"Ich schreibe Dir, Eduard, aus einem Wirtshause hinter York, es ist Nacht und Karl schläft im Nebenzimmer – alles umher ist feierlich und still, die Glocke eines entfernten Dorfes tönt manchmal wie Grabgeläute zu mir herüber. ... Wie ein Gewicht drückt eine ängstliche Beklemmung meine Brust, wenn ich an die wenigen glücklichen Tage in Bondly zurückdenke, und damit die lange, lange freudenleere Zukunft vergleiche." (Ludwig Tieck, William Lovell, Buch I: Briefe 2)
"London liegt hinter mir mit allem seinem Glücke, Frankreich vor mir!" (Buch I: Briefe 14.)
"Paris, liebster Freund, mißfällt mir höchlich; ich denke oft an Dich und an das einsame Bondly zurück ... Die Stadt ist ein wüster, unregelmäßiger Steinhaufen, in ganz Paris hat man das Gefühl eines Gefängnisses, die Pracht des Hofes und der Vornehmen kontrastiert auf eine widrige Art mit der Armseligkeit der gemeineren Klassen; alles erinnert an Sklaverei und Unterdrückung. Die Gebäude sind mit kleinlichen Zieraten überladen, man stößt auf kein Kunstwerk" (Buch II: Briefe 2.)
"Wir haben endlich Paris verlassen und mir ist besser. Die Reise hieher hat mich wieder heiter gemacht, die schöne Natur hat die finstern Phantasieen verscheucht" (Buch II: Briefe 26.)
"Ich gehe itzt schon den Örtern entgegen, wo mich so hohe Entzückungen erwarten. – Mortimer hat mich in Lyon verlassen und ist nach England zurückgegangen ... Die Reise bis hieher hat mir außerordentlich viel Vergnügen gemacht, so viele frohe Gesichter, so viele Feste in den Dörfern ... Allenthalben die schönste Natur, die keine trübe oder menschenfeindliche Empfindung duldet; schönes Klima, Sonnenschein – alles hatte mich in eine wollüstige Trunkenheit versetzt". (Buch II: Briefe 29.)
"Wir sind nun, lieber Bruder, schon mitten in dem sogenannten Italien, wo mir alles hier herum so ziemlich gut gefällt. Was mir immer närrisch vorkömmt, ist, daß in jedem Lande so eine eigne Sprache Mode ist, so daß mein gutes Englisch hier kein Mensch versteht, und ich verstehe wieder oft gar nicht, was die Leute von mir wollen. Wir sind über Savoyen und Genua gereist". (Willy an seinen Bruder Thomas, Buch III: Briefe 6)
"Mein Eduard, ich schreibe Dir nun schon aus dem Mittelpunkte von Italien, aus der freundlichsten Stadt, die ich bis jetzt gesehn habe, die in der fruchtbarsten Ebne und unter den anmutigsten Hügeln und Bergen liegt. Hier, wo die Kunstwerke der größten Genien um mich versammlet sind, bespreche ich mich im stillen Anschauen mit den erhabenen Geistern der Künstler, die Natur erquickt meine Seele mit ihrer unendlichen Schönheit." (Buch III: Briefe 7.)
"Die Asche eines Heldenalters liegt unter meinen Füßen, mit ernster Größe sprechen mich die erhabenen Ruinen der Vorzeit an, die Kunstwerke der neuern Welt erzwingen meine Anbetung. ... Als ich ins Tor hineinfuhr und schon lange vorher den Vatikan und die Peterskirche gesehn hatte, war meine Empfindung so hoch gespannt, daß mir der erste Anblick des Platzes Popolo und der drei großen Straßen, samt dem Obelisk nicht den Eindruck machten, den ich erwartet hatte. Ich stieg in meinem Quartiere auf dem Spanischen Platze ab, und verirrte mich auf meinem Spaziergange in der unbekannten Stadt, indem die Sonne unterging. So geriet ich an das Pantheon, ich ging hinein und ein heiliger Schauer umfing mich, ich wartete bis der volle Mond über der Öffnung der Kuppel stand und sah nun das herrliche Rund vom wunderbarsten Glanze erleuchtet." (Buch III: Briefe 8)
"Gönnen Sie mir diesen poetischen Enthusiasmus, denn in einer schönen Stunde schreibe ich Ihnen, in dem Garten, der schon oft die Szene unsrer Freuden war. Die Luft ist durch ein Gewitter abgekühlt, und die schwarzen Wolken ziehn itzt hinweg, ein schmaler Strahl bricht aus der Dunkelheit hervor und wirft einen roten Streif über die grüne Wiese, golden stehn die Spitzen der Hügel da, wie elysäische Inseln in einem trüben Ozean, in der Ferne wandelt ein Regenbogen durch den grünen Wald, die Natur ist wieder frisch, die Wiesen duften; nur Ihre Freundschaft fehlt dem glücklichen Lovell." (Buch III: Briefe 16.)
"Was machen Sie und Balder in Neapel? Seit Ihrer Abreise fühl ich mich hier einsam und verlassen; es scheint, als wenn mir stets ein Freund zur Unterstützung notwendig wäre. Kommen Sie bald zurück!" (William Lovell an Rosa (Tivoli), Buch III: Briefe 16)
"Ich versprach mir manche Freuden von dieser Reise und itzt bin ich verdrüßlich, daß ich Rom verlassen habe: ja fast bin ich unzufrieden, daß ich mich je über den kleinen unbekannten Winkel meines Vaterlandes hinauswünschte. Der Geist dürstet nach Neuem, ein Gegenstand soll den andern drängen – wie süß träumt man sich die Reise durch das schöne Italien – ach und was ist es nun am Ende weiter, als das langweilige Wiederholen einer und eben der Sache? was war es nun, daß ich zwischen Rom und Neapel, Berge, Meere und blauen Himmel sah? – Alles gleitet vor meiner Seele kalt und freudenleer vorüber." (Balder an William Lovell (Neapel), Buch III, Briefe 18)
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