Musik gut, Erweckt den Muth, Frisch unverzagt, Die Feind verjagt, Ruft stark, dran, dran, An Feind hinan, Brecht mächtig durch, Schlagt Gasse und Furch, Schießt, stecht und haut alles nieder, Daß keiner aufsteht wieder. Als dort Elisa weissagen sollt, Da Israel Durst litte, Sprach er: Mir bald ein Spielmann holt, Der spielt nach Davids Sitte. Auch spielt vor ihm des Herren Hand, Er thäte Trost weissagen: Ohn Regen, floß groß Wasser durchs Land, Der Feind wurd auch geschlagen. Drom, drari, drom, Pom, pom, pom, pom, Droml und Pfeifen gut Macht Helden Muth, Erweckt Propheten, Reizt die Poeten; In Fried und Streit, Hört mans allezeit, Musikam soll man ehren, Man kann ihr nicht entbehren. Man schreibt, daß wenn Timotheus, Nach der Dorier Weise thät singen, Als ein berühmter Musikus, Konnt' er in Harnisch bringen, Alexandrum Magnum den Held, Streit satt konnt er nicht werden, Bis er zwang fast die ganze Welt, Bekriegt den Kreis der Erden, Thimotheus Milesius Konnt' gewaltig sing'n, That mit aufbringen Alexandrum, Regem Magnum, Daß er in Wuth, Und Heldenmuth Faßt Schild, Schwerdt und Kriegs-Waffen, Im Grimm die Feind zu strafen. Ob theils gleich wollten weichen ab, Wie oftmals ist geschehen: Jedoch ein Löwenmuth ich hab' Und vorn sollt ihr mich sehen: Der Kern springt vor, die Spreu bleibt hint'n, Laßt herzhaft hier drein schlagen, Sie werden sich wohl wiederum wenden, Ihr Brüder thut nicht verzagen. Kierieleison, Pidi, pom, pom, pom, Lerm, Lerm, Lerm, Lerm, Sich keiner herm, Wirst gleich gepfezt, Vom Feind verlezt, Solchs thu jezt gar nicht achten, Hilf nur die Feind abschlachten. Gott selbst ist vorne mit uns dran, Thut selber für uns streiten, Der Feind nicht länger stehen kann, Weicht ab auf allen Seiten: Ihr Brüder, setzt nur muthig drein, Die Feinde thun verzaget seyn, Der Sieg und Preis sey unser, Drom, Drari, Drom, Komm, Bruder komm, Pomp, Pomp, Pomp, Pomp, Freu dich mein Comp, Hilf frisch nachjag'n, Thu wackr drein schlagen, Acht nicht der Beut, Sie hat ihr Zeit, Wir wollns noch wohl finden, Bleib keiner nicht dahinten. Gott Lob, ihr werthen Kriegesleut, Und streitbarn Helden gute, Den Sieg hab'n wir erhalten heut, Habt nur ein guten Muthe, Raubt und beutet was jeder findt, Doch theilts fein friedlich aus, Damit ihr Eltern, Freund, Weib und Kind Was schickt, oder bringt zu Haus, Bidi, Bom, Bom, Bom, Feldscherer komm, Und mich verbind, Bin halber blind. Hie steckt ein Pfeil, Zieht aus in Eil. Verbind mich vor, Sonst kost's mein Ohr. Verbind mich auch: Pech, Feur und Rauch! Laß mich vorgehn, Kann nicht länger stehn. Lieber gebt her zu trinken, Mein Herz will mir versinken. Ein Wundarzt hat drei Angesicht, Wird erst für Gott gehalten, So oft ein Schaden wütet und sticht, Kömmt er in Engelsgestalten, Wenn man ihn aber zahlen soll, Undank thut sich bald finden: Wollt, daß ihn dieser und jener holt, Oder müst gar verblinden! Undank, Undank Macht Gutthat krank, Ist ein groß Laster Für heilsame Pflaster, Halt den Arzt werth, Der verständig ihn ehrt, Des Arztes Kunst Soll bringen Gunst, In großer Noth Schafft dir ihn Gott, Kein Arztgeld soll man sparen, Gott woll' uns all' bewahren. Kein selger Tod ist in der Welt, Als wer vorm Feind erschlagen Auf grüner Heid, in freiem Feld, Darf nicht hören groß Wehklagen; Im engen Bett sonst einer allein Muß an den Todesreihen, Hier aber findt er Gesellschaft fein, Falln mit wie Kräuter im Maien; Ich sag ohn Spott, Kein selger Tod Ist in der Welt, Als so man fällt Auf grüner Heid, Ohn Klag und Leid, Mit Trommeln Klang, Und Pfeifen Gesang Wird man begraben, Davon wir haben Unsterblichen Ruhm. Die Helden fromm, So setzen Leib und Blut Dem Vaterland zu gut.

Jubal Israel Spielmann drom pom pom pom Pfeifen Timotheus Dorier Harnisch Magnum Held Milesius Magnum Spreu pom pom pom thun Bidi Feldscherer Mein Herz Wundarzt engen Pfeifen

Chapter 131
Text Entities

Die Rose. Christian Weisens drei klügsten Leute. Leipzig 1684. S. 234.

Leipzig

Die Rose blüht, ich bin die fromme Biene, Und rühre zwar die keuschen Blätter an, Daher ich Thau und Honig schöpfen kann, Doch lebt ihr Glanz und bleibet immer grüne, Und also bin ich wohlgemüth, Weil meine Rose blüht. Die Rose blüht, Gott laß den Schein verziehen, Damit die Zeit des Sommers langsam geht, Und weder Frost noch andere Noth entsteht, So wird mein Glück in dieser Rose blühen, So klingt mein süßes Freuden-Lied: Ach, meine Rose blüht! Die Rose blüht, und lacht vor andern Rosen Mit solcher Zier und Herzempfindlichkeit, Daß auch mein Sinn sich zu der Pflicht erbeut, Mit keiner Blum im Garten liebzukosen, Weil Alles, was man sonsten sieht, In dieser Rose blüht.

Honig

Chapter 132
Text Entities

Die Judentochter. Mündlich.

Es war eine schöne Jüdin, Ein wunderschönes Weib, Sie hatt' ein schöne Tochter, Ihr Haar war schön geflochten, Zum Tanz war sie bereit. »Ach, liebste, liebste Mutter! Was thut mir mein Herz so weh! Ach, laßt mich eine Weile Spazieren auf grüner Heide, Bis daß mir's besser wird.« Die Mutter wandt den Rücken, Die Tochter sprang in die Gaß, Wo alle Schreiber saßen: »Ach liebster, liebster Schreiber! Was thut mir mein Herz so weh.« »Wenn du dich lässest taufen, Luisa sollst du heissen, Mein Weibchen sollst du seyn.« »Eh ich mich lasse taufen, Lieber will ich mich versaufen Ins tiefe, tiefe Meer. Gut Nacht, mein Vater und Mutter, Wie auch mein stolzer Bruder, Ihr seht mich nimmermehr! Die Sonne ist untergegangen Im tiefen, tiefen Meer.«

Heide Sonne

Chapter 133
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Drei Reiter am Thor. Mündlich.

Thor

Es ritten drei Reiter zum Thor hinaus,     Ade! Feins Liebchen schaute zum Fenster hinaus,     Ade! Und wenn es denn soll geschieden seyn, So reich mir dein goldenes Ringelein,     Ade! Ade! Ade! Ja, scheiden und lassen thut weh. Und der uns scheidet, das ist der Tod,     Ade! Er scheidet so manches Jungfräulein roth,     Ade! Und wär doch geworden der liebe Leib, Der Liebe ein süßer Zeitvertreib,     Ade! Ade! Ade! Ja, scheiden und lassen thut weh. Er scheidet das Kind wohl in der Wieg,     Ade! Wenn werd ich mein Schätzel doch kriegen?     Ade! Und ist es nicht Morgen? Ach wär es doch heut, Es macht uns allbeiden gar große Freud,     Ade! Ade! Ade! Ja, scheiden und lassen thut weh.

ritten Thor roth Schätzel Freud

Chapter 134
Text Entities

Schlachtlied. Weckherlin S. 244. Phil. von Sittewald II. Th. S. 574.

Weckherlin II

Frisch auf, ihr tapfere Soldaten! Ihr, die ihr noch mit teutschem Blut, Ihr, die ihr noch mit frühem Muth Belebet, suchet große Thaten. Ihr Landsleut, ihr Landsknecht, frisch auf! Das Land, die Freiheit sich verlieret, Wo ihr nicht muthig schlaget drauf, Und überwindend triumphiret. Der ist ein Teutscher wolgeboren, Der von Betrug und Falschheit frey, Hat voll der Redlichkeit und Treu, Nicht Glauben, nicht Freiheit verloren. Ha, fallet in sie, ihre Fahnen Zittern aus Furcht, sie trennen sich, Ihr böse Sach hält nicht den Stich, Drum zu der Flucht sie sich schon mahnen. Groß ist ihr Heer, bös ihr Gewissen, Groß ist ihr Zeug, klein ist ihr Glaub, Frisch auf! Sie zittern wie das Laub, Und wären gern schon ausgerissen.

Landsknecht Redlichkeit fallet

Chapter 135
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Herr von Falkenstein. Fliegendes Blat, auch abgedruckt in Herders Volksliedern I. Th. S. 232.

Falkenstein

Es reit der Herr von Falkenstein, Wohl über ein' breite Haide. Was sieht er an dem Wege stehn? Ein Mädel mit weissem Kleide. »Wohin, wohinaus du schöne Magd? Was machet ihr hier alleine? Wollt ihr die Nacht mein Schlafbule seyn, So reitet ihr mit mir heime.« »Mit euch heimreisen, das thu' ich nicht, Kann euch doch nicht erkennen.« »Ich bin der Herr von Falkenstein, Und thu mich selber nennen.« »Seyd ihr der Herr von Falkenstein, Derselbe edle Herre, So will ich euch bitten um'n Gefang'n mein, Den will ich haben zur Ehe.« – »Den Gefangnen mein, den geb ich dir nicht, Im Thurn muß er vertrauren. Zu Falkenstein steht ein tiefer Thurn, Wohl zwischen zwo hohen Mauren.« – »Steht zu Falkenstein ein tiefer Thurn, Wohl zwischen zwei hohen Mauren, So will ich an den Mauren stehn, Und will ihm helfen trauren.« – Sie ging den Thurm wohl um und wieder um: »Feinslieb, bist du darinnen? Und wenn ich dich nicht sehen kann, So komm ich von meinen Sinnen.« Sie ging den Thurm wohl um und wieder um, Den Thurm wollt sie aufschließen: »Und wenn die Nacht ein Jahr lang wär; Keine Stund thät mich verdrießen! Ei dürft ich scharfe Messer tragen, Wie unsers Herrn sein Knechte, Ich thät mit'm Herrn von Falkenstein, Um meinen Herzlichsten fechten!« – »Mit einer Jungfrau fecht ich nicht, Das wär mir immer ein Schande! Ich will dir deinen Gefangnen geben; Zieh mit ihm aus dem Lande!« – »Wohl aus dem Lande, da zieh ich nicht, Hab niemand was gestohlen: Und wenn ich was hab liegen lahn, So darf ichs wieder holen.«

reit Falkenstein Falkenstein Falkenstein Im Thurn Falkenstein Falkenstein Falkenstein Jungfrau lahn

Chapter 136
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Das römische Glas. Mündlich.

Glas

Stand ich auf einem hohen Berg, Sah wohl den tiefen, tiefen Rhein, Sah ich ein Schifflein schweben, Viel Ritter tranken drein. Der jüngste, der darunter war, Hob auf sein römisches Glas, Thät mir damit zuwinken: »Feins Lieb, ich bring dir das!« »Was thust du mir zutrinken, Was bietst du mir den Wein, Mein Vater will mich ins Kloster thun, Soll Gottes Dienerin seyn.« Des Nachts wohl um die halbe Nacht, Träumt es dem Ritter so schwer, Als ob sein herzallerliebster Schatz Ins Kloster gangen wär. »Knecht, sattle mir und dir zwei Roß, Mein Haupt ist mir so schwer, Ich leerte gar viel mein römisch Glas, Das Schiff gieng hin und her: Mir träumt', ich hätt' eine Nonn gesehn, Ich trank ihr zu mein Glas, Sie wollt nicht gern ins Kloster gehn, Ihr Aeuglein waren naß. Halt an! Halt an am Klosterthor! Ruf mir mein Lieb heraus!« Da kam die ältste Nonn hervor, »Mein Lieb soll kommen heraus.« »Kein Feinslieb ist hier innen, Kein Feinslieb kann heraus.« »Und wenn kein Feinslieb drinnen ist, So steck ich an das Haus.« Da kam Feinslieb gegangen, Schneeweis war sie gekleidt: »Mein Haar ist abgeschnitten, Leb wohl in Ewigkeit!« Er vor dem Kloster niedersaß, Und sah ins tiefe, tiefe Thal, Versprang ihm wohl sein römisch Glas, Versprang ihm wohl sein Herz.

Berg Rhein Glas zutrinken Wein Kloster thun Kloster Glas Nonn Glas Kloster Nonn Kloster Thal Glas

Chapter 137
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Rosmarien. Mündlich.         Es wollt die Jungfrau früh aufstehn, Wollt in des Vaters Garten gehn, Roth Röslein wollt sie brechen ab, Davon wollt sie sich machen, Ein Kränzelein wohl schön. Es sollt ihr Hochzeitskränzlein seyn: »Dem feinen Knab, dem Knaben mein, Ihr Röslein roth, ich brech euch ab, Davon will ich mir winden, Ein Kränzelein so schön.« Sie gieng im Grünen her und hin, Statt Röslein fand sie Rosmarien: »So bist du, mein Getreuer hin! Kein Röslein ist zu finden, Kein Kränzelein so schön.« Sie gieng im Garten her und hin, Statt Röslein brach sie Rosmarien: »Das nimm du, mein Getreuer, hin! Lieg bei dir unter Linden, Mein Todtenkränzlein schön.«

Jungfrau roth

Chapter 138
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Der Pfalzgraf am Rhein. Mündlich.

Rhein

Es wohnt' ein Pfalzgraf an dem Rhein, Der ließ verjagen sein Schwesterlein, Da kam der Küchenjung zu ihm: »Willkommen! Willkommen, Pfalzgraf am Rhein! Wo ist dein schönes Schwesterlein?« »Mein Schwesterlein, die kriegst du nicht, Sie ist dir viel zu adelich, Und du gehörst zur Küch hinein.« »Warum sollt ich sie kriegen nicht, Sie hat von mir ein Kindelein.« »Hat sie von dir ein Kindelein, Soll sie nicht mehr mein Schwester seyn.« Er ließ sie geißeln drei ganzer Tag, Bis man ihr Lung und Leber sah: »Hör auf, hör auf, es ist genug, Es gehört dem König aus Engelland.« »Gehört es dem König von Engelland, So kostet mich's mein ganzes Land, Mein ganzes Land ist nicht genug, Mein Leben muß auch noch darzu.« Es stund nicht länger als drei Tag' an, Da kam der König aus Engelland: »Willkommen, willkommen Pfalzgraf am Rhein, Wo ist, wo ist dein Schwesterlein?« »Mein Schwesterlein, die ist schon todt, Sie liegt begraben röslinroth.« »Liegt sie begraben röslinroth, So mußt du leiden den bittern Tod.« Selbst zog er sein schweres goldnes Schwerdt, Und stach es dem Pfalzgrafen durch sein Herz: »Hat sie müssen leiden den bittern Tod, So mußt du leiden den Schmerz.«

Rhein Rhein Rhein

Chapter 139
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Vogel Phönix. Aus einem alten Buche ohne Titel.

Vogel Phönix

Phönix, der edle Vogel werth, Hat seines Gleichen nicht auf Erd, Um seinen Hals ist's goldgelb klar, Sein Leib und Flügel Purpur gar; Hat auf dem Haupte eine Kron, Der höchste Baum sein hoher Thron. Er wohnt und lebet lang allein, Dann stellen sich viel Vögel ein. Die Vögel sammeln für ihn frey Den Weihrauch und die Specerey, Von edlem Holz wohlriechend Aest, Sie machen aus dem alln ein Nest. Dann schwingt er drüber sein Gefieder Am Sonnenglanze auf und nieder. Wenn er das Rauchwerk so gezündt, Die Flamme sich zur Höhe windt. Dann läßt er sich herab zur Gluth, Verbrennt sich willig wohlgemuth. Alsdann in seiner Asche wird Ein leuchtend Würmlein erst formirt, Darnach ein Vogel rein und pur, Dem vor'gen gleich in der Natur. Christus, des Himmels Phönix rein, Hat so gewohnt auf Erd' allein, Ein Adler stark, der überwand Höll, Teufel, Sünd und Todesband. Sein Gottheit ist die güldne Farb, Und sein Verdienst uns Heil erwarb. Das Purpur-Kleid er hat auch an, Auf seinem Haupt die Dornenkron. Aus rechter Lieb inbrünstiglich Er opfert darauf willig sich. Und man begrub ihn ehrlich frey, Mit köstlich edler Specerey. Also des Himmels Phönix lag, Im Grab, bis an den dritten Tag, Alsdann er wieder lebend wurd' Durch seine ew'ge Geistsgeburt.

Phönix Vögel Vögel Weihrauch Phönix Teufel Phönix

Chapter 140
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Der unterirdische Pilger. Aus Bruckmanns Beschreibung aller Gebirge.

Pilger

Ein Pilger wollt ausspüren Der Erd' Metallen-Geist, Da hieß man ihn spaziren, Ins Bergwerk man ihn weist, Da führten ihre Schicht Vier Männer mit zwei Weibern, Die trügen in den Leibern, Worauf sein Herz gericht. Er glaubts und fuhr in Stollen, Da fand er einen Held, Deß Faust vom Stahl geschwollen, Zum Schlegel sich wohl stellt, An Kleidung war er roth: Nachdem der Krieg geendet, Zur Arbeit er sich wendet, Wollt er nicht leiden Noth. Der fuhr mit harten Worten, Den fremden Landsmann an, Sprach: »Wer zeigt dir die Pforten, Die keiner treffen kann? Wer stählet deinen Muth, Dich so ohn Furcht zu wagen? Wen suchst du wegzutragen, Hat deine Brust auch Blut?« Der Gast erschrack darüber, Doch gab er Antwort drauf, Sprach freundlich zu ihm: »Lieber! Mein Held, halt mich nicht auf: In den Berg soll ich gehen; Vier Männer stark von Leibern Die sollen mit zwei Weibern Allhier in Arbeit stehn. Die Stuffen die sie puchen, Die sollen der Zeuch seyn, Den alle Weisen suchen, Aus dem der Weisen Stein Wird künstlich zugericht, Drum bin ich hergezogen; Werd ich auch seyn betrogen? Krieg ich ihn, oder nicht?« »Du hast wohl recht vernommen,« Sagt ihm der erste klar: »Vier Männer sind herkommen Mit dem Fraun-Zimmer-Paar, Und haben, was du willt Besonders und zusammen, Weil wir von einem Stammen: Doch merke, was es gilt. Ich zweifle noch am Kriegen, Wir habens tief versteckt, Den kannst du zwar besiegen Ders leichtlich dir entdeckt, Ich geb es warlich nicht, Es sey denn daß im Kämpfen, Du meine Macht kannst dämpfen Und mich dein Schwerdt hinricht. Hier, hier in der Herzkammer Trag ich den edlen Schatz: Kannst du mit deinem Hammer Dir dazu machen Platz, So büß ich leider ein: Denn dieses muß mir geben, Kraft, Nahrung, Stärk und Leben, Und allen, die hier seyn.« »Du bist ein harter Knorren,« Hub drauf der Pilger an, »Ich bleib itzt unverworren Mit dir, du Krieges-Mann, Wiewohl ich könnte thun, Wie David mit der Schleuder, Doch ich schon' unser beider, Und will dich lassen ruhn.« »Ich rath dirs,« sprach der Hauer, »Tritt mir nicht auf den Fuß, Mein Liebchen sieht auch sauer, Im Fall sie kämpfen muß; Reiz ihre Waffen nicht, Ist mein Zorn Leuen-Werke, So thut sie Leuin-Werke, Wenn man auf sie loß sticht. Laß unsern Hauptmann sitzen, Laß seine Frau zu Ruh: Was kann ein König nützen? Die Königin dazu? Ihr Pralen ist zu groß, Kannst du gleich was erheben, So must du viel ausgeben, Eh dein Gewinn steht bloß. Doch wirst du weiter gehen, Ins innerste Gemach, Wirst du sehn andre stehen, Die füllen Dach und Fach: Bewältigest du sie, So kannst du fröhlich leben, Und deinem Nächsten geben, Was er darf spät und früh!« Der Fremde fuhr bald weiter, Und lief den Strecken nach, Kein Mensch war sein Begleiter, Er fand ein neues Dach; Da stand ein glänzend Mann, Mit Kleidung wohl versehen, Den sprach der Gast mit Flehen, Gleich wie den ersten an. Der Knappe gab ihm wieder, Mit Nein! Nein! nur Bescheid: »Sollt ich und meine Brüder, Uns tödten vor der Zeit, Das ist zu viel begehrt: Der König selbst muß sterben, Die Königin verderben, Wird dir dein Wunsch gewährt.« Dem Fremden stach das Fünkeln Des Mannes ins Gesicht, Daß er zu allen Winkeln, Im Augenblicke richt, Ob jemand zu der Hand, Der seinen Sinn möcht merken, Und ihn von seinen Werken, Abtreiben mit Bestand. Er

Pilger Bergwerk gericht Stollen Held Faust Stahl Schlegel roth Held Berg Herzkammer Pilger thun ruhn Hauer Hauptmann König nützen innerste König

dacht ihn umzubringen, Zu rauben seinen Schatz, Meint, es würd ihm gelingen, Weil er so kriegte Platz, Den König auf die Bahr, Sammt dem Gemahl zu legen, Dieweil durch jenes Regen, Auch lebte dieses Paar. Weil er nun ganz alleine, Greift er den Knappen an, Der mit dem klaren Scheine, Die Fremden reizen kann; Stößt nach der Gurgel frei, Der schreit, Gewalt zu sparen, Er will ihm offenbahren, Was ihm annehmlich sey. Der Gast ließ sich erbitten, Und fragte: Was er sey? Der sprach: »Hinein geschritten! Da sitzet an der Reih Ein alt kißgrauer Mann, Der hat mehr von den Schätzen, Der kann dich baß ergötzen, Als ich dir zeigen kann. Es wird dir frei gelingen, Die vorgesetzte Sach, Und kannst ihn leicht bezwingen, Weil er von Alter schwach: Der ists, der Hüter ist An königlicher Pforten, Dem man ein zu antworten, Den Schlüssel hat erkießt.« Der Fremde ging von dannen, Fand endlich einen Greiß, Der leicht zu übermannen, Ohn alles Blut und Schweiß, Sein Kittel war gering, Er sah beschmutzt, elende, Und lehnt sich an die Wände, Betrübt, weils ihm so ging. Der Pilger sprach angleichen, Ihn um den Handstein an, Er möcht ihm den doch reichen; Der Geist sprach: »Lieber Mann, Gehst du dem Zeuge nach, Nach dem die Herrn und Fürsten, Unmenschlich brennend dürsten, Wie Tantalus am Bach? In mir kannst du ihn haben, Ich bin schwach! sonder Müh, Weil ich die theuren Gaben, Im Magen trag allhie, Davon mir Nahrung kömmt, Und aller andrer Leibe; Nicht, wie der mit dem Weibe, Der über dich ergrimmt. Derselbe trägts im Herzen, Und schleußts inwendig ein, Doch macht es mir viel Schmerzen, Soll ich Gewährs-Mann seyn? Mein Grab ist ja dein Stoß, Ach schone meines Lebens! Was würgst du mich vergebens? Ich bin alt, arm und bloß. Ich bin der Kinder-Fresser, Was Noth, daß du viel lochst? Mein Nachbar hat viel besser, Was du so emsig suchst; Drum prahlt er also sehr, Er ist, schau nur ein Lager, Der Königin Herr Schwager, Was willt du ferner mehr? Hast du den übertäubet, So hast du mehr Gewinn, Wie sehr er sich auch sträubet, Nimmst du sein Reichthum hin, Viel eher, als bei mir, Mir Armen und Verachten, Ich geh es zu betrachten, Was meines Stands-Gebühr.« Der Pilger trug Erbarmen, Ließ sich dies machen weiß, Dacht heimlich: Von dem Armen, Erhalt ich keinen Preiß, Eh will ich mit Gewalt Durch ritterliches Kämpfen, Den nächsten Nachbar dämpfen, Giebt ers nicht alsobald. Gesegnet so den Alten, Und geht von ihm hinweg: Der mocht sich nicht enthalten, Weil jener von dem Zweck In Eil verführet war, Daß er nicht in der Stille, Sich in der grauen Hülle, Zulachte, gut und gar. Bei so gestalten Sachen, Sah unser Gast zurück, Und sah den Schmutzbart lachen, Rief lachend: »Altes Stück, Was lachst du mich viel aus? Sieh da! Bist du der Schleicher, Der manchen armen Streicher Gebracht um Hof und Haus? Kannst du den Jäcken stechen, So stech ich dir ihn auch, Den Hals will ich dir brechen, Wie hart auch dir der Bauch, Treib denn mit andern Spott: Den Schatz must du mir geben, Wie lieb dir auch dein Leben«: Und stieß ihn also todt. Dis war des Reisens Ende, Der Pilger kam anheim, Und grub in eine Blende, Den jetzt gesungnen Reim. Wer sich mit dieser Sach, Einmahl auch will besachen, Schau auf des Alten Lachen, Natur die spricht: Mir nach!

König Sammt Der Pilger Handstein Tantalus Der Pilger ers Streicher Der Pilger Blende

Chapter 141
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Herr Olof. Fliegendes Blat.

Herr Olof reitet spät und weit, Zu bieten auf seine Hochzeitleut'; Da tanzen die Elfen auf grünem Land, Erl-Königs Tochter ihm reicht die Hand. »Willkommen, Herr Olof, was eilst von hier? Tritt her in den Reihen und tanz mit mir.« »Ich darf nicht tanzen, nicht tanzen ich mag, Früh Morgen ist mein Hochzeittag.« »Hör an, Herr Olof, tritt tanzen mit mir, Zwei güldene Sporen schenk ich dir, Ein Hemd von Seide so weiß und fein, Meine Mutter bleichts mit Mondenschein.« »Ich darf nicht tanzen, nicht tanzen ich mag, Früh Morgen ist mein Hochzeittag.« »Hör an! Herr Olof tritt tanzen mit mir, Einen Haufen Goldes schenk ich dir.« »Einen Haufen Goldes nehm ich wohl, Doch tanzen ich nicht darf noch soll.« »Und willt, Herr Olof, nicht tanzen mit mir, Soll Seuch und Krankheit folgen dir.« Sie thät einen Schlag ihm auf sein Herz, Noch nimmer fühlt er solchen Schmerz. Sie hob ihn bleichend auf sein Pferd, »Reit heim nun zu deinem Bräutlein werth.« Und als er kam vor Hauses Thür, Seine Mutter zitternd stand dafür. »Hör an, mein Sohn, sag an mir gleich, Wie ist dein Farbe blaß und bleich!« »Und sollt sie nicht seyn blaß und bleich, Ich traf in Erlen Königs Reich.« »Hör an mein Sohn, so lieb und traut, Was soll ich nun sagen deiner Braut?« »Sagt ihr, ich sey im Wald zur Stund, Zu proben da mein Pferd und Hund.« Früh Morgen und als es Tag kaum war, Da kam die Braut mit der Hochzeitschaar. Sie schenkten Meet, sie schenkten Wein, »Wo ist Herr Olof, der Bräutgam mein?« »Herr Olof, er ritt in den Wald zur Stund, Er probt allda sein Pferd und Hund.« Die Braut hob auf den Scharlach roth, Da lag Herr Olof, und er war todt.

Elfen Seide Meine Mutter Wein Scharlach roth

Chapter 142
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Ewigkeit. Katholische Kirchengesänge. Cölln 1625. S. 620.

Cölln

O Ewigkeit, o Ewigkeit! Wie lang bist du, o Ewigkeit, Doch eilt zu dir schnell unsre Zeit, Gleich wie das Heerpferd zu dem Streit, Nach Haus der Bot, das Schiff zum Gestad, Der schnelle Pfeil vom Bogen ab. O Ewigkeit, u. s. w. Gleich wie an einer Kugel rund, Kein Anfang und kein End ist kund; Also, o Ewigkeit an dir, Noch Ein- noch Ausgang finden wir. O Ewigkeit, u. s. w. Du bist ein Ring unendlich weit, Dein Mittelpunkt heißt Allezeit, Niemahl der weite Umkreiß dein, Weil deiner nie kein End wird seyn. O Ewigkeit, u. s. w. Hinnehmen könnt ein Vöglein klein, All ganzer Welt Sandkörnlein ein: Wenns nur eins nähm all tausend Jahr, Nach dem wär nichts von ihr fürwahr. O Ewigkeit, u. s. w. In dir, wenn nur all tausend Jahr Ein Aug vergöß ein kleine Thrän, Würd wachsen Wasser solche Meng, Daß Erd und Himmel wär zu eng. O Ewigkeit, u. s. w. Den Sand im Meer und Tropfen all, Sind nur ein Bruch der einen Zahl; Allein schwitzt über dir umsonst, Die tiefste Meß- und Rechenkunst. Ewigkeit, u. s. w. Hör Mensch: So lange Gott wird seyn, So lang wird seyn der Höllen Pein, So lang wird seyn des Himmels Freud, O lange Freud, o langes Leid!

Sand Freud Freud

Chapter 143
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Der Graf und die Königstochter. Aus Meißner's Apollo. Juny 1794. S. 165.

Apollo

O daß ich könnt' von Herzen Singen eine Tageweiß, Von Lieb' und bittern Schmerzen! Merkt auf, merkt auf mit Fleiß, Wie's einer Königstochter ging Mit einem jungen Grafen! Nun hört groß Wunderding! An ihres Vaters Tafel Saß mancher Ritter werth, Doch liebte sie den Grafen Vor allem was auf Erd, Was Gott durch seine Weisheit schuf; Aus heimlichem bangem Herzen Thät sie so manchen Ruf. »Herr Gott, send mir das Glücke, Daß er mein Herz erkenn! Lös mir auf Band und Stricke Der edlen Venusin!« Und was ihr in dem Herzen lag, Das lag wohl auch dem Grafen Im Sinn bei Nacht und Tag. Keins klagt dem andern offen, Was ihm am Herzen lag; Ein jeder thäte hoffen Einen guten Freudentag, Der doch zuletzt mit Jammer kam, Sie schrieben sich Liebesbriefelein, Ganz frei und ohne Scham. Darin sie sich gemeldet Von einem Brunnen kalt, Der lag so weit im Felde, Vor einem grünen Wald, Wer ehe käm zu des Brunnens Fluß, Der sollte des andern warten; Also war ihr Beschluß. Die Jungfrau thät sich zieren In einen Mantel weis, Ihre Brüst' thät sie einschnüren, Vermacht mit allem Fleis; Auch sprach die edle Jungfrau schon: »Kein Mann soll mir's aufreißen, Denn eines Grafen Sohn!« Sie kam wohl zu dem Brunnen, Sie fand viel Lust und Freud, Sie dacht: »Ich hab gewonnen! Mein Trauern ist zerstreut, Aus aller Noth bin ich erlößt, O daß ich säh hertreten Mein Hoffnung und mein Trost.« Zur Hand lief aus dem Walde, Eine grimme Löwin her. Die Jungfrau sah sie balde, Sie lief von dannen fern, Und kam nicht wieder denselben Tag; Ihren Mantel ließ sie liegen, Daraus kam Noth und Klag. Die Löwin warf ihre Jungen Wohl auf den Mantel gut, Der Mantel ward durchdrungen Von Schweiß und rothem Blut. Darnach die Löwin wieder ging Zu Walde mit ihren Jungen, Da kam der Jüngeling. Wie er den Mantel gefunden, Besprengt mit Blute so roth, Da schrie er laut zur Stunden: »O weh! meine Liebe ist todt, Wie sie mich nicht gefunden hat, Hat sie sich selbst getödtet. O weh, der großen Noth! Nun mag es Gott erbarmen!« Thät er so manchen Ruf: »O weh, o weh mir Armen, Seither daß Gott mich schuf!« Sein Schwerdt das zog er aus der Scheid: »Nun kömmts mit mir zu Ende, Heilig Dreyfaltigkeit! Wie hast du meiner vergessen, Wo ist das edle Weib? Sie haben die Thiere gefressen, So gilts auch meinen Leib! Sie ist durch mich gestorben hie, Will ich ihren Leib bezahlen!« Er fiel auf beyde Knie. »Gott segne dich, Mond, und Sonne, Desgleichen Laub und Gras! Gott gesegne dich, Freud und Wonne Und was der Himmel beschloß!« Sein Schwerdt das stach er durch sein Herz: »Es soll kein Frauenbilde, Durch mich mehr leiden Schmerz!« Die Sonne sank zum Abend, Die Jungfrau wieder kam Wohl zu dem Brunnen gelaufen, Ein tödtlich Herz vernahm, So bitterliche Klage fürwahr; Sie rang ihre schneeweiße Hände, Rauft aus ihr gelbes Haar. Die Jungfrau thät sich neigen Wohl auf den Grafen schön: »Gott gesegne dich, Erb und Eigen Und dich königlich Kron! Desgleichen, Feuer, Wasser, Luft und Erd!« Indem thät sie aufspringen, Und zog aus ihm sein Schwerdt. »Hast du durch mich aufgeben Land, Leute, Ehr und Gut; Verloren hier dein Leben, Vergossen auch dein Blut, Weil du gemeint, ich sey ermordt, So will ich bey dir bleiben Ewiglich hier und dort.« Das Schwerdt das thät sie stechen Durch ihr betrübtes Herz. Gott woll nicht an ihr rächen, Den Tod mit ewgem Schmerz! Denn es wahrlich am Tage liegt, Die Lieb überwindet alle Dinge In dieser betrübten Zeit.

schuf Jungfrau Jungfrau Freud Jungfrau roth schuf Mond Sonne Freud Sonne Jungfrau Jungfrau

Chapter 144
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Moriz von Sachsen. Die Geschichten und ritterlichen Thaten Moritz Herzogs zu Sachsen, durch Leonhardt Reutter. 1553. Flugschrift.

Sachsen Sachsen Flugschrift

Mir kam ein schwerer Unmuth an, Ich konnt mich selber nicht verstan, Und wuste selbst nicht wie mir was, Ganz traurig auf mir selber saß, Ging in die Stadt wohl hin und wieder, Mir war nicht recht, ich legt mich nieder, Und must dem Unglück geben Raum, Da fiel mir ein ein schwerer Traum. Däucht mich, wie ich zu Freiberg, Noch war mein Herz mir also schwer, Vermeint ich wollt zur Kirchen nun, Vielleicht würd' man ein Predigt thun, Ich kam zum Dom, war ganz verdrossen, Da warn alle Thürn verschlossen, Ich dacht es muß nicht recht da seyn, Doch klopft ich an, man ließ mich ein. Mich fragten, was ich wollt so bald? Die ganze Kirch hätt' traurig Gestalt, Mit schwarzem Gewand bezogen war Die Vorkirche und auch der Altar, Viel Wappen sah ich rummer hangen. Mit Trauren mein Herz wurd' umfangen, Ich ging schnell zu der Kirchen aus, Däucht mich, ich wollt' zum Thor hinaus, Zum Spitalholz stand mein Begehr. Da sah ich erst ein traurig Heer, Wenig Volk, viel Fähnlein dabei, Die waren von Farben mancherlei, Waren zerrissen und zerplundert, In meinem Traume es mich sehr wundert, Was doch das all bedeuten thät? Funfzehn schwarze Fähnlein man hätt, Die trug man um ein Leich herum, Ich erschrack sehr, und sah mich um, Da sah ich ein Haufen in schwarzem Kleid, Die trugen allesamt groß Leid, Und wollten auch mitgehn zu Grab. Nach der Leich, da ritt ein Knab, Der hatt einen schwarzen Harnisch an, Däucht mich es war ein Edelmann, In der Hand hatt' er ein bloßes Schwerdt, Die Spitze kehrt' er zu der Erd, Und saß so gewaltig verdrossen, Auch war der Harnisch durchschossen, Hinten unter dem Gürtel 'nein, Ich dacht, weß mag die Leiche seyn? Von ferne sah ich ein heidnisch Weib, Von hohem Blick, von stolzem Leib, Mit Schwerdt und Harnisch samt Sturmhauben, Gekleidet wie ein Kriegesmann, Sie sah mich also traurig an. Ich sprach: »Ach Frau, thut mir erlauben, Auf daß ich euch möcht reden an. Sie sprach: »Was willst du von mir han, Jezund in meinem großen Leid, Ich geb dir übelen Bescheid. Mir ist betrübet all mein Sinn.« Die Sturmhaub wurf sie traurig hin, Sie wandt ihre Händ und rauft' ihr Haar, Ich fragt': »Weß ist die Todtenbahr?« Sie antwort' mir nach kurzer Frist: »Des Herzog Moritz Leich es ist, Den du gekannt so manchen Tag.« Ich sprach: »Nun sey es Gott geklagt, Ich hab ihn gekannt, das glaubet ihr, Ein Wappen gab sein Gnade mir; Wie ist er kommen um sein Leben?« Sie konnt vor Weinen kein' Antwort geben, Sprach schluchzend: »Folg und geh mit mir, Groß Wunder will ich sagen dir, Wie sich der Fürst in aller That, Ritterlich wohl gehalten hat, Er war ein theurer Held ganz werth, Seines Gleichen lebt jetzt nicht auf Erd, Allein daß er zu leicht geglaubt, Das hat ihm auch sein Leben geraubt.« Und wand ihr Hände sehr zu Gott, Sie sprach: »Das ist ein großer Spott, Das viel auf beiden Achseln tragen, Doch darf man's vor der Welt nicht sagen, Das hat den Fürsten ums Leben bracht, Ach, ach, ich hab es lang bedacht.« Ich sprach: »Frau, eins verzeiht mir noch, Und saget mir, wie heißt ihr doch?« Zur Antwort sagte sie mir Beflissen, Und sprach: »Ich heiße Frau Pallas, Bin eine Göttin des Kriegs zur Hand, That diesem Fürsten auch Beistand, Denn aller Krieg, den er anfing, Letzlich zufrieden wohl ausging.« Ach wie hatt ich im Traum ein Klag; Indem brach an der helle Tag. Noch konnt ich mich gar nicht bedeuten, Da that man schon zur Predigt läuten, Ich erwacht von dem Glocken Ton, Stund schnell auf, und zog mich an, Dacht dem Traum nach in meinem Sinn, Ging auch schnell gen Freiberg hin. Da fand ich alles in der Stadt, Wie mir die Frau gesaget hat, Ach, wie weh war mir zu Muth, Daß der theure Fürst so gut, So schändlich war ums Leben kommen, Das hat mich schmerzlich übernommen.

Freiberg thun Dom Thor Volk Fähnlein Fähnlein Leich Leich Harnisch Harnisch heidnisch Harnisch han Herzog Leich Fürst Held Pallas Freiberg Fürst

Chapter 145
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Ulrich und Aennchen. Herders Volkslieder. I. 79.

Es ritt einst Ulrich spazieren aus, Er ritt wohl vor Lieb Aennchens Haus: »Lieb Aennchen, willst mit in grünen Wald? Ich will dir lehren den Vogelsang.« Sie gingen wohl mit einander fort, Sie kamen an eine Hasel dort, Sie kamen ein Fleckchen weiter hin, Sie kamen auf eine Wiese grün. Er führte sie ins grüne Gras, Er bat, lieb Aennchen niedersaß, Er legt seinen Kopf in ihren Schoos, Mit heißen Thränen sie ihn begoß. »Ach Aennchen, liebes Aennchen mein, Warum weinst du denn so sehr um ein'n? Weinst irgend um deines Vaters Gut? Oder weinest um dein junges Blut? Oder bin ich dir nicht schön genug?« »Ich weine nicht um meines Vaters Gut, Ich wein' auch nicht um mein junges Blut, Und, Ulrich, bist mir auch schön genug. Da droben auf jener Tannen, Eilf Jungfrauen sah ich hangen.« »Ach Aennchen, liebes Aennchen mein, Wie bald sollst du die zwölfte seyn.« »Soll ich denn nun die zwölfte seyn? Ich bitt, ihr wollt mir drei Schrei verleihn.« Den ersten Schrei und den sie that, Sie rufte ihren Vater an, Den andern Schrei und den sie that, Sie ruft ihren lieben Herr Gott an, Den dritten Schrei und den sie that, Sie ruft ihren jüngsten Bruder an. Ihr Bruder saß beim rothen kühlen Wein, Der Schall der fuhr zum Fenster hinein: »Höret ihr Brüder alle, Meine Schwester schreit aus dem Walde.« »Ach Ulrich, lieber Ulrich mein, Wo hast du die jüngste Schwester mein?« »Dort oben auf jener Linde, Schwarzbraune Seide thut sie spinnen.« »Warum sind deine Schuh so blutroth? Warum sind deine Augen so todt?« »Warum sollten sie nicht blutroth seyn? Ich schoß ein Turteltäubelein.« »Das Turteltäublein, das du erschoßt, Das trug meine Mutter unter ihrer Brust, Das trug meine Mutter in ihrem Schooß, Und zog es mit ihrem Blute groß.« Lieb Aennchen kam ins tiefe Grab, Schwager Ulrich auf das hohe Rad, Um Aennchen sungen die Engelein, Um Ulrich schrieen die Raben allein.

Vogelsang kamen Hasel kamen kamen Wein Schall Seide Schuh hohe Rad Engelein

Chapter 146
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Vom vornehmen Räuber. Deutsches Museum. 1778. II. B. S. 459.

Deutsches Museum II

Was wollen wir aber heben an Von Fritschen dem jungen Edelmann, Hat manchen stolzen Ritt gethan, Bis es ihm schlecht gelungen. Fritsche zu seinem Knechte sprach: »Sattle mir beide Pferde, Wir wollen nach Görlitz auf die Straßen reiten, Die Fuhrleute wollen wir schauen.« Da sie nach Görlitz auf die Straßen kamen, Die Wagen wollten sie aufhauen, So bließ der Wächter auf seinem Horn, Auf dem Rathhausthurme. Fritsche zu seinem Knechte sprach: »Ich fürchte wir seyn verrathen, Wenn wir zu Seidenberg blieben, So äßen wir Gesotten und Gebraten.« Fritsche zu seinem Knechte sprach: »Ey Knecht sieh dich ein wenig um,« Er sah den Hauptmann von Görlitz herreiten Von allen Seiten mit Leuten. Der Hauptmann wider den Fritschen sprach: »Fritsche gib du dich gefangen, Zu Görlitz steht ein lichter Galgen hoch, Daran sollt du Fritsche hangen.« »Daß ich zu Görlitz hangen soll, Deß laß dich Gott erbarmen, So reun mich nichts als meine Stiefel und Sporn, Dazu meine gute Gesellen.« »Je reun dich nichts als deine Stiefel und Sporn, Dazu deine guten Gesellen, Reun dich nicht mehr deine kleinen Kinder, Dazu deine schöne Jungfrauen?«

Görlitz Görlitz kamen aufhauen Horn Seidenberg Gesotten Hauptmann Görlitz Hauptmann gib Görlitz Galgen Görlitz reun reun

Chapter 147
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Der geistliche Kämpfer. Aus einem Manuscript in der Sammlung von Clemens Brentano.

Clemens

Groß Lieb thut mich bezwingen, Daß ich muß heben an, Von einem Kämpfer singen, Der war so wohlgethan. Den Kämpfer will ich nennen, Daß ihr könnt merken wie, Und eigentlich erkennen, Christ Gottes Sohn allhie. Der Kämpfer tugendreiche, Nahm sich vor einen Sinn, Aus seines Vaters Reiche, Schickt er seinen Boten hin. Zu einer schön Jungfrauen, Wohl in dem Morgenland, Die wollt er gerne schauen, Da er sein Boten sandt. Wollet ihr sie auch kennen, Die Jungfrau minniglich, Gabriel thut sie nennen, Und spricht gar tugendlich, Da er sie grüßt geschwinde, Sprach Ave Maria, Mit Worten also linde, Plena gratia. Er pflag auch süßer Worte, Bey der Jungfrauen rein, Bis sie aufschluß die Pforte, Und ließ ihn zu sich ein. Die Jungfrau berührt ihr Herze, Und sprach: »Ach wer ist der, Der in fröhlichem Scherze, Begehrt zu mir her?« Der Bot der antwortt schiere: »Er ist gewaltiglich, Er kommt herab zu dire, Er macht euch alle reich.« Maria sprach mit Züchten: »Ich thu keins Manns Begehren!« »Sollst mit mägdlichen Früchten, Ein Kind ohn Mann gebären. Gotts Sohn von Ewigkeite, Der kommt herab zu dir,« Sie sprach: »Ich bin bereite, Nach deinem Wort geschehe mir.« Die Welt die stand in Sorgen Mehr dann fünf tausend Jahr, In Höllengrund verborgen, Bis kam der Kämpfer klar. Das wollt er wieder kehren (wenden), Der edel Kämpfer werth, Sein Blut um uns verehren, Und kam herab auf Erd. Durch uns so ward er junge, Wohl bey der reinen Maid, Vom höchsten Thron entsprungen, Aus Gottes Ewigkeit. Bey ihr war er zur Zeite Wohl drey und dreyßig Jahr, Eh daß er ging zu Streite, Der edle Kämpfer klar. Darnach ward man ihn spüren, Bey der Jungfrauen klar, Darum thät sich aufrühren, So gar ein große Schaar. Sie thäten ihn auch fahen, So gar mit scharfer Wehr, Er ward auch hart geschlagen, Der edel Kämpfer hehr. Mit Geißlen und mit Ruthen, Ein Kron mit scharfem Dorn, Das litt er durch sein Güte, Und sühnt damit den Zorn. Ein Urtheil ward gesprochen Wohl zu derselben Zeit, Sein Seite ward durchstochen, Geschlagen ans Kreuz so breit. Da stand Maria elende, Und sah den Kämpfer an, Sie rang ihr schneeweiß Hände, Sprach: »Wem willst mich hie lahn (lassen).« Er sprach zu ihr mit Schmerze: »Sieh Weib, das ist dein Sohn!« Damit brach ihm sein Herze, Den Kämpfer bet ich an. Daß er uns wöll behüten, Wohl vor der ewgen Pein, Maria durch dein Güte, So thu uns Hülfe-Schein. Das sey zu Lob gesungen, Maria der reinen Magd, Von ihr ist uns gelungen, Das sey ihr Lob gesagt.

Jungfrau Ave Maria pflag Bey Jungfrau Maria Die Welt Höllengrund Bey Bey Maria lahn Maria Maria

Chapter 148
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Dusle und Babeli. Herder's Volkslieder. I. S. 139.

Es hätte ein Bauer ein Töchterli, Mit Name hieß es Babeli, Es hätt ein Paar Zöpfle, sie sind wie Gold, Drum ist ihm auch der Dusle hold. Der Dusle lief dem Vater nach: »O Vater, wollt ihr mir's Babele lahn?« »Das Babele ist noch viel zu klein, Es schläft dies Jahr noch wohl allein.« Der Dusle lief in einer Stund, Lief abe bis gen Solothurn, Er lief die Stadt wohl auf und ab, Bis er zum obersten Hauptmann kam: »O Hauptmann lieber Hauptmann mein, Ich will mich dingen in Flandern ein.« Der Hauptmann zog die Seckelschnur, Gab dem Dusle drey Thaler draus. Der Dusle lief wohl wieder heim, Heim zu sein'm liebe Babelein: »O Babele liebes Babele mein, Jezt hab i' mi' dungen in Flandern ein.« Das Babele lief wohl hinters Haus, Es greint sich schier sein Aeugele aus: »O Babele, thu doch nit so sehr, I' will ja wieder kommen zu dir! Und komm ich übers Jahr nit heim, So will ich dir schreiben ein Briefelein. Darinnen soll geschrieben stehn: Ich will min Babele wieder sehn!«

Gold lahn Solothurn Hauptmann Hauptmann Hauptmann Flandern Hauptmann Flandern

Chapter 149
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Der eifersüchtige Knabe. Herder's Volkslieder. I. B. S. 38. aus dem Elsasse.

Es stehen drey Stern' am Himmel, Die geben der Lieb' ihren Schein: »Gott grüß euch, schönes Jungfräulein, Wo bind' ich mein Rösselein hin?« »Nimm du es, dein Rößlein, beim Zügel, beim Zaum, Bind's an den Feigenbaum. Setz dich ein' kleine Weile nieder, Und mach mir eine kleine Kurzweil.« »Ich kann und mag nicht sitzen, Mag auch nicht lustig seyn, Mein Herz ist mir betrübet, Feinslieb von wegen dein.« Was zog er aus der Taschen? Ein Messer, war scharf und spitz, Er stachs seiner Lieben durchs Herze, Das rothe Blut gegen ihn spritzt. Und da ers wieder herausser zog, Von Blut war es so roth: »Ach reicher Gott im Himmel, Wie bitter wird mir der Tod!« Was zog er ihr abe vom Finger? Ein rothes Goldringelein, Er warfs in fliessend Wasser, Es gab seinen klaren Schein: »Schwimm hin, schwimm her, Goldringelein! Bis an den tiefen See! Mein Feinslieb ist mir gestorben, Izt hab ich kein Feinslieb mehr.« So gehts, wenn ein Mädel zwei Knaben lieb hat, Thut wunderselten gut; Das haben wir Beyd' erfahren, Was falsche Liebe thut.

Stern bind Kurzweil Mein Herz roth tiefen See

Chapter 150
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Der Herr am Oelberg und der Himmelsschäfer. Trutz Nachtigal von Spee. S. 21

Trutz Nachtigal

Der Schäfer.

Mond des Himmels treib zur Weide Deine Schäflein gülden gelb, Auf gewölbter blauer Heide Laß die Sterne walten selbst, Ich noch neulich so thät reden, Da zu Nacht ein schwacher Hirt, Aller Wegen, Steg und Pfäden, Sucht ein Schäflein mit Begierd. Und der Mond hört' was ich sagte, Nahm ein lind gestimmtes Rohr: Das er blasend zärtlich nagte, Spielte seinen Sternen vor.

Mond Steg Sucht Mond

Der Mond.

Mond

Auf ihr Schäflein, auf zur Heiden Weidet reines Himmelblau, Daß nachher, wenn wir hier scheiden, Von euch fließt der Morgenthau. Ach wer aber dort im Garten Liegt mit seinem Hirtenstab? Wer will seiner dorten warten? Schaut ihr Sternlein, schaut herab, Haltet, haltet, ich nicht fehle: Es ist Daphnis wohl bekannt. Eja, Daphnis, mir erzähle, Daphnis, was will dieser Stand? Weidet meine Schäflein, weidet! Ich mit ihm noch reden muß, Weidet meine Sterne, weidet! Daphnis liegt in harter Buß, Daphnis thu' die Lippen rühren, Eja, nicht verbleibe stumm, Daphnis, laß dich dannen führen, Eja, nicht verbleibe stumm. Weidet meine Schäflein, weidet, Daphnis liegt in Aengsten groß, Daphnis Pein und Marter leidet, Wollt', er läg im Mutterschos! Er dem Felsen liegt in Armen, Liegt auf harten Steinen bloß: Ach dort wird er nie erwarmen! Fürcht, daß er sein Haupt zerstoß. Weidet meine Schäflein, weidet, Daphnis spaltet mir das Herz: Wer mag haben ihn beleidet? Weinen möchten Stein und Erz; Kalter Wind, halt ein die Flügel, Rühre nicht das kranke Blut, Meide jenen Berg und Hügel, Daphnis liegt ohn Schuh und Hut. Weidet meine Schäflein, weidet, Daphnis leidet Angst und Noth, Daphnis dopple Thränen weinet, Perlen weiß, Korallen roth. Perlen von den Augen schießen, Schießen hin ins grüne Gras. Von dem Leib Korallen fließen, Fließen in den Boden bas. Weidet meine Schäflein, weidet, Niemand hats gezählet gar, Niemand hat es ausgekreidet, Wie die Zahl der Tropfen war, Nur der Boden wohl erquicket, Durch den weiß und rothen Trank, Dankend ihm entgegen schicket, Rosen roth, und Lilien blank. Weidet meine Schäflein, weidet, Daphnis tief in Aengsten liegt, Duft noch Farben unterscheidet, Achtet keiner Blümlein nicht. O was Marter mir erscheinet! Hör zu bluten einmal auf, Ach es ist genug geweinet, Nicht mit Blut die Blümlein tauf. Weidet meine Schäflein, weidet, Wer doch hat es ihm gethan? Niemand meine Frag bescheidet. Du mir Daphnis, zeig es an. Daphnis kann für Leid nicht sprechen, Seufzet manchen Seufzer tief, Ihm das Herz will ganz zerbrechen, Ach daß niemand helfend lief. Weidet meine Schäflein, weidet, Schon ein englisch Edelknab, Stark durch Luft und Wolken schneidet, Eilet hin in vollem Trab, Er ihm singet süße Reimen, Mit gar süßem Stimmlein schwank, Auch den Kelch nicht thut versäumen, Zeiget einen Kräutertrank. Weidet meine Schäflein, weidet, Alles, alles ist umsonst, Er doch allen Trost vermeidet, Sang und Becher bleibt umsonst. O du frommer Knab von oben, Du nur mehrest ihm die Pein, Doch ich deine Treu muß loben, Gott! dirs muß geklaget seyn. Weidet meine Schäflein, weidet, O der traurig fromme Hirt! Er den Becher jetzund meidet, Morgen ihn es reuen wird, Er sich jezt gar will befreien, Weigert, was man trinket zu, Dürft vielleicht wohl morgen schreien: Ach wie sehr mich dürstet nun! Weidet meine Schäflein, weidet, Daphnis bleibet schmerzenvoll, Ich befehle euch entkleidet, Reisset aus die güldne Woll, Nur euch kleidet pur in Kohlen, Pur in lauter schwarz Gewand, Von dem Scheitel auf die Sohlen Euch gebühret solcher Stand. Weidet meine Schäflein, weidet, Daphnis fühlet starkes Leid, Ist vom Vater hoch vereidet, Hoch, mit wohl bedachtem Eid, Er doch wollte wieder bringen, Ein verloren Schäflein sein, Ach wenn sollte das mißlingen, Er ja stürb für lauter Pein. Weidet meine Schäflein, weidet, Daphnis wird verfolget stark. Bös Gesinde ihn beneidet, Trachtet ihm nach Blut und Mark. O was dorten, was für Stangen, Wehr und Waffen nehm ich wahr! O vielleicht will man ihn fangen, Wahrlich, wahrlich, ist Gefahr!

Daphnis Daphnis Daphnis Daphnis Daphnis Daphnis Daphnis Daphnis Daphnis Erz Daphnis Schuh Daphnis Daphnis roth Schießen roth Daphnis tauf Daphnis Daphnis englisch vollem schwank Kelch Daphnis Sohlen Daphnis Daphnis Gesinde Mark

Der Schäfer.

Weidet meine Schäflein, weidet, Sprechen wollte bleicher Mond, Ja nicht weidet, sondern scheidet, Er da sprach, und wollte gehn, Scheidet, scheidet, meine Schaaren, Kann vor Leid nicht schauen zu, Dich nun wolle Gott bewahren, Daphnis wer kann bleiben nun! Drauf Ade der Mond wollt spielen, Da zersprang das matte Rohr: Augentropfen ihm entfielen, Hüllte sich in Trauerflor. Und weil eben dazumahlen, Er trat an in vollem Schein, Gleich vertauschet er die Strahlen, Vollen Schein, gen volle Pein. Auch die Sterne weinen kamen, Gossen ab all ihren Schein, Schein und Thränen flossen sammen, Reihn zum blauen Feld hinein, Machten eine weiße Straßen, So noch heut man spüren mag: Dann der Milchweg hinterlassen, Ist der schönsten Thränen Bach.

Mond Daphnis Mond Augentropfen Trauerflor vollem kamen

Chapter 151
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Abschied von Bremen. Mündlich.

Bremen

O Bremen, ich muß dich nun lassen, O du wunderschöne Stadt, Und darinnen muß ich lassen Meinen allerschönsten Schatz. Wir haben oft beisamm gesessen, Manche schöne Monden-Nacht, Manchen Schlaf zusamm vergessen, Und die Zeit so zugebracht. Mein Koffer rollt, der Morgen kühlet, Ach, die Straßen sind so still, Und was da mein Herze fühlet, Nimmermehr ich sagen will. Der Weg mich schmerzlich wieder lenket Hin, wo Liebchen sah herab, Daß sie ja noch mein gedenket, Drück ich zwei Pistolen ab. Bald jagt vor dir in diesen Gassen, Manches Windlein dürren Staub, Meine Seufzer sinds, sie lassen Vor dir nieder trocknes Laub. So steh ich wirklich nun im Schiffe, Meinen Koffer seh ich drauf, Wie der Schiffer herzhaft pfiffe, Zogen wir wohl Anker auf. Ich seh den Sturmwind rauschend gehen, O mein Schiff hat schnellen Lauf, Wird es wohl zu Grunde gehen, Wanket nicht Gedanken drauf.

Bremen Anker

Chapter 152
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Aurora. Martin Opitz.           Wer sich auf Ruhm begiebet, Und freie Tage liebet, Der liebt Aurorens Licht; Dann Gras muß Blumen bringen, Der Vögel leichtes Singen Durch alle Lüfte bricht. Wer Waffen trägt und krieget, Wer an den Ketten lieget, Wer auf dem Meere wallt, Wer voll ist schwerer Sorgen, Der spricht: Wann wird es morgen? Aurora komm doch bald! Laß mich nur dies erlangen, Wann ich mein Lieb umfangen, So halt den Zügel an, Halt an die hellen Blicke, Bis ich zuvor mein Glücke Wie recht, gebrauchen kann.

Aurora Martin Opitz Vögel Aurora

Chapter 153
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Werd ein Kind. Historie der Wiedergebornen. 1742. S. 18.

Klein und arm an Herz und Munde Mußt du seyn, wenn Christus soll Gehen auf in deinem Grunde: Denn die Rose und Viol Wächst im Thal der niedern Seelen, Die nichts hohes hier erwählen! Mögst du nur so seyn demüthig, Wie die niedre Sarons Blum, Dennoch stehen ehrerbietig Und vor Gott gebücket krumm: Also mögst du bald die Gaben Seines Geistes in dir haben. Wenn dich aber hoch beflecket Deiner Weisheit stolzer Witz, Sich alsdann vor dir verstecket Wahrer Wahrheit klarer Blitz: Wenn der Buchstab dich gefangen, Kannst du nicht zum Geist gelangen. Werd ein Kind, werd arm und kleine, Sey nicht hoch noch weis' bei dir, Setze dich in Staub und weine, Bis dich Gott zur Schule führt, Da sein Geist die Arm' und Blöden Weislich lehret von ihm reden.

Thal

Chapter 154
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Der ernsthafte Jäger. Feiner Almanach. I. B. S. 77.

Almanach

Es wollt ein Jäger jagen Ein Hirschlein oder ein Reh, Drei Stündlein vor dem Tagen, Ein Hirschlein oder ein Reh. »Ach Jäger, du hast kein verschlafen, Lieber Jäger, jezt ist es Zeit; Dein Schlaf thut mich erfreuen In meiner stillen Einsamkeit.« Das thät den Jäger verdrießen, Dieweil sie so reden thät, Er wollt das Jungfräulein erschießen, Dieweil sie so reden thät. Sie fiel dem Jäger zu Füßen, Auf ihre schneeweisse Knie: »Ach Jäger thu mich nicht erschießen!« Dem Jäger das Herze wohl brach. Sie thät den Jäger wohl fragen: »Ach edler Jäger mein, Darf ich ein grün Kranz fern tragen, In meinem goldfarbenen Haar?« »Grün Kränzlein darfst du nicht tragen, Wie ein Jungfräuelein trägt, Ein schneeweiß Häublein sollst tragen, Wie ein jung Jägersfrau trägt.«

Reh Reh

Chapter 155
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Der Mordknecht. Feiner Almanach. I. B. S. 126.

Almanach

Es reit ein Herr und auch sein Knecht, Wohl über ein Heide, die war schlecht, Ja schlecht! Und alles was sie redeten da, War all's von einer wunderschönen Frauen, Ja Frauen! »Ach Schildknecht, lieber Schildknecht mein, Was redst von meiner Frauen? Ja Frauen! Und fürchtest nicht mein braunen Schild, Zu Stücken will ich dich hauen, Vor mein'n Augen.« »Euern braunen Schild den fürcht ich klein, Der lieb Gott wird mich wohl behüten, Behüten!« Da schlug der Knecht sein'n Herrn zu todt, Das geschahe um Fräuleins-Güte, Ja Güte! »Nun will ich heim gehen landwärts ein, Zu einer wunderschönen Frauen, Ja Frauen! Ach Fräulein, gebt mir Boten-Lohn, Euer edler Herr und der ist todt, So fern auf breiter Heide, Ja Heide!« »Und ist mein edler Herre todt, Darum will ich nicht weinen, Ja weinen! Den schönsten Buhlen, den ich hab, Der sitzt bei mir daheime, Mutter alleine.« »Nun sattel mir mein graues Roß, Ich will von hinnen reiten, Ja reiten!« Und da sie auf die Heide kam, Die Lilien thäten sich neigen, Auf breit'r Heiden. Auf band sie ihm sein blanken Helm, Und sahe ihm unter sein' Augen, Ja Augen. »Nun muß es Christ geklaget seyn, Wie bist so sehr zerhauen, Unter dein Augen. Nun will ich in ein Kloster ziehn, Will 'n lieben Gott für dich bitten, Ja bitten! Daß er dich ins Himmelreich woll lahn, Das gescheh durch meinetwillen, Schweig stillen!«

reit Heide Heide Heide Buhlen Heide Helm Kloster lahn

Wer ist's, der uns den Reihen sang, Matthias Jäger ist er genannt, Beim Trunk hat er's gesungen, Gesungen! Er ist sein'm Widersacher von Herzen Feind, Zu ihm kann er nicht kommen, Ja kommen.


Chapter 156
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Der Prinzenraub. Tänzels curiöse Bibliothek. 1705. S. 783.

Wir wolln ein Liedel heben an, Was sich hat angespunnen, Wie's im Pleißnerland gar schlecht war bestallt, Als den jungen Fürst'n geschah Gewalt, Durch Kuntzen von Kauffungen. Der Adler hat auf'm Fels gebaut Ein schönes Nest mit Jungen, Und wie er einst geflogen aus, Holt ein Geyer die Jungen heraus, Drauf ward's Nest leer gefunden. Wo der Geyer auf'm Dache sitzt, Gedeihen die Küchlein selten, Es war da ein seltsam Narrenspiel, Welcher Fürst seinen Räthen traut zu viel, Muß oft es selber entgelten. Altenburg, du feine Stadt, Dich thät er mit Untreu meinen, Da in dir war'n all' Hofleut voll, Kam Kunz mit Leitern und Buben toll, Und holt die Fürsten so kleine. Was blast dich, Kunz, für Unlust an, Da du ins Schloß einsteigest? Und stiehlst die zarten Herren heraus, Als der Kurfürst eben nit war zu Haus, Die zarten Fürsten-Zweige. Es war wohl als ein Wunderding, Wie sich das Land beweget, Was da auf'n Straßen war'n für Leut', Die den Räubern folgten nach in Zeit, All's wibbelt, kribbelt, sich beweget. Im Walde dort ward Kunz ertappt, Da wollt er Beeren naschen; Wär er in der Hast wacker fortgeritten, Daß 'n die Köhler nit gefangen hätten, Hätt er sie kunt verpaschen. Ab'r sie wurden ihm wieder abgejagt, Und Kunz mit seinen Gesellen Auf Grünhain, in unsers Herrn Abts Gewalt Gebracht, und auf die Zwika gestellt, Und muste sich lassen prellen. Dafür fiel ab gar mancher Kopf, Und keiner der Gefangnen Kam aus der Haft ganzbeinigt davon, Schwerdt, Rad, Zang'n, Strick, die war'n ihr Lohn, Man sah die Rümpfe hangen. So geht's, wer wider die Obrigkeit Sich unbesonnen empöret. Wers nicht meint, schau an Kuntzen, Sein Kopf thut z' Freiberg noch runterschmunzen, Und jedermann davon lehret. Gott thu den frommen Christen alles Guts, Und laß die jungen Herren, In kein Feindes Hand mehr also komm'n, Geh auch der Frau Churfürstin viel Fromm'n, Daß wir uns in Ruhe ernähren.

Pleißnerland Geyer Geyer Fürst Altenburg Untreu Kurfürst Grünhain Freiberg jedermann

Chapter 157
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Nächte. Eschenburgs alte Denkmahle. S. 455.         Nächten, da ich bei ihr was, Schwazten wir, dann dies, dann das, Auch sehr freundlich zu mir saß, Sagt', sie liebt' mich ohn' all Maaß. Nächten, da ich von ihr scheid, Freundlich wir uns herzten beyd', Mir verhieß bei ihrem Eid, Mein zu seyn in Lieb und Leid. Nächten, da ich von ihr ging, Sie mich freundlich ganz umfing, Dazu ferne mit mir ging, Alles war sehr guter Ding. Heute, da ich zu ihr kam, Da war alles wieder zahm, Bös Bescheid ich da bekam, Mußt abziehn mit Spott und Scham.


Chapter 158
Text Entities

Der Spaziergang. Martin Opitz.         Kommt laßt uns aus spazieren, Zu hören durch den Wald, Die Vögel musiziren, Daß Berg und Thal erschallt. Wohl dem der frey kann singen, Wie du, du Volk der Luft, Mag seine Stimme schwingen, Zu der, auf die er hofft. Mehr wohl dem der frey lebet, Wie du, du leichte Schaar, In Trost und Angst nicht schwebet, Ist außer der Gefahr.

Der Spaziergang Martin Opitz Vögel Berg Thal Volk

Chapter 159
Text Entities

Das Weltende. Mündlich.

Weltende

Ob ich gleich kein Schatz nicht hab, Will ich schon ein finden, Geh ichs Gäßlein auf und ab, Bis zur großen Linden. Als ich zu der Linden kam, Saß mein Schatz daneben: »Grüß dich Gott, herzlieber Schatz! Wo bist du gewesen?« »Schatz, wo ich gewesen bin, Darf ich dir wohl sagen, War in fremde Lande hin, Hab gar viel erfahren. Sah am Ende von der Welt, Wie die Bretter paßten, Noch die alten Monden hell All in einem Kasten. Sahn wie schlechte Fischtuch aus, Sonne kam gegangen, Tipte nur ein wenig drauf, Brannt mich wie mit Zangen. Hätt ich einen Schritt gethan, Hätt ich nichts mehr funden, Sage nun mein Liebchen an Wie du dich befunden.« »Ich befand mich in dem Thal, Saßen da zwey Hasen, Fraßen ab das grüne Gras Bis zum dürren Rasen. In der kalten Wintersnacht, Ließest du mich sitzen, Ey mein schwarzbraun Aeugelein, Must du Wasser schwitzen. Darum reis' in Sommernacht, Nur zu aller Welt Ende, Wer sich gar zu lustig macht, Nimmt ein schlechtes Ende.«

Sahn Sonne Sage Thal Hasen

Chapter 160
Text Entities

Bayrisches Alpenlied. Ariel's Offenbarungen. S. 211. 207.

Der Franz läßt dich grüßen Gar hoch und gar fest, Vom Palmbaum hoch sprießen Gar vielerley Aest. Mit grünblauer Seiden Ein Kränzlein hängt dran, Drum sollt du wohl meiden Ein anderen Mann. Ja Mädel, sein Lieben Nimmt sonst mal ein End, Wie Röslein da drüben, Die Reif hat verbrennt. Im Thal liegt noch Nebel, Die Alpen sind klar, Doch wird er bald sehen, Was unten ist wahr. Er sieht wohl die Schwalben, Sie ziehen dann nieder Die Küh von den Alpen, Sie kommen auch wieder. Jezt klingeln sie, grüßen, Sie haben gut Haus, Viel Brünnlein drin fließen, Ein Golddach ist drauf. Das Haus ist ganz offen, Kein Ringel dafür, Der Franz thut wohl hoffen, Du klopfst an die Thür. Am buxbaumern Tischlein, Drauf stehn zwey Glas Wein; Er schenkt klaren Wein ein, Er saget was fein. Er redet was wahr ist, Er trinket was klar ist, Er liebet was fein ist: Lieb Mädel er grüßt dich.

Thal Nebel Die Alpen Schwalben Alpen Ringel Glas Wein Wein

Chapter 161
Text Entities

Jäger Wohlgemuth. Frische Liedlein.               Es jagt ein Jäger wohlgemuth, Er jagt aus frischem freien Muth Wohl unter grünen Linden, Er jagt derselben Thierlein viel, Mit seinen schnellen Winden. Er jagt über Berg und tiefe Thal, Unter den Stauden überall. Sein Hörnlein thät er blasen, Sein Lieb wohl auf den Jäger harrt, Dort auf der grünen Straßen. Er spreit den Mantel in das Gras, Bat, daß sie zu ihm nieder saß, Mit weissem Arm umfangen: »Gehab dich wohl mein Trösterin, Nach dir steht mein Verlangen. Uns nezt kein Reif, uns kühlt kein Schnee, Es brennen noch im grünen Klee, Zwei Röslein auf der Heiden, In Liebesschein, in Sonnenschein, Die zwei soll man nicht scheiden.«

Berg Thal

Chapter 162
Text Entities

Der Himmel hängt voll Geigen. Bairisches Volkslied.

Volkslied

Wir genießen die himmlischen Freuden, Drum thun wir das Irdische meiden, Kein weltlich Getümmel Hört man nicht im Himmel, Lebt alles in sanftester Ruh; Wir führen ein englisches Leben, Sind dennoch ganz lustig daneben, Wir tanzen und springen, Wir hüpfen und singen, Sanct Peter im Himmel sieht zu. Johannes das Lämmlein auslasset, Der Metzger Herodes drauf passet, Wir führen ein gedultigs, Unschuldigs, gedultigs, Ein liebliches Lämmlein zum Tod. Sanct Lucas den Ochsen thut schlachten, Ohn einigs Bedenken und Achten, Der Wein kost't kein Heller Im himmlischen Keller, Die Engel, die backen das Brod. Gut Kräuter von allerhand Arten, Die wachsen im himmlischen Garten, Gut Spargel, Fisolen, Und was wir nur wollen, Ganze Schüssel voll sind uns bereit Gut Aepfel, gut Birn und gut Trauben, Die Gärtner, die alles erlauben. Willst Rehbock, willst Hasen? Auf offner Straßen, Zur Küche sie laufen herbei. Sollt' etwa ein Fasttag ankommen, Die Fische mit Freuden anströmen, Da laufet Sanct Peter Mit Netz und mit Köder Zum himmlischen Weiher hinein; Willst Karpfen, willst Hecht, willst Forellen, Gut Stockfisch und frische Sardellen? Sanct Lorenz hat müssen Sein Leben einbüßen, Sanct Marta die Köchin muß seyn. Kein Musik ist ja nicht auf Erden, Die unsrer verglichen kann werden, Eilftausend Jungfrauen Zu tanzen sich trauen, Sanct Ursula selbst dazu lacht, Cecilia mit ihren Verwandten, Sind treffliche Hofmusikanten, Die englische Stimmen Ermuntern die Sinnen, Daß Alles für Freuden erwacht!

thun Der Metzger Herodes Wein Engel Arten Spargel Gärtner Hasen Fische Weiher Karpfen Hecht Stockfisch Sardellen Marta

Chapter 163
Text Entities

Die fromme Magd. Die lautere Wahrheit von Ringwaldt. S. 290.     Eine fromme Magd von gutem Stand, Geht ihrer Frauen fein zur Hand, Hält Schüssel, Tisch und Teller weis, Zu ihrem und der Frauen Preiß. Sie trägt und bringt kein neue Mähr, Geht still in ihrer Arbeit her, Ist treu und eines keuschen Muths, Und thut den Kindern alles Guts. Sie ist auch munter, hurtig, frisch, Verbringet ihr Geschäfte risch, Und hälts der Frauen wohl zu gut, Wenn sie um Schaden reden thut. Sie hat dazu ein fein Geberd, Hält alles sauber an dem Heerd, Verwahrt das Feuer und das Licht, Und schlummert in der Kirche nicht.

risch sauber

Chapter 164
Text Entities

Jagdglück. Fliegendes Blat.

Es ritt ein Jäger wohlgemuth, Wohl in der Morgenstunde, Wollt jagen in dem grünen Wald Mit seinem Roß und Hunde; Und als er kam auf grüner Heid, Da fand sein Herze Lust und Freud, Im Mayen, Am Reihen, Sich freuen alle Knaben und Mägdelein. Der Kukuk schreit, der Auerhan falzt, Dazu die Turteltauben, Da fing des Jägers Rößlein an Zu schnarchen und zu schnauben, Der Jäger dacht in seinem Muth, Das Jagen kann noch werden gut, Im Mayen, Am Reihen, Sich freuen alle Knaben und Mägdelein. Der Jäger sah ein edles Wild, Frisch, hurtig und geschwinde, Es war ein schönes Frauenbild, Das sich allda ließ finden; Der Jäger dacht in seinem Sinn: Zu diesem Wilde jag ich hin; Im Mayen, Am Reihen, Sich freuen alle Knaben und Mägdelein. »Ich grüß euch Jungfrau, hübsch und fein, Von Tugend reich und schöne, Was ich in diesem Wald erschleich, Das mach ich mir zu eigen.« »Ach, edler Jäger, Wohlgestalt, Ich bin nunmehr in eurer Gewalt, Im Mayen, Am Reihen, Sich freuen alle Knaben und Mägdelein.« Er nahm sie bei ihrer schneeweißen Hand, Nach Jäger Manier und Weise, Er schwang sie vorne auf sein Roß, Glück zu! wohl auf die Reise. Drum ist das Glück so kugelrund, Deß freut sich mancher, der mir kund, Im Mayen, Am Reihen, Sich freuen alle Knaben und Mägdelein.

Freud Wild Jungfrau Tugend

Chapter 165
Text Entities

Kartenspiel. Fliegendes Blat.

Kartenspiel

O verfluchte Unglücks-Karten, Aendert sich das Spiel noch nicht, Soll ich denn schon wieder passen, Nie bekommen einen Stich? Noch ein Trumpf ich thät erheben, Wie ich lustig kam zum Spiel, War die Karte, ach vergeben, Und ich hatt' die Kart zu viel. Diese Dam wär mein gewesen, Aber ich kam viel zu spät, Vor mir einer hat gesessen, Der die Dam gewonnen hat. Ey so will ich gleich aufhören, Nehm die Dam ein jeder hin, Ich aus ihrem Mund muß hören, Daß der rechte Bub nicht bin. O ihr Schippen thut euch schärfen, Macht im Geldsack mir ein Grab, Herzen will ich ferne werfen, Hebe nimmer wieder ab, Auf das Grab viel Kreuz will stellen, Fall ich armer Bub ins Grab, Auf den Eckstein schreibt Gesellen: »Herzens-Dame stach ihn ab.«

Kart Eckstein

Chapter 166
Text Entities

Für funfzehn Pfennige. Feiner Almanach. I. B. S. 103.         Das Mägdlein will ein Freier habn, Und sollt sie'n aus der Erde grabn, Für funfzehn Pfennige. Sie grub wohl ein, sie grub wohl aus, Und grub nur einen Schreiber heraus, Für funfzehn Pfennige. Der Schreiber hatt' des Gelds zu viel, Er kauft dem Mägdlein, was sie will, Für funfzehn Pfennige. Er kauft ihr wohl ein'n Gürtel schmal, Der starrt von Gold wohl überall, Für funfzehn Pfennige. Er kauft ihr einen breiten Hut, Der wär wohl für die Sonne gut, Für funfzehn Pfennige. Schreiber.

Almanach Gold Sonne

Wohl für die Sonn', wohl für den Wind, Bleib du bei mir, mein liebes Kind, Für funfzehn Pfennige. Bleibst du bei mir, bleib ich bei dir, All' meine Güter schenk ich dir, Sind funfzehn Pfennige. Mädchen.

Behalt dein Gut, laß mir mein'n Muth, Kein andre leicht dich nehmen thut, Für funfzehn Pfennige. Schreiber.

Dein guten Muth den mag ich nicht, Hat traun von treuer Liebe nicht, Für funfzehn Pfennige. Dein Herz ist wie ein Taubenhaus, Fliegt einer nein, der andre aus, Für funfzehn Pfennige.

traun Taubenhaus

Chapter 167
Text Entities

Der angeschossene Kukuk. Feiner Almanach. II. S. 1.

Almanach II

Ich hör' eine wunderliche Stimm: Kukuk! Von Fern im Echo ich vernimm: Kukuk! So oft ich diese Stimm anhör, Macht mirs allmal noch Freude mehr: Kukuk! Kukuk! Kukuk! Den Vogel muß ich treffen an, Kukuk! Weil er so lieblich singen kann, Kukuk! Sollt ich den Wald auf alle Seit Und auch die Büsche auslaufen heut, Kukuk! Kukuk! Kukuk! Was schau ich dort im grünen Gras? Kukuk! Ist es ein Fuchs oder ists ein Has? Kukuk! Ich weiß nicht soll ich schießen drein, Oder soll ichs noch lassen seyn? Kukuk! Kukuk! Kukuk! Ich bin zwar ein gut Jägersmann, Kukuk! Und traue mich doch nicht heran, Kukuk! So ein gar junges schönes Thier Hab ich noch nicht getroffen hier. Kukuk! Kukuk! Kukuk! Weil nun das Schießen Jägers Brauch, Kukuk! So will ich endlich schießen auch, Kukuk! Mein Büchsen die sind schon geladen, Daß dirs nicht mög am Leben schaden, Kukuk! Kukuk! Kukuk! Nun liegst du Vogel getroffen hier, Kukuk! Komm immerfort in mein Revier, Kukuk! So oft ich dich im Wald erblick, So schieß ich dich im Augenblick. Kukuk! Kukuk! Kukuk! Der Vogel hat mich recht erfreut, Kukuk! Ums Pulver ist mirs gar nicht leid, Kukuk! Wenn ich ihn nur vermerken thue, So schrey ich'm den Namen zu: Kukuk! Kukuk! Kukuk!

Echo Fuchs Schießen

Chapter 168
Text Entities

Warnung. Mündlich.

Der Kukuk auf dem Zaune saß, Es regnet sehr und er ward naß, Da kam ein hoher Sonnenschein, Der Kukuk, der ward hübsch und fein, Dann schwang er sein Gefieder Wohl übern See hinüber. Kukuk, Kukuk, Kukuk. Da wandte er sich schnelle her, Er sang so traurig, bange, schwer: »Von rothem Gold ein Ringelein, Ließ ich im Bett der Liebsten mein, Ich schwing nicht mein Gefieder, Bis mir das Ringlein wieder. Kukuk, Kukuk, Kukuk.« »Ach Goldschmidt, lieber Goldschmidt mein, Schmied' mir von Gold ein Ringelein, Schmied mir ihn an die rechte Hand, Ich nehm ihn mit ins Vaterland, Dann schwing ich mein Gefieder, Wohl übern See hinüber. Kukuk, Kukuk, Kukuk.« »Ach Kukuk, lieber Kukuk mein, Schmied ich dich an ein Ringelein, Schmied ich dir an die rechte Hand, Du kannst nicht ziehn ins Vaterland, Schwingst nimmer dein Gefieder, Da übern See hinüber: Kukuk, Kukuk, Kukuk.«

Gold Schmied Gold Schmied Schmied Schmied

Chapter 169
Text Entities

Das grosse Kind. Mündlich.         Ich hört ein Fräulein klagen, Fürwahr ein weiblich Bild, Ihr Herz wollt ihr verzagen, Durch einen Jüngling mild. Das Fräulein sprach mit Listen: »Er liegt an meinen Brüsten Der Allerliebste mein. Warum sollt ich aufwecken Den Allerliebsten mein, Ich fürcht es möcht erschrecken Das junge Herze sein; Er ist mein Herz-Geselle, Er liegt an seiner Stelle, Wie gern ich bey ihm bin. Er ist mein Kindlein kleine, Er athmet noch so heiß, Und daß er nur nicht weine, Ich sang ihn ein so leisDas Fräulein sagt mit Listen: »Es schläft an meinen Brüsten, Der Allerliebste mein.«

Das Fräulein leis Das Fräulein

Chapter 170
Text Entities

Das heisse Afrika. Schubart.

Afrika Schubart

Auf, auf! ihr Brüder und seyd stark! Der Abschiedstag ist da, Schwer liegt er auf der Seele, schwer! Wir sollen über Land und Meer, Ins heiße Afrika. :,: Ein dichter Kreis von Lieben steht, O, Brüder! um uns her. Uns knüpft so manches theure Band, An unser teutsches Vaterland, Drum fällt der Abschied schwer. :,: Dem bieten graue Eltern noch, Zum letztenmal die Hand, Den kosen Bruder, Schwester, Freund, Und alles schweigt, und alles weint, Todtblaß von uns gewandt. :,: Und wie ein Geist schlingt um den Hals, Das Liebchen sich herum, Willst mich verlassen liebes Herz, Auf ewig, und der bittre Schmerz, Machts arme Liebchen stumm. :,: Ist hart! Drum wirble du Tambur, Den Generalmarsch drein; Der Abschied macht uns sonst zu weich! Wir weinen kleinen Kindern gleich, Es muß geschieden seyn. :,: Lebt wohl! Ihr Freunde, sehn wir uns Vielleicht zum leztenmal, So denkt: Nicht für die kurze Zeit; Freundschaft ist für die Ewigkeit, Und Gott ist überall. :,: An Teutschlands Grenzen füllen wir Mit Erden unsere Hand, Und küssen sie, das sey der Dank Für deine Pflege, Speiß und Trank, Du liebes Vaterland. :,: Wann denn des Meeres Woge sich, An unserm Schiff zerbricht, So segeln wir gelassen fort, Dann Gott ist hier, und Gott ist dort, Und der verläst uns nicht. :,: Und ha, wenn sich der Tafelberg, Aus blauen Düften hebt, So strecken wir empor die Hand, Und jauchzen: Land, ihr Brüder, Land! Daß unser Schiff erbebt. :,: Und wenn Soldat und Offizier, Gesund ans Ufer springt, Denn jubeln wir: Hurra! Hurra! Nun sind wir ja in Afrika, Und alles dankt und singt. :,: Wir leben drauf in fernem Land, Als Teutsche brav und gut: Und sagen soll man weit und breit, Die Teutschen sind doch brave Leut: Sie haben Geist und Muth. :,: Und trinken auf dem Hoffnungs-Kap, Wir seinen Götter-Wein! So denken wir von Sehnsucht weich, Ihr fernen Freunde, dann an euch: Und Thränen fließen drein. :,:

Seele Afrika Tambur Generalmarsch Tafelberg Offizier Afrika

Chapter 171
Text Entities

Das Wiedersehen am Brunnen. Mündlich.

Es war einmal ein junger Knab, Der hat gefreit schon sieben Jahr Um ein fein Mädlein, das ist wahr, Er konnt sie nicht erfreien. »Ey komm den Abend junger Knab, Wenn finstre Nacht und Regen ist, Wenn niemand auf der Gasse ist, Herein will ich dich lassen.« Der Tag verging, der Abend kam, Der junge Knab geschlichen kam, Er klopfet leise an die Thür: »Steh auf, ich bin dafüre. Ich hab schon lang gestanden hier Ich stand allhier wohl sieben Jahr.« »Hast lang gestanden, das ist nicht wahr, Ich hab noch nicht geschlafen. Ich hab gelegn und hab gedacht, Wo nur mein Schatz noch bleiben mag, Er macht mir allzulang, zu lang, Mir wird ganz angst und bange.« »Wo ich so lang geblieben bin, Das darf dir wohl gesaget seyn, Bey Bier und Wein, wo Jungfern seyn, Da bin ich allzeit gerne.« Es war wohl um die Mitternacht, Der Wächter fing zu läuten an: »Steh auf, wer bey Feinsliebchen liegt, Der Tag kommt angeschlichen.« Das Bürschlein auf die Leiter sprang, Und schaut die Stern am Himmel dicht: »Ich scheide nicht bis Tag anbricht, Bis alle Sterne schwanden.« Er sah das Morgensternlein nur, Als sich der Knab von ihr gewandt, Das Mägdlein Morgens früh aufstand, Ging an den kühlen Brunnen. Begegnet ihr derselbig Knab, Der Nachts bey ihr geschlafen hat, Viel guten Morgen boten hat: »Gut Morgen mein Feinsliebchen. Wie hast geschlafen heute Nacht?« »Ich hab gelegn in Liebchens Arm! Ich hab geschlafen, daß Gott erbarm, Mein Ehr hab ich verschlafen!«

Bey Bier Wein Stern schwanden

Chapter 172
Text Entities

Das Hasselocher Thal. Mündlich.

Thal

Des reichen Schlossers Knab, Ging mit dem Müller aus, Ging Abends spät nach Haus Durchs Hasselocher Thal, Bey Haßloch durch den Wald, Wohl durch den dicken Wald. Der Knab holt Nägel her, Ein hundert aus der Stadt, Die Tasche war ihm schwer, Ein Groschen noch drein hat: »Im Hundert, lustig spricht, Find ichs klein Gröschel nicht.« Der Müller denket schnell, Er denkt der Nägel nicht, Die Nägel klingern hell, Zum armen Knaben spricht: »Es ist wohl schwer dein Geld, Ich nehm dir ab dein Geld.« Der junge Knabe spricht: »Die hundert Gulden Geld, Die trage ich noch selbst.« Der böse Müller spricht: »So must du sterben bald, Must sterben hier im Wald.« Er gab ihm keine Bitt, Er gab ihm gleich drey Stich: »Ach Vetter, liebster mein, Kann es nicht anders seyn, Gedenk an Berg und Thal, Wo wir gegangen her durch Berg und Thal.« »Ich seh nicht Berg und Thal, Ich seh dran meine Qual, Die hundert Gulden schnell Verwandelt in Nägel schwarz, Ich find den Nagel bald, Daß ich mich häng im Wald!«

Thal Bey Haßloch Groschen Gulden Berg Thal Berg Thal Berg Thal Gulden

Chapter 173
Text Entities

Abendlied. Mündlich.

Abendlied

Nun laßt uns singen das Abendlied, Denn wir müssen gehn, Das Kännchen mit dem Weine, Lassen wir nun stehn. Das Kännchen mit dem Weine, Das muß geleeret seyn, Also muß auch das Abendlied Wohl fein gesungen seyn. Wohl unterm grünen Tannenbaum, Allda ich fröhlich lag, In mein feins Liebchens Armen Die lange liebe Nacht. Die Blätter von den Bäumen Die fallen nun auf mich, Daß mich mein Schatz verlassen hat, Das freuet wohl mich. Daß mich mein Schatz verlassen hat, Das kömmt wohl daher, Sie dacht sich zu verbessern, Betrog sich gar sehr. Des Abends, wenn es dunkel wird, Steht er wohl vor der Thür, Mit seinem blanken Schwerdte, Als wie ein Offizier. Mit seinem blanken Schwerdte, Gleich einem rechten Held, Mit ihm will ich es wagen, Ins weite, weite Feld. Mit ihm will ich es wagen, Zu Wasser und zu Land, Daß mich mein Schatz verlassen hat, Das bringt mir keine Schand. Das Abendlied gesungen ist, Das Kännchen ist geleert, Laß sehn nun wie du Kerl aussiehst, Mit deinem blanken Schwerdt.

Abendlied Abendlied Offizier Held Abendlied

Chapter 174
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Der Scheintod. Mündlich.

Scheintod

Des Jerman Weizers Fraue ward Mit großer Angst beschweret, Von wunderbarer Krankheit Art, Auch sollt sie bald gebähren, Sie betet: Wär das Kind zur Welt, Darnach, wenn's Gott dem Herrn gefällt, Wollt sie auch gerne sterben. Sie starb zu ihrer Kinder Leid, Ward in ein Grab getragen, Die Kinder gingen lange Zeit Vielmal an allen Tagen, Wohl auf den Kirchhof zu dem Grab, Sie weinten sich die Aeuglig ab, Im Hause still zu bleiben. Als nun die Frau neun Tage lang, Im Grabe hat gelegen, Die Kinder nahmen ihren Gang, Zum Kirchhof thäten gehen, Da hörten sie ein lieblich Stimm Auf ihrer Mutter Grab, vernimm, Ein Kinder-Liedlein singen. Nun schlaf mein liebes Kindelein, Sangs mit der Mutter Tone, Die Kinder liefen freudig heim, Mit einer Blumenkrone: »O Vater, lieber Vater mein! Geh mit uns auf den Kirchhof ein, Die Mutter singet schöne. Sie wiegt im Grab ein Kindelein, Darum wir Blumen tragen.« »Ihr lieben Kinder bleibt daheim, Eur Mutter schläft ohn Klagen.« Die Kinder ließen keine Ruh, Der Vater ging dem Grabe zu, Thät auch die Stimme hören. Ein überlieblich reine Stimm, Er hört an diesem Orte, Mit Wunderkraft, mit frohen Grimm Er reisset auf die Pforte, Er hebet auf den schweren Stein, Den eichnen Sarg er schlaget ein, Dann stürzt er betend nieder. Es lag die schöne Fraue da, Das Kind an ihrer Seite, Die andern Kinder treten nah, Sie thät die Arme breiten: »Herzlieber Mann, dein Kind nimm an,« Er sah es voller Freuden an, »Und laß dich nicht entsetzen.« Das Kindlein lacht den Vater an, Sie gingen all nach Hause, Ein Bad man thät anrichten dann, Man ladet viel zum Schmause. Gelehrte kamen auch heran, Zu schauen das Mirakel an, Zu hören ohne Grausen. Da nahm sie einen Becher Wein, Dann grüßte sie die Freunde, Und sprach: »O Tod, du böser Schein! Ich schien wohl todt, ihr weintet, Ich wachte auf, und war allein, Ich lag im engen Kämmerlein, Ein Kind hatt ich geboren.« Sie sprach und dankt Gott so rein: »Dreymal in einem Tage, Bracht mir ein kleines Knäbelein, Die Speis zum Glockenschlage, Daß ich mein Söhnlein nähren konnt,« Und sprach: »Neun Tage wart zur Stund, Du gehest aus dem Grabe: Doch länger nicht als noch drey Jahr, Wirst du noch bleiben leben, Du sollst es zeigen an fürwahr, Den Bösen allen die leben; Sie sollen sich bekehren all, Von Fluchen, Lästern allzumal, Der jüngste Tag ist nahe.«

ließen kamen Mirakel Wein engen Söhnlein Der jüngste Tag

Chapter 175
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Romanze von den Schneidern. Fliegendes Blat.

Es sind einmal drey Schneider gewesen, O Je, es sind einmal drey Schneider gewesen, Sie haben ein Schnecken für ein Bären angesehen, O Je, O Je, O Je! Sie waren dessen so voller Sorgen, O Je, u. s. w. Sie haben sich hinter ein Zaun verborgen, O Je, u. s. w. Der erste sprach: Geh du voran, O Je, u. s. w. Der andre sprach: Ich trau mich nicht nan, O Je, u. s. w. Der dritte der war wohl auch dabey, O Je, u. s. w. Er sprach: der frißt uns alle drey. O Je, u. s. w. Und als sie sind zusammen kommen, O Je, u. s. w. So haben sie das Gewehr genommen. O Je, u. s. w. Und da sie kommen zu dem Streit, O Je, u. s. w. Da macht ein jeder Reu und Leid, O Je, u. s. w. Und da sie auf ihn wollten hin, O Je, u. s. w. Da ging es ihnen durch den Sinn: O Je, u. s. w. »Heraus mit dir du Teuxels Vieh, O Je, u. s. w. Wann du willt haben einen Stich.« O Je, u. s. w. Der Schneck, der streckt die Ohren heraus, O Je, u. s. w. Die Schneider zittern, es ist ein Grauß. O Je, u. s. w. Und da der Schneck das Haus bewegt, O Je, u. s. w. So haben die Schneider das Gewehr abgelegt, O Je, u. s. w. Der Schneck der kroch zum Haus heraus, O Je, u. s. w. Er jagt die Schneider beym Plunder hinaus. O Je, u. s. w.

Schneider Schneider Schnecken nan Schneider Schneider Schneider

Chapter 176
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Nächtliche Jagd. Mündlich.

Mit Lust thät ich ausreiten Durch einen grünen Wald, Darin da hört ich singen, Drey Vöglein wohlgestalt. Und sind es nicht drey Vögelein, So sind's drey Fräulein fein; Soll mir das ein nicht werden, So gilts das Leben mein. Die Abendstrahlen breiten Das Goldnetz übern Wald, Und ihm entgegen streiten Die Vöglein, daß es schallt; Ich stehe auf der Lauer, Ich harr auf dunkle Nacht, Es hat der Abendschauer Ihr Herz wohl weich gemacht. Ins Jubelhorn ich stosse, Das Firmament wird klar, Ich steige von dem Rosse Und zähl die Vögelschaar. Die ein ist schwarzbraun Anne, Die andre Bärbelein, Die dritt hat keinen Namen, Die soll des Jägers seyn. Da drüben auf jenem Berge, Da steht der rothe Mond, Hier hüben in diesem Thale, Mein feines Liebchen wohnt. Kehr dich Feinslieb herumme, Beu ihm den rothen Mund, Sonst ist die Nacht schon umme, Es schlägt schon an der Hund.

Mond

Chapter 177
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Hier liegt ein Spielmann begraben. Mündlich.         »Guten Morgen Spielmann, Wo bleibst du so lang?« Da drunten, da droben, Da tanzten die Schwaben, Mit der kleinen Killekeia, Mit der großen Kum Kum. Da kamen die Weiber Mit Sichel und Scheiben, Und wollten den Schwaben Das Tanzen vertreiben, Mit der kleinen Killekeia, Mit der großen Kum Kum. Da laufen die Schwaben Und fallen in Graben, Da sprechen die Schwaben: Liegt ein Spielmann begraben, Mit der kleinen Killekeia, Mit der großen Kum Kum. Da laufen die Schwaben, Die Weiber nachtraben, Bis über die Grenze, Mit Sichel und Sense: »Guten Morgen Spielleut, Nun schneidet das Korn

Spielmann Spielmann Schwaben kamen Schwaben Schwaben Schwaben Spielmann Schwaben Sense Korn

Chapter 178
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Knabe und Veilchen. Mündlich. Knabe.       Blühe liebes Veilchen, Das so lieblich roch, Blühe noch ein Weilchen, Werde schöner noch. Weist du was ich denke, Liebchen zum Geschenke, Pflück ich Veilchen dich, Veilchen freue dich! Veilchen.

Veilchen Veilchen Veilchen Veilchen Veilchen

Brich mich stilles Veilchen, Bin die Liebste dein, Und in einem Weilchen Werd ich schöner seyn! Weist du, was ich denke, Wenn ich duftend schwenke Meinen Duft um dich: Knabe liebe mich!

Veilchen schwenke

Chapter 179
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Der Graf im Pfluge. Adelung's Magazin der deutschen Sprache. II. B. 3. Stück. S. 114.

Graf II

Ich verkünd euch neue Mehre, Halt Frieden bei der Kann. Zu Rom da saß ein Herre, Ein Graf gar wohlgethan, Der war von reicher Habe, War mild und tugendhaft, Wollt ziehen zum heiligen Grabe, Nach Ehren und Ritterschaft. Sein Frau erschrack der Mehre, Sie blickt den Grafen an: »Gnad mir edler Herre, Dazu mein ehelich Mann, Mich nimmt Wunder sehre, Was euch die Ritterschaft soll, Habt ihr doch Gut und Ehre, Und alles, was ihr wollt.« Er sprach zu seiner Frauen: »Nun spar dich Gott gesund, Alles will ich dir vertrauen, Allhie zu dieser Stund.« Also schied er von dannen, Der edle Graf so hart, Groß Kummer stand ihm zu handen, Eins Königs Gefangner er ward. Er mocht ihm nicht entfliehen, Das war sein gröste Klag, Im Pflug da must er ziehen, Viel länger denn Jahr und Tag, Erlitt viel Hunger, und schwere Ward ihm die große Buß. Der König reit vor ihm here, Der Graf fiel ihm zu Fuß. Der König sprach: »Mit nichten« Sprach noch dem Grafen Hohn: »Es hilft dir doch kein Bitten, Schwör ich bey meiner Kron; Und fielest du alle Morgen, Täglich auf deine Knie, Du möchtest nicht ledig werden, Denn deine Frau wär hie.« Der Graf erschrack der Mehre, Groß Leid er ihm gedacht: »Bring ich mein Frauen here, So wird sie mir geschwächt, Und soll ich hier noch bleiben, So gilt es meinen Leib, Darauf so will ich schreiben, Will schicken nach meinem Weib.« Einer der war an dem Hofe, Der hat die Gefangen in Hut, Dem übertrugs der Grafe, Verhieß ihm Hab und Gut, Ein Brief schreibt der behende, Macht seiner Frauen klar, Sein Kummer möcht niemand wenden, Denn sie käm selber dar. Der Bote zog ohne Trauern, Wohl über das wilde Meer, Zu Rom fand er die Frauen, Den Brief den gab er ihr: Den thät sie selber lesen, Gar heimlich und gar bald, Sie verstund ihres Herren Wesen, Ihr Herz ward ihr gar kalt. Ein Brief schrieb sie wieder weise So gar behendiglich, Wie sie nicht möchte reisen; Es wär ja unmöglich, Daß eine Frau möcht fahren Wohl über das wilde Meer, Kein Gut wollt sie nicht sparen, An ihrem Grafen Herrn. Der Bote thät sich eilen, Wohl wieder heim ins Land, Die Frau die stand in Leiden, Gar wohl sie das empfand. So gar in stiller Sache Thät sie das alles gerne. Sie ließ ein Kutten machen, Sich eine Platte scheeren. Die Frau konnt lesen und schreiben, Und andre Kurzweil viel, Sie konnte Harfen und Geigen, Und ander Saitenspiel; Da hing sie an ihr Seiten, Harfen und Lauten gut, Dem Boten that sie nachreiten, Fuhr übers Meer voll Muth. Sie zogen der Tage viele, Die Frau gar wunnesam Aufm Meere hub an zu spielen, Jedermann da Wunder nahm. Der Bot saß ihr genüber, Den Ihr der Graf geschickt, Die Augen gingen ihr über, Sie kannt ihn, er sie nicht. Der Bote sprach mit Sinnen Wohl zu dem Mönche sein: »Herr wollt ihr Gut gewinnen, So ziehet mit mir heim, Zu einem König reiche, Der gibt euch reichen Sold; Er läst euch Speise reichen, Als lang ihr bleiben wollt.« Der Bot ließ nicht davon, Wie sehr der Mönch ihn bat. Sie zogen mit einander, Wohl an des Meers Gestad, Sie zogen alle beide Viel Berg und tiefe Thal, Die Frau im Möncheskleide, Wohl vor des Königs Saal. Der König kam gegangen Mit Rittern und Knechten viel, Die Frau ward schön empfangen Mit ihrem Saitenspiel, Da schlug sie auf der Laute Gar freudenreiche Wort, Die Heiden sprachen all überlaute: Nie hätten sies schöner gehört. Der Mönch saß oben am Tische, Sie hatten ihn lieb und werth, Man gab ihm Wildpret und Fische, Und was sein Herz begehrt;

Rom Graf Ritterschaft Ritterschaft Graf Pflug König reit Graf König Graf Rom Leiden Jedermann Graf König Berg Thal König Laute

Da sie das also sahe, Dacht sie in ihrem Muth, Da ihr so gütlich geschahe: Mein Sach wird werden gut. Da schlug sie auf der Harfe, Und macht ein frisch Gesang, Gar höflich und gar scharfe, Daß hell der Pallast erklang, Die Helden musten springen, Damit, da ward es Nacht, Wohl unter denselben Dingen, Ward dem Grafen die Botschaft bracht. Dem Grafen kam die Mehre Von seinem schönen Weib, Wie sie nicht käm dahere, Es wär ihr unmöglich; Viel Schand wär unter den Heiden, Sie käm in große Noth, Der Graf der gedacht im Leide, Nun muß ich leiden den Tod. Die Frau war an dem Hofe, Bis an den andern Tag, Da sah sie nach dem Grafen, Es war ihr gröste Klag; Da ging sie an die Zinne, Gar heimlich unermeldt, Sie ward ihres Grafen inne, Den Pflug zog er im Feld. Wohl zu derselben Stunde, Hob sie viel heiß zu weinen an, Daß sie ihm nicht helfen konnte, Wie sie gern hät gethan; Sie war gar unverdrossen, Sang schöner jeden Tag, Vier Wochen war sie im Schlosse, Eh sie da Urlaub nahm. Der König wollte lohnen, Den Mönch wollt lohnen wohl, Ihn krönt mit goldner Krone, Viel Gelds, ein Schüssel voll: »Nimm hin mein lieber Herre, Last's euch verschmähen nicht.« Der Mönch wehrt sich gar sehre: »Ist nicht meines Ordens Sitt!« Der Mönch der sprach mit Sitten: »Ich will kein solchen Sold, Ein Gab will ich erbitten, Ist nicht um rothes Gold, Und nicht um Edelgesteine, Noch sonst um andern Rath, Dort um den Menschen alleine, Ders Feld umpflüget hat.« Der König sprach mit Fuge: »Herr nehmt ihn in Gewalt.« Man bracht den Grafen vom Pfluge, Wohl vor den König bald, Da sprach der König mit Treuen, Und gab dem Grafen Rath: »Dank du dem Abentheurer, Der dich erlöset hat.« Die Frau stand an dem Meere, Wohl an dem andern Tag, Der Graf ließ nicht davone, Wollt ziehen zum heiligen Grab, Wiewohl er hät nicht mehre, Weder Habe noch ander Gut, Noch half ihm Gott der Herre, Uebers Meer er fahren thut. Der Graf kam heim gegangen, Bestäubt und ärmiglich, Es hat ihn schön empfangen, Die Fraue säuberlich: »Ein Brief hab ich dir geschrieben In Kummer und großer Noth, Da bist du daheime blieben, Du achtest nicht, ob ich todt.« Die Frau die sprach mit Züchten: »Herr, das ist alles wahr; Im Brief habt ihr geschrieben, Von eurem Kummer gar, Das lasset euch nicht reuen, Traut lieber Herre mein, Ich durft dem Boten nicht trauen, Ich fürchtet der Ehren mein.« Der Graf, der war daheime, Bis an den andern Tag, Sein Freund die kamen, ihn grüßen, Sie führten der Fraue Klag, Wie sie umzogen wäre, So lange und so spät, Bald hin und wieder heime, Weiß niemand was sie schaffen hat. Die Frau sprang auf gar schnelle, Wohl von dem Tische drat, Sie ging in ihre Kammer, Sie legt die Kutte an, Sie nahm in ihre Hände Die Lauten und Harfen gut, Recht wie sie hat gestanden Vorm König wohlgemuth. Sie trat hinein mit Schalle, Wohl durch die Thür geschwind, Sie thät sie grüßen alle, Die da gesessen sind, Der Graf erfreuet sich balde, Da er sie wieder sah: »Das ist der Abentheurer, Der mich erlöset hat!« Da ward die Frau bald jehen: »Herr, das ist alles wahr, Ihr habt mich wohl gesehen, Vorm König, offenbar, Der König der thät sprechen, Wohl zu derselben Sach; Du Gefangner und Gebundner, Geh aus ohn Ungemach.« Die Freund erschracken gar sehre, War ihnen schwere Buß, Sie standen auf von dem Tische, Und fielen der Frauen zu Fuß, Sie thäten sie fast bitten, Daß sie ihnen das vergebe, Also wird Fraun abgeschnitten, Ihr Treu und auch ihr Ehr.

Harfe Graf Zinne Pflug König Sitten Gold Rath König Fuge König König Treuen Rath Graf Graf Graf kamen Kutte König Graf König König

Chapter 180
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Drey Winterrosen. Feiner Almanach. I. B. S. 126.

Almanach

Es ritt ein Herr mit seinem Knecht, Des Morgens in dem Thaue, Was fand er auf der Heide stehn? Ein wunderschöne Jungfraue. »Gott grüß euch Jungfrau hübsch und fein, Gott grüß euch Auserwählte, Wollt Gott ich sollt heut bey euch seyn, In euren Armen schlafen.« »In meinen Armen schlaft ihr nicht, Ihr bringt mir denn drey Rosen, Die in dem Winter wachsen sind, In voller Blüt erschlossen.« Er schwang sich in den Sattel frei, Dahin so thät er traben, Da wo die rothen Röslein stehn, Um Fräuleins Gunst zu haben. Der Röslein warn nicht mehr denn drey, Er brach sie an den Stielen, Er schütt sie der Magd in Geren frei, Nach allem ihren Willen. Da sie die rothen Röslein sah, Gar freundlich thät sie lachen: »So sagt mir edle Röslein roth, Was Freud könnt ihr mir machen?« »Die Freud, die wir euch machen wohl, Die wird sich auch schon finden, Jetzund geht ihr ein Mägdlein jung, Aufs Jahr mit einem Kinde.« »Geh ich mit einem Kindelein, So muß es Gott erbarmen, Hab ich doch nur eine halbe Nacht, Geschlafn an deinen Armen.« »So klage nicht mein Töchterlein, Und weine nicht so sehre, Es ist geschehn; manch Jungfräulein Kam noch zu großen Ehren.« Das hat gesungen ein Reuter gut, Ein Berggesell hat ihn verdrungen, Er trinkt viel lieber den lautern Wein, Denn Wasser aus kühlem Brunnen.

Heide Jungfrau roth Freud Freud lautern Wein

Chapter 181
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Der beständige Freyer. Fliegendes Blat.

Andreas lieber Schutzpatron, Gib mir doch nur einen Mann! Räche doch jezt meinen Hohn, Sieh mein schönes Alter an! Krieg ich einen oder keinen? – Einen. Einen krieg ich? Das ist schön! Wird er auch beständig seyn? Wird er auch zu andern gehn? Oder sucht er mir allein Und sonst keiner zu gefallen? – Allen. Allen? Ey das wär nicht gut! Ist er schön und wohlgestalt? Ists ein Mensch der viel verthut? Ists ein Witwer? Ist er alt? Ist er hitzig oder kältlich? – Aeltlich. Aeltlich? Aber doch galant? Nun so sage mir geschwind: Wer ist ihm denn unverwandt, Und wer seine Freunde sind? Sind sie auch von meines Gleichen? – Leichen. Leichen? Ey, so erbt er viel! Hat er auch ein eignes Haus, Wenn er mich nun haben will: Und wie sieht es drinnen aus? Ist es auch von hübscher Länge? – Enge. Enge? Ey wer fragt darnach? Wenn er nur ein größres schafft. Und wie stehts ums Schlafgemach? Ist das Bette auch von Tafft, Wo ich drinnen liegen werde? – Erde. Erde? Das klingt wunderlich, Ist ein sehr nachdenklich Wort! Andreas, ach! ich bitte dich, Sage mir doch auch den Ort, Wo du ihn hast aufgehoben: – Oben. Oben hat er seinen Platz? Nun, so merk' ich meine Noth, Der mir jezt beschriebene Schatz Ist vielleicht wohl gar schon todt, Ist mir sonst nichts übrig blieben? – Lieben. Lieben soll ich nun das Grab? Ach! wie manches Herzeleid, Weil ich keinen haben mag, Hier in dieser Sterblichkeit, Keinen Krummen, keinen Lahmen! – Amen.

Schutzpatron galant wunderlich Sage Herzeleid

Chapter 182
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Von Hofleuten. Schöne neue Lieder mit Musik von Orlando di Lasso. München 1576. III. T. S. 21.

Lasso München

Ich sprech, wenn ich nicht lüge, So sollt ihr glauben mir, Ihr habt oft sehen Fliegen, Das ist ein solches Thier. Wenn man ein Kost richt anne, Sie sey saur oder süß, Sind sie die ersten dranne, Mit Händen und mit Füß. Kommt dann ein Krämer here Mit guter Specerey, Mit Zucker und Latwere, Sind sie die ersten frey. Und die das Maul drin schlagen, Versuchens um und um, Und wenn mans dann thut jagen, So gebns kein Heller drum. Wo man hat Bier und Mete, Da ist den Fliegen wohl, Sie kommen ungebeten, Und saufen sich auch voll. Daß manche thut ertrinken, Im Becher und im Glas, Kommt raus, so thut sie hinken, Die Kleider sind ihr naß. Ist einer dann beschoren, Und hat ein kurzes Haar, Die Fliegen um ihn bohren, Sieht man im Sommer zwar. Es muß sich einer oft wehren, Will er Fried vor ihn han, Sie thuns Fürsten und Herren, Es hilft dafür kein Zaun. Auch ich umfliege eine, Und sie erwehrt sich mein, Doch find ich sie alleine, So ist sie dennoch mein.

Fliegen Zucker Bier Fliegen Glas Fliegen han

Chapter 183
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Lied beym Heuen. In den frischen Liedlein Georg Forsters. Nürnberg 1565. II. XXV. ist schon der Anfang eines ganz ähnlichen Lieds:

Nürnberg II

Es hätt ein Biedermann ein Weib, Ihr Tück wollt sie nit lan, Das macht ihr grader stolzer Leib, Daß sie bat ihren Mann, Und daß er führ ins Heu, ins Heu,     Nach Gromat in das Gey. Der Mann der wollt erfüllen, Der Frauen ihren Willen, Er stieg zu aller öberst, Wohl auf die Dillen, Er sprach, er wollt ins Heu, ins Heu,     Nach Gromat in das Gey.

lan grader Heu Heu Gey Heu Heu Gey

Mündlich.

Es hatte ein Bauer ein schönes Weib, Die blieb so gerne zu Haus, Sie bat oft ihren lieben Mann, Er sollte doch fahren hinaus, Er sollte doch fahren ins Heu, Er sollte doch fahren ins Ha, ha, ha; ha, ha, ha, Heidildey, Juch heysasa, Er sollte doch fahren ins Heu. Der Mann der dachte in seinem Sinn: »Die Reden die sind gut! Ich will mich hinter die Hausthür stelln, Will sehn, was meine Frau thut, Will sagen, ich fahre ins Heu, u. s. w.« Da kommt geschlichen ein Reitersknecht Zum jungen Weibe hinein, Und sie umpfanget gar freundlich ihn, Gab straks ihren Willen darein. »Mein Mann ist gefahren ins Heu, u. s. w.« Er faßte sie um ihr Gürtelband, Und schwang sie wohl hin und her, Der Mann, der hinter der Hausthür stand, Ganz zornig da trat herfür: »Ich bin noch nicht fahren ins Heu, u. s. w.« »Ach trauter herzallerliebster Mann, Vergieb mir nur diesen Fehl, Will lieben fürbas und herzen dich, Will kochen süß Muhs und Mehl; Ich dachte du wärest ins Heu, u. s. w.« »Und wenn ich gleich gefahren wär Ins Heu und Haberstroh, So sollt du nun und nimmermehr Einen andern lieben also, Der Teufel mag fahren ins Heu, u. s. w.« Und wer euch dies neue Liedlein pfif, Der muß es singen gar oft, Es war der junge Reitersknecht, Er liegt auf Grasung im Hof, Er fuhr auch manchmal ins Heu, u. s. w.

Heu Heu Heu Heu Heu Mehl Heu Heu Der Teufel Heu Heu

Chapter 184
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Des Antonius von Padua Fischpredigt. Nach Abraham a St. Clara. Judas, der Erzschelm. I. S. 253.

Padua Abraham Judas

Antonius zur Predig Die Kirche findt ledig, Er geht zu den Flüssen, Und predigt den Fischen;     Sie schlagn mit den Schwänzen,     Im Sonnenschein glänzen. Die Karpfen mit Rogen Sind all hieher zogen, Haben d' Mäuler aufrissen, Sich Zuhörens beflissen:     Kein Predig niemalen     Den Karpfen so gfallen. Spitzgoschete Hechte, Die immerzu fechten, Sind eilend herschwommen Zu hören den Frommen:     Kein Predig niemalen     Den Hechten so gfallen. Auch jene Phantasten So immer beym Fasten, Die Stockfisch ich meine Zur Predig erscheinen.     Kein Predig niemalen     Den Stockfisch so gfallen. Gut Aalen und Hausen Die Vornehme schmausen, Die selber sich bequemen, Die Predig vernehmen:     Kein Predig niemalen     Den Aalen so gfallen. Auch Krebsen, Schildkroten, Sonst langsame Boten, Steigen eilend vom Grund, Zu hören diesen Mund:     Kein Predig niemalen     Den Krebsen so gfallen. Fisch große, Fisch kleine, Vornehm' und gemeine Erheben die Köpfe Wie verständige Geschöpfe:     Auf Gottes Begehren     Antonium anhören. Die Predigt geendet, Ein jedes sich wendet, Die Hechte bleiben Diebe, Die Aale viel lieben.     Die Predig hat gfallen,     Sie bleiben wie alle. Die Krebs gehn zurücke, Die Stockfisch bleiben dicke, Die Karpfen viel fressen, Die Predig vergessen.     Die Predig hat gfallen,     Sie bleiben wie alle.

Karpfen Rogen Karpfen Stockfisch Stockfisch Aale Krebs Stockfisch Karpfen

Chapter 185
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Die Schlacht bey Sempach.

Sempach

Die Biene kam geflogen, macht in der Lind ihr Nest, Es redet der gemeine Mann, das deutet fremde Gäst. Da sah man wie die Veste bey Willisow hell brennt, Den Herzog mit dem Heere ein jeder daran kennt. Sie redeten zusammen in ihrem Uebermuth, Die Schweizer wollen wir tödten, das jung und alte Blut. Sie zogen her mit Schalle von Sursee aus der Stadt, Sie fangen an zu ziehen mit ihrem köstlichen Waat: »Ihr niederländisch Herren, ihr zieht ins Oberland, Werdet ihr euch da ernähren, es ist euch unbekannt. Ihr solltet euch nach Beichte vorher noch umme sehen, Im Oberländchem Streite möcht euch wohl Weh geschehen.« »Wo sizt denn nur der Pfaffe dem einer da beichten muß?« »Zu Schweiz ist er im Felde, er giebt einem schwere Buß, Er wird gar schwere Hand auf eure Köpfe legen, Mit Helleparten giebt er euch den besten Segen.- An einem Montag frühe, als man die Mädchen sahe, Jezt sicheln in dem Thau, sie waren Sempach nahe. Die Herren von Luzerne, sich streckten festiglich, An Mannheit gar ein Kerne, sah keiner hinter sich. Ein Herr von Hasenburg zum Herzog also sprach: »Das Völklein ich beschaut, sie sind gar unverzagt.« Da redet Ochsenstein: O Hasenburg, o Hasenherz! Der Hasenburg der sagt: Wir wollen sehn den Scherz. Sie banden auf die Helme und thäten sie vorher tragen, Von Schuchen hieben die Schnäbel, man füllt damit 'nen Wagen. Zusammen sie dann sprachen: »Das Völkchen ist zu klein, Wenn wir die Bauern schlagen, das Lob wird klein nur seyn.« Die biedern Eidgenossen Gott riefen im Himmel laut, Ein Regenbogen gar helle vom hohen Himmel schaut. Und Herz und Sinn ist wachsen von hoher Manneskraft, Daß sie sich tapfer kehrten jezt gegen die Ritterschaft. Der Löw fing an zu brüllen, zu schmücken seinen Wadel, Sie fingen an zu schießen die Herren da von Adel. Sie griffen mit langen Spießen, der Schimpf war gar nicht süß, Der Aeste von hohen Bäumen fielen vor ihre Füß. Des Adels Heer war fest, ihr Ordnung dick verhagt, Das verdroß die frommen Gäste, ein Winkelried da sagt: »He werd ihr gniessen lon, Min fromme Kind und Frauen, so will ich ein Frevel beston, Trüen lieben Eidgenossen, min Leben verlur ich mit, Sie hand ihr Ordnung gstossen, wir mögens zu brechen nit; He, ich will ein Inbruch han, Des wellend ihr min Gschlecht in ewig geniessen lan.« Hiemit so thut er fassen, ein Arm voll Spieß behend, Den Seinen macht er ein Gassen, sein Leben hat ein End. Er brach des Löwen Muth mit seinem theuren Blut, Sein mannlich tapfer Sterben war den vier Waldstädten gut. Sie brachen ein so schnelle des Adels Ordnung bald, Mit Hauen und mit Stechen: Gott seiner Seelen walt. Der Löw fing an zu mauen, zu treten hinter sich, Der Stier starzt seine Brauen und gab ihm noch ein Stich. Da ließ er ihm das Panner, da ließ er ihm die Weid, Zu Königsfeld im Kloster viel liegen begraben mit Leide. Der Herzog Lüpolt wollte es gar fürstlich wagen, Da er an die Bauern kam, sie haben ihn todt geschlagen. Die Kuh die sprach zum Stiere: Ach sollt ich dir nicht klagen, Mich wollt auf deinem Refiere ein Herr gemolken haben, Da hab ich ihm den Kübel so eben umgeschlagen, Ich gab ihm eins zum Ohre, daß ihr ihn müßt begraben. Ein Herre war entronnen, der war ein Herr von Ehren, Er kam zu böser Stund bey Sempach zu dem See, Er klopft mit seinem Knecht da an bey Hans von Rot: »Nun thus durch Gott und Geld, führ uns aus aller Noth.« Fast gern, sprach Hans von Rot, des Lohnes war er froh, Den er verdienen sollt, fährt übern See also. Er rudert stark und schnelle, da er gen Notwyl war, Da winkt der Herr dem Knechte, er sollt ihn erstechen gar. Das wollt der Knecht vollbringen, am Schiffmann in der That, Hans Rot sieht's in dem Schatten, das Schifflein er umtrat. Sie wollten sich noch halten, er warf sie in den See: »Nun trinket liebe Herren, ihr erstecht kein Schiffmann mehr. He, zween Fisch ich heute im See gefangen habe, Ich bitt nur um die Schuppen, das Fleisch ist schlechte Gabe.« Es kam ein Bote endlich nach Oesterreich gesandt: »Ach edle Frau von Oesterreich, min Herr liegt auf dem Land, Ach edle Frau er lieget vor Sempach blutig roth!« »Ach reicher Christ vom Himmel, was hör ich große Noth.« Halb Suter unvergessen, also ist er genannt, Z'Lucern ist er gesessen, also sehr wohl bekannt; Er war ein fröhlich Mann, das Lied hat er gedichtet, Als ab der Schlacht er kam, wo Gott der Herr gerichtet.

Veste Herzog Sursee niederländisch Beichte Pfaffe Schweiz Sempach Herzog Ochsenstein Hasenherz Eidgenossen Regenbogen Ritterschaft Adel griffen Eidgenossen han lan Spieß Löwen Weid Königsfeld Kloster Herzog Ohre Sempach Oesterreich Oesterreich Sempach roth

Chapter 186
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Algerius. Von Hans Büchel, aus einem alten Gesangbuche der Wiedertäufer. S. 179.

Büchel Wiedertäufer

Algerius sagt Wunderding: »Wo andre schreien, weinen, An diesem Ort ich Freud empfing, Im Gefängniß mir erscheinet Das Himmelheer, Viel Märtirer Tagtäglich bey mir wohnen, In Freud und Wonn, In Gnadensonn, Seh ich den Herren thronen.« Obs Vaterland, sie fragten an, Ob Freund und auch Verwandten, Ob seine Kunst er lassen kann? Er sprach zu den Gesandten: »Vom Vaterland Mich keiner bannt, Es ist am Himmelsthrone, Allda die Feind Mir werden Freund, In einer Musik Tone. Kein Medizin, Kunst, Meisterschaft, Mag keinem hier gelingen, Der nicht erkennet Gottes Kraft, In seiner Kraft kann schwingen.« In Zorn und Grimm Sie deuten ihm, Sie wollten ihn verbrennen, Algerius sagt: »In Flammenmacht, Werdt ihr mich erst erkennen!«

Freud empfing Freud Medizin Werdt

Chapter 187
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Doppelte Liebe. Mündlich.

Nicht lang es ist, In Fastnacht-Frist, Hab ich mir auserkoren, Zwey Jungfraun zart, Von guter Art Und tugendlich geboren. Am Abend spat Schneeweiß ihr Waat, Durchaus ganz wohlgezieret, Ich ihnen gern In Zucht und Ehrn Gefällig hätt' hofieret. Doch durft ich nicht, Dieweil es Sitt Ein jeder Zeit zu halten; Nach Klagens Brauch Darum ich auch Den lieben Gott ließ walten. Und schmückt mich sehr, Als ob ich wär, Ein Sohn der armen Frauen, Mit kleinem Ruhm, Recht wie die Blum Den Winter in der Auen. Vor beyder Thür Ich stehe hier, So zwischen beyden Frauen, Ganz grämlich schier, Wies Müllerthier Zwey Bündel Heu mag schauen. Schleich auf den Zehn Zum Schlafen gehn, Vor großem Leid und Kummer; In dem bedacht In selbig Nacht Den schön und edlen Sommer. In kurzer Zeit Er breitet weit Die Blum auf grüner Heiden, Manch schönen Strauch, Darin ich auch Mich hoff mit Lust zu weiden.

spat Wies Heu Strauch

Chapter 188
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Die gefährliche Manschettenblume. Mündlich.

Es stand ein Baum im Schweizerland, Der trug Manschettenblumen, Die erste Blume die er trug, Die war des Königs Tochter. Des Bauers Sohn darunter war, Der thäte um sie freyen, Er freyte länger als sieben Jahr, Er konnte sie nicht erfreyen. Der Bauernsohn steigt auf das Nest, Da oben auf dem Baume, Der König hält ihn am Mantel fest: »Was willst mit meiner Tochter? Sie ist viel höher geboren als du, Von Vater und von Mutter.« »Ist sie viel höher geboren als ich, So bin ich viel höher gestiegen.« »Und wenn du auch mein Rath schon bist, Du bist doch nicht vom Blute.« »Ey König was du jetzo bist, Das dankest du meinem Blute!« »Ich dank dir mein Schloß in Oesterreich, Da sollst du König werden, Ich schlag dich zum Ritter mit dürrem Zweig, Das Kettlein soll dir auch werden. Und über dem Schloß noch höher hinaus, Sie sollen hinauf dich ziehen, Da hast du über den Wolken ein Haus, Gewitter unter dir ziehen.« »Und hätt es des Königs Tochter gethan, Kein König ich würd über alle, So gehts wer gerne freyen thät, Und kann doch keiner gefallen.«

König Rath König Oesterreich König Gewitter König

Chapter 189
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Der Fähndrich. Fliegendes Blat.

Marschiert ihr Regiment Nun in das Feld, In aller Welt Viel Krieg ist heuer zu finden. Bey der Frau Wirthin Nachts, Sie kehrten ein: »Wollen lustig seyn, Das Mädchen schläft allein.« Und als das Mädchen nun Vom Schlaf erwacht, Und sich bedacht, Da fing sie an zu weinen. »Ey schwarzbraun Mädchen sagt, Was weint ihr hier?« »Ein schöner Offizier, Hat mir genommen mein Ehr!« Der Hauptmann ein braver Mann, Die Trommeln rührt, Die Trommeln rührt, Den Feldmarsch läst er schlagen. Er ließ marschieren sie, Zu zwey und drey, Zu drey und zwey, Auf daß sie ihn erkenne. »Mamsell erkennt ihr ihn?« »Ich kenn ihn wohl So schön und voll, Er thut die Fahne schwenken.« Der Hauptmann, ein solcher Mann, Den Galgen baut, Den ihr weit schaut, Den Fähndrich dran zu hängen. »O liebster Kammerad, Wenn einer fragt, Ihr ihm doch sagt, Ich wär mit Ehrn erschossen.« Des andern Tages kam Des Fähndrichs Frau: »Mein Mann nicht schau, Wo ist er denn geblieben?« »Dort draussen vor dem Thor,« Sie sagten an, »Den armen Mann, Zwey Jäger ihn erschossen.« So geht es in der Welt, Wenn man verliebt, Wenn man verliebt, Muß man sein Leben lassen.

Regiment Bey Offizier Hauptmann Mamsell Hauptmann Galgen Thor

Chapter 190
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Schmählied gegen die Schweizer. Von Isenhofer von Walzhut bei Tschudi. II. 412.

Tschudi II

Wohlauf ich hör ein neu Getön, Der edlen Vögel Sang, Ich trau es werde nun ganz schön, Unwetter hat so lang Geregnet auf der Heide, Die Blumen sind erfrorn, Dem Adel, als zum Leide, Die Bauern zusammen schworen. Die Wolken sind zum Berg gedrückt, Das schafft der Sonne Glanz, Den Bauern wird ihr Gewalt entrückt, Das thut der Pfauen Schwanz; Nun Kuh so laß dein Lugen, Geh heim, hab gut Gemach, Den Herren ekelt dein Mugen, Trink aus dem Mühlenbach. Und bliebest du daheime, Du hättest gute Weid, Und dich betrübte keiner, Und dir gescheh kein Leid, Du thatst zu weit ausbrechen, Das thut dem Adel Zorn, Das kommt von deinem Stechen, Man schlägt dich auf dein Horn. Die Bauern treiben Wunder, Ihr Uebermuth ist groß, In Schwitz und Glarus besunder, Niemand ist ihr Genoß; Sie tragen jezt die Krone, Vor Ritter und vor Knecht, Wird ihnen nun der Lohne, Das ist nicht wider Recht. Der uns dies Liedlein hat gemacht, Der ist von Isenhofen, Die Bauern hatten sein kein Acht, Als er saß hinterm Ofen, Und horchet ihrem Rathe, Und was sie wollten treiben, An einem Abend spate, Er will es nicht verschweigen. Ein Bauer sah im Glase Den hellen Farbenschein, Er warf, als ob er rase Hinaus es in den Rhein: »O Pfauenschwanz ich sehe Dich doch an allem Ort, So soll es dir auch gehen.« Er sprach ein grimmig Wort. Sie sprachen: »Wir sind Herren Von unsrem Land und Leut, Der König soll es nicht wehren, Wir geben um ihn nichts; Er wollte uns gern spalten, Und das liegt an dem Tag, Das Bündel Ruthen soll halten, Doch mancher Herr noch klag.« Und frühe vor dem Morgen Ich hob mich von dannen bald, Ich lief dahin mit Sorgen, Wohl oben durch den Wald, Und da ich kam auf die Heide, Da hab ich dies gesungen, Den Frommen nicht zu Leide, Daß Feld und Wald erklungen.

Vögel Heide Adel Die Wolken Berg Sonne Pfauen Mugen Weid Adel Horn Glarus Lohne Isenhofen spate Rhein König Heide

Chapter 191
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Um die Kinder still und artig zu machen. Feiner Almanach. I. B. S. 145.             Es kam ein Herr zum Schlößly Auf einem schönen Rößly, Da lugt die Frau zum Fenster aus Und sagt: »Der Mann ist nicht zu Haus Und niemand heim als Kinder Unds Mädchen auf der Winden.« Der Herr auf seinem Rößly, Sagt zu der Frau im Schlößly: »Sinds gute Kind, sinds böse Kind? Ach liebe Frau, ach sagt geschwind.« Die Frau, die sagt: »Sehr böse Kind, Sie folgen Muttern nicht geschwind.« Da sagt der Herr: »So reit ich heim, Dergleichen Kinder brauch ich kein.« Und reit auf seinem Rößly, Weit, weit entweg vom Schlößly.

Almanach reit reit

Chapter 192
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Gesellschaftslied. Mündlich.         Dieterlein.   Wohlauf ihr Narren, zieht all mit mir, Zieht all mit mir, Wohl heuer in diesem Jahre, In diesem Jahre.

Alle. Habens gern gethan, Thuns noch einmal, Was gehts dich denn an? Dich gehts gar nichts an! Was fragst denn du darnach? Was hast denn du davon?  

Dieterlein. Bin ich ein Narr, bins nicht allein, Achts sicher klein, Wollt Gott, ich wär nur ein Narre, Nach meinem Sinne.

Narr

Alle. Hättst gern so gethan, Thätst noch einmal, u. s. w.  

Dieterlein. Wollt Gott, ich wär ein kleins Vögelein, Waldvöglein klein, Zur Lieben wollt ich mich schwingen, Ins Fenster springen.

Waldvöglein

Alle. Hättst gern gethan, u. s. w.  

Dieterlein. Wollt Gott, ich wär ein klein Kätzelein, Klein Kätzelein, Gar lieblich wollt ich ihr mausen In ihrem Hause.

Alle. Hättst gern gethan, u. s. w.  

Dieterlein. Wollt Gott, ich wär ein klein Hündelein, Hündelein klein, Gar treulich wollt ich ihr jagen, Die Hirsch und Hasen.

Hasen

Alle. Hättst gern gethan, u. s. w.  

Dieterlein. Wollt Gott, ich wär ein klein Pferdelein, Artig Zeltelein, Gar sanfte wollt ich ihr traben, Zu ihrem Knaben.

Alle. Hättst gern gethan, u. s. w.  

Dieterlein. Zu ihrem Knaben ins Kämmerlein, Ins Kämmerlein, Gern würd ich dann sehen, Euch Herren gehen.

Alle. Drauf trinken wir alle Diesen Wein mit Schalle, Dieser Wein vor anderm Wein, Ist aller Welt ein Fürste, Trink mein lieber Dieterlein, Und daß dich nimmer dürste, Trinks gar aus, Trinks gar aus.  

Wein Wein Wein

Dieterlein. Der Wein schmeckt wohl, Macht mich oft trunken, Darum soll man ihn loben, Mir ist verkündt, Ein seltsam Spiel, Ein Vogel auf dem Brunnen, Ein seltsam Fang, Macht mich oft siech, Vor Lachen muß ich schweigen, Kurz Griff sind auf der Lauten.  

Wein

Alle. So trinken wir die liebe lange Nacht, Bis daß der liebe lichte Morgen wacht. Bis zu dem lichten Morgen Wir singen, Und springen, Und sind nun froh, Und leben also Ohn alle schwarze Sorgen.  

Dieterlein. Ich bin der König der Thoren, Zum Trinken auserkoren, Und ihr, ihr seyd erschienen, Mich Fürsten zu bedienen. Spann Jäger dein Gefieder, Schieß mir das Wildpret nieder, Erhebet dann die Stimme, Und singt mit rechtem Grimme. Ins Horn, ins Horn, ins Jägerhorn, Und wer es hört der wird zum Thorn, Und springt und singt mit Schalle, Drauf trinken wir wohl alle.  

König Horn Horn Thorn

Alle. So springt und singt mit Schallen, Der König soll leben vor allen.

König

Chapter 193
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Das Gnadenbild Mariä-Hülf bey Passau. Procopii Mariale festivale. S. 9.

Gnadenbild Passau

Es wohnt ein schönes Jungfräulein Bekleidet mit Sammt und Seiden, Ob Passau in ein Kirchel klein, Auf einer grünen Heiden, Dort auf dem Kapuziner-Berg, In Gnaden sie verbleibet, Mit Zeichen und mit Wunderwerk Ihr meiste Zeit vertreibet. Aus fremden Landen führt sie her, Erzherzog Leopoldus, Ihr zu erzeigen alle Ehr, Das war sein gröste Wollust. Den schönen Sitz hat ihr bereit, Ein edler Herr von Schwendi, Jezt genießt er in der Seligkeit, Ihr mütterliche Hände. Auf ihrem Haupt trägt sie ein Kron, Von Gold und Edelsteinen, Von Silber ist gemacht ihr Thron, Auf dem thut sie erscheinen, Jesus der wahre Gottes Sohn, In ihren Armen wohnet, Die Seel, die ihm und ihr thut schön, Bleibt wohl nicht unbelohnet. An ihr ist nichts denn Heiligkeit, Und majestätisch Leben, Ganz englisch ist ihr Reinigkeit, Demüthig doch darneben, Ihr Ursprung ist sehr adelich, Von königlichem Stamme, Ich darf sie nennen öffentlich, Maria heißt ihr Namen. Vor ihr die Engel neigen sich, Weil sie Gott selber ehret, Dienstwillig sie erzeigen sich, Sobald sies nur begehret, Die Kaiser beugen ihre Knie, Die König sie schön grüßen, Fürsten und Herrn rühmen sie, Und fallen ihr zu Füßen. Es stehn vor ihrem Angesicht, Viel tapfre Edelknaben, Zu ihrem Dienst dahin gericht, Die Schild in Händen haben. Wie Engel stehen ihr so nah, Der Ablaß und die Gnade, Die grüßen uns von Ferne da, Und hin zu ihr uns laden. Mit vielen zarten Blümelein, Ist sie gar fein umstecket, Mit Nägeln und mit Röselein Wird ihr Altar bedecket, Davon das ganze Kirchel schier Ueberaus lieblich schmecket, Damit das Volk durch solche Zier Zur Andacht werd erwecket. Oft Musikklang und Orgelspiel Thut man da bey ihr hören, Aemter und Litaneien viel, Haltet man ihr zu Ehren, Ihr viel Personen immerdar Lichter und Ampeln brennen, Durch welche sie sich ganz und gar Zu ihrem Dienst bekennen. Dort sieht man durch die Sommerzeit, Prozession und Fahnen, Die Prediger nach Gelegenheit Das Volk zur Buß vermahnen, Sie, Reich und Arm, Mann, Weib und Kind, Loben und benedeien, Und so sie beichten ihre Sünd, Thut mans ihnen verzeihen. Allda sich in ein Klösterlein, Nicht weit von ihr gelegen, Viel arme Diener schließen ein, Allein von ihretwegen; Daß sie ohn alle Hinderniß Der Jungfrau mögen pflegen, Und letzlich nach gethaner Buß, Erwerben Ihren Segen. Sie hat ein kleines Glöckelein, Gar wunderschön es klinget, Gleich wie ein kleines Waldvögelein In aller Früh es singet, Sobald es hört ein liebreichs Herz, Vor Freuden es aufspringet: Das Volk es locket hinaufwärts, Wanns in die Luft sich schwinget. Sie liegt mir an dem Herzen mein, Holdselig von Gebärden Wollt Gott, ich könnt ihr Diener seyn, So lang ich leb auf Erden, Drum sofern ist in mir was Guts, Und auch sogar das Leben, Bis auf den lezten Tropfen Bluts Will ich gern für sie geben. Den Bogen sie mit Liebes-Pfeil, Die Herzen durchzuschießen, Gespannt zu halten alleweil, Läst sie sich nicht verdrießen. Verbreitet ihres Sohnes Licht, Die Seelen zu gewinnen, Ihr große Macht darauf sie richt, Spart keinen Fleiß hierinnen. Wer nur ansieht ihr schön Gestalt, Der thut sich gleich verlieben, Als wär an ihr Magnets Gewalt, So wird er angetrieben, Viel tausend Leut so manche Meil, Ihr zu Gefallen reisen, Zu kurz ist ihnen Zeit und Weil, Wann sie ihr Ehr erweisen. Den sie nur freundlich blicket an, Den hat sie schon gewonnen, Ihr Anblick ihn bald fangen kann, Kommt nimmer gern von dannen, Nicht wenig thun bekennen das Von Bösen und von Frommen; Meinen, es zieh sie weiß nicht was, So sind sie eingenommen. Geb Gott, daß stets an diesem Ort, Sein Name werd gepriesen, Daß ihm sogar mit keinem Wort, Ein Unehr werd bewiesen, Das liebe Kindlein Jesus Christ, Der Mutter zu gefallen, Woll helfen thun zu jeder Frist, All die zur Jungfrau wallen.

Sammt Passau Erzherzog Wollust Schwendi Gold Jesus englisch Maria Engel Kaiser König gericht Engel Ablaß Volk Sommerzeit Prozession Volk Jungfrau Waldvögelein Volk locket thun Geb Jesus thun Jungfrau

Chapter 194
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Geh du nur hin, ich hab mein Theil. Fliegendes Blat.     Husar. Wohlan die Zeit ist kommen, Mein Pferd das muß gesattelt seyn, Ich hab mirs vorgenommen, Geritten muß es seyn. Geh du nur hin, ich hab mein Theil, Ich lieb dich nur aus Narrethei; Ohne dich kann ich wohl leben, Ohne dich kann ich schon seyn. So setz ich mich aufs Pferdchen, Und trink ein Gläschen kühlen Wein, Und schwör bey meinem Bärtchen, Dir ewig treu zu seyn: Geh du u. s. w.

Wein

Mädchen. Du glaubst, du bist der Schönste, Wohl auf der ganzen weiten Welt, Und auch der Angenehmste, Ist aber weit gefehlt: Geh du nur hin u. s. w. In meines Vaters Garten, Wächst eine schöne Blume drin, So lang will ich noch warten, Bis die noch größer ist. Geh du nur u. s. w.

Beyde. Du denkst ich werd dich nehmen, Ich habs noch nicht im Sinn, Ich muß mich deiner schämen, Wenn ich in Gesellschaft bin; Geh du nur hin, ich hab mein u. s. w.


Chapter 195
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Verlorene Mühe. Schwäbisch.             Sie. Büble, wir wollen ausse gehe, Wollen unsre Lämmer besehe, Komm, liebs Büberle, Komm, ich bitt.

Er. Närrisches Dinterle, Ich geh dir holt nit.

Sie. Willst vielleicht ä Bissel nasche, Hol dir was aus meiner Tasche; Hol, liebs Büberle, Hol, ich bitt.

Er. Närrisches Dinterle, Ich nasch dir holt nit.

Sie. Thut vielleicht der Durst dich plage, Komm, will dich zum Brunne trage; Trink, liebs Büberle, Trink, ich bitt.

Brunne

Er. Närrisches Dinterle, Es dürst mich holt nit.

Sie. Thut vielleicht der Schlaf dich drücke, Schlaf, ich jag dir fort die Mücke; Schlaf, liebs Büberle, Schlaf, ich bitt.

Er. Närrisches Dinterle, Mich schläferts holt nit.

Sie. Gelt, ich soll mein Herz dir schenke, Immer willst an mich gedenke; Nimms, lieb Büberle, Nimms, ich bitt.

Er. Närrisches Dinterle, Ich mag es holt nit.


Chapter 196
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Starke Einbildungskraft. Mündlich.     Mädchen. Hast gesagt du willst mich nehmen, Sobald der Sommer kommt :,: Der Sommer ist gekommen, Du hast mich nicht genommen, Geh Buble, geh nehm mich! Gelt ja Du nimmst mich noch.

Bube. Wie soll ich dich denn nehmen, Und wenn ich dich schon hab :,: Denn wenn ich halt an dich gedenk, Denn wenn ich halt an dich gedenk, So mein ich, so mein ich, ich mein, Ich wär bey dir.


Chapter 197
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Die schlechte Liebste. Mündlich.

Jetzunder geht mir mein Trauern an, Die Zeit ist leider kommen, Die mir vor'm Jahr die Liebste war, Ist schlecht mir vorgekommen. Mein Herz ist von lauter Eisen und Stahl, Dazu von Edelsteinen. Ach wenn doch das mein Schatzliebchen erführ, Es würde trauren und weinen. Es trauert mit mir die Sonne, der Mond, Dazu die hellen Sterne, Die haben den lebenden, schwebenden Lustgarten an dem Himmel. Mein Garten von lauter Lust war erbaut, Auf einem schwarzen Sumpfe, Und wo ich lebend und schwebend vertraut, Da ist ein Irrlicht versunken. Wollt Gott, daß früh ich gestorben wär, In meinen jungen Jahren, So wäre mir all mein Lebetag, Kein größre Freud wiederfahren. Es ist nicht hier ein kühler Brunn, Der mir mein Herz thät laben, Ein kühler Brunn zu aller Stund, Er fliest aus meinem Herzen.

Die Zeit Mein Herz Eisen Stahl Sonne Mond Lustgarten Mein Garten Irrlicht Freud

Chapter 198
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Maria auf der Reise. Procopii Mariale festivale. S. 447.       Ey wie so einsam, wie so geschwind? Jungfrau Maria nicht so eile; Ringfertig, wacker, als wie der Wind, Ach, warum läst dir nicht der Weile? Hoch sind die Berg, sehr rauh ist der Weg, Dazu auch manche lange Meile, Zart sind die Füß, gibt oft schmale Steg, Jungfrau Maria nicht so eile. Maria.

Maria Berg Meile Steg Maria

»Warum so einsam und so geschwind, Will ich dir herzlich gern anzeigen, Weil du mich fragst mein liebes Kind, Will ich die Ursach nicht verschweigen, Jungfrauen wills gebühren gar nicht Viel untern Leuten umzuziehen, Eben darum viel Böses geschieht, Weil sie die Leut bey Zeit nicht fliehen. Durch das Gebürg über Berg und Thal, Thut sich mein Geist in Gott erschwingen, Als wie ein himmlische Nachtigal Ich das Magnifikat thu singen, Wer gern allein ist, und betet gern, Der thut sein Zeit gar schön zubringen.« Mensch, unser Frauen die Kunst ablern! Gott geb, daß dir es mög gelingen.

Gebürg Berg Thal Nachtigal Magnifikat

Chapter 199
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Adelnssucht. Frische Liedlein.

Mancher jetzund nach Adel strebt, Hätt er nicht Geld, Würd öfter um sich schauen, Gedenken wer sein Vater war, Ders ganze Jahr Den Acker muste bauen; Der jetzund sich So gar höflich Beyn Leuten thut aufschmücken, Hälts nicht dafür, Als wenn man spür, Daß er den Pflug kann zwicken. Wenn er nun kommt zum Abendtanz, So gilt sein Kranz Mehr denn der andern allen. Er krümmt sich fast nach Adelssitt, Sein gemeßner Tritt Thut ihm selbst wohlgefallen. Wer hätt vertraut, Daß solches Kraut In Dörfern auch sollt wachsen? Wenn er nur spricht, Er ist erwischt, Ist bäurisch ausgelassen. Weisheit die thut ihm viel zu leid, Giebt bös Bescheid, Wenn mans ihm nicht will glauben, Dünkt sich in aller Sach gescheit, Doch fehlts ihm weit, Sieht aus wie saure Trauben. Im Spiegel-Glas, Wird sehen das, Der Kittel ihn bas zieret, Den seiden Waat, Den Adelsstaat, Zu bäurisch Art verführet.

Adel Pflug

Chapter 200
Text Entities

Abschiedszeichen. Mündlich.

Wie schön blüht uns der Mayen, Der Sommer fährt dahin, Mir ist ein schön Jungfräuelein Gefallen in meinen Sinn. Bey ihr ja wär mir wohl, Wann ich nur an sie denke, Mein Herz ist freudenvoll. Wenn ich des Nachts lieg schlafen, Mein Feinslieb kommt mir für, Wenn ich alsdann erwache, Bey mir ich niemand spür; Bringt meinem Herzen Pein, Wollt Gott, ich sollt ihr dienen, Wie möcht mir bas gesein. Bey ihr da wär ich gerne, Bey ihr da wär mirs wohl; Sie ist mein Morgensterne Strahlt mir ins Herz so voll. Sie hat ein rothen Mund, Sollt ich sie darauf küssen, Mein Herz würd mir gesund. Ich werf mit Rosenblättern In Liebchens Fenster ein: Ey schlafe oder wache, Ich möchte bey dir seyn! Das Fensterlein steht auf Wie bey dem Vogelsteller, Ich wag mich nicht hinauf. Wollt Gott, ich fänd im Garten Drey Rosen auf einem Zweig, Ich wollte auf sie warten, Ein Zeichen wär's mir gleich; Das Morgenroth ist weit, Es streut schon seine Rosen, Adie meine schöne Maid.

Bey Mein Herz Bey Bey Bey Morgensterne Mein Herz schöne Maid

Chapter 201
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Die Ausgleichung. Mündlich.

Ausgleichung

Der König über Tische saß, Ihm dienten Fürsten, Herren, Viel edle Frauen schön und zart, So saßen sie paarweise Da man das erste Essen aß, Da kam in hohen Ehren, Ein Mädchen jung, von edler Art, Also in kluger Weis. Den Becher, den sie schwebend hält, Von Golde ausgetrieben, Der Königin sie reicht ihn dar, Die Königin schenkt ein, Ihn vor den König liebreich stellt: »Das trink auf treue Liebe!« Da kommt ein Knab mit gelbem Haar, Trägt einen Mantel fein. Der König biethet dar sogleich Den Mantel weiß und eben, Der Königin als Ehren-Dank: »Wie schön wird er dir stehn!« Drauf will er trinken alsogleich, Da sprizt der Wein daneben, Sie will den Mantel legen an, Der Mantel steht nicht schön. Der König und die Königin Verwundern sich gar sehre, Der König sieht den Becher an, Den Mantel sie ablegt; Da fanden sie dann beyder Sinn, Geschrieben hell und here: »Nur treue Lieb draus trinken kann.« »Die Treu den Mantel trägt.« Der Königin bracht ein Zwerglein klein, Des Bechers Goldgemische, Dem König lehrt die Feye sein, Des Mantels alten Brauch; Der Schimpf soll nun auch allen seyn, Und Herrn und Fraun am Tische Versuchten auch den Becher Wein, Den Mantel also auch. Den Herren wird der Bart so naß, Der Mantel Fraun entstellet Bis auf die jüngste Fraue schön, Dem ältsten Herrn vertraut, Dem wird der weiße Bart nicht naß, Der Mantel leicht gesellet Sich jedem Bug der Fraue schön, Daß man treu Lieben schaut. Den Becher läst der König gleich Dem Ritter voller Treue, Die Königin das Mäntelein, Der Fraue, die ihn trug, Zum Zwerglein ward der Ritter gleich, Sein Fräulein wird zur Feye, Den Becher und den Mantel fein, Sie nahmen voller Trug. Sie gossen aus den Becher Wein, Ein Tröpflein auf den Mantel, Und gaben ihn der Königin, Den Becher leer dem König. Gleich trank der König daraus Wein, Der Königin paßt der Mantel, Vergnügt ward da die Königin, Vergnügt ward da der König. Nun prunkten sie noch manches Jahr, Mit Becher und mit Mantel, Und jeder Ritter trank ihn wohl, Er stand wohl jeder Frau. Doch wuchs mit jedem neuen Jahr, Der Flecken in dem Mantel, Der Becher klang wie Blech so hohl, Sie stellten beydes zur Schau.

König Essen König König Wein König König König Wein König Wein König König Wein König

Chapter 202
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Petrus. Mündlich am Neckar.

Petrus Neckar

Der Herr der stellt ein Gastmahl an, Mit seinen Jüngern alln, Sie gingen in ein Garten, Wo lustig jedermann. Als die Juden den Herrn gefangen nahmen, Da laufen die Jünger davon, Den Petrus hat einer am Mantel ertapt: »Glatzkopf, jezt hab ich dich schon.« Der Petrus zieht sein Sabel, Er wollte sie hauen allhie, Er haut ganz miserabel, Die mehrst Hieb gehn darneben. Der Herr gab ihm ein Deuter: »Ach Petrus steck ein dein Schwerdt, Du bist ein Erzbärnhäuter, Dein Schneid ist kein Teufel werth.« Das wollte den Petrus verdrießen, Daß er erst der Niemand sollt seyn, Er zog heraus sein Sabel, Und hieb ganz sakerisch drein. Der Malchus stund darneben, Und hat sich nicht umgeschaut, Dem hat er ä Täscherl aufs Dach auf geben, Und Ohr-Watschl putz weggehaut. Der Malchus fängt protz und zu weinen an, Und schrie da überlaut: »Herr, heil mir doch mein Ohr wieder an, Der Glatzkopf hat mirs weggehaut.« Der Herr der nahm des Malchus Ohr Und wollts gleich wieder kuriren, Auf einmal sprang der Petrus hervor, Fängt an zu raisoniren: »Was hat mich denn mein Haun genuzt, Da wär ich ja ein Hans, Was ich so sakrisch hab zammen gepuzt, Das machst du gleich wieder ganz.« Er ging bey des Kaisers Kohlenfeuer, Da sassen die Juden dick, Da führt der Teufel die Dienstmagd her, Der Petrus kennet sie nicht. »Aha, du bist auch einer, Der mit im Garten war!« Der Petrus lügt wie Stahl und Band, Sprach: »Hör, es ist nicht wahr.«

jedermann Juden Jünger Petrus Petrus Petrus Teufel Petrus Malchus putz Malchus Malchus Petrus sassen Juden Teufel Petrus Petrus Stahl

Chapter 203
Text Entities

Gott grüß' euch Alter. Fliegendes Blat.

»Gott grüß' euch Alter, schmeckt das Pfeifchen? Weißt her! – Ein Blumenkopf Von rothem Thon mit goldnem Reifchen: Was wollt ihr für den Kopf?« »O Herr, den Kopf kann ich nicht lassen, Er kommt vom bravsten Mann, Der ihn, Gott weiß es, einem Bassen, Bey Belgrad abgewann. Da, Herr, da gab es rechte Beute, Es lebe Prinz Eugen! Wie Grummet sah man unsre Leute Der Türken Glieder mähn.« »Ein andermal von euren Thaten! Hier, Alter, seyd kein Tropf: Nehmt diesen doppelten Dukaten Für euren Pfeifenkopf.« »Ich bin ein armer Kerl, und lebe Von meinem Gnadensold, Doch, Herr! den Pfeifenkopf, den gebe Ich nicht um alles Gold. Hört nur: Einst jagten wir Husaren, Den Feind nach Herzenslust, Da schoß ein Hund von Janitscharen Den Hauptmann in die Brust. Ich hob ihn flugs auf meinen Schimmel, Er hätt' es auch gethan, Und trug ihn sanft aus dem Getümmel Zu einem Edelmann. Ich pflegte sein. Vor seinem Ende Reicht er mir all sein Geld, Und diesen Kopf, drückt mir die Hände, Und blieb im Tod noch Held. Das Geld must du dem Wirthe schenken, Der dreymal Plündrung litt, So dacht' ich, und zum Angedenken, Nahm ich die Pfeife mit. Ich trug auf allen meinen Zügen, Sie wie ein Heiligthum, Wir mochten weichen oder siegen Im Stiefel mit herum. Vor Prag verlohr ich auf der Streife Das Bein durch einen Schuß, Da griff ich erst nach meiner Pfeife, Und dann nach meinem Fuß.« »Ihr rührt mich, Alter, bis zu Zähren, O sagt, wie hieß der Mann? Damit mein Herz auch ihn verehren Und ihn beneiden kann.« »Man hieß ihn nur den tapfern Walter, Dort lag sein Gut am Rhein.« »Das war mein Ahne, lieber Alter, Und jenes Gut ist mein! Kommt, Freund! Ihr sollt bey mir nun leben, Vergesset eure Noth, Kommt, trinkt mit mir von Walters Reben Und eßt von Walters Brod.« »Nun top! Ihr seyd sein wahrer Erbe, Ich ziehe morgen ein, Und euer Lohn soll wenn ich sterbe Die Türkenpfeife seyn!«

Bey Belgrad Prinz Eugen Türken Tropf Dukaten Pfeifenkopf Pfeifenkopf Gold Husaren Janitscharen Hauptmann Schimmel Held Prag Rhein Ahne

Chapter 204
Text Entities

Schwere Wacht. 1. Jungfrau und Wächter. Aus einer Sammlung ungedruckter Minnelieder im Besitz von C. B.

Jungfrau

Von hoher Art ein Fräulein zart, Hört ich dem Wächter klagen, Aus Herzens-Qual, zum erstenmal Wollt sie die Liebe wagen, Sie sprach: »Geselle mein Ungefälle Ist nah und bringt mir Schmerzen, Ach Wächter gut, ein argen Muth Trag ich in meinem Herzen.« »Einem werthen Mann, dem wünsch ich an, Viel Glück und Heil mit Treuen, Sein Tugend groß findt niemand blos, Auf ihn ist wohl zu bauen, Daß er wohl sey alles Wandels frey, Ein Mann von hohen Ehren.« »O Wächter mein, mag es wohl seyn, So hilf mir Freude mehren. Gut, Wächter! ich kann ihn ohne dich, In mein Gemach nicht bringen, O wolle mir nach meiner Begier, Mein Leid nun helfen wenden, Ich sag fürwahr, daß immerdar Mit Gab ich dir's vergelte, Kömmt er herbey, gut Wächter frey, Den Gast gen niemand melde.« Der Wächter sprach: »Zart Frau ich lach, Thut mirs nicht übel kehren, Meine Treu ich gab auf all mein Hab Ein Eid mußt ich wohl schwören, Und mit der Hand ich mich verband, Des Herren Schad zu wenden, Frau, daß ich thu, muth mir nicht zu, So darf mich niemand schelten. Mein Herr gebot mir auf den Tod, Da er von hier wollt scheiden, Zu wachen wohl, ich Wächter soll Es thun bey meinem Eide, Er sprach: Mit Schall sing, ruf und kall, Sey munter an der Zinnen, Hab in der Hut, mein Schloß und Gut, So lang ich bin von hinnen. Er sprach noch mehr, bey Treu und Ehr, Thu's ehrlich mit mir meinen, Wollt hier ein Gast eindringen fast, So werf ihn todt mit Steinen, Falsch Weg und Steg mit Sorg verleg, Den Schaden mein zu wehren, Hüt Wächter recht, getreuer Knecht, Dein Gut will ich dir mehren. Frau, ihr wißt wohl, daß ich nicht soll, Thun Schaden mit Untreuen, Dem Herren mein, es brächt mir Pein, Und würd mich selbsten reuen.« »Deinem Ungefäll, Wächter Gesell, Will ich nun wohl vorkommen, Folg meiner Lehr, mein Jungfrau Ehr Soll mir seyn unbenommen. Dazu dein Leib soll durch mich Weib, Mit Lieb wohl seyn behütet, Du siehest sonst das Mägdlein nie Die hoch dein Lieb vergütet, Der werthe Gast dein Leid und Last Wird nehmen mit von hinnen, Das Mägdlein gut, bringt dir den Muth, Laß uns all drey gewinnen.«

Geselle argen Treuen Tugend mehren schelten thun Schall kall Steg mehren Thun Jungfrau

  1. Der lustige Geselle. Frische Liedlein.

Geselle

Die Sonn die ist verblichen, Die Stern sind aufgegangn, Die Nacht, die kommt geschlichen, Frau Nachtigal mit ihrem Sang, Der Mond ist aufgegangen, Da ruft ein Wächter gut: »Und welcher hat Verlangen, Und ist mit Lieb umfangen, Der mach sich auf die Fahrt!« Das erhöret ein Geselle, Der schreit dem Wächter zu: »Ach Wächter traut Geselle, Gib deinen Rath dazu, Wie ich das soll angreifen, Daß ich käm vor die Thür?« »Gar heimlich sollst du schleichen, Ehe der Wächter thät pfeifen, Daß man dich gar nicht spür.« Der Knab trat gar verborgen, Vor ihr Schlafkämmerlein, Er sprach zu ihr mit Sorgen: »Zart schönes Jungfräulein, Neu Mehr will ich euch sagen, Da ist kein Zweifel an, Es lieget einer im Hage, Der führt ein schwere Klage, Es mag euer Buhle seyn.« Die Jungfrau sprach mit Sinnen: »Es hat dich sonst gedeucht, Der Mond hat mir geschienen, Die Stern han mir geleucht.« »Der Mond der hat geschienen, O zartes Jungfräulein, Er liegt in grüner Aue, Sein Leib ist ihm zerhauen, In großen Treuen zwar.« Die Jungfrau schrack gar sehre, Ihr Herz war Leides voll, Sie wollt kein Freud mehr hören, Die Botschaft schmerzt ihr wohl, Ein Hemd thät sie umschnüren, Ein Hemdlein, das war weiß, Den Knaben sie erblicket, Ihr Herz vor Freud erquicket, Gehrt ihn mit ganzem Fleiß. Der Knab der thät sich schmiegen, Gar freundlich an ihre Brust, Sie thät den Knaben drücken Mit ihrem freundlichen Kuß, Der Knab fing an zu ringen Mit der Jungfrauen zart, Der Wächter an den Zinnen, Fing an ein Lied zu singen, Ein schöne Tageweiß: »Gesegn dich Gott im Herzen, Zart edles Fräuelein, Du bringst meinem Herzen Schmerzen, Es mag nicht anders seyn, Von dir muß ich mich scheiden, Zart edles Fräuelein, Ich schwing mich über Heiden, In Braun will ich mich kleiden, Durch Veil und grünen Klee.«

Stern Nachtigal Mond Geselle Geselle Rath schleichen Hage Jungfrau Mond Stern han geleucht Mond Aue Treuen Jungfrau Freud Freud

  1. Variazion. Frische Liedlein.

Aus hartem Weh, klagt sich ein Held, In strenger Hut verborgen: »Ich wünsch ihr Heil, die mir gefällt, Komm schier löß mich aus Sorgen, O weiblich Bild, wie schläfst so lang, Willst du die Klag nicht hören, Laß dich erwecken mein Gesang, Schick dich zu Liebes Anefang, Dein Lieb will mich bethören.« Ein freier Wächter hört die Mähr, Lag still an seiner Zinnen, Er fragt, wer hier verborgen wär, So hart nach Lieb thät ringen: »Ey komm her Held, willt mir vertraun, Dein Klag hilf ich dir decken, Sehnst dich so hart nach meiner Frau, Ohn Zweifel sollst du auf mich baun, Freundlich will ichs auferwecken.« »Mein Trauen gänzlich zu dir setz, Wächter, O freyer Geselle! Mein Kleid laß ich dir hie zuletz, Mach uns kein Ungefälle: Geh hübschlich dar, nimm dir der Weil, Laß auch dein Gespan nicht merken, Die Thürmer sehn aus Langeweil, Schau daß dich keiner übereil. Zu Hoffnung thu mich stärken.« »Wach auf, herzallerliebste Frau, Hört jämmerlichen Schmerzen, Es singt ein Held vor grüner Au, Fürwahr thu ich nicht scherzen. Legt an Euer Wad, besorgt Euch nicht, Euch soll nichts wiederfahren, Merkt eben dem zu sein Gedicht, Wie ihn ein Liebe aneficht, Euer Liebe thut selbst bewahren.« Der Held hub an zum drittenmal, Groß Freud thät er da nehmen, Er nahet zu des Herren Saal, Dabey sie sollt erkennen, Daß er ihr treuer Diener wär, Sollt Gesellschaft mit ihm pflegen: »Ach Wächter, ich hör gute Mähr! An deiner Red spür ich kein Gefähr, Schweig still, b'hüt uns vor Sorgen.« Die Frau den Held gar schön empfing, Küßt ihn an seinem Munde, Zu rechter Lieb er mit ihr gunt, Macht ihr viel Freud und Wonne, Der Wächter sprach: »Nun lieget still, Kein Sorgen thut Euch nahen, Fürwahr ich Euch des Tages Ziel, Mit ganzen Treuen nennen will, Ich will Euch nicht verführen.« Sie lagen lang in großer Lust, Ihr Freud thät sich nur mehren, Er griff ihr lieblich an ihr Brust: »Thu dich zu mir herkehren.« »Ich hör Antwort, der Wächter schreit, Daß wir uns müssen scheiden, Es nahet warlich nach der Zeit, Daß ich von dir muß in die Weit, in Schwarz will ich mich kleiden.« Der Wächter sah am Firmament, Daß sich die Nacht wollt enden: »Ein scharfer Wind von Orient, Thut uns den Tag hersenden, Die Hähnlein krähen auf dem Hag, Die Hündlein wollen jagen, Die Nachtigal sizt auf dem Zweig Singt uns eine süße Melodei, Steht auf es will nun Tagen.« Aus süßem Schlaf da ward erweckt, Ein Fräulein minniglichen: »Ach wie so sehr hat mich erschreckt, Ein Wunder tugendlichen, Der Ehren Gunst, der Liebe Kunst, Die Stern sind abgewichen, Nun scheid von mir, mein höchster Hort, Red' vor mit mir ein freundlich Wort, Der Tag hat uns erschlichen.« »Ach und auch Weh, klagt sich ein Held, Wie soll ichs überwinden; Dazu noch wie einm schönen Weib, Ich muß den Tag verkünden.« Gar sehr erschrack die Auserwählt, Nahm Urlaub von dem Reinen, Ihr Herz hat sich zu ihm gesellt, Das Fräulein thät vor ihrem Held, Gar heftiglichen weinen. »Gesegn dich Gott der uns beschuf,« Redt es die schöne Fraue: »Nach dir steht mir mein täglich Ruf, Behüt dich Gott vor Leide. Und spar mich zu dein Wiederfahrt, Laß dich darmit nichts merken, Dein Scheiden kränkt mich also hart, Ich fürcht es wird gestiftet Mord, Die Lieb läst sich nicht decken.«

Held löß Held Trauen Geselle Mach Gespan Held Au Held Freud Held empfing gunt Freud Treuen Freud mehren Firmament Orient Hähnlein Hag Nachtigal Stern Held Das Fräulein Held Scheiden

Beschluß. Herders Volkslieder. I. T. S. 118.

Es wollt das Mädchen früh aufstehn Und in den grünen Wald spazieren gehn. Und als sie nun in den grünen Wald kam, Da fand sie einen verwundeten Knabn. Der Knab der war von Blut so roth, Und als sie sich verwand, war er schon todt. »Wo krieg ich nun zwey Leidfräulein, Die mein fein Knaben zu Grabe weinn? Wo krieg ich nun sechs Reuterknabn, Die mein fein Knaben zu Grabe tragn? Wie lang soll ich denn trauren gehn? Bis alle Wasser zusammen gehn, Ja alle Wasser gehn nicht zusammn, So wird mein Trauren kein Ende han

roth han

Chapter 205
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Der Pilger und die fromme Dame. Fliegendes Blat.

Der Pilger

Es reist ein Pilgersmann nach Morgenland hinaus, Er kam vor eines Edelmannes Haus, Kam vor sein Haus, vor seine Thür, Trat eine schöne Dam herfür. Er sprach sie an um eine gute Gab, Was eine solche Dam vermag: »Ich kann dir halt nichts geben, In mein Schlafkämmerlein laß ich dich legen.« Der Pilgersmann war von Herzen froh, Sein Mantel er sogleich auszog, Sie schlafen bey einander die liebe lange Nacht, Bis daß das Hämmerlein sechs Uhr schlägt, »Ey Bettelmann steh auf, es ist schon Zeit, Die Vögelein singen auf grüner Held.« »Ey laß sie betteln und pfeifen oder nicht, Von meiner Allerliebsten scheid ich nicht. Und als der Pilgersmann zum Hof raus kam, Der Edelmann vom Jagen zurücke kam: »Ich wünsche euch das ewige Leben, Die Fraue hat mir schon Gab gegeben.« »Ey Frau, was hast du denn dem Bettelmann gegeben, Daß er mir wünscht das ewge Leben?« »Ich hab ihm nichts gegeben als dies oder das, So viel mein zarter Leib vermag.« »Ey Frau, laß den Bettelmann fein nimmer in dein Haus, Lang ihm seine Gabe zum Fenster hinaus, Binds ihm an eine lange Stange an, Daß er zu dir nicht langen kann.« »Ey Mann, er bringt ja Segen in dein Haus, Es geht der fromme Mann ins Morgenland hinaus.« »Und zieht er hin, so laß ihn gehn, Er möchte sonst gar stille stehn.«

Trat Held

Chapter 206
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Hochzeitlied auf Kaiser Leopoldus und Claudia Felix. Von Abele in seiner künstlichen Unordnung. Nürnberg 1675. V. T. S. 319.

Kaiser Felix Nürnberg

Kaiser. Spring, spring mein liebstes Hirschelein, Bald wollen wir dich fällen Mit Pfeilen viel, in Wald hinein Will dir mein Lieb nachstellen, Kein Rast noch Ruh laß ich mir zu, Bis daß ich dich kann schießen; Spring Hirschlein fort auf ein schön Ort, Mein Rohr wird dich bald grüßen.

Kaiser

Claudia. Auf hohe Berg spring ich geschwind, Kein Wind soll mich ereilen, Den Pfeilen viel mein Lauf entrinnt, Wann ich verricht viel Meilen, Berg und Thäler sind mir zu klein, Alls kann ich überspringen, Gar hurtig sind die Läuflein mein, Die Stein von ihnen klingen.

Claudia Berg Berg Die Stein

Kaiser. Mein Rohr ich jezt mit Freuden spann, Wann will ich dich bald machen, Aufzogen ist aufs Rohr der Hahn, Das Pulver wird bald krachen, Mein must du seyn, ich dich nicht laß, Spring fort mit allen Vieren, Jezt schieß ich drein, du liegst im Gras, Du kannst nicht mehr stolziren.

Kaiser Hahn

Claudia. Verwund bin ich, kann fort nicht mehr, Jäger! Du hast mich troffen! Dein Kugel hat durchdrungen sehr, Mein Herz das stehet offen, Dein Kunst ich jezt genug erfahr, Aus ists mit meinem Springen, Ledig komm ich nicht aus Gefahr, Die Jäger mich umringen.

Mein Herz

Singer. Fürcht dich nicht, Claudia Felix! Jäger zwar dich umringen, Annehmlich ist dein Augen Blitz, Kannst wacker herum springen. Der große Kaiser Leopold, Der will von allen Gefahren, Versichern dich, er ist dir hold, Dich schützen und bewahren. Spring, spring, spring keusches Hirschelein, Die Freiheit ist gefangen, Jäger auf süßes Mündelein, Gibt ein Kuß mit Verlangen, Du bist zwar über Berg und Thal, Mit hurtig Muth gesprungen, Gehört hat nun dein fröhlich Schall, Der Sprung ist jezt mißlungen. Das Hirschlein in geschwinder Eil, Lief über Berg und Hügel, Als wie ein abgeschoßner Pfeil, Bewaffnet mit Luftflügel, Der Jäger aber ist behend, Das Hirschlein ist gefallen, Dem schönen Wildpret er nachrennt, Sie ist zu seim Gefallen. Claudia noch in Jungfrau Stand, Man muste ihr nachschauen, Hat durchgejagt den Ufer-Sand, Und die begrünten Auen, Diana keusch ist mir nicht leid, Glückselig sey auf Erden, Verwechsle nun dein freies Kleid, Du sollst ein Mutter werden. Nur allein in deinem Lob Ruhm, Schau wie die Wälder grünen, Was mehrs zu deinem Eigenthum, Alls wünschet dir zu dienen, Du bist der Tugend heller Schein, Vor dir sich Himmel neiget, Leopold ist geschlossen ein, Dein treues Herz bezeiget. Von der gebundnen Wiesen Bahn Brechet Rosen, Narcissen, Daß sie sanft genug gehen kann, Streut zu ihren Füßen, Du bist ein rechtes Blumenlicht, Dein Lob soll nicht vergehen, Andacht ist bestrahlt, weichet nicht, So lang die Sternen stehen. Die Steine fühlen Liebes Kraft, Der Himmel hat verbunden, Daß selbe halten Schwägerschaft, Wechselt genüglich die Stunden, Luft und Erde schreien Glück zu! Liebt nun, ihr Liebste! liebet, Liebet und genießet der Ruh, Und euch niemals betrübet. Flora sticket ein Purpurkleid, Mit Veilchen und Narcissen, Selbsten die Götter sind erfreut, Vieh und Wild ist ausgerissen. Auch Gras und Kräuter sind verliebt, Die stumme Wasser-Schaaren, Schauet! wie alles sich noch giebt, Und in Lieb weis zu paaren. Mit ihrem übersüßen Thon, Die Wunder-Lerche singet, Zu Gott allein den Schöpfer an, Den hohen Luft durchdringet; Die Lieb sey bei euch immer neu, Leber wohl beyde Herzen, Aus zweien, sodann komme drei, Dies verdient der Liebe Scherzen. Tausend Glück, fruchtbringende Strahl, Allda stetig Anschauen, Wünschet herzlich der Wiederschall, Und blumenreiche Auen, Grünet ihr Felder überall, Dies Wunsch-Lied muß ich singen, Die Nimph ist nun in Kaisers-Saal, Laß wacker Stimm erklingen. Schön rein ist der Kristallen-Bach, Liefland lieblich in Gründen, Und sich verfolgend nach und nach, Kann schlanke Wege finden, Und das smaragdengrüne Feld, Mit Blumenzier versetzet, Anlachet euch die schöne Welt, Herz und Augen ergötzet. Der dick belaubten Schatten-Zucht, Seyd begrüßet hohe Fohren; An wünsche ich allreife Frucht, Grünet lang ohn Verdorren; Ihr Fichten und du Erlen-Stamm, Die Bäum zum Leben dienen Gesichert seyd vor Feuers-Flamm, Blühet, fruchtet

Claudia Kaiser keusches Berg Thal Schall Berg Claudia Jungfrau Diana Tugend Schwägerschaft Veilchen Wild hohen Luft Wiederschall Liefland Fichten

und grünet. Gelobet sey du Wald-Gebäu; Ihr hoch belaubte Eichen! Benetze sie mit Himmels-Thau, An Himmel sie schier reichen. Und der vergoldte Sonnen-Glanz, Will euch täglich anschauen, Umwindet er sein Strahlen-Kranz, Erfreuen sich die Auen. Hörer ihr Hirschen, Gemsen, Reh, Hört ihr Vögel auf den Bäumen; Begrünet ist der Garten-Klee, Ihr sollt euch nicht lang säumen, Weil die Sonne nun heißer scheint, Die Feigen-Bäume lauben, Und der edle Reben-Saft weint, Hörer die Turteltauben. Diana nun gieb her zum Tanz, Mit Veilchen und Narcissen, Dein unverwelkten Jungfrau-Kranz, Die Lieb hat alles zerrissen, Die Jag-Göttin in aller Eil, Hat glücklich abgeschossen, Leopold ihre Liebes-Pfeil, Hat mildentlich genossen. Es schweben die Vögel empor, Mit ihrem krausen Gezitzer Und bringen erstaunend hervor, Ihr flattrendes Gezwitzer, Es wimmelt der Fluth wallendes Heer, Den hohen Gott zu preißen, Erfüllet das schweifende Meer Muscheln zu fernen Reisen. Die Wurzel, Kräuter, Blumen, Fluhr, Sich überhäuft vermehren, Die zahm und wilde Thier-Natur, Hüpfet dem Gott zu Ehren, Uns Menschen kommt alles zu gut, Kein Freude kann uns trennen, Von Osten, Westen, Nord und Süd, Dein göttlich Kraft erkennen. Sobald der goldne Sonnen-Glanz An jener Himmels-Zinnen, Steht und blühet der Ehe-Kranz, So will er stetig grünen, Der Silberbach sich merklich gießt Mit überhäuften Quellen, Mit starkem Lispeln herumfließt, Er fängt sich an zu schwellen. Die Erd, Wasen und Luft sich paart, Und manches Thier zusammen, Vermenget sich die Blumen-Art, Tanzen und wünschen Amen. Vom Himmel ab der Perlen-Thau, Fällt süß auf falbe Matten, Befruchtet die frisch grüne Au, Die Bäume geben Schatten. O Wunder großer Leopold! Die hellen Aug-Kristallen, Sey mir lieb, leib und immer hold, Laß sie dir nie mißfallen, Vor deiner Gnaden hohem Thron, Genieß ich deine Strahlen, Von dir hab ich mein Hoffnungs-Kron In dein Gnad laß mich wallen. Es kräuselt und säuselt der Schall, Sein Stimme übersteigen, Es lispelt, wispert Nachtigall Orgel, Lauten und Geigen, Singe wacker, Reuter zum Pferd, Vor dir muß alles schweigen, Großer Leopold, du bists werth; Vor dir wir uns thun neigen. Binken kann zwar der lustig Fink, Amsel, und Mistler psalliren, Aber überwunden der Zink, Jedes Geschöpf verspüren, Die göttlich Gnad sey immer neu, Laßt uns von Vögeln lehren, Mit euch aufwachse die Liebs-Treu, So Schöpfers Lob vermehren. Der Lenz, der bunte Blumen-Mann, Mit Saft und Kraft erfüllet, Ist längsten schon gekommen an, Den rauhen Nord gestillet, Es hat der Silber klare Bach, Den Harnisch ausgezogen, Es jagt die Flut, der Flute nach, Immen Honig gesogen. Steigt die Lerche (Oesterreich) wies Glück, wie viel mehr, Zu Claudia's Ergötzlichkeit, Sie bringt vom blauen Himmel her, Den Frühling, die Freude allezeit, Das Glück in sich wird vermehrt, So mehret auch die Liebe, Die schönste Welt ist dunkel und leer. Gute Nacht, braucht der Liebe!

Eichen Reh Vögel Sonne Diana Veilchen Vögel Muscheln Lispeln Au Schall Nachtigall Orgel thun Amsel Zink Lenz Harnisch Honig Oesterreich wies Die schönste

Chapter 207
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Antwort Mariä auf den Gruß der Engel. Procopii Mariale festivale. S. 368.

Engel

Zwey Nachtigallen in einem Thal Oftmals zusammen stimmen, Sie singen mit so süßem Schall, Daß es recht Wunder nimmet: Sie modulieren in die Welt, Keine der andern weichet, Den Tod sie lieber leiden thät, Eh sie der andern schweiget. Zwey Nachtigallen ich singen hör, Ein Engel kommt vom Himmel, Nach Nazareth, nicht ungefähr, Ins jungfräuliche Zimmer, O wie so lieblich singt er an, Das Jungfräulein Maria: Kein menschlich Zung beschreiben kann Die süße Harmonie. Was war nicht für ein Echo da, Wie stimmten sie zusammen, O wär ich doch gewesen nah, Es würde mich entflammen. Kein süßres Lied im Himmelreich, Wird nimmermehr gehöret, Als wenn die Selgen allzugleich Wollen, was Gott begehret.

Thal Schall Engel Nazareth Maria Echo

Chapter 208
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Ritter Peter von Stauffenberg und die Meerfeye. Wahrhafte Geschichte Herrn P. v. St. Straßburg bey B. Jobins Erben 1598. I. Romanze.

Stauffenberg Straßburg

Vorüber zieht manch edler Aar, Herr Peter ein theurer Ritter war, Er war so keusch, er war so rein, Wie seines Antlitz edler Schein, Er war bereit zu jeder Zeit, Zu Schimpf, zu Ernst, zu Lust, zu Streit. In junger Kraft, in fremdem Land, Sein Mannheit machte ihn bekannt, Als er nach Hause kehrt zurück, Bedenkt in sich sein hohes Glück, Langsam zur Burg hinauf thut reiten, Was sieht sein Knecht zu einer Seiten? Er sieht ein schönes Weib da sitzen, Von Gold und Silber herrlich blitzen, Von Perlen und von Edelstein, Wie eine Sonne reich und rein, Der Knecht winkt seinen Herrn zu sich: »Gern diente dieser Fraue ich!« Der Ritter grüßt in großer Zucht, Er drückt an sich die edle Frucht: »Ihr seyd es Ritter, edler Herr, Das Wunder das mich treibet her, In allen Landen, wo ihr wart, Hab ich euch glücklich stets bewahrt.« »Kein schöner Weib hab ich erblickt, Ich lieb euch wie es aus mir blickt. Ich sah euch oft im tiefsten Traum, Jezt glaub ich meinen Sinnen kaum, Wollt Gott, ihr wärt mein ehlich Weib, In Ehren dient ich eurem Leib.« »Nun so wohl hin, sprach da die Zart: Auf diese Red hab ich gewart, Ich zog dich auf mit Liebeskraft, Die alles wirkt, die alles schafft, Ich bin die Deine, ewig dein, Doch must du auch der Meine seyn. Nie darfst du nehmen ein ander Weib, Dir eigen ist mein schöner Leib, In jeder Nacht, wo du begehrst, Und Macht und Reichthum dir beschert, Ein ewig endeloses Leben, Will ich durch meine Kraft dir geben. Unangefocht wirst du nicht bleiben, Man wird dich treiben, dich zu weiben, Wo dus dann thust, red ich ohn Zagen, So bist du todt in dreyen Tagen; Sieh weg von mir und denke nach, Was dir dein eignes Herze sagt.« »Nun herzigs Weib ist dem also, So werdet meiner Treue froh, Was soll ich für ein Zeichen haben, Daß ihr von mir wollt nimmer lassen?« »So trag von mir den goldnen Ring, Vor Unglück schützet dich der Ring.« Mit spielendem Kuß er Abschied nahm, Zur Messe er nach Nußbach kam, Da ging er mit den Kreuzen auch, Und nahte sich dem Weiherauch, Sein Leib und Seel er Gott befahl, Er sollt ihn schützen überall.

Aar Burg Gold Sonne dreyen Nußbach

II. Romanze.

II

Als er auf Stauffenberg nun kam, Schnell sprang da ab der edle Mann, Ein jeder wollt ihn sehen, hören, Ein jeder wollt ihn höher ehren, Von seinen Dienern große Eil, Von Fraun und Mädchen groß Kurzweil. Zu Bette trachtet nur der Herr, Nach seiner Frau verlangt er sehr, Viel herrlich Rauchwerk ward gemacht, Das Bett verhängt mit großer Pracht, Den Dienern bald erlauben thät, Daß sie sich legten all zu Bett. Er zog sich ab, sezt sich aufs Bett, Und zu sich selber also redt: »O hätt ich sie im Arm allein, Die heut ich fand auf hohem Stein!« Als er die Worte kaum noch sprach, Die Schöne er mit Augen sah. Viel froher Minne sie begehn, Sie mochten einander ins Herze sehn, Wenn einer thät dem nachgedenken, So möchte ihn wohl die Sehnsucht kränken. Als er erwachte, glaubt ers kaum, Er fand den Ring, sonst wars ein Traum.

Stauffenberg Kurzweil Minne ers

III. Romanze.

»Ihr wisset nun zu dieser Frist, Daß unser Geschlecht im Abgang ist, So nehmt ein Weib, berühmt und reich, Ihr seyd schon jedem Fürsten gleich, Wir bringen euch viel Fräulein schön, Die euch gar gerne alle sehn.« Herr Peter war erschrocken sehr, Sein Bruder schweiget, da sprach der Herr: »Ich dank euch edle Brüder mein, Doch kann es also noch nicht seyn, Zur Kaiserkrönung geh ich hin, Nach Ruhm und Ehre steht mein Sinn.« Die Meerfey gab ihm diesen Rath, Sie hat es ihm voraus gesagt, Sie giebt ihm Gold und edlen Schmuck, Wie keiner ihn so herrlich trug, Sie küsset ihn und warnet ihn, Daß er sich nicht geb Weibern hin.

Rath Gold warnet

IV. Romanze.

Der Zierlichste meinte ein jeder zu seyn, Der Stauffenberger zog auch ein, Seins Gleichen war zugegen nicht, Der so zierlich einher ritt, Der König nahm sein eben wahr, Dazu die Frauen ernsthaft gar. Trommeten fingen an zu blasen, Die Pferde fingen an zu tosen, Da lustig ward so Roß als Mann, Wie das Turnier gefangen an, Herr Peter alle darnieder rennt, Er macht dem Rennen bald ein End. Als nun der Abend kam herbey, Von neuem ging Trommetenschrey, Als sie zu Hof gegessen hatten, Den fürstlichen Tanz sie allda thaten, Des Königs Base schön geziert, Den ersten Dank in Handen führt. Von Gold und Perlen diesen Kranz, Dem Ritter sezt sie auf zum Tanz, Thät auf das gelbe Haar ihm setzen, Thät freundlich ihm den Finger pfetzen, Gab ihre Lieb ihm zu verstehn, Durch manchen Blick schön anzusehn.

Gold

V. Romanze.

Der König lag in seinem Bett, Des Nachts seltsam Gedanken hätt, Und seine Gedanken gingen ein In seiner Base Schlafkämmerlein, Und immer schwerer kamen wieder, Wie Bienen ziehn vorn Schwärmen nieder. Am Morgen schickt er seinen Zwerg, Zu Peter Herrn von Stauffenberg: »Die Base mein von hoher Art, Die Fürstin, jung und reich und zart, Die will ich geben euch zum Weib, Mit ihrem Kärntnerland und Leut.« Kein Wort kam aus den Ritters Mund, Erschrocken stand er da zur Stund: »Mein Red halt mir für keinen Spott, Und nimm hiemit zu Zeugen Gott, Daß es mein ewger Ernst fürwahr, Daß euer die Fürstin ganz und gar.« Herr Peter sprach mit großen Treuen, Der hohe Lohn könnt ihn nicht freuen, Wie er der Meerfey schon verlobt, Der Untreu sey der Tod gelobt, Sonst sey er frey von Noth und Leid, Mit Gut und Geld von ihr erfreut. »Weh eurer Seele an dem Ort, Sie ist verloren hier und dort, Seht Gottes Auge nimmermehr, Wenn ihr euch nicht von ihr abkehrt; Sollt ihr 'nen Geist zum Weibe haben, Nie werden euch die Kinder laben. Dem Teufel seyd ihr zugesellt, Ihr armer Mann! Ihr theurer Held!« So sprach der Bischof und der König, Der Ritter sagt darauf zum König: »Es geht mir tief zu meinem Herzen, Und Gottes Gnad will nicht verscherzen.« Herr Peter ward verlobt sogleich, An Gold und edlen Steinen reich, O heller Glanz der Jungfrau fein, Wem strahlet er mit Freudenschein. Nach Stauffenberg sie ziehen fort, Zu feyern ihre Hochzeit dort! Ihr düstren Wälder auf dem Wege, Was streckt die Aeste ihr entgegen, Viel froher Schaaren ziehen ja, Mit hellem Klange fern und nah, Mit bunten Bändern, Scherz und Streit, Ist alles Lust, ist alles Freud.

König kamen Bienen Stauffenberg Treuen Untreu Seele Teufel Held Bischof König König Peter ward Gold Jungfrau Stauffenberg hellem Freud

VI. Romanze.

VI

Auf Stauffenberg zur ersten Nacht, Zur schönen Frau sein Herze dacht, Alsbald an seinem Arme lag, Die sein mit steten Treuen pflag, Sie weinte, sprach: »Nun wehe dir, Du folgtest gar zu wenig mir. Daß du ein Weib nimmst zu der Eh, Am dritten Tag du lebst nicht mehr, Ich sag dir was geschehen muß, Ich lasse sehen meinen Fuß, Den sollen sehen Frau und Mann, Und sollen sich verwundern dran. So nun dein Aug den auch ersieht, So sollst da länger säumen nicht, Denn es sich immer anders wendt, Empfangt das heilge Sakrament, Du weist, daß ich dir Glauben halten, Auf ewig sind wir nun zerspalten.« Mit nassem Aug sie zu ihm sprach: »Herr denket fleißig nach der Sach, Ihr dauret mich im Herzen mein, Daß ich nicht mehr kann bey euch seyn, Daß mich nun nimmer sieht ein Mann, Ich fall in ewger Liebe Bann.« Dem Ritter liefen die Augen über: »Soll ich denn nie dich sehen wieder, So seys geklagt dem höchsten Gott, Der ende balde meine Noth, Ach daß ich je zu Ruhm gekommen, Daß mich ein fürstlich Weib genommen.« Sie küßte ihn auf seinen Mund, Sie weinten beide zu der Stund, Umfingen einander noch mit Lieb, Sie drückten zusammen beyde Brüst: »Ach sterben das ist jezt euer Gewinn, Ich nimmermehr wieder bey euch bin!«

Stauffenberg Treuen pflag Sakrament

VII. Romanze.

Kein Hochzeit je mit solcher Pracht, Gehalten ward bis tief in die Nacht, Viel Lieder und viel Saitenspiel, Man hörte in dem Schlosse viel, Und alles bey dem Tische saß, Man war da fröhlich ohne Maaß. Sie saßen da im großen Saal, Alsbald da sah man überall, Die Männer sahens und die Frauen, Sie konnten beyde es anschauen, Wie etwas durch die Bühne stieß, Ein Menschen-Fuß sich sehen ließ. Blos zeigt er sich bis an die Knie, Kein schönern Fuß sie sahen nie, Der Fuß wohl überm Saal erscheint, So schön und weiß wie Elfenbein, Der Ritter still saß bey der Braut, Die schrie auf und schrie laut. Der Ritter, als er den Fuß ersah, Erschrack er und ganz traurig sprach: »O Weh, o Weh, mir armem Mann!« Und wurde bleich von Stunde an. Man bracht ihm sein kristallnes Glas, Er sah es an und wurde blaß. Er sah in dem kristallnen Pokale, Ein Kind das schlief beym lauten Mahle, Es schlief vom Weine überdeckt, Ein Füßchen hat es vorgestreckt, Doch wie der Wein getrunken aus, So schwand das Kindlein auch hinaus. Der Ritter sprach: »Der großen Noth, In dreyen Tagen da bin ich todt.« Der Fuß, der war verschwunden da, Ein jeder trat der Bühne nah, Wo doch der Fuß wär kommen hin, Kein Loch sah man da in der Bühn. All Freud und Kurzweil war zerstört, Kein Instrument wurd nimmer gehört, Aus war das Tanzen und das Singen, Turnieren, Kämpfen, Fechten, Ringen, Das alles still darnieder leit, Die Gäste fliehn in die Felder weit. Die Braut nur bleibt bey ihrem Mann, Der Ritter sieht sie traurig an; »Gesegne dich du edle Braut, Du bleibest bey mir, hast mir vertraut.« »Durch mich verliert ihr euer Leben, In geistlichem Stand will ich nun leben.« Das heilge Oel empfing er dann, Nach dreyen Tagen rief der Mann: »Mein Herr und Gott in deine Händ, Ich meine arme Seele send, Mein Seel thu ich befehlen dir, Ein sanftes Ende giebst du mir.« Ein Denkmahl ward ihm aufgericht, Von seiner Frau aus Liebespflicht, Dabey sie baut die Zelle klein, Und betet da für ihn so rein: Oft betend kam die Meerfey hin, Sie sprach mit ihr aus gleichem Sinn.

Elfenbein Glas Mahle Wein schwand dreyen Freud Kurzweil Fechten Ringen empfing dreyen Seele

Chapter 209
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Des Schneiders Feyerabend und Meistergesang. Altes Lied in meinem Besitz. C. B.

Meistergesang

Und als ich saß in meiner Zell und schreib, Da kamen drey Beginnen So alte heil'ge Weib. Sie lasen mir vor Den schnellen grimmen Tod. Ich bin ein armer Schneider, Und leid' es wohl durch Gott, Da hatt ich armer Schneider Für sie und mich kein Brod. Die Erste spann, den Faden dreht die Zweyt, Die Dritte hielt die Scheere Zum Schneiden schon bereit, Sie lasen mir vor: Zum schnellen grimmen Tod Bereit dich armer Schneider, Das Sterben thut dir Noth, Dieweil du armer Schneider In deinem Sack kein Brod. Und als ich hungrig saß in meiner Zell und schreib, Da stiegen durch die Decke Drey junge schöne Weib, Sie sangen mir vor Wohl von der Ewigkeit, Da hätt ich armer Schneider Noch lange lange Zeit. Gebt Brod mir armen Schneider, Mein Weg ist noch gar weit. Die Erste trug ein Speer, ein Saitenspiel die Zweyt, Die Dritt ein Lorbeerzweig, Das war die Ewigkeit. Die erste sang mir vor: »Der Speer in gutem Streit, Der trägt das Lorbeerzweiglein, Der trägt die Ewigkeit!« O hätt ich armer Schneider Ein Stärkung in dem Streit. Des zürnt die alte Katz und knappet mit der Scheer, Da steckt ich sie zum Fenster naus, Auf meinem guten Speer, Da las ich ihr vor: »Dein schneller grimmer Tod, Trifft nicht mich tapfern Schneider, Ich fechte wohl um Gott,« Wer giebt mir müden Schneider Zur Stärkung nun ein Brod. Da reichte mir die Dritt das Lorbeerzweigelein, Mein Haupt das war zu dicke, Der Lorbeer war zu klein. Die Zweyte sang mir vor: »Hätst du die Harfe mein, Es müst' der Kranz sich weiten, Schlüg' Gottes Finger drein!« Ach hätt ich armer Schneider Ein Trünklein rheinschen Wein. Da trat in meine Zell ein schönes Jungfräulein, Was trug sie auf den Händen? Ein Becher Gotteswein. Der sang ich wohl vor, Mein Harfe klang auch rein, Der Lorbeer thät sich breiten, Schloß uns in Schatten ein, Sie warf mir armen Schneider Ins Glas ihr Fingerlein. Nun sitze ich in meiner Zell und sing Und leere meinen Becher, Da klingt der Buhlen Ring. Den Alten sing ich vor, Sie schlafen nickend ein, Mein Lieb nimmt ihren Faden, Spinnt alte Zeit hinein, Und spinnt mir armen Schneider, Ein Brauthemd obendrein. Die Alte, die zum Fenster naus nun knappet mit der Scheer, Die ist der Werkstadt Zeichen, Lockt gut Gesellen her. Ich singe ihnen vor, Wie doch der grimme Tod Nur sey ein Bärenhäuter, Vor Sang und Streit, und Gott, Das bracht mich frommen Schneider Wohl wieder an das Brod.

kamen lasen grimmen Schneider Schneider lasen grimmen Schneider Schneider Schneider Schneider Speer Speer Schneider Speer Schneider Schneider Lorbeer Harfe Schneider Wein Harfe Lorbeer Schneider Glas Buhlen Schneider Schneider

Chapter 210
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Von Volksliedern. An Herrn Kapellmeister Reichardt. Wenn das Volk beym Einzuge seines Helden die Pferde vom Wagen spannt, so thut es das wohl nicht, weil es besser ihn zu ziehen meint, eben so spreche ich von Volksliedern im Allgemeinen nur darum, einen guten Sinn zu bewähren nicht aber die wichtigen Untersuchungen über Einzelne derselben zu verdrängen oder aufzugeben; daß ich zu Ihnen spreche, findet in unsrer Befreundung sein Recht und in der Sache seinen Grund. Haben Sie doch Selbst mehr gethan für alten deutschen Volksgesang, als einer der lebenden Musiker, haben Sie ihn doch nach seiner Würdigkeit den lesenden Ständen mitgetheilt, haben Sie ihn doch sogar auf die Bühne gebracht, in allem Hohen ist kein Ueberdruß, so werden Sie Sich gern wieder mit mir zu einer hohen und herrlichen guten Sache hinwenden. – Ich führe Ihnen manche Beobachtung vor, aus verschiedenen Zeiten, aus verschiedenen Gegenden, alle einig in dem Glauben, daß nur Volkslieder erhört werden, daß alles andre vom Ohre aller Zeit überhört wird. – Was ist erhört? – Alles was geschieht, was nur entfallen, nicht vergessen werden kann, was nicht ruht, bis es das Höhere hervorgebracht, das ist erhört. Wohl wuste ich das lange nicht, viele werden es mir nie glauben, denn jeglicher muß selbst im Schweis seines Angesichts den Kreis der Zeit um und um bis zum Anfange in sich durchlaufen, ehe er weiß, wie es mit ihr steht und wie mit ihm! – Was ich unsre Zeit nenne, was in allen lebt, als Methode, was keinem ein Wunder, das fängt mir in der Welt der Nachgedanken mit Kirchenliedern an, lange von mir nicht gehört, bleiben sie mir doch gegenwärtig. Ich hörte sie als Kind von meiner Wärterin beym Ausfegen der Zimmer, das in gleichem Zuge sie begleitete, mir ward dabey ganz still, ich muste oft an sie denken, jezt mögen Kinder sie seltener hören, und ich weiß nicht, was sie statt ihrer denken mögen. Nachher hörte ich in geselligen Kreisen allerley Lieder in Schulzens Melodieen, wie sie damals in raschen Pulsen des Erwachens sich verbreiteten, mein Hofmeister rühmte sie nächst Gellert, mir war es nur ums Ausschreien darin zu thun, die Langeweile der Welt kümmerte mich nicht. Jezt muß ich sagen, sie sind nicht ohne Beystand gewesen gegen das damalige Streben zu Krankheit und Vernichtung (die SentimentalitätIch verstehe hier unter Sentimentalität das Nachahmen und Aufsuchen des Gefühls, das Schauspielen mit dem Edelsten, was nur im Spiele damit verloren gehen kann, nicht verstehe ich darunter jene Sentimentalität, das menschliche Gefühl wie es im Einzelnen sich ausdrückt, wogegen die Neuntödter, die philosophischen Schüler wohl schreiben (auch wohl wirken, wenn kein lebendiger Volksgeist es aufhebt), und darinn zusammen kommen, mit der ersten schimpflichen Sentimentalität zu demselben Mittelpunkte, zur Seligkeit eines Steins in Unempfänglichkeit und Unfruchtbarkeit der Lust. Keine Schule ist hiemit besonders bestimmt, sondern alle, denn wie die Begeisterung der Pythia mit Ermattung verbunden, so den Philosophen die Schüler. Die Philosophen sind ewige Nilmesser einer entwichenen Gottesfluth und Erhebung, ihre Schüler wollen aber das Unmögliche leisten, zu messen was nicht mehr vorhanden ist. ), es war doch darin ein wahrer Ton, wie im derben Lachen aus Herzensgrund. Nachher scheint mir die Kraft wunderlich zerrissen, vieles geht glänzend vorüber, da steht die Menge mit offnem Munde, dann sinkt es unter im Hexenkessel überschätzter Wissenschaft, worin sie damals überkocht wurde. Was mir im Worte lieb, das hörte ich nie allgemein singen, und die schönen Melodieen pfiff ich lieber nach, die falschen Kukuk-Eyer zu verdrängen, welche dem edlen Singevogel ins Nest gelegt. Hörte ich von Gebildeten, nach Ihrer Eingebung zum Flügel singen: Kennst du das Land, wo die Zitronen blühen, da sah ich die vier Wände umher wie herkulische Säulen, die nun für lange Zeit den thätigen lebhaften Theil des Volkes von dem feurigen Bette der Sonne trennen. Sah ich dann still vor sich jemand den wunderbaren Fischer (Göthe's) lesen, es war mir, als sähe ich den herrlichen Gedanken halb ziehen halb sinken ins Wasser, keine Luft wollte sich ihm gestatten. – So ging es dem Herrlichen, während die schlechten Worte zum Theater sich erhoben, das damals mit Redensarten national werden wollte, in der That aber immer fremder wurde der Nation, zulezt sich sogar einbildete über die Nation erhaben zu seyn (wohl einiger Fuß hoher Bretter willen, wie das Hochgericht über die Stadt). Ja wie ein Wiederhall führte der edle Klang diese schlechten Worte durch die Gassen, und die ernsten blauen Chorschüler, wenn sie vor dem Hause sich zusammenstellten, waren von dem Streit des Doktors und Apothekers, des Poeten und Musikers befangen. Ein schönes Lied in schlechter Melodie behält sich nicht, und ein schlechtes Lied in schöner Melodie verhält sich und verfängt sich bis es herausgelacht; wie ein Labirinth ist es, einmal hinein, müssen wir wohl weiter, aber aus Furcht vor dem Lindwurm, der drin eingesperrt, suchen wir gleich nach dem ausleitenden Faden. So hat diese leere Poesie uns oft von der Musik vielleicht die Musik selbst herabgezogen. Neues muste dem Neuen folgen, nicht weil die Neuen so viel Neues geben konnten, sondern weil so viel verlangt wurde: so war einmal einer leichtfertigen Art von Liedern zum Volke Bahn gemacht, die nie Volkslieder werden konnten. In diesem Wirbelwind des Neuen, in diesem vermeinten urschnellen Paradiesgebären auf Erden waren auch in Frankreich (schon vor der Revolution, die dadurch vielleicht erst möglich wurde), fast alle Volkslieder erloschen, noch jezt sind sie arm daran, was soll sie an das binden, was ihnen als Volk festdauernd? Auch in England werden Volkslieder seltener gesungen; auch Italien sinkt in seinem nationalen Volksliede, in der Oper durch Neuerungssucht der leeren Leute; selbst in Spanien soll sich manches Lied verlieren und nichts Bedeutendes sich verbreiten. – O mein Gott, wo sind die alten Bäume, unter denen wir noch gestern ruhten, die uralten Zeichen fester Grenzen, was ist damit geschehen, was geschieht? Fast vergessen sind sie schon unter dem Volke, schmerzlich stoßen wir uns an ihren Wurzeln. Ist der Scheitel hoher Berge nur einmal ganz abgeholzt, so treibt der Regen die Erde hinunter, es wächst da kein Holz wieder, daß Deutschland nicht so weit verwirthschaftet werde, sey unser Bemühen. Wo ich zuerst die volle, thateneigene Gewalt und den Sinn des Volksliedes vernahm, das war auf dem Lande. In warmer Sommernacht weckte mich ein buntes Geschrey. Da sah ich aus meinem Fenster durch die Bäume, Hofgesinde und Dorfleute, wie sie einander zusangen:

Kapellmeister Volk Ohre Hofmeister thun Volksgeist Unfruchtbarkeit Pythia derben wunderlich Hexenkessel herkulische Sonne Hochgericht Lindwurm Frankreich Revolution Volk England Italien Oper Spanien Deutschland

Auf, auf, ihr Brüder und seyd stark! Der Abschiedstag ist da, Wir ziehen über Land und Meer Ins heisse Afrika.

Afrika

Sie brachen ab und auf zu ihren Regimentern, zum Kriege. Damals klang manches daran, was mir so in die Ohren gefallen, alles reizte mich höher was ich von Leuten singen hörte, die nicht Sänger waren, zu den Bergleuten hinunter bis zum Schornsteinfeger hinauf. Später sah ich den Grund ein, daß in diesen schon erfüllt, wonach jene vergebens streben, auf daß ein Ton in vielen nachhalle und alle verbindeIch kann mich nicht enthalten die wunderbar herrliche Vorrede Georg Forsters zu seinen frischen Liedlein, Nürnberg 1552, als eines meiner liebsten Herzblätter zur Erläuterung des Gesagten mitzutheilen. »Freundlicher lieber Singer, und der edlen Musik Liebhaber. Es sind in einigen Jahren unter andern Gesängen so bisher gedruckt worden, mancherley Teutsche Liederbüchlein durch den Druck ausgegangen, wie aber die zum Theil seyn, will ich denen, so des Gesanges einen Verstand haben zu bedenken geben. Ich übergebe mein Liederbüchlein, damit alte Teutsche Lieder, so doch noch, wenn ich sagen dürfte, schier die besten sind, sammt ihren Meistern, welche mit der Musik auferzogen, umgegangen, und ihr Leben damit beschlossen haben, nicht ganz und gar vergessen, und an ihrer statt nicht viel ungereimte neue Kompositionen, die doch gar keine rechte Teutsche liederische Art haben, gebraucht würden; sondern daß ich auch die mit solchen schlechten Liedern zerstörte, schöne und liebliche Kunst der Musik, welche bey den Alten ehrlich, und in großen Würden gehalten, möchte erhalten und fördern. Insonderheit dieweil bey allen Fröhlichkeiten und Kurzweilen, frische gute Teutsche Lieder zu singen, oder auf den Instrumenten zu brauchen gebräuchlich: Durch welches denn viel unnützes Geschwätz, unflätisch Zutrinken, darzu zänkisch und haderlich Spielen, und andere Laster möchten verhindert werden. Wie ich denn oft von einem trefflichen theuren Manne gehört habe, als er sagt, daß unter allen Kurzweilen, damit man die Zeit zu vertreiben führt, er kein göttlichere, ehrlichere, und schönere Kurzweil wüste, denn die liebliche Musik, daß alle andere Kurzweile, als Spielen, Fechten, Ringen, Springen, dahin gericht wären, daß sich ein jeder nur aufs beste befließe, damit er dem, mit welchem er solch Kurzweil übet, möchte überliegen, angewinnen, und zu bevortheilen, daraus denn mancher Unrath und Zank und Hader entspringe. Die Musik aber hat kein andres Fürhaben, denn daß sie gedächte, wie sie nur die Einigkeit der Stimmen mit allem Fleiß möchte erhalten, und aller Mißhellung wehren.«, der höchste Preis des Dichters wie des Musikers, ein Preis der nicht immer jedem Verdienste gefällt (wie manche Blume wird zertreten, aber das frische Wiesengras bringt tausend), aber auf lange Zeit gar nicht erschlichen werden kann, so daß jedes hundertjährige Lied des Volkes entweder im Sinn oder in Melodie, gewöhnlich in beyden tauget. – Und als ich dieses feste Fundament noch unter den Wellen, die alten Straßen und Plätze der versunkenen Stadt noch durchschimmern sah, da hörte ich auf, mich über die großentheils mislungenen Versuche vieler Dichter und Musiker, besonders des Theaterwesens zu ärgern. Vielleicht würde einmal das Vortreffliche sonst gar nicht entstehen, gar nicht verstanden werden! Wo etwas lebt, da dringt es doch zum Ganzen, das eine ist Blüte das andre Blat, das dritte seine schmierige Wurzelfasern, alle drey müssen vorhanden seyn, auch die saubern Früchtchen, die abfallen. Störend und schlecht ist nur das Verkehrte in sich, der Baum mit der Krone eingepflanzt, er muß eine neue Krone, eine neue Wurzel treiben, oder er bleibt ein dürrer Stab. Dieser Art von wahrer Störung ist die Beschränkung aller Theatererscheinungen in Klassen und für Klassen der bürgerlichen Gesellschaft, die entweder ganz unfähig der Poesie, oder unbestimmt in ihrem Geschmacke geworden. Beschränkung ist aber das Tugendprincip der Schwachheit, das Allgemeine verdammt sie, darum kann das Ueberschwengliche nie von ihr gefordert werden. Der Einfluß davon ist unbegrenzt, denn indem die Schauspieler das Gemeine vornehm machen wollen, machen sie das Ungemeine auch nichts weiter als vornehm (sie lassen Müller und Schornsteinfeger sich an einander abreiben). So suchen nun die Künstler aller Art um in gleichen Verhältnissen zu leben, wie sie dieselben gewöhnlich darstellen, da ihren Lohn, wo sie selten hingehören und nimmermehr hineinpassen sollten, wo es der Zweck des ganzen mühevollen Lebens, sich so leise wie möglich neben einander wegzuschieben, sie denken nicht, daß die besten Steinschneider Sklaven, die besten altdeutschen Mahler zünftig waren. Daher das Abarbeiten ihrer edelsten Kraft an Formen des Anstandes, die ihnen sich selbst gegeben, wenn sie wirklich etwas Würdiges geben: Daher das Bemühen der Kunstsänger zu singen, wie Vornehme gern reden möchten, ganz dialektlos, das heist, sie wollen singen ohne zu klingen, sie möchten blasen auf einem Saiteninstrumente.

Bergleuten Schornsteinfeger wunderbar Nürnberg sammt Zutrinken Kurzweil Fechten Ringen gericht Kurzweil Schornsteinfeger Steinschneider heist

O ihr lebendigen Aeolsharfen, wenn ihr nur sanft wäret; und wenn ihr sanft wäret, o hättet ihr doch Ton. Dem geschickten Künstler sind die Dialekte TonartenLorenz Medicis (Life of Medicis by Roscoe I. 296.) der in der Welt zu Hause, wie ein andrer in seinen vier Wänden, verstand den Werth des Dialekts und schrieb zuerst in der Bauernsprache seines Landes. , er vernachläßigt keine, wenn er gleich nur in einer sich selbst vorgezeichnet finden kann, das heutige Theater treibt sie aus einander nach Süden und Norden, Osten und Westen, keiner kann sich fügen dem Fremden, da doch alle einander in Volksliedern begegnen, wie Lustkähne, die eben erst vom gemeinschaftlichen Gespräche im Dunkeln auseinander treiben, bald wieder zusammen, sich gleich wieder verstehen durch Aneignen und Weiterstreben, wenn auch in jedem das Gespräch sich anders gewendet. – Hinter dem vornehmen Anstande, hinter der vornehmen Sprache versteckt, scheiden sie sich von dem Theile des Volks, der allein noch die Gewalt der Begeisterung ganz und unbeschränkt ertragen kann, ohne sich zu entladen, in Nullheit oder Tollheit. Unsre heutige Theater- und Konzert-Theilnehmer, wie würden sie auseinander springen, bey wahrer reiner Kunsthöhe, sie würden umsinken in der reinen Bergluft, oder fühllos erstarren. Ruft nicht diesen Ton, ihren eigenen menschlichen Ton hinein ihr Sänger, sie würden springen wie Gläser, die tausendmal an einander gestoßen, doch nur zersungen werden können mit ihrem Ton! – Sey ruhig gutes Publikum, den Ton haben deine Sänger längst verloren, das Lebende von dem Todten zu scheiden, dabey kannst du noch das Heil deiner schlaffen Seele in (dem englischen Salzfläschchen) ihrer höheren Kritik suchen, in den wenigen vortrefflichen Formeln, welche die ganze Welt packen und sie in der Gravitation zwischen Ernährung und Zeugung erhalten, worin ihr wie Mücken spielt. – Mit großer Bravur können wohl diese vortrefflichen Kunstsänger ihren Kram ausschreien und ausstöhnen, man versuche sie nur nicht mit einem Volksliede, da verfliegt das Unächte, laßt sie auch nicht mit einander reden, sie singen wohl noch mit einander, aber mit dem Sprechen geht der Teufel los. Entweder haben ihre Sangstücke so unbedeutenden Charakter, daß er gar nicht verfehlt werden kann, oder wenn wir zum rechten Verstande davon kämen, wir würden sie hinunter jagen von ihren Bretern, und uns lieber selbst hinstellen, zu singen, was uns einfiele und allen wohlgefiele, Ball schlagen, ringen, springen und trinken auf ihre Gesundheit. – Wollt ihr Sänger uns mit der Instrumentalität eurer Kehle durch Himmel und Hölle ängstigen, denkt doch daran, daß dicht vor euch ein großes physikalisches Kabinet von geraden und krummen hölzernen und blechernen Röhren und Instrumenten steht, die alle einen höheren, helleren, dauerndern, wechselndern Ton geben als ihr, daß aber das Abbild des höchsten Lebens oder das höchste Leben selbst, Sinn und Wort, vom Ton menschlich getragen, auch einzig nur aus dem Munde des Menschen sich offenbaren könne. Versteckt euch eben so wenig hinter welschen Liedern, dem einheimischen Gefühl entzogen seyd ihr dem Fremden nur abgeschmackt. Nein, es ist kein Vorurtheil der Italiäner, daß jenseit der Alpen nicht mehr Italiänisch gesungen werde, daß selbst nationale Sänger ihren reinen italienischen Gesang in der Fremde verlieren: Denkt auch daran, daß es gar nichts sagt, fremde Sprachen melodischer zu nennen, als daß ihr unfähig seyd und unwürdig der euern. Das weiß ich wohl, die Kunstübung erbt ohne meinen Rath, wie die Pocken, in allen kränklichen Reizungen der Städtlichkeit, Philosophie und Liederlichkeit auf alle Wohlgesittete, die sich den Bart nicht scheren, wenn er lang, sondern wenn ihr Tag gekommen; nicht einheizen, wenn sie frieren, sondern wenn ihr Stunde gekommen, ja es giebt ordentliche Register über die Kunst auf dem Rücken aller der buntjäckigen Leute, denen die alten Komödienzettel auf den Rücken geklebt, ich meine die Journalisten. Wie vielmal diese Vögelscheuchen mit ihren unmaßgeblichen Meinungen sich drehen, wohin der Schlauch der Kunstspritzen sich wendet, Kunst wendet sich selten mit der Noth unsrer Zeit zu einer reinen Thätigkeit, sie ist fast nie nothwendig, sondern den meisten eine böse Angewohnheit (wie der Schnupf-Tabak, die Leute verwundern sich, wie schnell sie den Geschmack aufgeben, wenn sie die Dose einmal in eine andre Tasche stecken). Es müste sonderbar in ihren Winter hinein blühen, wenn ihnen so der Sinn für das Große eines Volks aufgehen sollte und für sein Bedürfniß, darum sind eigentlich die Künstler aller Art der Welt so überflüßig, wie sie gegenseitig ärmlich, zufrieden, wenn einer sie versteht unter tausenden, glücklich, wenn dieser eine keinen Ueberdruß an ihnen erlebt: Mag nur keine neue Völkerwanderung kommen, was würde von dem allen bleiben, – sicher keine Athenische Ruinen!

Roscoe 296. Seele Gravitation Teufel Hölle Alpen Rath Pocken Philosophie Register Große Völkerwanderung

Chapter 211
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Wir ahnden es schon hier, was wir in unsrer Geschichte nachgehend so allgemein durchgreifend fanden, es wird wohl ein sehr allgemeines Verhältniß zur früheren Geschichte ihm Grund legen. Denken wir dem nach, auf dem dunklen schwankenden Schiffe der Gedanken, sehen wir uns um nach den Wunderblumen, nach den Wasserlilien, was die fernen Küsten umgab, da sehen wir nur eine Stelle erleuchtet, dahin sieht des Steuermanns Auge, es ist die Windrose, sie schwebet fest und wandellos und führt uns wohl weit weg! Die Erde ist umschifft, wir haben kein heimliches Grauen mehr vor dem Weltende, es liegt fest und sicher vor uns, wie unser Tod, es ist in aller Welt ein Verbinden getrennter Elemente, welches die innere Kraft jedes Einzelnen schwächt, nur mit höchster Anstrengung jedes Einzelnen glücklich beendigt werden kann. – Vielleicht mag dies blos allgemein seyn, und darum gar nichts, aber so ist der Uebergang immer von sich zur Welt, ich will ihn wenigstens nicht verschweigen, vielleicht daß einer ihn mit mir fand. – Zunächst hängt wohl dieses Herabsinken schönerer Bildung mit einer allgemeinen großen Erscheinung der vorigen Jahrhunderte zusammen, ich meine mit dem allgemeinen Klage- und Elend-Wesen. Dieses sonderbare Bewustseyn, wie ein Träumender läst es das Glück aus der Hand fallen, weil ihm träumet, es falle, er müsse darnach greifen und nun hält es Glück und Traum für nichts, weil es ihm nicht fortdauert. Als vorzeiten die Flagellanten in Selbstgeisselung wehklagend durch alle Straßen den Strom der Vorübergehenden in ihren Ton hineinrissenHerr Koch, dem ich bey dieser Gelegenheit für manche literarische Mittheilung meinen Dank abstatte, bemerkt den Einfluß der Flagellanten auf den Untergang vieler weltlicher Lieder in seinem schätzbaren Handbuche. Sie entstanden während der großen Pestzeiten. Merkwürdig ist, daß in zwey sehr verschiedenen Chroniken, in der Straßburger und der Limpurger, immer dasselbe ganz schlechte Lied von ihnen angeführt wird. Vielleicht stammen aus den damaligen Gesinnungen die allgemein verbreiteten Todtentänze. , so verstummte in dieser späteren Selbstpeinigung der Furcht noch einmal aller edle Gemüthston. Die Regierungen glaubten es ihre Pflicht diesen Jammer zu stillen, statt ihn in sich ausgehen zu lassen, aber sie waren demselben Zeitgeiste unterworfen, statt einer höheren Thätigkeit machten sie gegenthätige (antipoetische) Bemühungen, das Fieber sollte sich schwächer zeigen, indem sie die gesammte Kraft des Körpers minderten, von dem Zwecke des Fiebers hatten sie keine Vorstellung, es war ihnen ein Mißverhältniß weiter nichts. Die nothwendigen Lasten des bürgerlichen Vortheils wurden Einheimischen wie Fremden versteckt und heimlich, das Regierungwesen schien daher den Regierten dunkel und sündig. Noch mehr, es wurden ihnen Grenzen des Nothwendigen gesezt, man schnitt die Freude davon ab – so ward ihrem Leben aller Werth genommen, es entstand eine Sehnsucht nach dem Tode, an sich selbst Tod, der mit seinem Knochenarm dem Lebenden eine Fallgrube gräbt. In der Liebe ist keine Furcht, sagt Johannes, es war diese Klage über die Selbstentleibung von Deutschland, wie jene der Chrimhilde, welche immer neue Verzweiflung herbeyführte. Die Spaltung war gemacht, der Keil eingetrieben, bald sollte der Staat nicht mehr für die Einwohner, sondern als Idee vorhanden seyn, manches Volk kannte seinen eignen Namen nicht mehr und wo ein Staat sich selbst geboren, da sah man, daß die andern eigentlich nur noch Namen waren. Dieses Elendseyn wurde so auffallend, wie aus wurmstichigem Holze der gelbe Staub, allen hing es an, die auch vom Holze keinen Splitter, die Sentimentalität war nur eine Färbung, ganz erscheint es in der kläglichen Sprache der niedern Stände vieler Gegenden. Weisheit wurde es den freudigen Augenblick wie Unglückszeichen zu meiden, während seiner festesten Dauer sein Vergehen voraus zu sehen, und den künftigen hellen Blick des Glückes zu trüben, mit der Erinnerung, es gab noch einen helleren. Jeder wuste über sein Leben etwas zu sagen, nur hatte keiner Leben, so wurde das Leben verachtet, der Tod gefürchtet, und die Genialität bey dieser Aermlichkeit in Völlerey geseztEs würde angenehm lauten, alles durchzugehen, was zu verschiedenen Zeiten genialisch genannt worden, wo aus dem zersplitterten Geiste der lebende Baum entwickelt wurde: Kennen doch viele erst seine Festigkeit aus dem Gewichte, wodurch es zerreißt. Dem Takte nach sezte man Genie in schnelle, stoßweise, wenn gleich noch so unbedeutende Produktion, in prallende Schwatzhaftigkeit, und unvermögende Planmacherey, sein Boden schien der Schmutz jeder Art, den Vorüberziehenden muste es seine Früchte auf den Kopf fallen lassen, in allem Sturm seine Blätter schlaff und jämmerlich senken, in der Ruhe immer rauschen, als wenn ein Sturm ginge. Die Vögel die zutraulich darauf nisteten tückisch

Wunderblumen Windrose Weltende Flagellanten Koch Flagellanten Fieber Fallgrube Deutschland Volk Genie Vögel

hinunter werfen, schnell empor in falsches unbrauchbares Holz muste es schießen, um schnell zu fallen. Wer verwundert sich nach solchen Antichristen Talent verhaßt, Nichtigkeit geehrt zu finden. Die Wortspielerey unsrer Zeit hat Kunst und Genie einander entgegengesezt; viel Kunst und wenig Genie, wird von den elendesten Nachahmereyen gesagt. Keiner ist ohne Genie, wenn gleich manche Werke der Kunst ohne sind, der eine kann die Tropfen zählen, dem andern ists ein Platzregen, der eine steht im Nordlichte, der andre siehts in der Ferne. Wenn Genie das Schaffende genannt werden kann, so ist Kunst die Art der Erscheinung dieses Geschaffenen. Genie ohne Kunst, wäre Luft ohne Beschränkung, Kunst ohne Genie wäre ein Punkt ohne alle Dimension. . So war diese eitle Weisheit (wie die Petersburger Mägde um Schminke betteln sollen)! So wurde auf einmal die ganze Welt arm, schlechte Zeit, schlechte Sitten und Weltuntergang, verkündet in allem Frieden, in allem Ueberfluß, in allem Frühling. Weil keiner dem Drange seiner Natur, sondern ihrem Zwange nachleben wollte und konnte: so wurde schlecht Geld und kurze Ehle in Gedanken, wie auf dem Markte. Kein Stand meinte, daß er wie die Früchte der Erde durch sein nothwendiges Entstehen trefflich gut sey, sondern durch einige Taufformeln vom Zwecke ihres Geschäfts. So wollte der Adel das Blut verbessern, die Kaufleute bildeten sich ein, eigentlich nur zur sittlichen Kultur der Welt zu gehören, die Grübelnden, in ihren Worten sey Seligkeit, die aber alles verachteten, meinten es besonders getroffen zu haben. Es ließe sich viel sagen über die allgemeinen Aspekten dieses Phänomens, gehen wir nur in die nächste Gemähldesammlung eines alten Hauses, wie auf einmal wahre Häßlichkeit, und mahlerische Falschheit in die Welt gekommen. Wichtiger ist es, die Wirkungen dieser allgemeinen Erscheinung im Volksliede zu beobachten, sein gänzliches Erlöschen in vielen Gegenden, sein Herabsinken in andern zum Schmutz und zur Leerheit der befahrnen StraßeDie verkehrten Versuche einiger Gutgesinnten zur Herstellung und Ermunterung des Volksliedes durch Sammlungen, die weder den niedern Ständen gefielen, noch die höheren befriedigten, übergehe ich, meine Achtung in gleichem Sinne ihrem Sinne zu bezeugen. . Da alles, wie wir sahen, klagend und gebrechlich erschien, so verloren die Regierungen alle Achtung, alles Vertrauen zu dem Einzelnen; was nicht durch allgemeinen Widerspruch und Aufruhr sich verdammte, das schien der Aufmerksamkeit unwürdig, und dieser allgemeine Widerspruch wurde durch drückende Verbote in seiner Aeußerung, selbst dem bestgesinnten Herrscher so lange unhörbar gemacht, bis seine Wuth, nicht sein besserer Wille alles überschrieen. Wem der Zufall zu einer wirksamen Stelle verhalf, dem glaubte man einen solchen vollständigen Volksverstand angetauft, daß sich das ganze Volk in ihm ausspreche. Freilich, wenn einer nur reden darf, so redet er immer am klügsten, die Mühe verschiedene Sinne zu vereinigen, wie es in der Berathschlagung versucht, in der Gesetzgebung ausgeführt wird, ward ganz überflüßig dadurch, man verwunderte sich über das kinderleichte Regierungsgeschäft. Das Volk kam dahin, die Gesetze, wie Sturmwind, oder irgend eine andre unmenschliche Gewalt zu betrachten, wogegen Waffnen, oder Verkriechen, oder Verzweifeln diente. In diesem Sinne wurde lange geglaubt, viele zusammen könnten etwas werden, was kein Einzelner darunter zu seyn brauche, so sollte sich kein einzelner Krieger bilden, sie wurden zur Ruhe und zum nährenden Leben eingepfercht, sie musten dem ewigen Streite gegen die Barbaren entsagen. Man wollte keinen Krieger, doch wollte man Kriegsheere, man wollte Geistlichkeit, aber keinen einzelnen Geist. So wurde das Thätige und Poetische im Lehr- und Wehrstande allmählig aufgehoben, wo nicht die allmächtige Noth alle Kräfte lüftete, nur der Nährstand konnte nicht so unumschränkt vernichtet werden, nähren muste sich doch jeder, so kümmerlich es seyn mochte. Darum finden wir auch das neuere Volkslied, wo es sich entwickelt, diesem angeschlossen in mäßiger Liebe, Gewerb- und Handelsklagen, Wetterwechsel und gepflügtem Frühling. Aber so wenig die Glieder ohne den Magen, so wenig war der Magen ohne die andern Glieder in jener uralten Fabel, auch der Nährstand wurde enger, freudeleerer, bedürftiger, befangener in dem Herkommen; nirgend leisteten Feld, Haus- und Werkarbeit, wie's ihre Bestimmung, die Nothdurft des Menschen mit geringerer Noth zu bestreiten. Die Scheidung zwischen Freude und Bedürfniß war einmal gemacht, es ist das Eigenthümliche des Bösen, wie der Krankheit, wo es erscheint, da erscheint es ganz, in ganzer Thätigkeit, das Gute hingegen und die Gesundheit wie Sterne dunkeler Nacht wird selten nicht sichtbar, dafür leuchtet sie ewig, während der fliegende feurige Drache in Funken zerstiebt. Die Bauern mochten klagen, daß ihnen alle Freude milder Gabe genommen, die singenden frommen Bettler wurden wie Missethäter eingefangen

werfen Genie Genie Genie Genie Genie Genie Schminke Sitten Weltuntergang Adel Volk Volk Volkslied Fabel Drache

und gefangen gesezt; verkappt, still und heimlich mußte nun Armuth umherschleichen. Wenigstens hätte das doch eine aufrichtige öffentliche Untersuchung erfordert, ob wir auf der Bildungsstufe uns befinden, wo sein eigner Herr nicht seyn kann, der sich nicht selbst ernähren kann. Vielleicht würde sich finden, daß keiner mehr sein eigner Herr, daß alle bereits eingefangen in einem großen Arbeitshause: Wozu also das Arbeitshaus im Arbeitshause! – Ich greife unter dem Vielen nur heraus, war mir am nächsten. – Wo es Volksfeste gab, da suchte man sie zu entweihen durch Abnehmung alles lebendigen Schmuckes, oder durch ungeschicktes Umfassen, wobey sie ihn zerbrechen, oder bis sie gefährlich schienen in übler Nachrede. Schauspiel, Gaukelspiel und Musik, wie die Stadt sie zur Versöhnung für ihre Einkerkerung braucht, und das Land, wie es sich daran freut in dreytägiger Hochzeit, in taggleichen nachtgleichen Kirmes, alles dies wurde Eigenthum einzelner, um es besteuern zu können, und durch den einen Schritt einem strengen, äußern Drange, einer fremden Bestimmung, einem Stolze unterworfen, als wäre solche Lust etwas für sich, ohne die, welche sie hören, als wären sie Meistergilden wie jene AltenSie tragen viele vortreffliche Instrumente bey sich, warum verachten sie Landesinstrumente, wie den Dudelsack: den Hochländern nahm man das Schwerdt, weil sie gewöhnlich das Gewehr wegwarfen und damit fochten, auf den Schiffen weiß man es jezt wieder zu gebrauchen. . Neue Feste konnten unter den Umständen so wenig als neue Sprüchwörter allgemein werden, die Roheit äußerte ihr überflüßiges Leben in privilegirter Unzucht. Freude und Geist blieben in einzelnen Kreisen verschlossen, ein Spott gegen die andern und selbst verspottet; die bestehenden öffentlichen Vergnügen, Maskenbälle, Vogelschießen, Einzüge wurden meistens antheillosere Formen, wie alte heilige Christbäume armer Familien, immer wieder beleuchtet, immer dürrer in Blättern. Die Volkslehrer, statt in der Religion zu erheben, was Lust des Lebens war und werden konnte, erhoben schon früh gegen Tanz und Sang ihre Stimme: wo sie durchdrangen zur Verödung des Lebens und zu dessen heimlicher Versündigung, wo sie überschrieen, zum Schimpf der Religion. Der Nährstand, der einzig lebende, wollte thätige Hände, wollte Fabriken, wollte Menschen die Fabrikate zu tragen, ihm waren die Feste zu lange Ausrufungszeichen, und Gedankenstriche, ein Komma meinte der, hätte es auch wohl gethan. Noch mehr, seine Bedürftigkeit wurde den andern Ständen Gesetz (sie musten alle zur Gesellschaft mediziniren), weil der Nährstand eines festen Hauses bedarf, so wurde jeder als Taugenichts verbannt, der umherschwärmte in unbestimmtem Geschäfte, als wenn dem Staate und der Welt nicht gerade diese schwärmenden Landsknechte und irrenden Ritter, diese ewige Völkerwanderung ohne Grenzverrückung, diese wandernde Universität und Kunstverbrüderung zu seinen besten schwierigsten Unternehmungen allein taugten. Es ist genug träger Zug im Menschen gegen einen Punkt, aber selten ist die Thätigkeit, welche durch Einöden zieht und Samen wunderbarer Blumen ausstreut, zu beyden Seiten des Weges, wo er hintrifft, allen gegeben, wie der Thau, wie der Regenbogen: doch wo er, vom Winde getragen, hinreicht, da endet die unmenschliche Einöde, es kommen gewiß, die sich unter den Blumen ansiedeln, um aus ihnen Lust und Leben zu saugen. Warum zieht es uns in Büchern an, was wir von den ersten Entdeckungsreisen, von den Weltfahrten, von ziehenden Schauspielern, insonderheit was wir von dem wunderbaren Wandel des Zigeuner-Reichs lesen, im Kriege ächte Soldaten, im Frieden zutrauliche Aerzte (dessen die gelernten sich jezt fast alle entwöhnt); ich erinnere mich noch ihrer nächtlichen Feuer im Walde, wie sie mir aus der Hand wahr sagten: Und sagten sie mir etwas Gutes, so sage ich wieder Gutes von ihnen. Wie die kleinen Zwerge, wovon die Sage redetOtmars Volkssagen. Bremen 1800. S. 327. Eine Sammlung aus einem kleinen Flecken von Deutschland, die bis auf einzelne Zusätze und Wortüberfluß als Muster ähnlicher aufgestellt werden kann. Es ist wie eine neue Welt schöner Erfindung, aber von den meisten vergessen, weil es weder Veilchensyrup noch Teufelskost, sondern weil es uns führt zu den Veilchen, auch wohl in die Behausung des Teufels. , alles herbeyschafften, was sich ihre stärkeren Feinde zu Festen wünschten, sich selbst mit Brodrinden des Mahles begnügend, aber einmal für wenige Erbsen, die sie aus Noth vom Felde nächtlich ablasen, jämmerlich geschlagen und aus dem Lande verjagt wurden, wie sie da nächtlich über die Brücke wegtrappelten, einer Schaafheerde zu vergleichen, wie jeder ein Münzchen niederlegen muste und wie sie ein Faß damit füllten: So danken wir die mehrsten unsrer Arzeneyen den ZigeunernIhr Lehrling war Paracelsus. , die wir verstoßen und verfolgt haben: Durch so viel Liebe konnten sie keine Heimath erwerben! –

Arbeitshaus übler Nachrede Kirmes Dudelsack Unzucht Vogelschießen Taugenichts Völkerwanderung Regenbogen Einöde Sage Bremen Deutschland Veilchen Paracelsus

Chapter 212
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Auch die hellen Triangel der Böhmischen Bergleute klingen den Kindern nicht mehr, am Leitbande darnach zu treten; die treuen heilgen Drey Könige begrüßen sie nicht mehr! – Aber was rede ich von Kindern, während die Politiker zehnmal in einer Viertelstunde zwischen Aufklärung und Verfinsterung die Welt wenden lassen, weil es in ihre Köpfe aus allen Ecken hineinbläst, den alten Staub zu heben und wegzutreiben, vielleicht ist in der Zeit anders geschehen, was nicht bemerkt wurde, eben weil es geschah? – Das Wandern der Handwerker wird beschränkt, wenigstens verkümmert, der Kriegsdienst in fremdem Lande hört ganz auf, den Studenten sucht man ihre Weisheit allenthalben im Vaterlande auszumitteln und zwingt sie voraus darin zu bleiben, während es gerade das höchste Verdienst freyer Jahre, das Fremde in ganzer Kraft zu empfangen, das Einheimische damit auszugleichen. Dafür wird dem Landmann gelehrt, was er nicht braucht, Schreiben, Lesen, Rechnen, da er wenig Gutes mehr zu lesen, nichts aufzuschreiben, noch weniger zu berechnen hat. In der Stadt macht die körperliche Uebung drückender geistiger Anstrengung Platz, um Kinder in die Plätze der Männer einzuschieben. Es mag verkehrt seynWenn ich es verkehrt nenne, wie die Alten in vielen Schulen betrieben werden, so ist es meine Erfahrung. An allen Orten des Altdeutschen war nichts, des Lateins zu viel, des Griechischen zu wenig. Verkehrt nenne ich der Annäherung-Schulen nationale Geschichte, das Eigenste des Volks den Alten nachzubilden, da doch diese nur wegen dieser erschöpfenden Nationalität vortrefflich sind. Bis jezt sind unsre Chroniken unsre einzigen Historiker, alle andern in conventioneller Ziererey und Ansicht versunken, und diese werden in Schulen eben so wenig zugelassen, als die nationalen epischen Gedichte, ja es möchte den meisten Schulmännern sehr wunderlich noch vorkommen, wenn ich ihnen die Volkslieder als lehrreicher zur Deklamation als alle Hallersche Gedichte aufstellte. Aber wie die Jungen in unsrer Zeit ganz alt unter einander thun müssen, um in die Gesellschaft der Alten geführt zu werden, und in aller Schlechtigkeit sich früh abzuglühen, so impft man ihnen einen ästhetischen Ausschlag früh ein, die natürliche Verehrung und das Gefühl dessen zu unterdrücken, was wir selbst nur im glücklichen Augenblicke hervorzubringen vermögen. So möchte freylich mancher dieser Knaben mit edler Herablassung dieser Lieder lächeln. , wie zuweilen die Alten in den Schulen behandelt worden, aber Wahnsinn ist es, während die Gebildeten sich ihrer als Meister rühmen und Aeltern aus Gewohnheit ihnen wohl wünschen, daß unwissende Vorsteher diese einzige uns übrige feste historische Wurzel ausreissen: Sind denn Kinder Kartenblätter, die thörichte Spieler einander an den Kopf werfen? – Was erscheint, was wird, was geschieht? – Nichts? – Immer nur die Sucht der Bösen die Welt sich, und alles der Nichtswürdigkeit in der Welt gleich zu machen, alles aufzulösen, was enger als ein umzäuntes Feld, an den Boden des Vaterlandes bindet, der Gedanke, es ist derselbe Boden, auf dem wir in Lust gesprungen. Wer so denkt, wird fest und herrlich sich und seinen Nachkommen bauen, wem aber die Baukunst fehlt, dem fehlt ein Vaterland. Wer nun fühlt, daß seinem bessern Leben ein Vaterland fehlt; geh' in die Komödie, sagt mancher, da ist poetischer Genuß, da singt's und klingts! – Aber was ist das poetischer Genuß? – Wo das Wesen dem Leben ausgegangen, da sendet es einen Schatten zu unsrer Furcht, daß wir uns selber nicht vergessen: So ist unser Schauspiel vom wahren Volksschauspiel ein fratzenhafter Schatten; und kein Volksschauspiel kann entstehen, weil es den Künsten kein Volk giebt; die äußere Noth hat sie verbunden nicht innere Lust, sonst wäre ein Volk, so weit man deutsch am Markte reden hört. Wisset, Künstler sind nur in der Welt, wenn sie ihr nothwendig, ohne Volksthätigkeit ist kein Volkslied und selten eine Volksthätigkeit ohne dieses, es hat jede Kraft ihre Erscheinung, und was sich vorübergehend in der Handlung zeigt, das zeigt in der Kunst seine Dauer beym müssigen Augenblicke. Kritik ist dann ganz unmöglich, es giebt nur Bessermachen und Anerkennen, nichts ganz Schlechtes; unendlich viel läst sich dann in der Kunst thun, wenig darüber sagen denn sie spricht zu allen und in allen wieder, kein Vorwurf ist dann das Gemeine, so wenig es den Wäldern Vorwurf, daß sie alle grün, denn das Höchste, das Schaffende wird das Gemeinste, der Dichter ein Gemeingeist, ein spiritus familiaris in der Weltgemeine. – Daß aber Volksthätigkeit wirklich fehle, wer zweifelt, es fehlt an Krieg, es fehlt an Frieden, eine unerschwingliche Last wälzt sich den Söhnen auf! – Daß ich klage, werden Sie sagen, was ich selbst als die höchste Lästerung des Jahrhunderts angeklagt; wer kann sich freymachen allein, aber drein wettern möchte ich können mit Fluch und Blitz: Blau Feuer, sagte der wackere Schärtlin, alle Kopisterey und Kortisaney zerrissen, wir würden alle reich! Seit ich denken kann, merke ich einen immer langsamern Gang menschlicher Thätigkeit, wie die Stunden der Ruhe und Nahrung einander verdrängen und beeinträchtigen,

Triangel Bergleute Politiker Aufklärung Wandern Historiker wunderlich Deklamation thun impft Gewohnheit werfen Sucht Volksschauspiel Volksschauspiel Volk Volk Volkslied thun wettern

so haben alle Leidenschaften und Liebhabereyen ihre kürzere Periode, geringeren Grad; die meisten springen von ihrem Geschäfte ab, wie dürres Holz vom Heerd, ja viele dringen nie bis zu der Einigkeit der Welt mit sich vor, wo eines sie erfüllen und befriedigen kann, das sind die sehnenden, wähnenden Embryonen von Menschen, wenigen ist Jugend, wenigen Alter. Wie die Balken unsrer Decken heutiges Tags von einem sonst unbekannten Schwamme verschwächt werden, so werden die Menschen um uns plötzlich hohl und leer, da sie noch kaum angefangen zu tragen und zu stützen, zu leisten und zu streben. Wo seyd ihr versunken? Ihr liegt verloren im Allgemeinen , im Weltmeere mit tausend Schätzen. Den Störchen möchte ich zuwinken: Bleibt weg, holt keinen aus dem großen Wasser auf die Welt, er sehnt und treibt sich doch wieder hinein, wie es auch ebbend vor seinem Fuße fliehen mag. Aber es giebt nur einen Teufel und viel Engel, ist wohl noch Rettung, ist die Wahl nur eure Qual? – Ob sich etwa die Welt ausruht zum Ausserordentlichen? Das Speculiren, was so ernsthaft genommen wird, macht es wahrscheinlich, denn dies ist der Traum der Thätigkeit, nur der Morgenträume sind wir uns bewußt. Wenn ich Abends im Wintersturm beim SchauspielhauseDies bezieht sich auf den eigenthümlichen sargartigen Bau des neuen Berliner Schauspielhauses, an andern Orten haben sie vielleicht die Form nicht, aber denselben todten Inhalt, wie viele haben auch nicht die Uhr über der Scene, aber dieselbe Langeweile. vorüberziehe, wo Licht und Leben erloschen, ich denke wohl, die stille Uhr über den langwierigen Stunden wird einmal anschlagen, der hohe Dekkel sich eröffnen vom Sarge, die Larve wird durchbrochen von einem bunten Chor, die neue Bande aufsteigen, ausfliegen durch das Land, fliegen auf allen Tönen, alle erwecken, die schon schlafen gegangen! Das Eis hält lange, ehe es bricht und trägt viel, aber wer nur einmal über das glatte Eis durch alle wunderbare Bahnverschlingungen seiner Vorläufer fest dahingefahren, wo seine Augen den Schein der Sonne vor sich her springen sahen, er ahndet das freudige Leben im freyen Strom – zu schwimmen darin, zu segeln darauf, hindurch dem rauchenden Hirsche nachzureiten, dann bey ihm auszuruhen im Grünen, die Sterne darin zu sehen, kommen und untertauchen in ewiger Witterung. Ja, wer nur einmal im Tanze sich verloren und vergessen, wer einen Luftball ruhig wie die Sonne emporziehen sah, den lezten Grus des Menschleins darin empfing, der jemals vom jubelnden Taktschlage der Janitscharen hingerissen, einen Feind gegen sich, den muthigen Freund neben sich glaubte, der die Reiter auf Wolken gegen sich ansprengen sah, unwiderstehlig, wie ein Trompetenstoß den mächtigen Strom hemmte; der etwa gar im Sonnenscheine einer Kriegsflotte Anker-Lichten sah, wo wenige Augenblicke hinreichten voll Weben und Leben auf Masten und Stangen, diese goldenen Schlösser und Gallerieen, alle wie Flossen eines Fisches ruhig in das luftbegrenzte Meer hinschwinden zu sehen, alles Dinge, die uns umgeben, uns begegnen, der muß an eine höhere Darstellung des Lebens, an eine höhere Kunst glauben, als die uns umgiebt und begegnet, an einen Sonntag nach sieben WerktagenDer gewöhnliche Sonntag wird jezt auch in die Arbeit hinein gerissen, darum sieben Werktage, der Kalender ist wirklich nicht in Frankreich allein geändert. , den jeder fühlt, der jedem frommt. Und wären sie tausendmal nicht gehört, es brauchen nur einmal, wenn dieser Tag gekommen, und diese Morgenstunde, alle Thürmer herunterposaunen zu dem Liede der Schüler, zu den Glocken, wie wir auch sanft ruhen, wir werden doch lieber erwachen, da wird alles anspringen, da wird die Last sich heben, wie die Anker bey dem einfachen Liede der Matrosen, wenn sie nur alle zusammen singen. Was ich hoffe ist kein leerer Traum, die Geschichte hat es so oft bewährt, wie das reine Streben der Menschen in gewissen Perioden siegend und singend hervortritt, Kunstwerke gefunden, erfunden und höher verstanden werden! Wer kann sich enthalten, zu glauben, wo er in eine heisse Glashütte tritt, einige rothe Netze um ihn ziehen, andere mächtig das Glas für ihn aufblasen, was da aus dem rothen Feuer durchsichtig werde, sey ein Jubelbecher, ihn im heißen Netze zu kühlen: und ist es nun gekühlt, so ist es ein elendes gebrechliches zitterndes Singglas, kein Glas wobey er singen kann. Es sind der Singgläser doch endlich genug gemacht, wir werden endlich alle zusammenschlagen zum Pokal! Bricht aus den Springkugeln dazu die Spitze, daß sie zu Staub zerfallen, in dem lange schon die große Zahl der Dichter, Schauspieler und Sänger scheinlebend umherverkauft wurde. – Hört nur, wie die Zugvögel schön singen dem neuen Frühling; da ziehen schon die wackern Handwerksgenossen mit Bündel und Felleisen in langen Reihen über den Weg; wie sie zusprechen bey ihrem Zeichen; wie die Fensterscheiben und das goldene Schild vom echten Grundbaß erzittern, wo sie singen ist keine Halbstimmigkeit, wo Deutsche gebraucht werden, von London bis Moskau und Rom, kein halbsinniges Lied:

Decken Teufel Engel Berliner Schauspielhauses Larve Chor Sonne Sonne empfing Janitscharen ansprengen Weben Kalender Frankreich Anker Glashütte Glas Glas Schauspieler Zugvögel Felleisen London Moskau Rom

Frisch auf, ihr Bursche! wandert mit, Holt Bündel und Felleisen, Doch eh wir mit dem lezten Schritt Der Stadt den Rücken weisen, Schenk Mädchen uns noch Kuß und Wein, Drauf mit der Sonn zu reisen.

Bursche Felleisen Wein

Liebesrose, Lied 18.

Es ist mir wohl begegnet im Herbste, wenn schon alles fast still und abgefallen, einen dichten krausen Baum mit sich umrungenen Aesten, von Staaren wie durchdrungen, klingen und gleichsam auffliegen zu sehen, so sangen mir deutsche Handwerker lüftend ins Herz bey dumpfer Nachtluft holländische Kanäle, ein kleines Segel flatterte von ihrem Gesange, an bunten Bändern schien das Schiff schneller fortgezogen. Wer hat so etwas nicht öfter erlebt und sey es auch nur im Traume? So hörte ich auch über die Londonbrücke Hannöversche Flüchtlinge: ein freyes Leben – hinsingen, als ich mit Sehnsucht nach meinem Vaterlande den Wasserspiegel herabsah, da schien mir auch jener Boden befreundet mit seiner zornigen rothen Abendsonne. – Noch nicht ganz erdrückt von der ernsthaften Dummheit die ihr aufgebürdet, lebt euch das fröhliche gesangreiche Symbol des werkthätigen Lebens, die Freimaurerey. Noch stehen mitten inne als Künstler und Erfinder der neuen Welt die herrlichen Studenten; sie heften die höchsten Blüthen ihrer frischen Jahre sich an den bezeichnenden Hut und lassen die farbigen Blätter hinwehen weit über Berg und Thal und in die Wasser. – Auch die Bänke der rauchenden Wachstuben werden nicht immer von den Musen gemieden, und wenn sie auch zuweilen nicht hinein können, so sehen sie doch nach ihrem Lieblingssitz durch die Fenster: wenn die überwachte Schildwache Nachts ein schauerliches Anschlagen der Gewehre hört, sie spielen mit den blanken schnellfertigen, lebendigen Gewehren. Es wird eine Zeit kommen, wo die drückende langweilige Waffenübung allen die höchste Lust und Ehre, das erste der öffentlichen Spiele, höchste Kraft und Zierlichkeit zu einem Tanze verbunden ausdrücket. Für jede Thätigkeit giebt es einen Preis, wer diesen kennt, hat jene. Wer hat es erlebt, was den Schwindelnden auf glattem Stege hält, unter ihm brauset der Strom, Felsen und Bäume drehen sich über ihm, – ein mächtiger Marsch hält ihn, fällt er ihm zur rechten Zeit ein, und aller Schwindel verschwindet, wie die Tritte hinter seinem Rücken. So begreift man Taillefers Gesang, der in jener berühmten Schlacht bey Hastings, England für Wilhelm eroberte, indem er die unerschütterliche Ordnung der Sachsen durchschrie. So mag auch wohl die Macht der russischen Verse gewesen seyn. Wir begreifen nun leicht, wie unsere gebildetere Zeiten bey der Vernachläßigung des ärmeren Lebens (denn das sind die unteren Klassen jetzt) so viele leere Kriegslieder entstehen sahen, während jeder der früheren deutschen Kriege in dem gemeinsamen Mitwirken Aller zu großer That herrliche Gesänge hervorrief. Wer hat es je vor- oder nachgedichtet, was ZinkgrefPhil. von Sittewald Strafschriften. II. B. S. 573. aus aller braven Landsknechte Mund im öden dreissigjährigen Kriege, lehrend uns zu Gemüthe führt:

Aesten Segel hinsingen Thal Musen Schildwache Hastings England Sachsen russischen deutschen Kriege

Drum gehe tapfer an, mein Sohn, mein Kriegsgenosse, Schlag ritterlich darein, dein Leben unverdrossen Fürs Vaterland aufsez, von dem du frey es auch Zuvor empfangen hast, das ist der Deutschen Brauch. Dein Herz und Auge laß mit Eifers Flamme brennen, Kein menschliche Gewalt wird dich vom andern trennen. Es weht von deinem Haupt die Fahne bald hinweg, Der Jugend Uebermuth, der Unordnung erweckt. Kannst du nicht fechten mehr, du kannst mit deiner Stimme, Kannst du nicht rufen mehr, mit deiner Augen Grimme Den Feinden Abbruch thun in deinem Heldenmuth, Nur wünschend, daß du theur verkaufen mögst dein Blut.Bey dem theuren Blutverkaufen der alten Landsknechte ist die Vergleichung mit den heutigen von Land zu Land sich stehlenden und angeworbenen Soldaten sehr traurig; jene kannten ganz den Werth ihres Lebens, ließen es sich wohl bezahlen, dienten ihre Zeit mit Ehre, dem Tode mit Bewustseyn, – diese stürzen sich für einen frischen Trunk in einen frischen Rock, und sehen beym Eintritt in das Thor, wie sie hinauslaufen können, wenn der Krieg sie überrascht, als welchen sie gar nicht ansehen mögen. Im Feuer sey bedacht, wie du das Lob erwerbest, Daß du in männlicher Postur und Stellung sterbest, An deinem Ort bestehst fest mit den Füßen dein, Und beiß die Zähn zusamm und beyde Lefzen ein. Daß deine Wunden sich lobwürdig all befinden, Da vorne auf der Brust, und keine nicht dahinten, Daß dich dein Feind der Tod im Tod bewundernd zier, Dein Vater im Gesicht dein ernstes Leben spür. Mein Sohn, wer Tyrannei geübriget will leben, Muß seines Lebens sich freiwillig vor begeben, Wer nur des Tods begehrt, wer nur frisch geht dahin, Der hat den Sieg und dann das Leben zu Gewinn.

thun ließen Rock Thor

Chapter 213
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Ja wir fühlen es, wie die Sprache unter dem gewaltigen Triebe in solchen Punkten sich weitet, wir sehen dagegen die ruhige sinkende Erde asiatischer Steppen in der stillen Versteinerung (Steinfermentation) allmählig allem lebenden Eindrucke sich verschließen, jene Freiheit alter Sprache, die Starrheit der heutigen, sie sagen mehr, als ich sagen mag. Doch dieses wie so manches andere wunderbare Lied ist aus den Ohren des Volkes verklungen, den Gelehrten allein übrig blieben, die es nicht verstehen, alle Volksbücher sind so fortdauernd blos von unwissenden Speculanten besorgt, von Regierungen willkührlich leichtsinnigEs wäre mir leicht einige zu nennen, bey denen recht gute kräftige alte Bücher verboten, die seichtesten dafür eingeführt, doch hilft das nichts, vielleicht hilft ihnen diese Betrachtung, um schlechte moralische Komödien-Lieder und Schriften dem Volke nicht weiter aufzudrängen, daß keiner über das Heiligste schlecht schreiben kann, der nicht selbst schlecht ist, sie werden dann auch den Widerstand des Volks gegen neue Gesangbücher verstehen lernen. beschränkt und verboten, daß es fast nur ein Zufall, oder ein hohes Schicksal, wie uns so manches Wunderschöne in diesen Tagen angemahnt hat, zu fühlen und zu wissen, zu ahnden, zu träumen was Volkslied ist und wieder werden kann, das Höchste und das Einzige zugleich durch Stadt und LandWarum Tiek vor allen frühern Bearbeitern und Herausgebern ein unsterbliches Verdienst zukommt. das wird jedem mitfühlenden Leser seine herrliche Einleitung zu den Lalenbürgern bewähren; nicht Neugierde, sondern reiner Sinn für ihren Werth bestimmte ihn, er hielt das Große vom Gemeinen frey. Ich würde der beiden Jahrgänge des von Nicolai besorgten feinen Almanachs mit Lob erwähnen, wenn nicht durch die angehefteten schlechten Spässe, wunderliche Schreibart und Ironie gegen Herder die Wirkung dieser schätzbaren Sammlung aufgehoben worden. . Aber in den Gelehrten, wie sie vom Volke vergessen, so liegt gegenseitig in ihnen der Verfall des Volks, das tiefere Sinken der Gemüther, die Unfähigkeit mit eigenwilliger froher Ergebenheit dienen und mit unbesorgtem allgemeinen Willen zu befehlen, ja bis zur Unfähigkeit des Vergnügens, was die tiefste Entartung andeutet, die fast aufgegebene Freiheit des Lebens. – Die Gelehrten indessen versassen sich über einer eigenen vornehmen Sprache, die auf lange Zeit alles Hohe und Herrliche vom Volke trennte, die sie endlich doch entweder wieder vernichten oder allgemein machen müssen, wenn sie einsehen, daß ihr Treiben aller echten Bildung entgegen, die Sprache als etwas Bestehendes für sich auszubilden, da sie doch nothwendig ewig flüssig seyn muß, dem Gedanken sich zu fügen, der sich in ihr offenbahrt und ausgießt, denn so und nur so allein wird ihr täglich angeboren, ganz ohne künstliche Beihülfe. Nur wegen dieser Sprachtrennung in dieser Nichtachtung des besseren poetischen Theiles vom Volke mangelt dem neueren Deutschlande großentheils Volkspoesie, nur wo es ungelehrter wird, wenigstens überwiegender in besondrer Bildung der allgemeinen durch Bücher, da entsteht manches Volkslied, das ungedruckt und ungeschrieben zu uns durch die Lüfte dringt, wie eine weisse Krähe: wer auch gefesselt vom Geschäfte, dem läst sie doch den Ring niederfallen des ersten Bundes. Mit wehmüthiger Freude überkömmt uns das alte reine Gefühl des Lebens, von dem wir nicht wissen, wo es gelebt, wie es gelebt, was wir der Kindheit gern zuschreiben möchten, was aber früher als Kindheit zu seyn scheint, und alles, was an uns ist, bindet und lößt zu einer Einheit der Freude. Es ist, als hätten wir lange nach der Musik etwas gesucht und fänden endlich die Musik, die uns suchte! – Es wird uns, die wir vielleicht eine Volkspoesie erhalten, in dem Durchdringen unserer Tage, es wird uns anstimmend seyn, ihre noch übrigen lebenden Töne aufzusuchen, sie kommt immer nur auf dieser einen ewigen Himmelsleiter herunter, die Zeiten sind darin feste Sprossen, auf denen Regenbogen Engel niedersteigen, sie grüßen versöhnend alle Gegensätzler unsrer Tage und heilen den großen Riß der Welt, aus dem die Hölle uns angähnt, mit ihrem Zeigefinger zusammen. Wo Engel und Engel sich begegnen, das ist BegeisterungSie weiß nichts davon, daß die Alten das Schöne gesucht und die Neuen das unterlassen: Ob es wohl einer kann lassen das Schöne nicht zu finden, oder

Triebe Volksbücher Volkslied Große Volkslied Regenbogen Engel Hölle Engel Engel

es kann finden, wenn er es sucht! Alles was mit Lust im Gemüthe sich aufthut und findet ist schön, sey es Himmel oder Hölle, nur das Zufällige ist häßlich, aus kindischen Strichen wird nie ein Apollokopf, und ein Mahler der aus willkührlichen Punkten Gruppen zeichnet, macht höchstens eine Klingenprobe seines Genies, so der Dichter aus Endreimen. Der Mahler benuzt was ihm die Erfahrungen über die Farben geben, der Farbe in seinem verschlossenen Auge sich zu nähern, der Dichter was ihm die Sprache giebt, schaffend im widerstrebenden Stoff, der Reimer legt witzig zusammen, was lange schon vorhanden, er leimt eine Blume aus verschiedenen Blättern zusammen, die Fugen nennt er Originalität, die Leute verwundern sich erst darüber, dann sehen sie, daß alles daran welkt. , die weiß von keinem Streit zwischen Christlichem und Heidnischem, zwischen Hellenischem und Romantischem, sie kann vieles begreifen und was sie begreift, ganz, und rein, ein Streit des Glaubens wird ihr Wahnsinn, weil da der Streit aufhört, wo der Glaube anfängt; noch wahner der Streit über KunstAssonanz und andre Aeußerungen der Spracheinigung sind den Gebildeten bis auf unsre Zeit fremd gewesen, von den simpeln Recensenten verspottet, von ihren Freunden geheimnisvoll angepriesen, das Volkslied hat sie ohne Anmaßung, erkennt sie ohne Zwang, und zeigt sogar ihren besseren Gebrauch in Werken, die nicht für die Assonanz gewirkt sind, sondern nur in der Assonanz werden konnten. , welche nur ein Ausdruck des ewigen Daseyns. Wo Kugel auf Kugel trift, da sinken beyde einträchtig zusammen, wie die Hexameter zweyer Homeriden. Wen die Musik nur einmal wirklich berührt, den drängt und treibt sie etwas aufzusuchen, was nicht MusikSie hat in der Erfindung der Harmonie ein eichenfestes Haus sich erbaut, nicht in der Harmonie, wie sie in Büchern steht, sondern wie sie im Kopfe guter Instrumental-Komponisten, oder solcher Tonkünstler klingt, welche die Stimme als Instrument gebraucht haben, in Kirchenmusiken. Daraus folgt aber nicht die Nothwendigkeit dieser Harmonie, wo die Musik wieder im Worte gebunden erscheint. , worin sie ihre vorübereilende Macht binden kann. Im Alterthume scheint die Musik der Plastik näher verbunden, vor den Götterbildern tönend zu erscheinen, war ein Fest, die Memnonseule ist uns ein Symbol dafür; vielleicht war Musik eben so in der Zeit der Mahlerey dieser sehr nahe; allgemeiner ist Musik und ursprünglicher (bey uns besonders an den Ufern der Donau) dem Tanze, (am Rheine) dem Worte verbundenAus einem sehr erklärlichen Misverständnisse bey denen, die einer der Künste nur mächtig sich gern genügen wollten, entstand musikalische Poesie und poetische Musik, wenn aber etwas Poesie werden könnte, wäre es nicht Musik geworden, und umgekehrt. Diese beyden edlen Sinne des Geistes befinden sich dabey wie in der Fabel Storch und Fuchs bey gleicher Schüssel. . Der deutsche Tanz, das einfache Zeichen der Annäherung, Verbindung und Aneignung wächst an den Ufern der Donau, bis zur reichsten inneren Bedeutsamkeit im oberösterreichischen Ländrischen, die Musik wächst und wetteifert mit ihm in hoher Erfindsamkeit und der Sinn beschränkt sich immer fester auf die gemeinschaftliche eigne Bildung des VolksWie nur sehr große Künstler andre fremde Meisterwerke lieben können, so hat auch der Haufe dort eine Abneigung gegen fremdartige Musik. So lieb es mir wäre, wenn der gute Geist der Zeit am Wiedermusiziren der Volkslieder sich rechtschaffen übte, so traurig ist mir, daß ich viele der besten Volksmelodieen aus Unkenntniß nicht mittheilen kann, weil doch vielleicht nur eine große innere Melodie für jedes vorhanden, ob die früher oder später einem Menschen ins Ohr fällt, das kann keiner sagen, aufhorchen kann jeder. . Es ist nicht jene wohlige frohmüthige Zärtlichkeit durch Schwaben und Oesterreich, die uns in den unzerrissenen Gegenden des Rheins ergreift, es ist öfter ein Spott der Liebe in der Liebe, ein Uebermuth, der sich verzagt stellt, ein Kind das sich vor unsern Augen hinter einen Strauch stellt, heraus rufend: Wo bin ich? So ist Melodie und auch ihr Wort, wo sie zu Worten kommt, in der Liebe (die sich selbander Einsamkeit ist), beym Weine, beym Jagdtreiben, auf Wallfahrten, oder wo das Alter die Sehnen der Füße abspannt:

Hölle Apollokopf Volkslied Assonanz Assonanz Hexameter Donau Rheine Fabel Fuchs Donau Meisterwerke Schwaben Oesterreich Strauch Sehnen

Es ist nit lang, daß es g'regnet hat, Die Bäumli tröpfle noch, Ich hab einmal ein Schätzl gehabt, Ich wollt ich hätt es noch.

Dagegen singen wohl die Jungen:

In dem Wasser schnalzt der Fisch, Lustig wer noch ledig ist.

Was von den Sizilianern erzählt wird, die spielende Freudigkeit, in der alles zum Liede wird und ohne die Nichts ein Lied, die findet sich fast dort allein, wo ein Blat mit Reimen, die sie an Bildern, oder in Jagdbüchern absuchenEin trefflicher Aufsatz über Arbeits- Handwerks- Kinderlieder und Tanzlieder, der besonders den Unterschied zwischen dem deutschen Tanze und dem Reihentanze, so wie die eigene Natur des Schleifers mit Enthusiasmus entwickelt (im Bragur III. T. S. 207-284.) ist leider nicht vollendet, viele der dort erwähnten Lieder wünschte ich gerne ganz mittheilen zu können. , jung und alt erfreut. Als zwey eigenthümliche Wiederklänge dieses Sinns, welche statt zu wiederholen, die Worte umkehren sind die tiefgefühlten Berglieder der Bayrischen und Tyroler Alpen zu hören, so auch die rein witzigen Lieder, wie sie zur Zeit des Faschings in den Tanzkellern der Wiener Vorstädte umgehen, die kommen und gehen wie die Wünsche, wie die Sorgen der Zeit, ohne der Ewigkeit eingedruckt zu werdenDoch zur Probe einige aus dem Jahre 1802.

Alpen

1) Aus einem räthselhaften Quodlibet, oder eine Kaskonade:

Quodlibet

Potz tausend, schaut fort läuft die Katz, Geh Plasl lauf, halts auf, Ein jeder Mensch hat seinen Schatz, In diesem Lebenslauf. Als d'Jungfer noch ein Jungfer war, Hat's keine mehr seyn mögen, Ich wust es alles auf ein Haar, Ihr Pelz der hing voll Regen.

Pelz

2) Aus einer Beschreibung der Neuigkeiten im Prater:

Prater

Auch ist eine Hütte, wie ihr wohl wißt, Da last man sich wägen, wie schwer als man ist, Ich ging auch einmal hin, Z' wissen, wie schwer ich bin? Der Kerl war ein Flegel, er sprach: Hörts der Herr, Sie sind gewiß ein Schneider und sind gar nicht schwer. Wer damit nicht zufrieden, noch mehr sehen will, Geh grade von da aus zum Ringlspil, Da drehen sich zwey und zwey Rund herum in der Reih, Oft schreien die Medeln, nicht gar so geschwind, Es ist nicht wegen meiner, es ist wegens Kind.

Flegel Schneider

Das Verhältniß dieser Lieder zu den Nationalopern der dortigen Vorstädte, wird schon aus diesen Proben fühlbar, die meisten dieser Singespiele sind der Anlage nach schön, ungeschickt und leer in der Sprache, gewöhnlich aber nur durch Fortsetzungen unangenehm.. – Vom Tanze verlassen in der Sommereinsamkeit, zu einfach anderer Kunst singt der Hirte an den Quellen des Rheins dem ewigen Schnee zu:

Ist noch ein Mensch auf Erden, So möcht ich bey ihm seyn.


Chapter 214
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So klingen die Quellen des Rheins hinunter, dann immer neuen Quellen und Tönen verbunden, vom lustigen Neckar angerauscht, ein mächtiger Strom, der von Mainz mit dem weinfröhlichen singenden Mayn verbunden, nur geschieden von ihm durch Farbe, doppelstimmig die vergangene Zeit in heutiger Frische umschlingt, eine sinnreiche Erinnerung für uns. Staunend saß ich da unter den lustigen Zechern im vollen Marktschiffe, sah drey wunderlichen Musikern mit immer neuem Liede zu, jeder ihrer Züge eine alte ausgespielte Saite, jeder ihrer Töne ein ausgebissen Trinkglas, ewig hin und zurück geht das Schiff, ihre Wiege, ihr Thron, sie sinds, die diese arme wüste Marktwelt (wie Kraut und Rüben unter einander geworfen) zu einem wechselnden, lauten und stillen Gedanken-Chore verbinden, daß neben ihnen die ruhigen reichern Dörfer wie unerreichbare Sterne und Monden, ohne Sehnsucht, ohne Preis vorüberschwimmen. Das Wunderbare hat immer einen fremden Uebergang, der Zauberstab unterscheidet sich erst von einem gewöhnlichen Stabe nur durch die Farbe, so mag auch diese Kunst uns nur vorbereiten auf jene höhere am Rheine, der endlich ermüdet vom wechselnden Reiz, wie das Gold im Sande sich verliert. Hier zwischen den Bergen beym Ostein leben noch alle die hochherzigen Romanzen, die Herder und Elwert gesammeltUngedruckte Reste alten Gesanges von Elwert. Marburg 1781, wo er dieselben Lieder als Herder mittheilt, sind sie besser, Herder konnte sich der Kritik nicht entladen. Elwert sagt sehr klar: Der Mensch nur, der im wehenden Abendwind den Schlafgesang der Vögel belauscht, nur der konnte in voller Wehmuth zum Liebchen seufzen: Wenn ich ein Vöglein wär und nur zwey Flügel hätt, flög ich zu dir. Aber es kamen andre Zeiten und die Volkslieder erstarben in meinem Kopfe unter dem Wuste von wissenschaftlichem Unkraute. Alle Blumen in euren Gärten sind Kinder des Feldes und Waldes. Sie hatten sanfte Farben von der Natur, aber sie luxurirten zulezt und wurden oft grell durch überflüßigen Saft. Tausend solcher Sträußer blühen im hohen Grase, unsre Gelehrten stolpern vorbey, indem sie die hohen Felsen messen, Thürme, Städte und all die großen Wunder der Natur anstaunen. , viel schönere noch, die eben nur selten gehört werden, weil sie nur selten wahrhaft sich fügen; sie sind in dem Munde der meisten Schiffer und Weinbauern gleich der pastorella gentil, der zingarella und ähnlichen in Italien. Wie die Jacht mit den Reisenden durch das Wasser schäumt, in jeder Uferkrümmung von den Trümmern der Vorzeit einen Wiederhall aufruft, so wechseln die Lieder, und wo sie aussteigen:

Neckar Mainz Mayn Saite Trinkglas Rheine Gold Elwert Elwert Marburg Elwert Vögel kamen Italien Jacht

Der Kukuk mit seinem Schreyen, Macht fröhlich jedermann, Des Abends fröhlich reihen Die Maidlein wohlgethan, Spazieren zu den Brunnen, Bekränzen sie zur Zeit, All Volk sucht Freud und Blumen, Mit Reisen fern und weit.

jedermann Volk Freud

Kennst du das Land wo die Zitronen blühen? Italien ist entdeckt, wo der Wein reift an allen Orten. Und als ich im mittelländischen Meere schiffte, der Schiffer sein Lied sang auf alles, was uns traf, Windstille und Seekrankheit, bis ihm der Sturm das Lied von der Lippe blies, da floß der Rhein. Ganz besonders ist es aber der Rhein, wenn sich die Winzer zur schönsten aller Ernten im alten Zauberschlosse der Gisella, Nachts versammeln, da flammt der Heerd, die Gesänge schallen, der Boden bebt vom Tanz:

Italien Wein Seekrankheit blies Rhein Rhein Winzer

Da droben am Hügel Wo die Nachtigal singt, Da tanzt der Einsiedel, Daß die Kutt in die Höh springt.

Nachtigal Einsiedel

Viele der Singweisen deuten auf einen untergegangenen Tanz, wie die Trümmer des Schlosses auf eine Zauberformel deuten, die einmal hervortreten wird, wenn sie getroffen und gelöst. Durch die lustige Schaar der Winzer zieht dann wohl ein Frankfurter mit der Guitarre, sie sammeln sich um ihn, sie staunen dem König von Tule, der Becher stürzt in den Rhein, der Ernst ihres Lebens wird ihnen klar, wie wir klar sehen in wunderbaren Gedanken durch dunkle Nacht. – Wo Deutschland sich wiedergebiert, wer kann es sagen, wer es in sich trägt, der fühlt es mächtig sich regen. – Als wenn ein schweres Fieber sich löst in Durst, und wir träumen das langgewachsene Haar in die Erde zu Pflanzen, und es schlägt grün aus und bildet über uns ein Laubdach voll Blumen, die schönen weichen den späten schöneren, so scheint in diesen Liedern die Gesundheit künftiger Zeit uns zu begrüßen. Es giebt oft Bilder, die mehr sind als Bilder, die auf uns zuwandeln, mit uns reden, wäre so doch dieses! Doch bewährt die tiefe Kunstverehrung unserer Zeit, dieses Suchen nach etwas Ewigem, was wir selbst erst hervorbringen sollten, die Zukunft einer Religion, die dann erst vorhanden, wenn alle darin als Stufen eines erhabenen Gemüths begriffen, über das sie selbst begeistert ausflorirt. In diesem Gefühle einer lebenden Kunst in uns wird gesund, was sonst krank wäre, diese Unbefriedigung an dem, was wir haben, jenes Klagen der Zeit. Wir denken umher und werden aufmerksam, wie so vieles uns nimmer abgestoßen, wenn wir es nicht verkehrt angezogen, wie der größere Theil der Welt, eine fremde Atmosphäre, durch unsere Luft hätte hindurch gehen können, für uns unschwer, für uns unwarm, keine Macht über uns habend, als unsre Furcht davor. Große Kunst des Vergessens, in dir scheidet sich alle fremde Pestilenz von unsrer Heimath, fort mit dem Fremden im Fremden, die Welt klimatisirt sich uns, fort mit dem Fremden im Einheimischen! Nur darum ist Italien uns Italien, weil es kräftig genug war, lange das Fremde zu übersehen: von seinen Schauspielen her klingen noch die Lieder allen durch die Gassen, und die Handwerker, die vor den Thüren arbeiten, lernen sie den Vorübergehenden ab, Eitelkeit kennen sie dabey nicht, denn sie kennen die Freude darin. Da mag die Musik wohl den giftigen Biß der Tarantel heilen. – Darum kann ich auch der Engländer nicht zürnen, die über eine Ministerveränderung kaum aufmerken, während ein italienisches Musikwunder im höchsten Glanze vor ihnen erscheint, sie müsten ihr Höchstes opfern, wenn sie diese Göttergunst erhalten wollten. Hören sie doch mit herzlicher Theilnahme jedem rothbemäntelten Weibe an der Strasenecke zu, das von Maria von Schottland singt, jagen sie doch dem Jagdhorn eifrig nach und regen die Füße, wo die schottische Sackpfeife sich hören läßt. Nein, eine höhere Musik giebt es wohl nicht, als die der Matrosen von Lord Nelsons Sieg, wie sie die Hüte schwenken und die Stimmen, daß die Wolken verziehen von ihrem Konzertsaale, wo Wagenrollen der Akkord und Grundbaß. Ich denke mir dabei die Worte des Kaisers:Götz von Berlichingens ritterliche Thaten. S. 117. »Heiliger Gott! Heiliger Gott, was ist das? Der ein hat eine Hand, so hat der andre ein Bein, wenn sie dann erst zwo Händ hätten und zwey Bein, wie wollt ihr dann thun?« Noch lehrreicher ist vielleicht die Zusammenstellung der Walischen Bardengeschichte mit den Schottischen SängernVergl. Relicks of the Welsh Bards by Ed. Jones. . Jene lebten in einer festen Kunstverbindung, hatten vieljährigen Unterricht, Ehre, Fürstengunst, aber seit sie von der Religion geschieden, treten ihre Gesänge fast nur im äussersten Elende schön und rein hervor; das nur läutert sie zur Wahrheit, dagegen entstanden bey ihnen sonst nur lächerliche Streitigkeiten für Harmonie gegen Melodie, Machtsprüche und alles das kritische Elend, was nachahmend auch bey uns über der PoesieZur Ehre der Deutschen kann man sagen, daß sie nicht Erfinder dieser Höllenkünste der Rezensirbuden und des kritischen Waschweibergeschwätzes sind, ungeachtet dergleichen Mode bey ihnen insonders gefaßt. Doch sind hiebey immer noch wie ein Wirthshaus erster Klasse von einem der vierten zu unterscheiden, die ernsthaften Dikasterien, wo freylich auch oft die Akten über Stadtneuigkeiten vergessen werden, von den telegraphischen Büreaus aller literarischen Misere durch ganz Deutschland. Dem freyen Sinne für Kunst und Wissenschaft sind auch diese lezteren an sich lieb als Wiedererscheinung einer gewissen Gelehrsamkeitseinbildung, die wohl jedem als Kind der Gelehrsamkeit vorausgeht, aber dieser freye Sinn ist selten, der gröste Theil der Leser nimmt an Kunst und Wissenschaften gar keinen Theil, ihn reizt nur das Handelnde, das Bewegliche in den Gelehrten, er kommt endlich zu der wohlgefälligen Meinung, daß die ganze Gelehrtenrepublik nichts als ein Ameisenhaufen sey, der alles belaufe, kneife und beschmutze, um einigen armseligen Weihrauch zusammen zu bringen. schwebt. Nur da geachtet, wo sie recht und ganz gehört wurden, ohne Kunstregel und Schule blieben die Schottischen Bänkelsänger dem Großen und der Erfindung treu, so konnte ihnen auch die Form nicht fehlen. Die Wälischen klagten immer, die Kunst sterbe aus, sie war aber schon in ihnen ausgestorben; die Schotten hatten viel Größeres zu klagen und zu freuen, denn die Kunst lebte ihnen; bey jenen mußte ein Gesez den Schülern verbiethen, ihre Lehrer in der Begeisterung nicht zu rupfen und auszulachen; diese brauchten keinen solchen wunderlichen Anlauf zur Poesie, wer dichtete, dem war dies Natur und Leben, wobey er keine Gesichter schnit. Die Lieder der Wälischen konnten durch einen tollen Eroberer fast vertilgt werden, diese Schottischen leben sich noch aus dem Herzen des Volks in den Mund unsterblich. – Wenn nun so einfache leichte Kunst viel wirkt, wie kommt es, daß oft die schwere gehäufte sogenannte Kunst nichts leistet? Wer nicht das Höchste will, kann auch das Kleinste nicht; wer nur für sich schafft in stolzer Gleichgültigkeit, ob es einer fasse und trage, wie soll er andre erfassen und ergreifen; wer nur um jenes Völkchen buhlt, das immer läuft und klappert, sich immer was zu sagen hat und eigentlich nie etwas sagt; sie gleiten beide ab, nicht weil die Welt wirklich Eis, sondern weil sie die beiden Eispole aufsuchen. – Auch müssen wir oft denken, es ist unendlich leicht, recht künstlich zu scheinen, wenn man das Leichte schwer, das Schwere leicht nimmt; doch was ist dieser Schein? Er wäre das Wesen, wenn es nicht erschiene

Zauberformel Winzer König Rhein Deutschland Fieber Große Italien Italien Eitelkeit Tarantel Maria Schottland Jagdhorn schottische Sackpfeife Lord Akkord thun Machtsprüche Wirthshaus Dikasterien Deutschland Gelehrtenrepublik kneife Weihrauch Bänkelsänger Schotten

Der Schein, was ist der, dem das Wesen fehlt? Das Wesen, wär es? Wenn es nicht erschiene?

Göthe's Eugenie.

. Solch eine Spiegelung nach oben nach unten, wie sie leer, so vorübergehend ist sie, und doch geht darin Morgenstrahl und Leben, Aussicht und Hoffnung auf, ein ewiges geistiges Menschenopfer. Sehe jeder nur frey und ganz, wie er gestellt, und einer ist dem andern nothwendig, keinem ist das astralische Verhältniß entzogen, jeder ist ein Künstler, der das mittheilen kann, was ihm eigenthümlich im All, die andern zu erklären. Dem aber sind die Aspecten besonders günstig, dem ein wichtiges allgemeines Wirken mühlos vorbereitet, der ohne Arbeit erndtet und alle ernährt im gottähnlichen Leben: So wird es dem, der viel und innig das Volk berührt, ihm ist die Weisheit in der Bewährung von Jahrhunderten ein offnes Buch in die Hand gegeben, daß er es allen verkünde, Lieder, Sagen, Sprüche, Geschichten und Prophezeihungen, MelodieenDiese Sammlung sey dem Leser eine Probe von dem, was wir wünschen. Wer der Gelegenheit und Lust ermangelt, was er entdeckt, bekannt zu machen, dem erbiethen wir uns, mein Freund Clemens Brentano in Heidelberg und ich in Berlin (abzugeben im Viereck n. 4.) zur schnellen Herausgabe. Die zahlreichen Schweizer-Lieder (beym Staubbach wurden mir unzählige gesungen, aber ich konnte keines verstehen und herausbringen), verdienten ganz besonders eine treue Aufzeichnung von einem würdigen Gelehrten des Landes, es giebt große Heldengedichte noch unter dem Volke, so liest ein alter Mann in Meiringen ein sehr merkwürdiges Gedicht über die Entstehung des Völkchens den Reisenden vor. Sehr willkommen würden mir klargedachte Zeichnungen zu diesen Gedichten seyn, die in ihrer gestaltreichen bestimmten Darstellung dem Zeichner ein Schatz von Erfindung seyn können, wenn er ihn besprechen und heben kann. Ihn aufmerksam auf solche einzelne Bilder zu machen, würde vielleicht das Vergnügen rauben und ihm nur die Arbeit lassen. , er ist ein Fruchtbaum, auf den eine milde Gärtnerhand weiße und rothe Rosen eingeimpft zur Bekränzung. Jeder kann da, was sonst nur wenigen aus eigner Kraft verliehen, mächtig in das Herz der Welt rufen, er sammelt sein zerstreutes Volk, wie es auch getrennt durch Sprache, Staatsvorurtheile, Religionsirrthümer und müßige Neuigkeit, singend zu einer neuen Zeit unter seiner Fahne. Sey diese Fahne auch nicht gestickt mit Trophäen, vielleicht nur das zerrissene Segel der schiffenden Argonauten, oder der versezte Mantel eines armen SingersVergl. die Zueignung des Buches. , wer sie trägt, der suche darin keine Auszeichnung, wer ihr folgt, der finde darin seine Schuldigkeit, denn wir suchen alle etwas Höheres, das goldne Flies, das allen gehört, was der Reichthum unsres ganzen Volkes, was seine eigene innere lebende Kunst gebildet, das Gewebe langer Zeit und mächtiger Kräfte, den Glauben und das Wissen des Volkes, was sie begleitet in Lust und Tod, Lieder, Sagen, Kunden, Sprüche, Geschichten, Prophezeihungen und Melodieen, wir wollen allen alles wiedergeben, was im vieljährigen Fortrollen seine Demantfestigkeit bewährt, nicht abgestumpft, nur farbespielend geglättet, alle Fugen und Ausschnitte hat zu dem allgemeinen Denkmahle des größten neueren Volkes, der Deutschen, das Grabmahl der Vorzeit, das frohe Mahl der Gegenwart, der Zukunft ein Merkmahl in der Rennbahn des Lebens: Wir wollen wenigstens die Grundstücke legen, was über unsre Kräfte andeuten, im festen Vertrauen, daß die nicht fehlen werden, welche den Bau zum Höchsten fortführen und Der, welcher die Spitze aufsetzt allem Unternehmen. Was da lebt und wird, und worin das Leben haftet, das ist doch weder von heute, noch von gestern, es war und wird und wird seyn, verlieren kann es sich nie, denn es ist, aber entfallen kann es für lange Zeit, oft wenn wir es brauchen, recht eifrig ihm nachsinnen und denken. Es giebt eine Zukunft und eine Vergangenheit des Geistes, wie es eine Gegenwart des Geistes giebt, und ohne jene, wer hat diese? Berlin im Januar 1805. Ludwig Achim von Arnim.

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Chapter 215
Text Entities

Nachschrift an den Leser. Herr Kapellmeister Reichardt hat einen Theil des vorstehenden Sendschreibens in seiner geachteten musikalischen Zeitung bekannt gemacht; er forderte bei dieser Gelegenheit von mir den Abdruck des Ganzen. Wie erfreulich ist es mir, etwas zu thun, was ihm lieb und würdig schien, indem ich zugleich für den Zweck dieser Betrachtungen der Volkslieder durch die Sammlung aus dem Wunderhorne mitwirke. Von dieser unsrer Sammlung kann ich nur mit ungemeiner Neigung reden, sie ist mir jezt das liebste Buch, was ich kenne, nicht was mein Freund Brentano und ich dafür gethan, ungeachtet es gern geschehen, sondern was innerlich darin ist und weht, die frische Morgenluft altdeutschen Wandels. Wär ich ein Bienenvater, ich würde sagen, es war der lezte Bienenstock, er wollte eben wegschwärmen, es hat uns wohl Mühe gemacht, ihn im alten Hause zu sammeln, bewahrt ihn, stört ihn nicht, genießt seines Honigs wie recht. Unrecht ist es, für die einzelne Schönheit einer Gegend aufzuwecken, den sie in schönere Träume vertieft, darum kein näheres Wort über die bedeutende Schönheit jedes einzelnen dieser Lieder, blos literarische Merkwürdigkeit ist meines Wissens keins, jedes athmet, pulsirt in sich, lauter frische, spielende, ringende Kinder, keine hölzerne Puppen, die selbstechte Dichter, aus Angewohnheit des Bildens, ihren echten Kindern nachmachen. – Dem verständigen Leser wird dies zum aufmerkenden Lesen genügen; was die Recensenten anbelangt, sie lesen dies so wenig als das übrige, wir lesen sie dafür eben so wenig, so sind wir miteinander im ewigen Frieden. Heidelberg im Juli 1805.

Kapellmeister thun Bienenstock ewigen Frieden Heidelberg

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